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Dividenden unterliegen der Verrechnungssteuerpflicht. Die Eidg. Steuerverwaltung hat ihre Praxis verschärft, was zu erheblichen Nachforderungen führen kann. Worauf ist bei der Verrechnungssteuer zu achten?

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Juristische Personen schütten ihren Gewinn mittels Dividenden an die Anteilsinhaber aus. Der Beschluss bezüglich Ausschüttung einer Dividende obliegt der Generalversammlung. Diese Dividende unterliegt der Verrechnungssteuer von 35 %. In der Regel muss die Steuer entrichtet werden, d.h. die Gesellschaft überweist 35 % an die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) und nur 65 % an die Aktionäre. Unter Umständen kann die Verrechnungssteuer jedoch mittels Meldung der steuerbaren Leistung (sogenanntes «Meldeverfahren») erledigt werden, was ein Liquiditätsvorteil ist, da der Aktionär sofort 100 % der Dividende erhält und das Rückerstattungsverfahren entfällt.

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1. Verrechnungssteuer auf Dividenden bei Beteiligungen von natürlichen Personen
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2
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Bei Ausrichtung von Dividenden auf Beteiligungen im Privatvermögen oder Geschäftsvermögen von natürlichen Personen kann kein Meldeverfahren verlangt werden. Die Verrechnungssteuer ist somit immer zu entrichten und durch den Aktionär zurückzufordern. Die Verrechnungssteuer ist innert 30 Tagen nach Entstehung der Steuerforderung fällig. Ab diesem Zeitpunkt wird ein Verzugszins von 5 % verrechnet. Bei den heutigen Zinsen ist dieser Verzugszins schon fast prohibitiv hoch. Die Verrechnungssteuer kann mit der Steuererklärung im Folgejahr zurückverlangt werden, sofern sie ordnungsgemäss deklariert wurde. Das Guthaben wird vom Bund nicht verzinst.

Wird kein Fälligkeitstermin für die Dividende bestimmt, entsteht die Steuerforderung auf der Dividende sofort, d.h. am Tag der Generalversammlung (GV). Die Verrechnungssteuer muss im Anschluss innert 30 Tagen an die ESTV überwiesen werden (Fälligkeit). Die Verrechnungssteuer ist auch dann fällig, wenn die Dividende erst später an die Aktionäre ausgerichtet wird. Bei hohen Dividendenbeträgen lohnt es sich deshalb, die Fälligkeit der Dividende auf einen späteren Zeitpunkt festzulegen. Es ist ­beispielsweise möglich, die Fälligkeit aufden 30. November 2014 festzulegen. In diesem Fall ist die Verrechnungssteuer erst am 30. Dezember 2014 geschuldet und kann sofort im Folgejahr wieder zurückgefordert werden.

Jedem Aktionär ist für die Rückforderung der Verrechnungssteuer mit der Steuererklärung ein Dividendenauszahlungsbeleg auszustellen, welcher den Bruttobetrag, den Verrechnungssteuerabzug und die Nettoauszahlung ausweist.

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2. Verrechnungssteuer auf Divi­denden bei Beteiligungen von juristischen Personen
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2
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2.1 Erstellung der Formulare 103 bzw. 110
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3
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Bei Ausrichtung einer ordentlichen Dividende ist das entsprechende Meldeformular (Formular 103 bei AG, Formular 110 bei GmbH) auszustellen. Bis 2009 versandte die ESTV diese Unterlagen an alle Aktiengesellschaften und GmbH. Jede Gesellschaft musste das Meldeformular zusammen mit der Jahresrechnung einreichen. Im Jahr 2010 wurde der Versand eingestellt. Seit diesem Zeitpunkt müssen nur noch Gesellschaften das Meldeformular einreichen, welche eine der folgenden Bedingungen erfüllen:

  • Auszahlung einer Dividende
  • Steuerbare Leistung gemäss VStG(geldwerte Leistung)
  • Bilanzsumme grösser als 5 Mio. CHF
  • Anspruch auf Beteiligungsabzug gemäss Art. 69 DBG
  • Besteht ein Anspruch auf das kantonale Holdingprivileg gem. Art. 28 StHG oder handelt es sich um eine Domizil- oder gemischte Gesellschaft?
  • Beansprucht die Gesellschaft ein DBA-Abkommen der Schweiz mit einem anderen Staat?

