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Die Nachfolgeregelung von Unternehmen muss gut begleitet sein. Im Beitrag zeigt der Autor anhand von Beispielen aus der Praxis den Nutzen der Mediation für Treuhänder als professionelle Ansprechpartner und Vertrauenspersonen der Unternehmensinhaberin.1

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Die Zusammenarbeit mit Treuhändern ist für viele Unternehmen Chefsache. Steht die Regelung der Nachfolge an, wird professionelle Begleitung erwartet. Oft wirken persönliche Aspekte der Beteiligten mit. Insbesondere bei Familienunternehmen ist das Konfliktpotenzial hoch. Mediation leistet bei der Klärung solcher Blockaden gute Dienste. Gelingt durch den rechtzeitigen Einbezug professioneller Vermittlung dank der Treuhänderin die Nachfolgeregelung, steht zugleich ihre eigene Chance gut, unter der neuen Inhaberin und Führung das Treuhandmandat zu behalten.

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1. Ausgangslage
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In der Schweiz erwarten Zehntausende von Unternehmen altershalber neue Inhaber mit zumeist auch neuer Führung – bei Familienunternehmen kann damit zudem ein Generationenwechsel verbunden sein.2 Für die Mitarbeitenden hat der Wechsel häufig grosse Bedeutung. Im Zentrum steht hier die professionelle Begleitung der bisherigen Unternehmensinhaber selbst.

Das Regeln der Nachfolge bedarf professioneller Planung, ausreichender Ressourcen und unternehmerischen Weitblicks. Auf dem Weg zu einer guten Lösung lauern neben regulatorischen und steuerlichen Hürden klassische emotionale und kommunikative Stolpersteine. Werden sie nicht erfolgreich ausgeräumt, kann statt der Nachfolge ein Totalschaden für Unternehmen und Inhaberin die Folge sein.

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Beispiele
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Ein gutgehender Coiffeursalon schliesst mit dem in Rente gehenden Inhaberpaar. Zwar hatte deren Tochter Coiffeuse gelernt und im Betrieb mitgearbeitet. Dann aber eröffnet sie im selben Quartier lieber einen eigenen anderen Salon …
Der Hauptinvestor eines Reisebüros und sein angestellter Geschäftsführer können sich über die Konditionen einer Übernahme nicht einigen. Der Geschäftsführer geht, das bislang erfolgreiche Unternehmen kränkelt und wird zum Dumpingpreis verkauft.
Ein renommierter Zürcher Buchverlag schliesst nach Jahrzehnten seine Tore, da der Strukturwandel der Branche keine Zukunft für das Geschäft mehr erkennen lasse …3

Was ist in diesen Fällen – falsch – gelaufen? Hätte es da nicht bessere Ergebnisse geben können, woran der Treuhänder mitgewirkt und dadurch sein eigenes Mandat auch bei der Nachfolge bewahrt hätte? Was können umsichtige Treuhänder im Hinblick auf die Bedürfnisse ihrer Kundschaft bei einer Nachfolgeregelung vorkehren? Welche Stolpersteine sollten sie erkennen und wissen, wie damit umzugehen ist?

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2. Herausforderungen
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2.1 Facts & figures
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Das Thema Nachfolge ist seit einigen Jahren insbesondere bei KMU auch hierzulande in aller Munde. Und einige Jahre dauert deren Regelung auch, soll sie möglichst sicher und gut gelingen; auch das ist inzwischen allgemein, aber noch längst nicht bei allen Betroffenen bekannt. Und selbst wenn, stehen viele Inhaber von Unternehmen zum ersten Mal im Leben vor der Herausforderung ihrer Nachfolgeregelung.

Der Treuhänder ist vom Einblick ins Unternehmen her dazu prädestiniert, zusammen mit den Beteiligten etwa die steuerlichen Aspekte dieser Herausforderung zu klären, den Umgang mit Immobilien, die Wahl von Management-, Employee- oder Familien-Buy-out oder Buy-in und von Share- oder Asset-Deal sowie andere Schritte der Reorganisation des Unternehmens anzuleiten. Auch der eherechtliche, erbrechtliche und Vorsorgebedarf der abtretenden Generation lässt sich formal einrichten helfen.

