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Die eidgenössischen Räte haben in der letzten Wintersession die Revision des Bauhandwerkerpfandrechtes abgeschlossen. Beschlossen wurde eine bescheidene Erweiterung des Pfandrechtes.1 Die Referendumsfrist ist am 1. April 2010 ungenutzt abgelaufen. Die Inkraftsetzung ist auf 2012 vorgesehen.

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Die Revision des Bauhandwerkerpfandrechtes (Art. 837 bis 841 ZGB) war Teil der Revision des Immobiliarsachenrechts. Weitere Kernpunkte waren:

  1. Die Einführung des papierlosen Schuldbriefes, des sogenannten Registerschuldbriefes, der für das Kreditgeschäft viele Erleichterungen bringt. Der Registerschuld­brief wird neben den bisherigen Papierschuldbrief treten und für die Praxis viele Erleichterungen bringen. Ein Wertpapier wird nicht mehr ausgestellt werden, da die Übertragung im Grundbuch erfolgen wird. Dadurch entfallen die Kosten für die Ausfertigung, die Aufbewahrung und die Übermittlung. Zudem wird das Risiko des Verlustes und das aufwendige Kraftlos­erklärungsverfahren vermieden.
  2. Die Ausdehnung der Pflicht zur öffent­lichen Beurkundung auf alle rechtsgeschäftlich begründeten Grund­pfand­rechte und auf alle Arten von Baurechten wie auch auf das Rechtsgeschäft über die Errichtung einer Grunddienstbarkeit. Insgesamt soll in diesen Bereichen die Rechtssicherheit verbessert werden: Dem Grundbuchamt sollen zuverlässige Grundlagen für die Eintragungen zur Verfügung stehen, die Publizitätsfunk­tion des Grundbuchs soll weiter verbessert werden.
  3. Ein weiterer Kernpunkt betrifft das Grundbuchamt, das als zeitgemässes Bodeninforma­tionssystem Privaten, Verwaltung und Wirtschaft dienen soll. Die Grundbuchämter erhalten ein griffiges Ins­trumentarium, um das Grundbuch von bedeutungslos gewordenen Einträgen zu entlasten. Durch die Bereinigungspflicht soll das Grundbuch übersichtlicher und aktueller werden. Im Weiteren soll die Pflicht bestehen, gesetzliche Grundpfandrechte des kantonalen Rechts sowie ­öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkungen und weitere Anmerkungs­tat­bestände im Grundbuch einzutragen. Damit soll die Publizitätsfunktion des Grund­buchs ebenfalls verbessert wer­den.
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Ziel der Revision war es, das Bauhandwerkerpfandrecht der heutigen Rechtsprechung und Praxis anzupassen. Die Vorlage hat seit dem am 21. April 2004 veröffentlichten Vorentwurf einen weiten Weg hinter sich und überstand den langwierigen Gesetzgebungsprozess wenig ver­ändert.

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1. Pfandberechtigte Bauarbeiten
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2
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Die neue Regelung in Art. 837 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB sieht vor, dass nicht nur Anspruch auf Errichtung eines gesetzlichen Pfandrechtes hat, wer «zu Bauten oder anderen Werken auf einem Grundstück Material und Arbeit oder Arbeit ­allein» geliefert hat, sondern auch, wer «zu Abbrucharbeiten, zum Gerüstbau, zur Baugrubensicherung oder dergleichen Material und Arbeit oder Arbeit allein geleistet hat». Die neue Fassung beendet einerseits kontroverse Diskus­sionen der Lehre (beim Gerüstbau und bei der Baugrubensicherung). Andererseits schafft die nicht abschliessende Formulierung (und dergleichen) neue Unsicherheiten, indem nur noch ein Zusammenhang mit dem konkreten Bauvorhaben verlangt wird, ohne dass wertvermehrende Leistungen erbracht werden. Gemäss Rainer Schumacher2 sind damit alle objekt­spezifischen Bauarbeiten, die im Rahmen der modernen und dynamischen Arbeitsteilung von spezialisierten Unternehmern geleistet werden, ebenfalls baupfandberechtigt.

Gemäss (unverändertem) Wortlaut schafft die reine Materiallieferung keine Pfandberechtigung. Als pfandgeschützte Baulieferung gilt nach der bisherigen Rechtsprechung jedoch auch eine eigens für den Bau hergestellte und angepasste Sache, so zum Beispiel die Lie­ferung von Frischbeton (BGE 104 II 348 E. II/1 S. 351). Pfandberechtigt ist aber auch eine Forderung, die sich aus der Lieferung von Auffüllmaterial ergibt.

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2. Pfandrechtsberechtigte Personen
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2
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Unverändert blieb die Bestimmung, wonach nicht nur direkt vertraglich verpflichtete Personen, sondern auch Subunternehmer Anspruch auf Eintragung eines Pfandrechtes haben. Da beim Beizug eines Subunternehmers die Gefahr der Doppelzahlung besteht, war diese Regelung im Gesetzgebungsprozess besonders umstritten. Der Hinweis, es gebe genügend Instrumente, welche es dem Grundeigentümer ermöglichen, einem Eintrag vorzubeugen, brachte die Mehrheit der Räte dazu, von einer Änderung abzusehen.

