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Wenn man als Berater bei einer Unternehmensnachfolge tätig ist, muss man auch das Ehe- und Erbrecht berücksichtigen. Pflichtteilszahlungen und Ehescheidungen sowie Erbschleicherei können ein Unternehmen schädigen und die Chancen für eine erfolgreiche Übernahme verringern.

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Auch bei familieninterner Nachfolge ist der reale Wert des Unternehmens eine sinnvolle Basis. Bei Übernahmen unterhalb des Verkehrswerts kann es bei der Erbschaft Probleme geben, z. B. Pflichtteilsverletzungen, was dann zu mühsamen Berechnungen und unerwartetem Kapitalentzug im Unternehmen führt. Sind die Nachfolger keine direkten Nachkommen, können bei einer Übernahme unter Wert Schenkungs- oder Erbschaftssteuern fällig werden. Unternehmensbewertungen erstellt man mit Vorteil periodisch, nicht erst im Hinblick auf die Nachfolgeregelung. Häufig ist der Wert des Unternehmens nicht so hoch wie die Unternehmer nach jahrzehntelanger Arbeit erwarten. Fachleute empfehlen den Unternehmensinhabern, ein ausreichendes Privatvermögen anzulegen, das nach dem Tod auch zur Auszahlung der Pflichtteilserben dienen kann. Wichtig ist eine ausführliche Steuerberatung, auch für ehe- und erbrechtliche Verfügungen.

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1. Ehegüterrecht berücksichtigen
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Bei verheirateten Erblassern oder auch bei der eingetragenen Partnerschaft erfolgt vor der Erbteilung immer die güterrechtliche Auseinandersetzung. Wenn Ehepartner ein Unternehmen gemeinsam führen, ist immer zu empfehlen, dass beide ein marktübliches Gehalt beziehen. Dieses gehört zur Errungenschaft. Bezieht ein Ehepartner kein Gehalt oder nur wenig, muss man das bei der Berechnung der Errungenschaft berücksichtigen, und dann kann diese schwierig werden.

Bei Ehepaaren ist immer eine mögliche Scheidung in Betracht zu ziehen. Da ein hoher Kapitalentzug für ein Unternehmen schädlich sein kann, wäre eine Vereinbarung sinnvoll, z. B., dass im Scheidungsfall beide ihre Anteile im Unternehmen belassen und Gewinnanteile beziehen, was natürlich eine gütliche Einigung voraussetzt.

Zweit- oder Drittehen können sich auf die Erbschaftssituation massiv auswirken, vor allem, wenn in den neuen Ehen Kinder entstehen. Alle Kinder eines Erblassers sind pflichtteilsberechtigt, gleichgültig, ob sie in erster oder einer nachfolgenden Ehe oder ausserehelich geboren werden.

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2. Meistbegünstigung bei Übernahme durch den Ehepartner
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Die Meistbegünstigung des Ehepartners nach Art. 473 ZGB sichert dem überlebenden Partner die Nutzniessung an dem den gemeinsamen Kindern zufallenden Teil der Erbschaft. Bei einer Wiederverheiratung muss den Kindern der Pflichtteil ausbezahlt werden. Die verfügbare Quote beträgt ein Viertel der Erbschaft. Die nichtgemeinsamen Kinder haben das Recht auf den Pflichtteil. Ehegüterrechtlich kann man die Vorschlagsbeteiligung ändern, wobei die Pflichtteile für Kinder immer zu berücksichtigen sind.

Manchmal verzichten Kinder auf die Erbschaft zugunsten des überlebenden Elternteils. Dann ist unbedingt eine Klausel notwendig, dass der überlebende Elternteil den Kindern mindestens den Pflichtteil aus der Erbschaft des Vorverstorbenen auszahlt, wenn er sich wieder verheiratet oder eine Wohngemeinschaft eingeht. Selbst wenn die Auszahlung zu Lebzeiten nicht erfolgt, können die Kinder den entsprechenden Betrag nach dem Tod des zweiten Elternteils von der Erbengemeinschaft fordern. Dazu muss dieser aber separat angelegt werden, sonst fällt er in der Praxis in die ganze Erbmasse, und andere Erben können die Auszahlung bis zur endgültigen Erbteilung blockieren.

Nach Art. 513 ZGB kann ein Erbvertrag von den Vertragschliessenden jederzeit durch schriftliche Übereinkunft aufgehoben werden. In der Praxis gilt das nur, wenn alle Beteiligten noch leben. Der Wille eines Verstorbenen ist zu respektieren.