Er oder sie konkurriert dabei mit Anwaltskanzleien, Banken, Versicherungen und mit weiteren auf die Nachfolge spezialisierten Einrichtungen. Bei diesen Dienstleistern stehen die vorerwähnten mehr «sachlichen» Aspekte des Unternehmensverkaufs beziehungsweise der Nachfolge im Vordergrund. Beim Bearbeiten dieser hier als facts & figures bezeichneten Themen können auch Schwierigkeiten eher «sachlicher» Art4 bestehen und zu lösen sein. Das ist hier nicht das Thema.

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2.2 Soft factors
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Zum Mediator gelangen die Protagonisten bei der Nachfolge wegen sie bedrohender oder bereits störender, blockierender soft factors, deren Einbezug zumeist grundlegend ist. Soft factors kommen vordergründig gerne als simple facts & figures daher. Beispielsweise überschätzt der Patron partout den Wert seines Kundenstamms, ein Klassiker, hinter dem bei näherer Betrachtung mehr als nur die Frage nach der angemessenen Bewertung des Unternehmens steckt.

Studien der Ökonomie zeigen nicht nur eine verbreitete Risikoaversion von Akteurinnen in der Wirtschaft, sondern auch die grosse Bedeutung von Fairness im Umgang miteinander bei wirtschaftlichen Entscheiden.5 Um ihr Lebenswerk loszulassen, benötigen Protagonisten (Inhaber) nahe dem letzten Lebensabschnitt nicht nur bei Familienunternehmen oft zuerst Klärung im Hinblick auf ihre persönliche Identität und geradeso auf eine nicht nur, aber auch in Geld auszudrückende Wertschätzung.

Hier setzt eine offene, mitunter Mut und Fingerspitzengefühl erfordernde Beratung an. Sie kann sich für alle Beteiligten lohnen, stösst jedoch nicht immer sofort auf Gegenliebe. Wird doch niemand, schon gar nicht, wer bisher das Sagen hat, gerne gedrängt; erfolgreiches Unternehmen heisst auch nicht bereits gute Kommunikation in eigener Sache; und das bislang betriebene Geschäft kann den Blick auf notwendige Modernisierungen im Unternehmen im Zuge seiner Überantwortung vernebeln.

Hinzu kommt, dass niemand öffentlich ohne Weiteres einräumt, Probleme mit dem Loslassen, der Thronfolgerin, der geschäftlichen oder privaten Vermögenslage oder in der eigenen Familie zu haben («Konflikte gibt es bei uns nicht, das haben nur die andern»). Wer das Haus räumt, nimmt dann aber auch den Teppich mit – und was bis dahin daruntergekehrt worden ist, kommt nun hervor, ist tendenziell unschön, und was es bedeutet, versteht sich nicht zwingend von selbst. Klärung wird dann nötig und benötigt ihrerseits (mehr) Zeit.

In der Praxis zeigen sich unter anderen die folgenden soft factors in der Checkliste in Abbildung 1, welchen bei der Nachfolgeregelung mit Vorteil rechtzeitig und kundig Beachtung zu schenken ist.

Mit soft factors meine ich also die existenziellen Bedürfnisse der Beteiligten bei einer Nachfolge, die offen erkennbar sein oder verdeckt bleiben können, und die bei jeder Regelung wirken. Sie wirken blockierend, wenn sie ignoriert oder nicht auf passende Weise miteinbezogen werden – wie das Beispiel in Ziffer 3.1 hiernach zeigt. Auf dem Weg zu den Bedürfnissen liegen häufig Stolpersteine (vgl. Ziffer 3.3 mit der Checkliste in Abbildung 3), auf die Warnsignale immerhin bereits hinweisen können (vgl. Ziffer 5 mit der Checkliste in Abbildung 4).

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2.3 Konfliktstoff?
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Den soft factors Beachtung schenken heisst noch nicht, dass sie ein Problem bei der Nachfolgeregelung sein, dass Konflikte um sie gelöst werden müssen. Jeder Inhaberin eines Unternehmens steht etwa frei, beim Rücktritt altershalber auf eine Nachfolge zu verzichten und ihr Geschäft einzustellen. Können die eingegangenen Verpflichtungen des Unternehmens getilgt werden, ist das Thema damit erledigt6 – so ist hier auch nicht zu erörtern, ob der eingangs genannte Verlag trotz des Strukturwandels in der Buchbranche noch zu retten gewesen wäre.