Die benötigten Formulare müssen vom Internet heruntergeladen werden (www.estv.admin.ch/verrechnungssteuer/dienstleistungen). Sie benötigen dazu die Gratissoftware Snapform Viewer, welche auf derselben Seite herunter­geladen werden kann.

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2.2 Bildung und Rückzahlung einer Kapitaleinlage
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3
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Mit der Unternehmenssteuerreform II wurde das Kapitaleinlageprinzip eingeführt. Mit dem Wechsel vom Nennwert- zum Kapitaleinlageprinzip wird die steuerfreie Rückzahlung der von Anteilseignern eingebrachten Kapitaleinlagen (Einlagen, Aufgelder, Zuschüsse sowie der sanierungshalber vorgenommenen Forderungsverzichte der Beteiligten, sofern diese als unechte Sanierungsgewinne qualifizieren) ermöglicht. Der Zuschuss muss in der Handelsbilanz der Gesellschaft gesondert ausgewiesen werden und darf nicht mit Verlustvorträgen verrechnet werden. Die ESTV bezeichnet dieses Konto als «Reserven aus Kapitaleinlagen». Aus steuerlichen Gründen ist somit stets zwischen «Reserven aus Kapitaleinlagen» und anderen Reserven (allgemeine Reserven, Gewinnreserven) zu unterscheiden.

Die «Reserven aus Kapitaleinlagen» müssen der ESTV bei Bildung oder Entnahme innert 30 Tagen mittels Formular 170 gemeldet werden. Bei einer Einlage ist darauf zu achten, dass die ESTV diese steuerlich akzeptiert. Falls dies nicht der Fall ist, ist eine Einsprache zu prüfen oder die Umbuchung auf ein anderes Konto vorzunehmen.

Die Rückzahlung von anerkannten Kapitaleinlagen wird gleich behandelt wie die Rückzahlung von Grund- und Stammkapital. Es ist keine Verrechnungssteuer geschuldet und abzuliefern. Personen, welche die Beteiligung im Privatvermögen halten, können die Rückzahlung steuerfrei vereinnahmen.

Das neue Rechnungslegungsrecht enthält keine Bestimmungen zur Rückzahlung einer Kapitaleinlage. Die Entnahme einer Kapitaleinlage ist heute nur mittels Dividendenbeschluss der GV möglich. Dabei sind Dividenden aus Gewinnreserven von Dividenden aus Kapitalreserven zu unterscheiden. Der Beschluss muss prä­zisieren, aus welcher Reserve die Dividendezu bezahlen ist (GV-Protokoll). Wenn die Ent­nahme einer Kapitaleinlage nicht explizit beschlossen wird, wird eine Entnahme von Gewinnreserven vermutet. Dann ist die Verrechnungssteuer geschuldet.

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Die wichtigsten Punkte zum Kapitaleinlageprinzip

  • Identifikation von Kapitaleinlagen (z.B. bei Leistung von Agios oder Sanierungsbeiträgen).
  • Verbuchung auf dem separaten Konto «Reserven aus Kapitaleinlagen».
  • Meldung der Kapitaleinlage an die ESTV innert 30 Tagen mittels Formular 170.
  • Bei Beschlussfassung über eine Ausschüttung aus der Kapitalreserve ist dies explizit zu beschliessen und entsprechend zu protokollieren.
  • Es ist keine Verrechnungssteuer abzurechnen.
  • Meldung der Kapitalentnahme innert 30 Tagen mittels Formular 170 an die ESTV.
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Sofern sich die Kapitaleinlagereserven während eines Geschäftsjahrs nicht verändern, muss keine Meldung an die ESTV erstellt werden.