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3. Begünstigung von Kindern und externen Nachfolgern
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Wenn ein Kind das Unternehmen weiterführt, kann man jedem Erben den Pflichtteil zuwenden und dem Nachfolger die verfügbare Quote. Wer die Erbschaft gleichmässig verteilen will, kann die verfügbare Quote im Unternehmen belassen und den Familienerben sowie dem Unternehmensleiter Anteile zur Nutzniessung vermachen.

Falls der Ehepartner oder Drittpersonen das Unternehmen weiterführen, kann man den Kindern von der verfügbaren Quote ein Kapital auf Abruf zur Verfügung stellen. Dieses bleibt vorläufig im Geschäft, und die Kinder erhalten einen Gewinnanteil. Wenn eines der Kinder Geld benötigt, z. B., um sich selbstständig zu machen, wird ihm das Kapital ausbezahlt.

Wenn ein Kind des Unternehmers die Firma übernimmt, kann ein Vorbezug auf die Erbschaft sinnvoll sein. Achtung: Aufgrund von Art. 626 ZGB besteht unter gesetzlichen Erben die Ausgleichspflicht auf alles, was ihnen der Erblasser bei Lebzeiten auf Anrechnung an ihren Erbanteil zugewendet hat. Wer verhindern will, dass Vorbezüge der Kinder später gegenüber Geschwistern oder (neuen) Ehepartnern angerechnet werden, muss das im Dokument über den Vorbezug festlegen. Die Pflichtteile sind auch bei Vorbezügen zu berücksichtigen.

Sinnvoll ist immer eine Versicherung zugunsten der Unternehmensnachfolger. Die Begünstigten haben nach dem Tod Anspruch auf die Versicherungsleistung, auch wenn die Erbschaft überschuldet ist und ausgeschlagen wird (Art. 85 VVG). Vorbehalten bleibt eine Herabsetzungsklage bei Pflichtteilsverletzung. Dann wird der Rückkaufswert des Versicherungsanspruchs zur Todeszeit des Erblassers zu dessen Vermögen gerechnet (Art. 476 ZGB). Die Begünstigung durch eine Versicherung unterliegt der Ausgleichspflicht unter gesetzlichen Erben (Art. 529 und Art. 626 ZGB). Eine Versicherungssumme wird auch ausbezahlt, wenn es Schwierigkeiten mit der Erbteilung gibt (Art. 563 ZGB).

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4. Achtung: Erbschleicher!
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Bei älteren und vermögenden Personen besteht die Gefahr, dass sich Erbschleicher an sie heranmachen und sich nicht nur das Privat-, sondern auch das Firmenvermögen aneignen wollen. Dieses Geschäft wird sogar von maffiaähnlichen Organisationen oder Gruppen professionell betrieben.

Um sich vor Erbschleicherei zu schützen, kann der Erblasser eine handschriftliche Anweisung hinterlassen, dass Verfügungen, die er in dementem oder krankem Zustand trifft, als ungültig zu betrachten seien. Das erschwert den Erbschleichern ihr Handwerk, weil sie eine solche Verfügung zumindest anfechten müssten, und meistens scheuen sie Prozesse.

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5. Erbengemeinschaft: Nur einstimmige Verfügung möglich
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Während die Erbengemeinschaft besteht, können die Erben über ihr Gesamteigentum nur einstimmig verfügen. Gehört ein Unternehmen zur Erbschaft, sollte einer der Erben innerhalb eines Monats nach dem Tod des Erblassers ein öffentliches Inventar beantragen (Art. 580 ZGB).

Was bei Privaterbschaften unangenehm ist, kann für Unternehmen ruinös sein, nämlich, wenn einer oder mehrere Erben die Verfügung über das Vermögen blockieren. Banken verweigern in der Praxis den Erben die Verfügung über das Vermögen des Erblassers, auch wenn diese ihre Berechtigung nachweisen können. Auch Kredite oder Hypotheken sind im Hinblick auf eine noch nicht verteilte Erbschaft kaum möglich. Nach FINMA müssen solche Probleme auf der Basis des Zivilrechts geregelt werden.

Wenn ein Miterbe die Erbteilung blockiert, ist die Erbteilungsklage möglich, wenn nötig in Verbindung mit der Herabsetzungsklage in Form eines Schlichtungsgesuchs nach Art. 62 ff. ZPO. Die Frist für die Herabsetzungsklage beträgt ein Jahr nach Todesdatum des Erblassers (Art. 533 ZGB).

