Der Bundesrat hat am 22. 9. 2014 das Vernehmlassungsverfahren zur Unternehmenssteuerreform III (USTR III) eröffnet. Die USTR III soll die steuerliche Attraktivität der Schweiz im internationalen Umfeld stärken.
Der Bundesrat hat das Eidg. Finanzdepartement bereits 2008 mit der Ausarbeitung eines Entwurfs für ein Gesetz über steuerliche Massnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmensstandorts Schweiz betraut. Weil die damalige Vorlage die aktuellen internationalen Standards der Unternehmensbesteuerung nicht erfüllte, beauftragte der Bundesrat das Eidg. Finanzdepartement im Frühling 2012 mit der Weiterführung der Arbeiten, welche in der Vorlage vom 19. 9. 2014 mündeten. Die Vernehmlassungsvorlage zur USTR III vom 19. 9. 2014 wurde in Zusammenarbeit mit den Kantonen und Konsultation der interessierten Wirtschaftskreise erarbeitet.
Der Bundesrat verfolgt mit der USTR III folgende drei Ziele:
- Gewährleistung einer weiterhin konkurrenzfähigen Unternehmensbesteuerung
- Wiederherstellung der interkantonalen Akzeptanz der Schweizer Unternehmensbesteuerung
- Sicherung der finanziellen Ergiebigkeit der Gewinnsteuer für Bund, Kantone und Gemeinden.
Zwischen den vom Bundesrat anvisierten Zielen bestehen Konflikte. So tragen Gewinnsteuersenkungen auf der einen Seite zu einer konkurrenzfähigen Unternehmensbesteuerung bei, auf der anderen Seite führen Gewinnsteuersenkungen – zumindest zu Beginn – zu Mindereinnahmen.
Die kantonalen Steuerstatus, d.h. das Holdingprivileg und die privilegierte Besteuerung von Domizil- und gemischten Gesellschaften stehen international unter starkem Druck. Deshalb sollen diese privilegierten Besteuerungsformen mit der USTR III aufgehoben werden. Weiter sollen die international kritisierten, speziellen Ausscheidungsregeln für Prinzipalgesellschaften sowie die Swiss Finance Branch aufgegeben werden.
Die Aufhebung der kantonalen Steuerstatus und der speziellen Ausscheidungsregeln führen zwar zur besseren Anerkennung der Schweizer Unternehmensbesteuerung, dadurch verliert die Schweiz im internationalen Steuerwettbewerb jedoch wesentlich an Attraktivität. Deshalb sollen diese Attraktivitätsverluste mit anderen Massnahmen, die international anerkannt sind, aufgefangen werden. Ein Gedanke besteht darin, dass die Kantone die Gewinnsteuersätze senken, um eine kompetitive Besteuerungshöhe zu erreichen. Beim Bund soll der Gewinnsteuersatz unverändert bei 8,5 % verbleiben. Weitere Massnahmen der USTR III werden nachstehend dargestellt.
Mit Einführung der Lizenzbox sollen Erträge aus Immaterialgüterrechten von den übrigen Einnahmen eines Unternehmens getrennt und reduziert besteuert werden – sie kommen also in eine «Box». Bei der Ausgestaltung der Lizenzbox besteht ein grosser Handlungsspielraum. Das vom Bundesrat vorgeschlagene Modell orientiert sich am Vorbild eines EU-Staats. Es gilt in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die OECD im Rahmen des BEPS-Programms weitere Kriterien für die Anerkennung einer Lizenzbox statuieren könnte. Die Abkürzung BEPS bedeutet Base Erosion and Profit Shifting. Beim BEPS-Programm handelt es sich um einen Aktionsplan der OECD zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und -verschiebung durch Unternehmen. Insbesondere soll der Handlungsspielraum von multinationalen Unternehmen im Bereich der Unternehmensbesteuerung eingeschränkt werden. Es ist deshalb möglich, dass die OECD für die Anerkennung einer Lizenzbox erhöhte Substanzerfordernisse aufstellt, um eine Verschiebung der Erträge aus Immaterialgüterrechten von einem Hochsteuer- in ein Tiefsteuerland zu verhindern.
Die Lizenzbox wird nur auf kantonaler Ebene eingeführt. Zudem ist die Lizenzbox zwingend, es besteht also kein Wahlrecht. Die Eckwerte der Lizenzbox für die Kantone präsentieren sich wie folgt:
- Die Lizenzbox kann nur von juristischen Personen für Erträge aus Immaterialgüterrechten in Anspruch genommen werden.
