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Die Verordnung über die berufsmässige Ausübung der Finanzintermediation (VBF; SR 955.071) ist am 1. Januar 2010 in Kraft getreten. Die Verordnung übernimmt im Wesentlichen die Bestimmungen der bisherigen Regelung und Praxis der Aufsichts­behörde. Ausserdem lehnt sich die VBF an den Unterstellungskommentar der Kontrollstelle für die Bekämpfung der Geldwäscherei vom 29. Oktober 2008 an.

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Mit der VBF sind die Konkretisierungen des ­Unterstellungskommentars der ehemaligen Kontrollstelle auf Verordnungsstufe umgesetzt worden. Die wesentlichen Änderungen oder wichtigen Konkretisierungen sind unten aufgeführt, insoweit sie für die Aktivitäten im Treuhandbereich von Bedeutung sind.

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1. Grundsatz des GwG-Geltungs­bereichs
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2
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Wenn es um die Beantwortung der Frage geht, ob eine Tätigkeit dem GwG unterstellt ist, muss immer von Art. 2 Abs. 3 GwG ausgegangen werden. Dieser hält Folgendes fest: «Finanzintermediäre sind auch Personen, die berufsmässig fremde Vermögenswerte annehmen oder aufbewahren oder helfen, sie anzulegen oder zu übertragen.» Art. 2 Abs. 3 des GwG enthält ­einen nicht abschliessenden Katalog von Tätigkeiten, bei deren berufsmässiger Ausübung eine Person als Finanzintermediär dem Gesetz unterstellt ist. Die VBF enthält präzisierende Krite­rien zur Beurteilung, ob eine Person als ­Finanzintermediär nach Art. 2 Abs. 3 GwG zu qualifizieren ist, und legt die Anforderungen an die Berufsmässigkeit ihrer Tätigkeit (Finanz­intermediation) fest.

Title
2. Money-Transfer: Neu immer dem GwG unterstellt
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2
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Das Geld- oder Wertübertragungsgeschäft (Money-Transfer) gilt neu grundsätzlich immer als berufsmässig. Mit dem Verzicht auf Schwellenwerte wird der Tatsache Rechnung getragen, dass diese Tätigkeit sehr geldwäschereigefährdet ist. Die VBF übernimmt die Definition von «Geld- und Wertübertrag» in Art. 4 VBF mit gleichem Wortlaut wie bei der Geldwäschereiverordnung-FINMA 3 (SR 955.033.0) und wie das SRO-Reglement (Ziff. 1.4 lit. b.): «Als Geld- oder Wertübertragungsgeschäft gilt der Transfer von Vermögenswerten durch Entgegennahme von Bargeld, Schecks oder sonstigen Zahlungsmitteln und Auszahlung einer entsprechenden Summe in Bargeld oder durch bargeldlose Übertragung, Überweisung oder sonstige Verwendung eines Zahlungs- oder Abrechnungssystems» (Art. 4 Abs. 2 VBF).

Dadurch, dass beim Geld- oder Wertübertragungsgeschäft immer Berufsmässigkeit ge­geben ist (Art. 9 VBF), soll eine lückenlose Erfassung dieser Tätigkeit gewährleistet sein. Mitglieder von TREUHAND|SUISSE und der Treuhand-Kammer üben solche Tätigkeiten äus­serst selten aus.

Title
3. Diese Tätigkeiten sind nicht dem GwG unterstellt
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2
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Die Verordnung VBF enthält bereits in Art. 1 Abs. 2 einen Katalog von Tätigkeiten, die wohl eine Verfügungskompetenz über Drittvermögen be­in­hal­ten, aber nicht dem GwG unterstellt sind.

Nicht als Finanzintermediation gelten:

a. der rein physische Transport und die rein physische Aufbewahrung von Vermögenswerten, ausgenommen die Aufbewahrung und Verwaltung von Effekten (z.B. Inhaberaktien) für eine Vertragspartei;
b. die Inkassotätigkeit;
c. die Übertragung von Vermögenswerten als akzessorische Nebenleistung zu einer Hauptvertragsleistung;
d. das Betreiben von Vorsorgeeinrichtungen der Säule 3a durch Bankstiftungen oder Ver­sicherungen;
e. die Tätigkeit von Konzerngesellschaften;
f. die Tätigkeit von Hilfspersonen von in der Schweiz bewilligten oder angeschlossenen Finanzintermediären unter gewissen Bedingungen.