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6. Massnahmen gegen Vermögensblockierung
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Unternehmer können unangenehme Konsequenzen eines Erbteilungsstreits mit folgenden Möglichkeiten vermindern. Die Pflichtteilsrechte sind dabei zu beachten.

  • Der Unternehmer kann dem Nachfolger zu Lebzeiten ein Kapital mit der Bedingung überlassen, dass dieses ins Unternehmen investiert wird. Dieses übertragene Vermögen bildet nicht mehr Bestandteil des Nachlasses, und der Unternehmensnachfolger kann darüber nach dem Tod des Erblassers verfügen. Wird das Vermögen einem gesetzlichen Erben überlassen, besteht Anrechnungspflicht, wenn der Erblasser nicht das Gegenteil verfügt.
  • Nach Fusionsgesetz (Art. 69 FusG) können im Handelsregister eingetragene Gesellschaften und Einzelunternehmen ihr Vermögen oder Teile davon mit Aktiven und Passiven auf andere Rechtsträger des Privatrechts übertragen, also auf Personen oder andere Unternehmen.
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7. Vollmacht und Vorsorgeauftrag
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Für den Fall von Abwesenheit, Krankheit oder Tod sollte jede Führungskraft einen Stellvertreter beauftragen. Für grössere finanzielle Transaktionen sollte man aus Sicherheitsgründen anordnen, dass zwei Unterschriften zu leisten sind. Eine Kontrolle der Stellvertreter durch Drittpersonen ist notwendig, wenn der Unternehmensinhaber dazu nicht mehr in der Lage ist. Für das Unternehmen ist die Prokura (Art. 458 OR) sinnvoll. Weniger weit als die Prokura geht die Ernennung eines Angestellten zum Handlungsbevollmächtigten, entweder für die Leitung des ganzen Betriebs oder für bestimmte Geschäfte (Art. 462 OR). Dafür benötigt man keine besondere Form, und die Vollmacht ist, wie auch die Prokura, jederzeit widerruflich.

Eine handlungsfähige Person kann eine natürliche oder juristische Person beauftragen, im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit die Personensorge oder die Vermögenssorge zu übernehmen oder sie im Rechtsverkehr zu vertreten (Art. 360 ff. ZGB). Es ist dringend zu empfehlen, eine zweite Vertrauensperson mit der Kontrolle zu beauftragen. Besser setzt man aber nicht zwei gleichberechtigte Vertreter ein – das kann zu Meinungsverschiedenheiten und Konflikten führen.

Sind die Interessen der auftraggebenden Person gefährdet oder nicht mehr gewahrt, können nahestehende Personen dies der Erwachsenenschutzbehörde melden. Diese trifft dann die erforderlichen Massnahmen. Bei Interessenkollision verliert die beauftragte Person ihre Befugnisse von Gesetzes wegen.

Ehepartner oder eingetragene Partner haben nach ZGB ein Vertretungsrecht, wenn weder ein Vorsorgeauftrag noch eine entsprechende Beistandschaft besteht. Dieses Vertretungsrecht umfasst die ordentliche Verwaltung des Einkommens und des Vermögens sowie die Befugnis, die Post zu erledigen.

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Checkliste Unternehmensnachfolge
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Wichtige Punkte für die Beratung

  • Zeitplan für die Unternehmensnachfolge: Die Vorbereitungsphase dauert oft fünf bis zehn Jahre.
  • Wert des Unternehmens periodisch analysieren
  • Notwendige Umstrukturierung des Unternehmens planen, Fusionsgesetz berücksichtigen
  • Wenn nötig, Privatvermögen für Unternehmer aufbauen
  • Stellvertretungsvereinbarung bzw. Vollmacht für Krankheits- oder Todesfall
  • Ausführliche Steuerberatung
  • Eheverträge oder sonstige Vereinbarungen mit Ehe- oder Lebenspartnern anpassen und die Möglichkeit einer Scheidung berücksichtigen
  • Pflichtteile berücksichtigen
  • Bei Meistbegünstigung oder Erbverzicht der Kinder: Erbschaft des Vorverstorbenen muss für den Fall einer Wiederheirat separat angelegt werden.
  • Vorbezüge: Verfügung, ob Verpflichtung zum Ausgleich besteht oder nicht
  • Versicherungen zugunsten des Unternehmensnachfolgers abschliessen
  • Verfügung gegen Erbschleicherei
  • Bei Erbfall öffentliches Inventar beantragen (Art. 580 ZGB)
  • Massnahmen gegen Blockierung des Vermögens bei Erbschaftsstreit, z. B. Kapitalübertragung
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