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Das Bundesgericht passt seine Praxis an und heisst die Beschwerde einer Frau gut, deren Gatte seine Arbeitsstelle zur Schädigung der Betroffenen aufgegeben hatte.

Der Mann war 2013 im Rahmen von vorsorglichen Massnahmen während des Scheidungsverfahrens zur Zahlung von Unterhaltsbeiträgen an seine Ehefrau verpflichtet worden. Rund zwei Jahre später verlangte er eine Reduktion der Unterhaltsbeiträge, da er arbeitslos geworden sei. Die zuständigen Gerichte des Kantons Basel-Stadt reduzierten die Unterhaltsbeiträge an die Ehefrau entsprechend seiner neuen Einkommenssituation. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde der Frau gut und weist das Gesuch des Mannes um Abänderung des Ehegattenunterhalts ab. Bei der Bestimmung des Unterhaltsbeitrags ist grundsätzlich vom tatsächlichen Einkommen des Unterhaltspflichtigen auszugehen. Soweit dieses Einkommen nicht ausreicht, um den vom unterhaltsberechtigten Teil ausgewiesenen Bedarf zu decken, kann dem Unterhaltspflichtigen unter Umständen ein hypothetisches Einkommen angerechnet werden. Voraussetzung dafür ist, dass dem Unterhaltspflichtigen die Erzielung eines höheren Einkommens zumutbar und möglich ist. In einem Urteil von 2002 hat das Bundesgericht ausgeführt, dass bei einem Ehegatten nur dann hypothetische Einkünfte angerechnet werden dürfen, wenn er die Verminderung seiner finanziellen Leistungsfähigkeit rückgängig machen kann. An dieser Rechtsprechung kann nicht festgehalten werden. Bei einer böswilligen Verminderung des Einkommens durch den Unterhaltsschuldner ist demnach eine spätere Abänderung der Unterhaltsbeiträge selbst dann zu verwehren, wenn dieser die Verdienstreduktion nicht rückgängig machen kann. Im konkreten Fall hat der Betroffene seine gut bezahlte Arbeitsstelle aufgegeben, ohne dass ihm gekündigt oder ihm eine Kündigung von der Arbeitgeberin nahegelegt worden wäre. Vielmehr ergibt sich, dass zwischen den Parteien ein eigentlicher Scheidungskrieg herrscht und es dem Mann darum ging, den Fluss von finanziellen Mitteln an seine Ehefrau zu stoppen. Dieses Verhalten erweist sich als böswillig und damit als offenbar rechtsmissbräuchlich.

Art. 2 und Art. 179 ZGB; Art. 271 und Art. 276 ZPO

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(BGer., 2.05.17 {5A_297/2016}, Medienmitteilung des Bundesgerichts 7.06.17, www.bger.ch)

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