Grundsätzlich müssen die Austrittsleistungen der Ehegatten hälftig zwischen diesen geteilt werden. Das Bundesgericht hat die unbedingte Natur der Forderung betont und festgestellt, dass sie unabhängig von der Aufgabenteilung zwischen den Ehegatten während der Ehe ist, genau wie die hälftige Teilung der Errungenschaften.
Ausnahmsweise kann das Gericht die Teilung ganz oder teilweise verweigern, wenn sie aufgrund der güterrechtlichen Auseinandersetzung oder der wirtschaftlichen Verhältnisse nach der Scheidung offensichtlich unbillig wäre. Art. 123 Abs. 2 ZGB muss jedoch zurückhaltend angewendet werden, um zu verhindern, dass der Grundsatz der hälftigen Teilung der Vorsorgeguthaben untergraben wird. Bei den Gründen für eine vollumfängliche oder teilweise Verweigerung der Teilung hielt das Bundesgericht beispielsweise eine solche für gerechtfertigt, wenn die Ehegatten unter dem Güterstand der Gütertrennung lebten und einer von ihnen als Angestellter obligatorisch eine 2. Säule äufnete, während der andere, der eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübte, sich eine dritte Säule einer gewissen Grösse aufbaute. In diesem Fall wäre es unbillig, das Vorsorgekonto des unselbständig erwerbenden Ehegatten zu teilen, während der selbständig erwerbende Ehegatte seine private Vorsorge behalten könnte. Ausser aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse nach der Scheidung und der güterrechtlichen Auseinandersetzung kann das Gericht die Teilung auch verweigern, wenn diese gegen das Rechtsmissbrauchsverbot verstösst. Dieser letztgenannte Umstand darf jedoch nur mit grosser Zurückhaltung angenommen werden.
Nach den Feststellungen des kantonalen Gerichts ging die Beschwerdeführerin während der ganzen Ehe einer Vollzeiterwerbstätigkeit bei einer Bank nach, was ihr erlaubte, eine – vollumfänglich während der Ehe erworbene – berufliche Vorsorge von Fr. 218 718.15 aufzubauen. Ihr aktuelles Gehalt beträgt 5400 Franken netto. Im Zeitpunkt des kantonalen Gerichtsurteils 47-jährig, bleiben ihr noch mehr als 15 Jahre, um ihre berufliche Vorsorge weiter auszubauen. Sie ist Eigentümerin des Einfamilienhauses sowie landwirtschaftlicher Grundstücke, welche mit Schulden belastet sind, die den offiziellen Wert dieser Grundstücke übersteigen. Sie ist Gläubigerin für Darlehen in der Höhe von 32 000 Franken, die sie ihrem Mann während der Ehe gewährt hatte. Neben ihrer beruflichen Tätigkeit übernahm sie die Führung des Haushalts und die Erziehung des gemeinsamen Sohnes. Im Umfang von vier Stunden pro Woche erledigte sie im Betrieb ihres Mannes Verwaltungs- und Führungsaufgaben, ohne dafür entlöhnt zu werden. Der Ehemann seinerseits ist selbständig und hat sich keine 2. Säule aufgebaut; im Gegenzug äufnete er eine 3. Säule, bestehend aus einem Betrag von 36 929 Franken (Säule 3a) und von 2021 Franken (Säule 3b). Wie seine Frau wird er noch ungefähr 15 Jahre erwerbstätig sein, was ihm erlaubt, seine Altersvorsorge auszubauen. Das kantonale Gericht hat berücksichtigt, dass er eine mit derjenigen seiner Frau vergleichbare Erwerbsfähigkeit aufweist und Schuldner eines sehr hohen Betrages ist.
Im vorliegenden Fall hätte eine Teilung nach Art. 122 ZGB zum Ergebnis, dass nur das von der Ehefrau während der Ehe geäufnete Guthaben der beruflichen Vorsorge (Fr. 218 718.15) geteilt würde, während der Ehemann die 3. Säule, die er sich aufgebaut hat (Fr. 38 950.–), aufgrund der Gütertrennung für sich behielte. In Anbetracht der Umstände würde dies jedoch nicht zu einem offensichtlichen Missverhältnis in der gesamten Vorsorge der Parteien führen. Es lässt sich mithin kein Grund erkennen, welcher eine Ausnahme von der Teilung rechtfertigen würde.
Die Beschwerdeführerin versucht sich auch darauf zu berufen, dass sie während der Ehe einen bedeutenderen Beitrag an die Bedürfnisse der Familie geleistet hat als ihr Mann, wohingegen dieser seinerseits von der Arbeit seiner Frau und dem von ihr zugunsten des Betriebes geliehenen Geld profitiert hat. Eine solche Argumentation ist jedoch irrelevant, da der Teilungsanspruch nicht von der während der Ehe vereinbarten Aufgabenteilung abhängt.
Die Umstände lassen also keinen Grund erkennen, der es rechtfertigen würde, vom Grundsatz der hälftigen Teilung der Guthaben der beruflichen Vorsorge abzuweichen. Gemäss dem Bundesgericht hat das kantonale Gericht das Bundesrecht also richtig angewendet, indem es eine Ausnahme von diesem Grundsatz verweigerte.
Art. 122 und Art. 123 ZGB
(BGer., 3.03.10 {5A_701/2009}, Mitteilungen über die berufliche Vorsorge Nr. 118, 2.06.10)