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Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) darf im Rahmen von internationalen Amtshilfeverfahren in Steuersachen dem ersuchenden Staat Auskunft über den Stand des Verfahrens geben (Praxis der «status updates»). Die im vorliegenden Fall an Spanien gelieferte Information, wonach «eine Beschwerde erhoben worden und als Verfahren vor den Gerichten des Bundes hängig sei», ist rechtskonform.

Die ESTV hatte im März 2015 entschieden, einem Amtshilfeersuchen in Steuersachen aus Spanien zu entsprechen und Informationen zum Schweizer Bankkonto einer Spanierin zu übermitteln. Die betroffene Frau erhob dagegen Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht. Die ESTV informierte die spanischen Behörden am 30. November 2015 gemäss ihrer Praxis mit einem «status update» darüber, dass gegen den Entscheid der ESTV Beschwerde erhoben worden sei. Auf Ersuchen der Betroffenen untersagte das Bundesverwaltungsgericht der ESTV mit Zwischenverfügung vom Februar 2016, Spanien bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Entscheides weitere Informationen zum Verfahrensstand zu übermitteln. Das Bundesverwaltungsgericht ging davon aus, die ESTV offenbare mit ihrem «status update» gegenüber den spanischen Behörden bereits vor Abschluss des Verfahrens, dass zu übermittelnde Informationen vorhanden seien. Damit beantworte die ESTV das spanische Ersuchen teilweise, bevor das Amtshilfeverfahren überhaupt abgeschlossen sei. Dafür gebe es keine gesetzliche Grundlage. Die ESTV gelangte dagegen ans Bundesgericht. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde der ESTV an seiner öffentlichen Beratung gut und bejaht die Rechtmässigkeit des Vorgehens der ESTV. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz stellt die blosse Mitteilung, dass eine Beschwerde hängig sei, keine materielle Information dar, welche die Schweiz den spanischen Behörden vor einem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens nicht mitteilen dürfte. Unter diesen Voraussetzungen ergibt sich die Pflicht zur Erteilung von Informationen über den Stand eines Amtshilfeverfahrens durch den ersuchten Staat aus dessen Sorgfaltspflicht, die ihm von Artikel 25bis des Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung zwischen der Schweiz und Spanien auferlegt wird. Die fragliche Bestimmung ist dabei aufgrund des Grundsatzes von Treu und Glauben mit Blick auf den entsprechenden Artikel 26 des OECD-Musterabkommens zur Vermeidung von Doppelbesteuerung sowie dem präzisierenden Kommentar des Globalen Forums über Transparenz und Informationsaustausch in Steuerfragen auszulegen. Die Erteilung von Informationen über den Verfahrensstand gehört im Übrigen zu den international anerkannten Standards, welche dem Globalen Forum als Kriterien gedient haben, um die Einhaltung der Vorgaben im Bereich Amtshilfe – insbesondere durch die Schweiz – zu beurteilen. Die Information über den Verfahrensstand steht vor diesem Hintergrund auch nicht im Konflikt mit dem Steueramtshilfegesetz oder anderen Grundsätzen des Schweizer Rechts. Zwar kann die Information über den Verfahrensstand beim ersuchenden Staat die Überlegung auslösen, dass tatsächlich zu übermittelnde Daten vorhanden sind. Dabei handelt es sich jedoch um eine indirekte Folge der Informationspflicht. Im Übrigen könnte bereits aus der blossen Dauer des Verfahrens geschlossen werden, dass gegen den Entscheid der ESTV zur Leistung von Amtshilfe Beschwerde erhoben wurde.

Art. 25 DBA CH-ES; Art. 26 OECD-MA

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(BGer., 3.11.17 {2C_201/2016}, Medienmitteilung des Bundesgerichts 3.11.17, www.bger.ch)

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