Im Zusammenhang mit der Finanzkrise und den politischen Entwicklungen im Finanzsektor hat die FINMA1 die Regulierungen zum Schutz der Anleger verschärft, insbesondere im Bereich der Vermögensverwaltung (Erwerb von kollektiven Kapitalanlagen im Auftrag des Kunden). Zudem hat die FINMA den Geltungsbereich des Geldwäschereigesetzes GwG2 präzisiert.
Ein Treuhänder muss wissen, ob er durch seine Aktivität dem Geltungsbereich des GwG unterstellt ist oder nicht. Die Beantwortung dieser Frage gestaltet sich nicht immer einfach. Die FINMA hat zu diesem Thema per 1.1.2011 das Rundschreiben 2011/01 (FINMA-RS 11/01) veröffentlicht. Darin wird die «Verordnung über die berufsmässige Finanzintermediation VBF»3 präzisiert. Auch werden die Ausnahmen des GwG-Geltungsbereiches definiert.
Als Grundsatz gilt nach wie vor Art. 2 Abs. 3 GwG: «Finanzintermediäre sind Personen, die berufsmässig fremde Vermögenswerte annehmen oder aufbewahren oder helfen, sie anzulegen oder zu übertragen.» Wer als Finanzintermediär gilt, muss sich einer SRO4 anschliessen oder bei der FINMA eine Bewilligung für die Ausübung seiner Tätigkeit einholen (Art. 14 GwG).
Ein Treuhänder fällt somit unter das GwG, wenn er – auch ohne Bankvollmacht – im Rahmen der Berufsausübung technisch in der Lage ist, über Kundenwerte zu verfügen. Ausschlaggebend ist dabei im Allgemeinen das Vorhandensein einer Vollmacht, die dem Finanzintermediär erlaubt, über die fremden Vermögenswerte zu bestimmen. Die Art der Vollmacht ist dabei irrelevant, es kommt einzig auf die Verfügungsmacht an. Diese wird auch angenommen, wenn die Vollmacht auf einzelne Vermögenswerte beschränkt ist oder eine kollektive Zeichnungsberechtigung besteht, denn eine Mitbestimmungsmöglichkeit ist bereits ausreichend für die Unterstellung.5
In Art. 1 VBF werden die Tätigkeiten aufgeführt, die nicht als Finanzintermediation gelten. Darunter fallen unter anderem der physische Transport und die Aufbewahrung von Vermögenswerten (mit Ausnahme der Aufbewahrung von Effekten), die Inkassotätigkeit, die Übertragung von Vermögenswerten als akzessorische Nebenleistung zu einer Hauptvertragsleistung. Die FINMA hat weitere Tätigkeiten explizit vom GwG-Geltungsbereich ausgenommen: Organ einer operativ tätigen Gesellschaft6, klassische Liegenschaftsverwaltung7, Beratungen und Gesellschaftsgründungen8, Anlageberatung ohne Tätigen der Anlagen9, Immobilienhandel ohne Entgegennahme und Weiterleitung des Kaufpreises10. Ebenfalls vom GwG-Geltungsbereich ausgenommen sind Tätigkeiten, welche durch eine explizite gesetzliche Grundlage, einen Hoheitsakt oder verwaltungsrechtlichen Vertrag übertragen oder erlaubt worden sind.11 Darunter fallen: Vormund, amtlicher Erbschaftsverwalter, Willensvollstrecker, amtlicher Erbschaftsliquidator. Hingegen ist die Erbteilung auf privatrechtlicher Basis dem GwG unterstellt.
Die Ausführung von Zahlungsaufträgen durch Buchhalter zusätzlich zu Buchhaltungsdienstleistungen ist in der Regel nicht als akzessorisch zu bezeichnen12 und gilt als Finanzintermediation (Art. 4 VBF). Das Ausführen von Lohnzahlungen für Rechnung Dritter ist grundsätzlich eine dem GwG unterstellte Tätigkeit, welche jedoch Ausnahmen erfährt. Lohnzahlungen sind dann dem GwG nicht unterstellt, wenn die folgenden Voraussetzungen kumulativ gegeben sind13:
- Die Lohnzahlungen werden gestützt auf eine Lohnbuchhaltung ausgelöst, welche durch dieselbe natürliche oder juristische Person erstellt wurde, welche beauftragt ist, den damit im Zusammenhang stehenden Zahlungsverkehr zu erledigen;
- die zum Zweck der Ausführung der Lohnzahlung erteilte Vollmacht ist ausdrücklich auf die Vornahme des Zahlungsverkehrs im Zusammenhang mit der Lohnbuchhaltung beschränkt.
Die VBF zählt weitere Tätigkeiten auf, welche als Finanzintermediation gelten14: das Kreditgeschäft (mit Ausnahmen), das Ausführen von Zahlungsaufträgen, die Ausgabe von Zahlungsmitteln und das Betreiben von Zahlungssystemen, die Geld- und Wertübertragung «Money-Transfer», der Effektenhandel, der Geldwechsel, der Devisenhandel, die Vermögensverwaltung, die Aufbewahrung von Effekten, die Organtätigkeit für Sitzgesellschaften.