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2.3 Dividendenausschüttung im Konzernverhältnis im Inland (Meldeverfahren)
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3
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Anstelle der Bezahlung der Verrechnungs­steuer von 35 % bei Zahlung der Dividende kann der ESTV unter gewissen Voraussetzungen die Dividende gemeldet werden. Dies ist eine grosse Erleichterung. Insbesondere bei Dividendenausschüttungen zwischen Konzerngesellschaften kann der Verrechnungssteuerpflicht durch Meldung statt Entrichtung der Verrechnungssteuer nachgekommen werden. Im Falle von Dividendenausschüttungen zwischen schweizerischen Konzerngesellschaften ist die Anwendung des Meldeverfahrens mit Formular 106 zu beantragen. Daneben ist die ordentliche Deklaration der Verrechnungssteuer mit dem entsprechenden Formular vorzunehmen (bei einer AG ist dies Formular 103, bei einer GmbH Formular 110. Nachfolgend wird nur noch das Formular 103 erwähnt.

Eine Meldung statt Entrichtung der Verrechnungssteuer ist möglich, sofern eine Kapitalgesellschaft, Genossenschaft, kollektive Kapitalanlage oder ein Gemeinwesen mit mindestens 20 % am Grund- oder Stammkapital einer anderen Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft beteiligt ist.

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2.4 Dividendenausschüttung im Konzernverhältnis ins Ausland
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Bei von ausländischen Gesellschaften gehaltenen Beteiligungen ist grundsätzlich die um die Verrechnungssteuer von 35 % gekürzte Dividende auszuschütten. Sofern die Schweiz jedoch mit dem Ansässigkeitsstaat der Dividenden empfangenden Gesellschaft ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat, steht das Besteuerungsrecht in der Regel diesem Empfängerstaat zu. Diese Besteuerungsgrundlage ist jedoch nicht absolut. In den Doppel­besteuerungsabkommen wird normalerweise eine Sockelsteuer zugunsten des zahlenden Staats vorgesehen.

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Beispiel Deutschland
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Bei einer Ausschüttung einer Dividende von CHF 100 000 einer CH-Gesellschaft an die deutsche Gesellschaft, welche die unwesentliche Beteiligung (weniger als 10 %) hält, unterliegt die Dividendenleistung der Verrechnungssteuer von 35 % in der Schweiz. Die Dividende ist somit unter Abzug der 35 % Verrechnungssteuer auszuschütten. Gestützt auf das Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland steht das Besteuerungsrecht jedoch dem Empfängerstaat und somit Deutschland zu. Die Besteuerung erfolgt dabei nach den gesetzlichen Bestimmungen im Empfängerstaat.
Die Schweiz darf jedoch gemäss Doppelbesteuerungsabkommen eine Sockelsteuer von 15 % erheben. Die empfangende deutsche Gesellschaft kann, gestützt auf das Doppelbesteuerungsabkommen und zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung, die Differenz von 20 % (Verrechnungssteuer abzüglich Sockelsteuer) bei der Eidg. Steuerverwaltung zurückfordern.

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2.5 Meldeverfahren im internationalen Verhältnis
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Auch im internationalen Verhältnis kann die Verrechnungssteuerpflicht unter gewissen Voraussetzungen im Meldeverfahren erledigt werden. Das Meldeverfahren bedingt, dass die ausländische Dividendenempfängerin in einem Staat ansässig ist, mit welchem die Schweiz wiederum ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat. Weitere Voraussetzung ist, dass die Empfängerin wesentlich an der die Dividende zahlenden Gesellschaft beteiligt (bspw. Deutschland: 10 %) und nutzungsberechtigt ist.

