Issue
Category
Content
Text

Einer Tessiner Bank ist es untersagt, den amerikanischen Behörden im Rahmen des US-Steuerprogramms Daten zu zwei Anwälten und einer Anwaltskanzlei zu liefern. Das Bundesgericht weist die Beschwerde der Bank in den wesentlichen Punkten ab und bestätigt im Ergebnis den Entscheid des Handelsgerichts des Kantons Zürich.

Die im Kanton Tessin ansässige Bank nimmt zur Beilegung des Steuerstreits mit den USA am «Program for non-prosecution agreements and non-target letters for Swiss banks» (US-Steuerprogramm) der US-Steuerbehörde und des US-Justizministeriums teil. Die Tessiner Bank beabsichtigte in diesem Rahmen die Herausgabe der Namen von zwei Schweizer Anwälten, die als Bevollmächtigte für amerikanische Kunden Konten der Bank verwaltet hatten, sowie einer Anwaltskanzlei, die der Bank US-Kunden zugeführt hatte. Das Handelsgericht des Kantons Zürich hiess im vergangenen Dezember eine vor allem auf das Datenschutzgesetz (DSG) gestützte Klage der Anwälte und der Kanzlei gut und verbot der Bank die Herausgabe der fraglichen Daten an die amerikanischen Behörden. Das Bundesgericht weist die dagegen erhobene Beschwerde der Bank in den wesentlichen Punkten ab. Die beabsichtigte Datenherausgabe an die US-Behörden stellt grundsätzlich eine Verletzung der Persönlichkeit der Betroffenen dar, da die USA nicht über eine Gesetzgebung verfügen, die einen angemessenen Datenschutz im Sinn von Artikel 6 Absatz 1 DSG gewährleistet. Eine Herausgabe der Daten kann unter diesen Umständen gemäss Datenschutzgesetz dann gerechtfertigt sein, wenn dies zur Wahrung überwiegender öffentlicher Interessen unerlässlich ist (Artikel 6 Absatz 2 DSG). Da diese Voraussetzung im Zeitpunkt der Datenherausgabe erfüllt sein muss, können sich die Verhältnisse im Verlaufe des Verfahrens ändern. Unerlässlich in diesem Sinne wäre eine Datenlieferung an die US-Behörden namentlich, wenn ohne die Datenlieferung davon auszugehen wäre, dass der Steuerstreit mit den USA erneut eskalieren würde und der Schweizer Finanzplatz damit in Mitleidenschaft gezogen sowie der Ruf der Schweiz als zuverlässige Verhandlungspartnerin beeinträchtigt würde. Die beschwerdeführende Bank zeigt nicht hinreichend auf, dass die Herausgabe im jetzigen Zeitpunkt zur Wahrung der öffentlichen Interessen unerlässlich ist. Damit verletzt das Handelsgericht im Ergebnis kein Recht, wenn es die Herausgabe untersagt. Gutgeheissen hat das Bundesgericht die Beschwerde einzig bezüglich der Festlegung des Streitwerts und der damit zusammenhängenden Festlegung der Kosten- und Entschädigungsfolgen. In diesen Punkten muss das Handelsgericht neu entscheiden.

Art. 229 Abs. 1 lit. a, Art. 91 Abs. 2, Art. 221 und Art. 222 ZPO; Art. 3 Abs. 1, Art. 6 und Art. 1 DSG; Art. 4 ZGB; Art. 271 StGB

Text

(BGer., 22.09.16 {4A_83/2016}, Medienmitteilungen des Schweizerischen Bundesgerichts, 5.10.16, www.bger.ch)

Tags
Date