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Einige ausgewählte Präzisierungen
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3
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Ad Bst. b.: Inkassotätigkeit
Beim Inkasso zieht der Beauftragte im Auftrag des Gläubigers fällige Forderungen ein. Der Beauftragte handelt entweder als direkter Stellvertreter des Gläubigers oder tritt gegenüber dem Schuldner in eigenem Namen auf, nachdem er sich die Forderungen vom Gläubiger treuhänderisch zedieren liess. Die Inkassotätigkeit ist nicht als Finanzintermediation zu qualifizieren, da der Schuldner nicht Vertragspartner des Beauftragten und dessen Identifizierung nach der Konzeption des GwG daher ausgeschlossen ist. Damit macht eine Unterstellung der Inkasso­tätigkeit unter das GwG von vornherein keinen Sinn. Die Tätigkeit von Inkassounternehmen ist im Übrigen auch nach internationalen Standards nicht als Finanzintermediation zu qualifizieren.

Ad Bst. c.: Fall Altersheim und Immobilien­verwalter: nicht dem GwG unterstellt
Werden in einem bestimmten Vertragsverhältnis Vermögenswerte nur akzessorisch als Nebenleistung zu einer Hauptvertragsleistung übertragen, liegt keine Finanzintermediation vor. Eine akzessorische Nebenleistung liegt etwa vor, wenn ein Alters- und Pflegeheim neben der hauptvertraglichen Leistung für Rechnung seiner Gäste Waren oder Dienstleistungen Dritter aus einem zu diesem Zweck zum Voraus angelegten Depot bezahlt oder wenn der Immobi­lienverwalter für Rechnung des Eigentümers erhaltene Einnahmen dazu verwendet, Zahlungen an Dritte zu leisten. Bei solchen akzessorischen Nebenleistungen ist das Geldwäschereirisiko vergleichsweise gering, weshalb sich deren Nichterfassung rechtfertigt. Die Nicht-Unterstellung dieser Tätigkeit gilt grundsätzlich, auch wenn einer der Schwellenwerte nach Art. 7 VBF überschritten wird.

Ad Bst. f.: Die Tätigkeit von Hilfspersonen
Zieht ein Finanzintermediär Hilfspersonen im Sinne von Art. 101 OR bei, so sind diese im Rahmen der für ihn erbrachten Arbeitsleistung durch dessen Bewilligung bzw. dessen SRO-Anschluss gedeckt, sofern sie (Art. 1 Abs. 2 lit. f VFB):

  • vom Finanzintermediär sorgfältig ausgewählt sind und dessen Weisungen und Kontrolle unterstehen (Ziff. 1);
  • in die organisatorischen Massnahmen des Finanzintermediärs zur Verhinderung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung gemäss Art. 8 GwG einbezogen sind und entsprechend aus- und weitergebildet werden (Ziff. 2);
  • ausschliesslich im Namen des Finanzintermediärs und auf dessen Rechnung und nicht in eigenem Namen oder auf eigene Rechnung handeln (Ziff. 3);
  • vom Finanzintermediär und nicht vom Endkunden entschädigt werden (Ziff. 4);
  • beim Geld- oder Wertübertragungsgeschäft nur für einen einzigen bewilligten oder angeschlossenen Finanzintermediär tätig sind (Ziff. 5);
  • mit dem Finanzintermediär über die Ziffern 1–4 bzw. im Fall des Geld- oder Wertübertragungsgeschäfts über die Ziffern 1–5 eine schriftliche Vereinbarung abgeschlossen haben (Ziff. 6).

Ausser beim Geld- oder Wertübertragungsgeschäft spielt es keine Rolle, ob die Hilfspersonen für einen oder mehrere über eine Bewilligung oder einen SRO-Anschluss verfügende Finanzintermediäre tätig sind.

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4. Unverändert: Räumlicher Geltungs­bereich des GwG
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2
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In den räumlichen Geltungsbereich der VBF fallen Finanzintermediäre mit Inkorporationssitz in der Schweiz, auch wenn sie ihre Finanzdienstleistungen ausschliesslich im Ausland erbringen (Bst. a). Ebenfalls darunter fallen in der Schweiz im Handelsregister eingetragene oder faktische Zweigniederlassungen von Finanzintermediären mit Inkorporationssitz im Ausland, die in der Schweiz Personen beschäftigen, welche für sie berufsmässig in der Schweiz oder von der Schweiz aus Finanzintermediationsgeschäfte abschliessen oder sie rechtlich verpflichten können (Bst. b).