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3. Mieter, Pächter und weitere Dritte als Besteller
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2
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Gemäss bisherigem Wortlaut von Art. 837 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB kann bei Arbeiten, die ein Mieter in Auftrag gibt, kein Pfandrecht ein­getragen werden. Der neue Wortlaut trägt demgegenüber einem Bundesgerichtsentscheid Rechnung, welcher Mietereinbauten unter bestimmten Voraussetzungen als pfandrechtsberechtigt anerkannt hat.3 Neu sind Arbeiten an einem Grundstück pfandrechtsberechtigt, die «den Grundeigentümer, einen Handwerker oder Unternehmer, einen Mieter, einen Pächter oder eine andere am Grundstück berechtigte Person zum Schuldner haben». Damit kann auch ein Eintragungsanspruch ausgelöst werden, wenn Wohn- oder Nutzniessungsberechtigte als Besteller auftreten. Diese sehr offene Formulierung wird in Abs. 2 insofern eingeschränkt, als dass bei Arbeiten, die ein Mieter, Pächter oder eine andere am Grundstück berechtigte Person in Auftrag gibt, die – mündliche oder schriftliche – Zustimmung des Grundeigentümers zur Aus­führung der Arbeiten vorliegen muss. Nach Ansicht von Markus Spielmann4 kann bereits auf eine Zu­stimmung geschlossen werden, wenn der Grundeigen­tümer das Baugesuch mitunterzeichnet hat.

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4. Arten von Grundstücken
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Grundstücke, die der Erfüllung öffentlicher ­Aufgaben dienen (sog.    Verwaltungsvermögen), dürfen nicht mit Pfandrechten belastet werden. Damit ein Handwerker nicht mehr benachteiligt wird, weil er für ein Grundstück arbeitet, das im Verwaltungsvermögen steht, wurde mit der Reform einem alten Postulat Rechnung getragen. Neu haftet der Grundeigentümer nach den Regeln der einfachen Bürgschaft, wenn er sich mit Erfolg auf die Unpfändbarkeit des ­öffentlichen Verwaltungsvermögens berufen kann. Ist ­strittig, ob ein Grundstück zum Verwaltungsvermögen zu zählen ist, kann eine vorläufige Eintragung verlangt werden (Art. 839 Abs. 4–6 ZGB). Diese ist zu löschen, sobald aufgrund eines Urteils feststeht, dass das Grundstück zum Verwaltungsvermögen gehört. Anstelle der vorläufigen Eintragung tritt die ­einfache Bürgschaft. Mit dieser Regelung ist sichergestellt, dass der öffentliche Bauherr ebenfalls direkt haftet.

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5. Eintragungsfrist
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2
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Entgegen dem Antrag des Bundesrates haben die eidgenössischen Räte die Frist zur Eintragung des Baupfandrechtes von drei auf vier Monate verlängert, um dem Zeitbedarf der Handwerker Rechnung zu tragen. Es bleibt jedoch dabei, dass die Eintragung im Grundbuch bis zum Fristablauf zu erfolgen hat, was auch voraussetzt, dass die Pfandsumme bis dahin gerichtlich festgestellt oder vom Grundeigentümer anerkannt sein muss.

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6. Schlussfolgerungen
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Das Bauhandwerkerpfandrecht hat die Funk­tion des Risikoausgleichs. Es will präventiv den Handwerker darin unterstützen, für seine Bauleistung bezahlt zu werden. Damit wird ein Ausgleich dafür geschaffen, dass der Handwerker vorleistungspflichtig ist und für seine Leistung kein Retentionsrecht hat. Die Revision stärkt seine Rechtsposition, indem zusätzliche Arbeitsgattungen pfandrechtsberechtigt werden und auch ein Pfandrechtsanspruch aus Auf­trägen von Nichteigentümern entstehen kann. Auch gegenüber der öffentlichen Hand ist der Handwerker besser gestellt.

Für den Grundeigentümer bedeutet die Revi­sion, dass der Kreis der pfandberechtigten Handwerker erweitert wurde, nämlich dann, wenn der Grundeigentümer nicht selber baut, sondern er lediglich Bauarbeiten zulässt, z.B. bei Mietereinbauten oder wenn ein Wohnrechtsberechtigter baut. In diesen Fällen wie auch in den anderen Fällen, vor allem auch wenn ein Subunternehmer beigezogen wird, ist eine vorgängige Absicherung wichtig. Bauherr oder Grundeigentümer können durch Verlangen von Erfüllungsgarantien, durch direkte Zahlungen an den Subunternehmer, durch Rückbehalte u.ä. das Risiko der Doppelzahlung minimieren. Die Bestimmung, wonach der Grundeigentümer bei Bauaufträgen von Nichteigentümern zugestimmt haben muss, ist nur ein relativer Schutz, da einerseits die Zustimmung nur die Arbeiten selber betrifft, nicht aber die Wahl des Unternehmers. Zudem kann der Pfandrechts­anspruch schon entstehen, wenn der Nachweis erbracht werden kann, dass der Grundeigentümer in irgendeiner Form mit den Bauarbeiten einverstanden war, z.B. durch stillschweigende Duldung.

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  1. BBl 2009 8779.
  2. Rainer Schumacher, Das Bauhandwerkerpfandrecht in der «Verlängerung» zwischen Ständerat und Nationalrat, in Jusletter vom 25. August 2008.
  3. BGE 116 II 677; 128 III 505 f., wobei sich der Umfang der Eintragung auf die effektiv erfolgte Wertvermehrung am Grundstück beschränkte.
  4. Markus Spielmann, Moderate Revision des Bau­handwerkerpfandrechts, Jusletter vom 10. September 2007.
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