Sodann bietet eine an sich erwünschte Nachfolge, die zum Beispiel am Fehlen einer Käuferschaft scheitert, per se noch keinen Konfliktstoff. Wer die Suche nach einer übernehmenden Partei schlicht verschlafen hat, erhält beim Ladenschluss dann eben auch keinen Preis. Das konkrete Vorgehen bei der dann nötigen Liquidation des Unternehmens kann immerhin zu Konflikten führen, bei deren Klärung professionelle Unterstützung helfen kann.

Zum Betriebsunfall mutiert hingegen, wenn ein Unternehmen fortgeführt werden soll und das an und für sich möglich wäre, die Protagonisten es aber allein nicht bewerkstelligen können, und die Stolpersteine, die noch im Wege stehen, nicht erkannt werden oder man damit nicht konstruktiv umzugehen weiss. Das soll nicht provozieren. Aus Sicht des Autors gehört es nicht zu den Kernaufgaben des Treuhänders, offene oder verdeckte Konflikte zu bearbeiten und gar zu lösen. Die Beteiligten rechtzeitig an eine professionelle Vermittlung verweisen kann und sollte man indes wohl schon. Allerdings kann es nur, wer ihre (konflikthafte oder sonst blockierte) Lage als solche überhaupt erkennt. Das folgende Beispiel mag den Blick dafür schärfen helfen.

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3. Konfliktbewältigung
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3.1 Gibt’s ein Problem?
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Das geschäftsführende Inhaberpaar des Coiffeursalons (Einleitung) sprach zwar, auch vor Kundschaft und Mitarbeitenden, über Gott und die Welt. Für die beiden war selbstverständlich, dass die Tochter dereinst das Geschäft übernimmt. Darüber aber wurde zu lange nicht gesprochen.7 Als es dann darum ging, nämlich um das Finanzieren der Übernahme in Verbindung mit dem benötigten Alterskapital für die Eltern, um ihre verbleibende Mitsprache im Unternehmen nach der Pensionierung sowie unerwartet um den Sohn und Bruder der Beteiligten, der mit der Coiffure nichts am Hut, aber als Student seinerseits an einem Erbvorbezug Interesse hatte,8 war der Konflikt plötzlich da, die Ohnmacht gross, das Schweigen hilflos und die Nachfolge bald vom Tisch.

Neben der Altersvorsorge in Form des Kaufpreises für den Salon (an sich ein facts- & figures-Problem) wirkte der Umstand, dass ihre Eltern weiterhin im Betrieb mitreden wollten, negativ auf die Tochter ein, die das Unternehmen auf ihre Art führen wollte.9 Hier wurden die gegenseitigen Bedürfnisse nicht geklärt, reagierte die Tochter mit Taten statt Worten, blieb der Sohn aussen vor und verloren alle Beteiligten viel (die Eltern schlossen den Salon in Kurzschlusshandlung) – was der Treuhänder des KMU erst erfuhr, als es für eine Lösung zu spät war. So wurde eine hart erarbeitete Ressource der Familie, das gut laufende Coiffureunternehmen, in den Sand gesetzt.

Was daraus gefolgert werden kann: Hätte der Treuhänder des KMU Warnsignale erkannt, wäre es womöglich anders gekommen. Zwar wäre er selbst als Mediator nicht geeignet gewesen; denn zur erfolgreichen Vermittlung gehört die Neutralität des Vermittlers den Parteien gegenüber (was hier, zumal aus Sicht der Nachkommen, fraglich wäre, hat der Treuhänder die Eltern doch jahrelang beraten). Indes hätte der Treuhänder der Familie eine Mediatorin vermittelt und damit den Einstieg in ein strukturiertes Gespräch in geschütztem Rahmen ermöglicht. Erfahrungsgemäss ist nämlich Schwellenangst die grösste Hürde auf dem Weg zum runden Tisch; dagegen führt eine begonnene Mediation fast immer zu hilfreichen Ergebnissen.