- Unter Erträgen aus Immaterialgüterrechten sind Patente, Lizenzen, ergänzende Schutzrechte und Erstanmeldungen nach Artikel 12 des Heilmittelgesetzes zu verstehen.
- Die Unternehmen müssen gewisse Substanzerfordernisse erfüllen. Insbesondere müssen die Unternehmen einen massgeblichen Beitrag zur Entwicklung oder Weitereinwicklung der betreffenden Immaterialgüterrechte geleistet haben.
- Das Ergebnis aus den Immaterialgüterrechten entspricht dem gesamten Ergebnis der juristischen Person abzüglich des Ergebnisses aus Finanzierungstätigkeiten, des Ergebnisses aus Produktion, Handel und Dienstleistungen, soweit dieses nicht aus einem qualifizierenden Patent stammt, und eines anteilsmässigen Betrags für Routinefunktionen und Markenentgelte.
Die Entlastung für die Erträge aus Immaterialgüterrechten setzt bei der Bemessungsgrundlage an und beträgt maximal 80 %. Die Höhe der Entlastung wird sich im Wesentlichen aus dem Verhältnis der Erträge aus Immaterialgüterrechten zu den Gesamterträgen ergeben.
Mit dem Modell der zinsbereinigten Gewinnsteuer soll erreicht werden, dass kalkulatorische Zinsen auf dem Eigenkapital der juristischen Personen von der steuerlichen Bemessungsgrundlage für die Gewinnsteuer abgezogen werden können. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass ein Zinsabzug auf dem gesamten Eigenkapital zu grossen Einnahmeausfällen führen kann und deshalb abzulehnen ist. Deshalb schlägt der Bundesrat in der Vernehmlassungsvorlage den kalkulatorischen Zinsabzug auf dem überdurchschnittlichen Eigenkapital vor. Das Eigenkapital soll fortan in ein Kernkapital und ein Sicherheitskapital aufgeteilt werden.
Beim Kernkapital handelt es sich gemäss Definition der USTR III um dasjenige Eigenkapital, welches das Unternehmen für seine Geschäftstätigkeit längerfristig benötigt. Das Kernkapital wird auf der Basis der Gewinnsteuerwerte der verschiedenen Kategorien der Unternehmensaktiven berechnet. Dabei wird ein gewisser Prozentsatz der Aktiven berechnet, deren Summe das Kernkapital bildet. Es kann in analoger Weise auf die Ermittlung des verdeckten Eigenkapitals verwiesen werden. Das Sicherheitskapital bildet denjenigen Teil des Eigenkapitals, welcher über dem Kernkapital liegt.
Die zum Abzug berechtigten Zinsen berechnen sich vom Sicherheitskapital. Der Zinssatz basiert auf der Rendite einer 10-jährigen Bundesobligation, erhöht um 0,5 %. In jedem Fall kommt jedoch ein Mindestzinssatz von 2 % zur Anwendung.
Bereits im Rahmen der Unternehmenssteuerreform II wurde eine Abschaffung der Kapitalsteuer geprüft. Weil die Kantone damals diese Einnahmenausfälle als zu weitgehend qualifizierten, wurde für die Kantone die Möglichkeit eingeführt, die Gewinnsteuer an die Kapitalsteuer anzurechnen.
Auch bei der USTR III wurde die Abschaffung der Kapitalsteuer ins Auge gefasst. Wiederum erachteten die Kantone die damit verbundenen Einnahmenausfälle als zu hoch, weshalb auf eine generelle Aufhebung der Kapitalsteuer verzichtet werden soll. Die Kantone sollen jedoch die Möglichkeit erhalten, das Eigenkapital, das im Zusammenhang mit Beteiligungen, Immaterialgüterrechten und Darlehen an Konzerngesellschaften steht, auch bei der Kapitalsteuer reduziert zu besteuern.
Es werden einheitliche Regelungen zur steuerlichen Behandlung der Aufdeckung von stillen Reserven vorgeschlagen (bspw. beim Zuzug aus dem Ausland in die Schweiz).
Mit der USTR III soll die Emissionsabgabe auf dem Eigenkapital aufgehoben werden. Damit soll die Schweiz attraktiv für Unternehmen mit hohem Eigenkapital werden.
