Issue
Category
Content
Text

Pensionskassen, deren Leistungsangebot die obligatorische Vorsorge übersteigt, dürfen innerhalb bestimmter Grenzen auch bei einer Überdeckung auf die Verzinsung des Altersguthabens von Versicherten verzichten. Das Bundesgericht erweitert den Anwendungsbereich des Anrechnungsprinzips und lässt eine Nullverzinsung zu, soweit das gesetzliche Vorsorgekapital mit dem entsprechenden Mindestzins erhalten bleibt.

Die betroffene Pensionskasse erbringt für die Bereiche der obligatorischen und der überobligatorischen beruflichen Vorsorge eine Gesamtleistung (sogenannte «umhüllende» Pensionskasse). 2008 hatte die Kasse eine Unterdeckung aufgewiesen, in den Jahren 2009 und 2010 lag der Deckungsgrad knapp über 100 Prozent. 2009 beschloss die Vorsorgeeinrichtung, das Altersguthaben von Versicherten nicht zu verzinsen, die im Verlauf des Jahres 2010 austreten. Von dieser Nullverzinsung betroffen ist ein Versicherter, der die Pensionskasse im November 2010 verlassen hatte. Die II. sozialrechtliche Abteilung des Bundesgerichts weist seine Beschwerde ab und beurteilt das Vorgehen der Pensionskasse als zulässig. Laut Gericht lässt sich aus den Weisungen des Bundesrates über die Massnahmen zur Behebung von Unterdeckungen in der beruflichen Vorsorge nicht ableiten, dass umhüllenden Pensionskassen eine Minder- oder Nullverzinsung des Alterskapitals nach dem Anrechnungsprinzip bei einer Überdeckung verboten wäre. Das Anrechnungsprinzip lässt eine Nullverzinsung des Gesamtguthabens von Versicherten in einem solchen Fall zu, soweit dadurch ihr obligatorisches Guthaben mit dem dazugehörenden gesetzlichen Mindestzins erhalten bleibt. Eine Minder- oder Nullverzinsung wie im vorliegenden Fall ist laut Bundesgericht nicht beliebig durchführbar. Da die Massnahme ausschliesslich die aktiven Versicherten betrifft, sind ihr Grenzen gesetzt. Voraussetzung ist zunächst der Bestand von überobligatorischem Altersguthaben. Eine weitere Schranke bildet das Verhältnismässigkeitsprinzip, indem die Minder- oder Nullverzinsung angezeigt und begründet sein muss, was bei drohender Gefahr einer Unterdeckung zutreffen kann. Eine Limite kann sich zudem aus der Versichertenstruktur ergeben. Im konkreten Fall erscheint die Nullverzinsung insgesamt sachlich geboten und angemessen. Dass die Nullverzinsung nur bei den austretenden Versicherten angewendet wurde, ist mit dem Gleichbehandlungsgebot vereinbar.

Art. 7bis, Art. 14, Art. 15, Art. 16, Art. 23, Art. 24, Art. 26, Art. 34a, Art. 36, Art. 49, Art. 51, Art. 53d, Art. 64, Art. 65, Art. 65b, Art. 65d und Art. 86b BVG; Art. 11, Art. 12, Art. 16, Art. 24, Art. 44 und Art. 62c BVV 2; Art. 2 und Art. 17 FZG; Art. 6 FZV; Art. 113 BV

Text

(BGer., 9.04.14 {9C_114/2013}, Medienmitteilungen des Schweizerischen Bundesgerichts, 9.04.14, www.bger.ch)

Date