Die Meldung statt der Entrichtung der Verrechnungssteuer bedingt das Vorliegen eines bewilligten Grundgesuchs (Formular 823 B). Dieses muss von der Dividendenschuldnerin, der ­Dividendenempfängerin, aber auch von der zuständigen ausländischen Steuerverwaltung unterzeichnet werden. Die Bewilligung ist für drei Jahre gültig. Liegt die Bewilligung vor, so darf die CH-Gesellschaft die Dividende bis zur im Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehenen Sockelsteuer ungekürzt überweisen. Sieht das Doppelbesteuerungsabkommen eine vollständige Entlastung (sogenannter «Null-Satz») vor, so kann die Überweisung ungekürzt erfolgen. Jede Dividende ist – obwohl das Grundgesuch vorliegt – mittels Formular 103 und 108 (für das Meldeverfahren) fristgerecht der Eidg. Steuerverwaltung zu deklarieren.

Alternativ kann im Verhältnis mit der Europäischen Union das Zinsbesteuerungsabkommen berücksichtigt werden. Dieses sieht vor, dass Dividendenzahlungen einer schweizerischen Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft in der EU ohne Abzug der Verrechnungssteuer erfolgen können, sofern die Muttergesellschaft mindestens zwei Jahre lang eine direkte Beteiligung von mindestens 25 % an der Tochtergesellschaft hält. Auch in diesem Fall muss ein Grundgesuch zur Meldung bei der Eidg. Steuerverwaltung beantragt werden (Formular 823C). Zudem müssen auch bei der Anwendung des Zinsbesteuerungsabkommens die Formulare 103 und 108 fristgerecht der Eidg. Steuerverwaltung eingereicht werden.

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2.6 Achtung: Praxisverschärfung der ESTV bei der Verrechnungssteuer
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Gestützt auf ein Urteil des Bundesgerichts aus dem Jahre 2011 hat die Eidg. Steuerverwaltung ihre Praxis verschärft. Neu muss das Meldeverfahren für die Verrechnungssteuer innert 30 Tagen nach Zahlung der Dividende, d.h. bei Fälligkeit der Verrechnungssteuer, zwingend erfolgen. Falls die Frist verpasst wird, muss die Verrechnungssteuer bedingungslos abgeliefert werden und es wird zudem ein Verzugszins von 5 % ab dem 30. Tag nach Entstehung der Steuerforderung der Dividende erhoben.

Vor allem die Verzinsung des nicht abgelieferten Verrechnungssteuerbetrags kann – bei hohen Dividenden – wesentliche finanzielle Folgen haben. Dazu kommt, dass der Verrechnungssteuerbetrag für viele Monate zinslos bei der Eidgenossenschaft verbleibt und zu einer entsprechenden Kapitalbindung führt. Was ist zu tun?

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2.7 Massnahmen bei Ausrichtung einer Dividende
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Worauf bei Dividenden zu achten ist

  • Beschlussfassung über den Zeitpunkt der Dividendenfälligkeit, sofern die Dividende nicht sofort fällig sein soll (GV-Protokoll).
  • Das Formular 103 ist in jedem Fall innert 30 Tagen nach Dividendenfälligkeit einzureichen.
  • Die Verrechnungssteuer ist innert 30 Tagen nach Dividendenfälligkeit zu überweisen, um die Verzugszinsen von 5 % zu vermeiden.
  • Bei Ausrichtung einer Dividende an eine wesentlich beteiligte inländische Konzerngesellschaft ist das Meldeverfahren mit Formular 106 zu verlangen. Formular 106 ist zusammen mit Formular 103 oder 110 innert 30 Tagen nach der Dividendenfälligkeit einzureichen.
  • Bei Ausrichtung einer Dividende an eine wesentlich beteiligte ausländische Konzerngesellschaft ist das Meldeverfahren mit Formular 108 zu verlangen (Voraussetzung: Grundgesuch Formular 823B/823C wurde von der ESTV bewilligt). Formular 108 ist zusammen mit Formular 103 oder 110 innert 30 Tagen nach der Dividendenfälligkeit einzureichen.
  • Die Zustellung an die ESTV sollte per Einschreiben erfolgen. Nur so ist es möglich, den fristgerechten Versand der Unterlagen im Streitfall belegen zu können.
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Dieser Beitrag ist im BDO-Newsletter Februar 2014 erschienen.

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