Heute gilt eine ordentliche Verlustverrechnungsperiode von sieben Jahren. Im Falle einer Sanierung ist die Verlustverrechnungsmöglichkeit zeitlich unbeschränkt. Die zeitliche Beschränkung der Verlustverrechnungsperiode kann während der Lebensdauer eines Unternehmens zu Überbesteuerungen führen, weil nicht sämtliche Verluste zur Verrechnung gebracht werden können.
Der Bundesrat schlägt nun vor, die zeitliche Beschränkung der Verlustverrechnung aufzugeben und die zeitlich unlimitierte Verrechnung von Verlusten zuzulassen. Im Gegenzug sollen zukünftig die steuerbaren Gewinne nicht mehr vollumfänglich mit Verlusten verrechnet werden können, sondern das Unternehmen muss 20 % des Reingewinns versteuern. Die nicht verwendeten Verlustvorträge können vorgetragen und zukünftig verrechnet werden. Diese Regelung bedeutet, dass in Gewinnsituationen immer Gewinnsteuern abgeliefert werden müssen, selbst wenn die Verlustvorträge höher als die steuerbaren Gewinne sind.
Der Beteiligungsabzug folgt heute dem System der indirekten Freistellung. Dies kann negative Folgen haben: Verlustvorträge können mit Beteiligungserträgen verrechnet werden müssen, oder nicht mehr begründete Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Beteiligungen können voll besteuert werden. Es wird deshalb vorgeschlagen, den Beteiligungsabzug nach dem System der direkten Freistellung auszurichten.
Mit der direkten Freistellung bilden Beteiligungserträge und Kapitalgewinne aus Beteiligungen nicht mehr die Bemessungsgrundlage des steuerbaren Gewinns. Ferner werden die freigestellten Beteiligungserträge nicht mehr um die anteiligen Finanzierungs- und Verwaltungskosten gekürzt. Im Gegenzug haben Abschreibungen, Wertberichtigungen und Verluste aus Beteiligungen keinen Einfluss auf den steuerbaren Gewinn mehr. Wenn Beteiligungserträge und Kapitalgewinne aus Beteiligungen nicht mehr Bestandteil des steuerbaren Gewinns sind, ist es konsequent, Abschreibungen, Wertberichtigungen und Verluste aus Beteiligungen nicht mehr zum Abzug zuzulassen.
Weiter sollen die Erfordernisse der 10 %-Quote, des Verkehrswertes von mindestens 1 Million Franken und die Haltedauer von einem Jahr für die Beanspruchung des Beteiligungsabzugs aufgegeben werden. Der Beteiligungsabzug ist demnach auch für Streubesitz möglich. Um zu verhindern, dass Banken für den Erfolg des Handelsgeschäfts ebenfalls vom Beteiligungsabzug profitieren können, wird statuiert, dass Kapitalgewinne aus Beteiligungen im Umlaufvermögen der Banken steuerbar sind.
Heute sind private Kapitalgewinne von der Einkommenssteuer befreit, mit Ausnahme der Grundstückgewinne und der Systemwechselfälle (z.B. Transponierung und indirekte Teilliquidation). Mit Einführung einer Kapitalgewinnsteuer sollen im Gegenzug Kapitalverluste mit Kapitalgewinnen verrechnet werden. Die Verrechnung von Kapitalverlusten mit übrigen Einkünften ist nicht möglich. Sind die Kapitalverluste höher als die Kapitalgewinne, so können die Kapitalgewinne vorgetragen werden.
Der Bundesrat definiert als Kapitalgewinn die Differenz zwischen dem Veräusserungserlös und den Gestehungskosten. Die Rückzahlung von Kapitaleinlagereserven soll die Gestehungskosten vermindern, womit sich beim Verkauf der Beteiligungsrechte der steuerbare Gewinn aus dem Verkauf entsprechend erhöht. Damit will der Bundesrat erreichen, dass die mit der Einführung des Kapitaleinlageprinzips verbundenen Mindereinnahmen gemildert werden. Es erfolgt damit eine nachträgliche Anpassung des Kapitaleinlageprinzips.
