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Der Richter kann auf einen entsprechenden Antrag der Eltern die elterliche Sorge auch nur einem Elternteil zuteilen, wenn dies mit dem Wohl des Kindes vereinbar ist. Eine Alleinzuteilung auf Antrag der Eltern gefährdet das Kindeswohl als solche nicht und ist mit dem neuen Recht, das als Grundsatz die gemeinsame elterliche Sorge vorsieht, nicht per se unvereinbar.

Auf den 1. Juli 2014 wurde im Zivilgesetzbuch (ZGB) als allgemeiner Grundsatz die gemeinsame elterliche Sorge eingeführt. Ein Elternpaar hatte rund ein Jahr vor Inkrafttreten dieser Neuregelung im Hinblick auf seine Scheidung beim Zivilkreisgericht Basel-Landschaft Ost den Antrag gestellt, die elterliche Sorge für das gemeinsame Kind allein der Mutter zuzuteilen. Das Kreisgericht entsprach dem Antrag 2015 und schied die Ehe. Das Kantonsgericht bestätigte dieses Urteil 2016 auf Beschwerde des Vaters, der nunmehr die Zuteilung der elterlichen Sorge an beide Elternteile gefordert hatte. Der Vater gelangte ans Bundesgericht und machte unter anderem geltend, dass die Zuteilung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach neuem Recht grundsätzlich zwingendes Recht sei. Als Pflichtrecht entziehe sich die elterliche Sorge der Disposition der Eltern. Eine Alleinzuteilung durch den Richter sei nur in den engen Schranken des Gesetzes möglich, namentlich wenn dafür wichtige Gründe vorliegen würden. Das Bundesgericht weist die Beschwerde des Vaters an seiner öffentlichen Beratung ab. Ein gemeinsamer Antrag der Eltern auf Zuteilung der elterlichen Sorge an nur einen Elternteil ist mit dem neuen Recht nicht grundsätzlich unvereinbar. Zwar ist das Gericht an einen entsprechenden Antrag der Eltern nicht gebunden. Vielmehr muss es von Amts wegen prüfen, ob der gemeinsame Antrag auf Alleinzuteilung auch mit dem Kindeswohl vereinbar ist. Wohl geht der Gesetzgeber davon aus, dass die gemeinsame elterliche Sorge in der Regel dem Kindeswohl entspricht. Das bedeutet allerdings nicht, dass die freiwillige Aufhebung des gemeinsamen Sorgerechts und die Alleinzuteilung das Kindeswohl per se gefährden würde. Aus dem Entscheid der Vorinstanz geht nicht hervor, dass der Beschwerdeführer behauptet hätte, die ursprünglich gemeinsam beantragte Alleinzuteilung der elterlichen Sorge würde das Wohl des Kindes gefährden. Es gibt auch keine Anzeichen dafür, dass das Kindeswohl mit der getroffenen Lösung gefährdet sein könnte. Die Beschwerde ist deshalb abzuweisen.

Art. 133 Abs. 2 und Art. 298 Abs. 1 ZGB

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(BGer., 29.06.17 {5A_346/2016}, Medienmitteilung des Bundesgerichts 29.06.17, www.bger.ch)

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