Issue
Category
Authors
Content
Text

Liebe Leserin, lieber Leser

«Steuern zahlen ist lässig!» Auf den ersten Blick wird diese Aussage wohl von den meisten Steuerpflichtigen als nicht zutreffend und als gewagt abgetan. Auf den zweiten Blick führt sie aber zu einer Stärkung unseres Steuersystems. Während zum Beispiel im Nachbarland Frankreich mehr als die Hälfte der Haushalte keine Einkommenssteuer bezahlt – weil ihr Einkommen unter der dafür definierten Grenze liegt –, bezahlen in der Schweiz auch Menschen mit tiefem Einkommen eine geringe Einkommenssteuer. Dieser Systemunterschied ist alles andere als nebensächlich. Denn wer Steuern bezahlt, fühlt sich eher als Teil unserer Gesellschaft und weniger als Opfer einer «classe politique». Jeder Steuerzahler trägt zu einer funktionierenden Gesellschaft und zur Aufrechterhaltung der sozialen Gerechtigkeit bei. Da jeder einen Beitrag im Rahmen seiner Möglichkeiten leisten kann, fühlen sich auch minimale Steuerzahler als ernst genommene Mitglieder unseres Landes.

Text
Steuern zahlen ist lässig!
Text

Wenn wir über die Grenzen schauen, stellen wir immer wieder fest, dass vielerorts – viel mehr als in unserem Lande – versucht wird, der Belastung durch die Einkommenssteuer oder durch andere Steuern zu entgehen. Stichwort: Schattenwirtschaft. Dies zeigt sich namentlich dort, wo das Vertrauen in die Politik und die Behörden erheblich zerrüttet ist. Niemand liefert dem Fiskus gerne Steuern ab, wenn in der Bevölkerung flächendeckend die Meinung vorherrscht, dass die Steuergelder nicht zum Wohle der Allgemeinheit eingesetzt werden, sondern in undurchsichtigen Kanälen versickern. Steuerumgehung und Abwanderung der «guten» Steuerpflichtigen sind die Resultate solcher Verhältnisse.

Solange es die Politiker und Behörden in unserem Land schaffen, uns nachhaltig und glaubwürdig darzustellen, wie und wo unsere Steuern eingesetzt werden, wird die Mehrheit der Bevölkerung nicht versuchen, dem Entrichten der Einkommenssteuer durch dubiose Massnahmen zu entgehen. Hoffen wir, dass dies noch lange so bleibt.

Ulrich Fink

Date