Damit «Bagatellfälle» im Bereich der Finanzintermediation nicht von der SRO-Anschlusspflicht erfasst werden, wurden in der Verordnung VBF Schwellenwerte festgelegt (Art. 7 VBF). Eine Person (juristische oder natürliche), die gemäss Art. 2 Abs. 3 GwG Finanzintermediation tätigt, übt diese berufsmässig aus, wenn sie:
a) pro Kalenderjahr einen Bruttoerlös von mehr als 20 000 Franken erzielt;
b) pro Kalenderjahr Geschäftsbeziehungen mit mehr als 20 Vertragsparteien aufnimmt, die sich nicht auf eine einmalige Tätigkeit beschränken, oder pro Kalenderjahr mindestens 20 solche Beziehungen unterhält;
c) unbefristete Verfügungsmacht über fremde Vermögenswerte hat, die zu einem beliebigen Zeitpunkt 5 Millionen Franken überschreiten;
d) Transaktionen durchführt, deren Gesamtvolumen 2 Millionen Franken im Kalenderjahr überschreitet.
Sobald ein Treuhänder einen dieser Schwellenwerte überschreitet, muss dieser einer SRO angeschlossen sein. Wer von einer nichtberufsmässigen zu einer berufsmässigen Finanzintermediation wechselt, muss: a) unverzüglich die Pflichten nach den Artikeln 3 – 11 des GwG einhalten; b) innerhalb von zwei Monaten nach dem Wechsel einer SRO angeschlossen sein oder bei der FINMA ein Gesuch um Bewilligung für die berufsmässige Ausübung der Tätigkeit einreichen.15
Falls ein Treuhänder als unabhängiger Vermögensverwalter (UVV) gilt und für nicht qualifizierte Kunden16 kollektive Kapitalanlagen erwirbt, ist Art. 6 Abs. 2 KKV17 zu beachten, welcher – nebst der SRO-Mitgliedschaft – zusätzlich den Anschluss an eine Branchenorganisation vorschreibt. Die Frist zur Einhaltung der Standesregeln wurde von der FINMA auf den 1.10.2010 in Kraft gesetzt. Positionen, die bereits vor diesem Datum gekauft worden sind, sind nicht betroffen. Diese können beliebig gehalten und verkauft werden.
Der Verband TREUHAND|SUISSE hat auf die Gründung einer Branchenorganisation verzichtet, da die unabhängige Vermögensverwaltung im oben erwähnten Bereich nicht die Kernkompetenz der Mitglieder von TREUHAND|SUISSE darstellt. Wer jedoch nach dem 1.10.2010 kollektive Kapitalanlagen (darunter fallen auch Fonds) für nicht qualifizierte Kunden erwirbt, muss sich sowohl einer SRO als auch einer Branchenorganisation anschliessen. Weitere Details auf: www.sro-treuhandsuisse.ch, Link Merkblätter.
- Eidgenössische Finanzmarktaufsicht, www.finma.ch.
- GwG, Geldwäschereigesetz, SR 955.0.
- VBF, Verordnung über die berufsmässige Finanzintermediation, SR 955.071.
- SRO, Selbstregulierungsorganisation gemäss Art. 24 GwG.
- Der Geltungsbereich des Geldwäschereigesetzes im Nichtbankensektor, «Praxis der Kontrollstelle für die Bekämpfung der Geldwäscherei» (heute FINMA) vom 29.10.2008, Randziffer 11.
- Randziffer (Rz) 100 FINMA-RS 11/01.
- Rz 124 – 127 FINMA-RS 11/01.
- Rz 122 FINMA-RS 11/01.
- Rz 96 FINMA-RS 11/01.
- Rz 129 FINMA-RS 11/01.
- Rz 133 – 141 FINMA-RS 11/01.
- Randziffer 19 FINMA-RS 11/01.
- Randziffer 60–62 FINMA-RS 11/01.
- Art. 3–6 VBF, SR 955.071.
- Art. 11 VBF, SR 955.071.
- Als qualifizierte Kunden gelten vermögende Privatpersonen, die über Finanzanlagen von mindestens 2 Mio. CHF verfügen (Art. 10 Abs. 3 KAG, Kapitalanlagengesetz, SR 951.31).
- KKV, Verordnung über die kollektiven Kapitalanlagen, SR 951.311.
Unsere SRO bietet halbtägige GwG-Grundkurse an. Die Kurse werden im Rahmen der Weiterbildungsverpflichtung des Verbandes anerkannt. Es wird eine Teilnahmebestätigung ausgehändigt. Anmeldetalon unter www.sro-treuhandsuisse.ch, Link: GwG-Schulungen.
- Deutsch: 10.05.2011, 29.09.2011, 13.12.2011 (jeweils in Zürich, STS)
- Französisch: 17.05.2011, 2.11.2011 (jeweils in Lausanne)
- Italienisch: 7.11.2011 (in Lugano)
Anmeldungen / Fragen: SRO-Geschäftsstelle, Tel. 031 380 64 80