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3.2 Wer ist zuständig?
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Niemand muss heute noch Allrounder sein, ausser vielleicht betreffend das eigene Netzwerk, das an den Schnittstellen der Profession nützliche Dienstleister anderer Disziplinen für die Kundschaft bereithält. Das setzt zunächst einmal ein Vertrauensverhältnis unter den Netzwerkern zueinander voraus und resultiert im Idealfall in der wechselseitigen Empfehlung und Zuweisung (wobei zum Beispiel Mediatoren regelmässig nicht nur auf Coaches, Psychologinnen oder Rechtsberater verweisen, sondern durchaus auch auf Treuhänder für betreffende Bedürfnisse ihrer Medianden).

Was tut der Treuhänder, der Warnsignale im Zusammenhang mit einer Nachfolge erkennt (vgl. die Checkliste in Abbildung 4), um zur Klärung beizutragen? Im Grunde genommen ist dann jede Hilfestellung gut und recht; am besten aber spricht er als Vertrauensperson zur rechten Zeit am rechten Ort die Situation offen an, und dabei gleich schon mit, dass es für dieselbe Hoffnung und eine mögliche Lösung gibt.

Damit können Treuhänder entscheidenden Support leisten. Mediation kann Blockaden ausräumen und Konflikte beilegen und helfen, den Weg freizumachen zur von emotionalen Störungen nicht mehr belasteten Regelung der facts & figures der Nachfolge. Mitunter führt Mediation auch «bloss» zur Erkenntnis, dass man wirklich nicht miteinander kann, dass sich trotz aller Absicht kein gemeinsamer Nenner für die Nachfolge findet. Fast immer haben die Parteien einander dann durch die Mediation immerhin besser verstehen gelernt und zudem, dass niemand von ihnen Schuld an der Unvereinbarkeit tragen muss – was an sich bereits spürbar entlastet und befreit und womit sich auch die Mediation als nützlich erwies.

Der Treuhänder, Zwischenfazit, darf seiner Kundschaft unter die Arme greifen, ist nachgerade dazu berufen, wo eine Nachfolgeregelung bevorsteht. Darin liegt sein gewichtiger Mehrwert gegenüber Kolleginnen, die sich das nicht zutrauen, keine dritten Profis kennen oder es sonst nicht vermögen, solche guten Dienste zu erbringen.

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3.3 Wann hilft Mediation?
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Noch steht dann infrage, was im konkreten Fall sinnvoll ist. Nicht immer braucht es Rechtsanwälte, nicht immer eignet sich Mediation, nicht jeder (Konflikt-)Fall lässt sich ohne Weiteres (ohne Autorität des Gericht) lösen. Ob einer Mediation im konkreten Fall etwas entgegensteht, braucht die zuweisende Treuhänderin jedoch nicht zu prüfen, sondern überlässt das getrost dem empfohlenen Profi.10

Für die Mediation genügt zunächst, dass die Beteiligten kommen. Sie verlieren dabei nichts: Wenn Mediator oder Arbeitsweise ihnen nicht passen, hören sie wieder auf damit; konnte der Konflikt in der Mediation nicht gelöst werden, stehen ihnen immer noch die anderen Verfahren zur Klärung zur Verfügung. Bei der Wahl, Anwalt oder Mediator zu empfehlen, wählt die Treuhänderin im Zweifelsfall deshalb die Mediation.

Der angefragte Mediator erwägt für sich und mit den Parteien, wie das Verfahren im konkreten Fall gestaltet wird, wen es dafür braucht, wie die Vertraulichkeit sichergestellt wird, welche Ressourcen an Zeit, Geld und Know-how benötigt werden. Das gewählte Setting wird verbindlich vereinbart. Dann erst beginnt die Bearbeitung des Konflikts oder der schwierigen, blockierten Situation.

Für die an der Nachfolge Beteiligten ist es häufig schwierig, ihre Bedürfnisse, selbst wenn sie diese an sich kennen, zu formulieren. Häufig starten sie daher erst einmal mit vordergründigen Positionierungen. Der erfahrene Mediator weiss das und kann mit seinen Werkzeugen (der Kommunikation) zusammen mit den Beteiligten im geschützten und strukturiert geführten Verfahren hinter diese Kulissen schauen. Dort zeigen sich regelmässig Stolpersteine, die den Weg zu den Bedürfnissen noch blockieren – so zum Beispiel die in der Checkliste in Abbildung 3 genannten.