Nach den Plänen der USTR III erfolgt die Besteuerung der Kapitalgewinne auf Wertschriften nicht einheitlich. Kapitalgewinne aus Beteiligungsrechten sollen zu 70 % besteuert werden, Kapitalverluste aus Beteiligungsrechten zu 70 % angerechnet werden. Kapitalgewinne auf übrige Wertschriften unterliegen zu 100 % der Besteuerung, Kapitalverluste auf übrige Wertschriften sind zu 100 % abzugsfähig.
Mit der Einführung der Kapitalgewinnsteuer könnten verschiedene Tatbestände, welche die Abgrenzung zwischen steuerbaren Einkünften und steuerfreien Kapitalgewinnen regeln, aufgehoben werden. Es handelt sich dabei um die Transponierung, die direkte Teilliquidation, die indirekte Teilliquidation, den Mantelhandel, den Rückkauf eigener Aktien über die 2. Handelslinie, die Obligationen mit überwiegender Einmalverzinsung (IUP), die Veräusserungssperrfrist bei der Umwandlung einer Personenunternehmung in eine Kapitalgesellschaft sowie den Quasiwertschriftenhandel.
Die Kapitalgewinnsteuer in der vorgeschlagenen Ausgestaltung führt dazu, dass die Steuerpflichtigen künftig vier Kategorien von Privatvermögen unterscheiden müssen:
- Steuerfreie Kapitalgewinne
- Kapitalgewinne auf Beteiligungsrechte (zu 70 % steuerbar)
- Kapitalgewinne auf übrige Wertschriften (zu 100 % steuerbar)
- Grundstücksgewinne (Abrechnung mit der Grundstücksgewinnsteuer)
Die Kapitalgewinnsteuer auf Wertschriften führt zu Mehreinnahmen und soll die Ertragsausfälle, welche die verschiedenen Massnahmen der USTR III mit sich bringen, abfedern.
Im geltenden Recht können natürliche Personen die Teilbesteuerung auf Beteiligungserträge und, sofern die Beteiligung dem Geschäftsvermögen zuzuordnen ist, zusätzlich auf Kapitalgewinnen geltend machen. Es ist eine Beteiligungsquote von 10 % notwendig. Die Entlastung bei Beteiligungen im Privatvermögen beträgt 40 %, auf denjenigen im Geschäftsvermögen 50 % (Nettoertrag).
Mit der USTR III sollen die notwendige Beteiligungsquote von 10 % und die einjährige Haltedauer für Kapitalgewinne aufgehoben werden. Die Teilbesteuerung ist ebenfalls bei Streubesitz möglich. Weiter wird die Entlastung generell auf 30 % gesenkt, weil mit der USTR III weitere Gewinnsteuersenkungen einhergehen sollen und demnach der Bedarf nach Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung auf Aktionärsebene geringer ausfällt. Erwähnenswert ist ferner, dass die Entlastung von 30 % zwingend auch für die kantonalen Steuern gilt. Der Handlungsspielraum der Kantone soll in diesem Bereich eliminiert werden.
Es ist davon auszugehen, dass die Kantone die Gewinnsteuersätze senken, um eine wettbewerbsfähige Besteuerungshöhe zu erreichen. Beim Bund soll der Gewinnsteuersatz unverändert bei 8,5 % verbleiben. Weil die diesbezüglichen Mindereinnahmen bei den Kantonen anfallen, will sich der Bund mit einer Erhöhung des Kantonsanteils an der direkten Bundessteuer beteiligen. Der Bundessteueranteil der Kantone soll von heute 17 % auf neu 20,5 % erhöht werden.
Weiter wird die USTR III Auswirkungen auf den Neuen Finanzausgleich haben, weil für die Festlegung des Ressourcenindexes die Unternehmensgewinne neu gewichtet werden müssen.
Der Bundesrat sieht für die Umsetzung der USTR III ein schnelles Vorgehen:
- Der Bundesrat beabsichtigt, nach Auswertung der Vernehmlassungen die Botschaft zur USTR III im ersten Semester 2015 zu verabschieden.
- Die parlamentarische Behandlung des Geschäfts könnte Mitte 2016 beendet sein.
- Falls kein Referendum ergriffen wird, kann die USTR III in den entsprechenden Gesetzen per 1.1.2017 in Kraft treten. Im Falle eines Referendums soll die Volksabstimmung im ersten Halbjahr 2017 über die Bühne gehen.
Für weitere Informationen zur Vernehmlassungsvorlage der USTR III wird auf www.efd.admin.ch verwiesen.