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Bei Kapitalerträgen entsteht die Steuerforderung im Zeitpunkt, in dem die steuerbare Leistung fällig wird (Art. 12 Abs. 1 VStG) und verjährt fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden ist (Art. 17 Abs. 1 VStG). Allerdings ist bei Widerhandlung gegen die Verwaltungsgesetzgebung des Bundes die Verjährung der Leistungs- oder Rückleistungspflicht nicht durch entsprechende Anordnungen in jedem verwaltungsrechtlichen Gesetz geregelt, sondern muss nach VStrR ermittelt werden, was mit dem generellen Verweis, wie er in Art. 67 Abs. 1 VStG vorgesehen ist, konform ist. Die Verjährung einer strafbaren Handlung ist in Art. 11 VStrR geregelt. Insbesondere beträgt nach Art. 11 Abs. 2 VStrR die Verjährungsfrist fünf Jahre «wenn die Übertretung in einer Hinterziehung oder Gefährdung von Abgaben oder im unrechtmässigen Erlangen einer Rückerstattung, Ermässigung oder eines Erlasses von Abgaben, besteht; sie kann durch Unterbrechung nicht um mehr als die Hälfte hinausgeschoben werden». Ausserdem schreibt Art. 333 Abs. 5 lit. b aStGB (der dem aktuellen Art. 333 Abs. 6 lit. b StGB entspricht), welcher im vorliegenden Fall anwendbar ist auf der Basis des Art. 2 VStrR und Art. 333 Abs 1 StGB, vor: «Bis zu ihrer Anpassung in anderen Bundesgesetzen (…) werden die Verfolgungsverjährungsfristen für Übertretungen, die über ein Jahr betragen, um die ordentliche Dauer verlängert». Ausgehend von einer Verjährungsfrist von fünf Jahren, wie sie in Art. 11 Abs. 2 VStrR vorgesehen ist, würde somit eine Verjährungsfrist von 10 Jahren resultieren. Das Bundesgericht hat dennoch entschieden, dass die Dauer der Verjährungsfrist in Bezug auf Übertretungen nach VStrR die Verjährungsfristen bei Vergehen nach dem gleichen Gesetz nicht überschreiten darf, und hat deshalb die Dauer auf sieben Jahre beschränkt (aStGB 70 Abs. 1 lit. c; welcher dem aktuellen StGB 97 Abs. 1 lit d entspricht). Der Beginn der Verjährungsfrist bei einer strafbaren Handlung ist der Tag, an welchem der Täter die strafbare Tätigkeit ausführt (aStGB 71 lit. a; StGB Art. 98 lit. a). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts wird jedoch dieser nicht mitgezählt, sodass der erste Tag der Frist jener Tag ist, der auf den Tag der strafbaren Handlung folgt. Oder wie es das Bundesverwaltungsgericht richtig festgestellt hat: Der Moment, in welchem die Gesellschaft die ihr vorgeworfene Handlung vollbracht hat, ist derjenige, als sie den Geschäftsabschluss 2005 der Post übergeben hat. Vom Moment des Versandes der Dokumente an haben diese den Einflussbereich der Gesellschaft verlassen, die anschliessend keine Kontrolle mehr über deren Verbleib hatte. Durch diesen Akt hat die Betroffene ihre Handlung gegenüber der ESTV beendet, welche im Zusammenhang steht mit der Steuerhinterziehung. Es ist nicht einzusehen, inwieweit der Empfang dieses fraglichen Geschäftsabschlusses durch die ESTV den Beginn der Verjährung hätte beeinflussen können. In Bezug auf Vergehen und Übertretungen ruht die Verjährungsfrist gemäss Art. 11 Abs. 3 VStrR während der Dauer eines Einsprache-, Beschwerde- oder gerichtlichen Verfahrens über die Leistungs- oder Rückleistungspflicht oder über eine andere nach dem einzelnen Verwaltungsgesetz zu beurteilende Vorfrage. Sobald durch Entscheid der Bundesverwaltung ein Steuerpflichtiger Schuldner einer Steuerforderung wird, ist das Veranlagungsverfahren abgeschlossen, und das Verfahren befindet sich im Stadium des Einspracheverfahrens, auch wenn noch keine Einsprache eingereicht worden ist. Daraus folgt, dass der Begriff «Einspracheverfahren» in Art. 11 Abs. 3 VStrR so verstanden werden muss, dass das Verfahren mit der Verkündung des Entscheids der Steuerbehörde, womit der Steuerpflichtige als Schuldner der fraglichen Steuerforderung anerkannt wird, zu laufen beginnt. Sowohl die Verjährung der Strafverfolgung als auch konsequenterweise diejenige der Steuerforderung ruhen von diesem Moment an (vgl. Art. 12 Abs. 4 VStrR).

Art. 12 Abs. 1, Art. 17 Abs. 1 und Art. 67 Abs. 1 VStG; Art. 11 und Art. 12 Abs. 4 VStrR; Art. 333 Abs. 5 lit. b aStGB

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(BGer., 31.03.17 {2C_1154/2015}, StR 2017, S. 721)

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