Viele Stolpersteine sind aus anderen Lebensbereichen und Situationen bekannt. Sie können mit den Werkzeugen der Mediation aus dem Weg geräumt werden, sodass die Beteiligten nun ihre soft factors (Bedürfnisse, Interessen) wahren und in die Nachfolgelösung integrieren können.

Der gute Dienst der Treuhänderin, die Mediation vermittelt zu haben, erfordert übrigens nicht, dass sie der Mediation selbst fernbleiben muss. Je nachdem nimmt die Treuhänderin vielmehr aktiv oder passiv daran teil und kann dort ihre Ressourcen für die Auftraggeber nützlich einbringen. Dazu noch ein Praxisbeispiel (siehe Ziffer 4).

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4. Mediationsbeispiel
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Der Treuhänder des Reisebüros – nach der fiktiven Variante der Einleitung – arbeitet seit Jahren fürs Unternehmen und kennt dessen Geschäftsführer gut. Mit dem Investor, einem erfolgreichen Selfmade Man um die Siebzig mit weiteren Firmen im Portfolio, hatte er nie zu tun. Im Gespräch deutet der Geschäftsführer dem Treuhänder an, dass «der alte Herr» wirklich alt und vergesslich werde, die Belegschaft und er sich vermehrt Gedanken darüber machten, wie es mittelfristig weitergehe. Man sei aber unsicher, ob man den Investor darauf ansprechen könne und allenfalls, wie.

Der Treuhänder fragt nach, ob der Geschäftsführer denn Interesse daran hätte, den Laden zu übernehmen, was dieser mit Vorbehalt bejaht. Daraufhin erwähnt der Geschäftsführer dies beim Investor anlässlich der Sitzung zur Jahresrechnung. Der Investor hält das zunächst für einen Affront und verbittet sich das Thema entschieden. Man lässt es fallen. Einige Wochen danach nimmt der Treuhänder, in Absprache mit dem Geschäftsführer, nochmals Kontakt mit dem Investor auf und offeriert ihm ein unverbindliches Gespräch über die Möglichkeiten eines Unternehmensverkaufs.

Dabei erfährt er, dass der Investor mit dem Geschäftsführer nur bedingt zufrieden ist, weil dieser die Gewinnziele wiederholt verfehlt habe. Der Inhaber und VR-Präsident erwähnt aber nicht, dass mit dem Geschäftsführer nie Mitarbeitergespräche, geschweige denn eine Mitarbeiterbeurteilung stattgefunden hatten. Der Treuhänder sieht in dieser Ausgangslage eine Chance, dass sich die beiden Herren bei einer neutral angeleiteten Aussprache geschäftlich doch noch näherkommen könnten.

Der Treuhänder empfiehlt dem Investor eine Mediatorin für ein Vor-Einzelgespräch, in dem der Investor erfährt, dass in seiner Situation durchaus eine Möglichkeit bestünde, zusammen mit dem Geschäftsführer über eine Verbesserung der Ertragslage im Reisebüro zu sprechen. Auf Vorschlag der Mediatorin lädt der vorgesetzte Investor den Geschäftsführer zur Mediationssitzung ein. Nachdem die Mediatorin mit den Parteien den Auftrag geklärt hat, hört sie beide Herren zu Themen und Anliegen an. Es stellt sich heraus, dass dem Investor ein Unternehmensverkauf ein Anliegen ist und dass er über keine Familienmitglieder oder externen Käufer dafür verfügt.

Der Investor betrachtet sein Reisebüro indes mit Stolz als Teil seines Lebenswerks und möchte es nur in beste Hände übergeben. In den folgenden zwei Mediationssitzungen klären die Parteien, was das konkret heisst, und unter Beihilfe des Treuhänders auch, inwiefern der Geschäftsführer als Käufer des Reisebüros infrage käme und wie allenfalls eine Drittfinanzierung mit Verbleib des Geschäftsführers machbar wäre. In der vierten Sitzung werden aus Optionen Lösungen, und deren Umsetzung wird zurück an den Treuhänder delegiert. Nach insgesamt vier Sitzungen zu jeweils zweieinhalb Stunden im Verlauf von drei Monaten Verfahrensdauer für 3500 CHF ist damit der Weg zur Nachfolgeregelung frei.

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5. Fazit & Tipps
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5.1. Fazit
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Jede Mediation verläuft anders. Gemeinsam ist dem Konzept, dass die Parteien darin im geschützten Rahmen einander zuhören, die Interessen der anderen Seite verstehen (was noch nicht akzeptieren oder für sich übernehmen heisst) und unter fachkundiger Gesprächsleitung miteinander nach Optionen suchen, wie ihre Situation zum Vorteil beider Seiten gelöst werden kann. Wenn die Parteien daraufhin gemeinsam eine Option auswählen und verbindlich miteinander vereinbaren, haben sie damit einen grossen Erfolg erzielt; konnten sie klären, dass es nicht (miteinander) weitergeht, immerhin einen kleinen Erfolg, der noch nachgebessert werden kann, indem man klärt, wie konstruktiv mit der verbliebenen Situation umzugehen ist.11 Aus diesem Grund eignet sich die Mediation gut bei der Nachfolgeregelung (vgl. Abbildung 2).

In der Praxis von Konflikten hilft es für deren konstruktive Lösung, zu Beginn bereits rasch einzugreifen und die Dinge nicht eskalieren zu lassen. Daher kann es gut sein, bereits erste Warnsignale für einen möglichen Stolperstein auf dem Weg zur Nachfolgeregelung proaktiv aufzugreifen, das heisst zu thematisieren und anzugehen (bevor gestolpert wird). Nicht nur lassen sich so persönliche Verletzungen vermeiden; auch sparen die Beteiligten damit Zeit, Geld und Nerven, die eine länger währende Ungewissheit oder Streitigkeit ansonsten kostet.

Die Treuhänderin, welche die Parteien in die Mediation vermittelt hat, partizipiert an deren Erfolg. Sie kann die Ergebnisse der Mediation in ihre eigene weitere Arbeit für das Unternehmen integrieren. Die «Schlaufe» Mediation hat dabei den Weg für eine wieder mehr sachbezogene Arbeit im treuhänderischen Bereich freigemacht. Als grösste Herausforderung für die Treuhänderin erscheint die Hilfe bei der Einleitung einer konstruktiven Konfliktbearbeitung. Liegt ein Konflikt auf dem Weg zur Regelung der Nachfolge erst einmal offen zutage, führt kein Weg daran vorbei und kann es nur noch darum gehen, wer als neutraler dritter Profi den Lead dabei übernehmen soll.

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5.2 Tipps
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Wichtig bei allem ist die Erkenntnis, dass viele Menschen, auch Inhaber von Unternehmen, die eine Nachfolge anstreben oder denen sie bevorsteht, ihre soft factors (vgl. Abbildung 1) nicht ohne Weiteres kennen oder offenlegen. Ihre Bedürfnisse werden vielmehr oft von Stolpersteinen (vgl. Abbildung 3) verdeckt oder behindert. Auch diese sind mitunter nicht evident, doch deuten typische Warnsignale häufig auf sie hin (siehe die Checkliste in Abbildung 4).

Treuhänder mit Erfahrung erkennen diese Signale und sprechen sie im Interesse der Kundschaft rechtzeitig an. Und auch falls keine Warnsignale darauf hindeuten: Stolpersteine bei der Nachfolge sind die Regel. Und ohne Einbezug der soft factors gelingt kaum eine Regelung. Für den Gebrauch der Checklisten empfiehlt sich somit der folgende Ablauf wie in Abbildung 5 aufgezeigt.

Abschliessend noch mein Vorschlag zu Ihrer Selbstkontrolle sowie übungshalber: Lesen Sie das Beispiel mit dem Coiffuresalon in Ziffer 3.1 gleich nochmals durch und notieren Sie sich, welche Warnsignale dort erkennbar waren. Welche Stolpersteine könnten in jenem Fall zudem bestanden haben, welche soft factors vermuten Sie? Antworten geben die Fussnoten im Beispiel.

Wertvolle Hilfe kann Mediation im Übrigen auch ohne Nachfolge leisten bei all den tagtäglichen Stolpersteinen in Arztpraxen, Anwaltskanzleien, Architekturbüros und vielen weiteren Unternehmen von A bis Z – innerbetrieblich sowie mit Kunden oder Lieferanten oder unter den Inhabern von KMU. Auch hier kommt dem Treuhänder eine Schlüsselfunktion im vorstehend beschriebenen Sinne zu.

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  1. In diesem Beitrag werden unbestimmte Personen wechselweise männlich oder weiblich bezeichnet und umfassen jeweils beide Geschlechter.
  2. Vgl. zum Thema Unternehmensnachfolge statt vieler David Dürr / Mauro Lardi (Hrsg.), Unternehmensnachfolge – Interdisziplinäres Handbuch zur Nachfolgeregelung, Dike Verlag 2014; Andreas Gubler, Nachfolgeregelung im Familienunternehmen – Grundriss für die Praxis, Verlag NZZ 2012; Franziska Müller Tiberini, Wir schaffen das! Sieben Tipps zur Kommunikation für einen erfolgreichen Generationenwechsel, Verlag Rio by Elster 2016.
  3. Gemäss Medienberichten erklärten Egon Ammann und Marie-Luise Flammersfeld das Ende ihres Verlags zudem damit, dass sie der Literatur gegeben hätten, was sie zu geben hatten, und sich nicht vorstellen konnten, dass ihr Lebenswerk in einem anderen Haus fortgeführt würde.
  4. Etwa der Due Diligence, steuerliche Kosten einer Transaktion (wie Grundstückgewinne oder indirekte Teilliquidation), erbrechtliche Hürden (wie Pflichtteilschutz) oder auch betreffend den Wissenstransfer.
  5. Vgl. zur Forschung zur Verhaltensökonomie etwa Professor Ernst Fehr in der NZZ vom 8.9.2017, S. 27.
  6. Der moralische Aspekt, dass bei einer (mutwilligen) Liquidation des Unternehmens Werte, insbesondere Arbeitsplätze, vernichtet werden, bleibt hier unbehandelt. Nach Schätzungen sind von den hierzulande bevorstehenden Unternehmensnachfolgen rund eine halbe Millionen Arbeitsplätze betroffen und gelingen rund 30 Prozent der Nachfolgeregelungen nicht (vgl. Dürr / Lardi, a.a.O., S. 2, m.V.a. die Studie 2016 von CS & HSG).
  7. Warnsignale Sprachlosigkeit, Stolz, patronale Führung – Stolpersteine Intransparenz, Interpretation, Erwartungen – soft factors: alle in der Checkliste erwähnten sind wohl betroffen. Vgl. dazu die Checklisten in den Abbildungen 1, 3 und 4.
  8. Beim Sohn Warnsignale: mangelnde Identifikation mit dem Unternehmen, Nachkomme der Inhaberschaft, finanziell vom Patron abhängig – Stolpersteine Intransparenz, eventuell auch Interpretation, Erwartungen – soft factors: Finanzielle Absicherung, Fairness, Selbstwertgefühl, Vertrauen. Vgl. auch die Checklisten in den Abbildungen 1, 3 und 4.
  9. Soft factors berufliche Identität, Selbstwert und (fehlendes?) Vertrauen in die Tochter bei den Eltern und die Bedürfnisse der Tochter nach Vertrauen (der Eltern), Verantwortung und Gestaltungsfreiheit, vgl. Checkliste in Abbildung 1.
  10. Vgl. auch Peter Krepper, Mediation in der Praxis: Erfolg dank Eignung, AJP 10/2012, 1427 ff., m.w.H. dazu, in welchen Fällen sich Mediation – ausnahmsweise – nicht eignet.
  11. Vgl. zur Mediation allgemein z.B. Esther Haas / Toni Wirz, Mediation – Konflikte lösen im Dialog, 3. Aufl., Beobachter-Buchverlag; zu Konflikten in Schweizer Unternehmen etwa Ronald Kaufmann / Hadumoth von Escher / Andreas Furrer / Daniel Girsberger, KMU und Konflikte – Blick auf die Wirklichkeit in Schweizer Unternehmen.
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