Die Verordnung gilt nicht für Finanzinterme­diäre mit Inkorporationssitz im Ausland, die grenzüberschreitende Finanzintermediation betreiben und Personal aus dem Ausland lediglich vorübergehend für einzelne Geschäfte in der Schweiz einsetzen.

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5. Unverändert: GwG-unterstellte Tätigkeiten
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2
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Explizit als Finanzintermediär gelten Personen, die (wie bis anhin):

  • für Dritte Vermögen verwalten;
  • für Dritte als Anlageberater Anlagen tätigen;
  • für Dritte Effekten aufbewahren oder verwalten;
  • Dienstleistungen für den Zahlungsverkehr erbringen, namentlich für Dritte elektronische Überweisungen vornehmen oder Zahlungsmittel wie Kreditkarten und Reiseschecks ausgeben oder verwalten;
  • eine Organtätigkeit für eine Sitzgesellschaft ausüben.
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6. Kriterien der Berufsmässigkeit (Art. 7 VBF)
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Ein Finanzintermediär übt die Finanzinter­mediation berufsmässig aus, sobald er eines der nachfolgenden Kriterien erfüllt:

  • er erzielt pro Kalenderjahr einen Bruttoerlös von mehr als 20 000 Franken (Bst. a);
  • er nimmt pro Kalenderjahr Geschäftsbeziehungen mit mehr als 20 Vertragsparteien auf, die sich nicht auf eine einmalige Tätigkeit beschränken, oder er unterhält pro Kalenderjahr mindestens 20 solche Beziehungen (Bst. b).;
  • er hat unbefristete Verfügungsmacht über fremde Vermögenswerte, die zu einem beliebigen Zeitpunkt 5 Millionen Franken überschreiten (Bst. c);
  • er führt Transaktionen durch, deren Gesamtvolumen 2 Millionen Franken pro Kalenderjahr überschreitet (Bst. d).

Mit der Anhebung des Schwellenwertes von bisher 10 auf 20 Vertragsparteien wurde eine Angleichung an die Gewerbsmässigkeit im Banken- und Börsenrecht vorgenommen. Unsere SRO stellt fest, dass jene Finanzintermediäre, welche bereits bis anhin mehr als 5 GwG-­Mandate geführt haben, in der Regel mindestens einen der übrigen Schwellenwerte (20 000 Franken Erlös; 5 Mio. Franken Volumen Verfügungskompetenz; 2 Mio. Franken Transaktionsvolumen pro Jahr) wiederum überschreiten und somit vom GwG erfasst sind.

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7. Unverändert: Nahestehende Personen
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Die Finanzintermediation für nahestehende Personen wird für die Beurteilung der Berufsmässigkeit nur berücksichtigt, wenn damit im Kalenderjahr ein Bruttoerlös von mehr als 20 000 Franken erzielt wird. Damit soll erreicht werden, dass z.B. die Vermögensverwaltung für ein betagtes Familienmitglied möglich ist, ohne dass daraus eine Unterstellung unter das GwG resultiert.

Als nahestehende Personen gelten:

a. Verwandte und Verschwägerte in gerader ­Linie;
b. Verwandte bis zum dritten Grad der Seitenlinie;
c. Personen, mit denen der Finanzintermediär eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat, ungeachtet ­einer späteren Scheidung oder gerichtlichen Auflösung;
d. Miterben bis zum Abschluss der Erbteilung;
e. Nacherben und Nachvermächtnisnehmer nach Art. 488 des Zivilgesetzbuches.

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8. Kreditgeschäft (wie bisher)
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Nicht als Kreditgeschäft im Sinne des GwG gilt die Tätigkeit des Kreditnehmers. Erfasst ist nur die Tätigkeit des Kreditgebers als vorfinan­zierende Vertragspartei. Das Kreditgeschäft im Sinne von Art. 3 VBF wird berufsmässig ausgeübt:

  • wenn damit im Kalenderjahr ein Bruttoerlös von mehr als 250 000 Franken erzielt wird und
  • wenn zu einem beliebigen Zeitpunkt ein Kreditvolumen von mehr als 5 Millionen Franken vergeben ist (Bst. b).

Weitere Regelungen bezüglich Ausnahmen der Unterstellungspflicht von Kreditgeschäften ­siehe Art. 3 VFB.

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9. Art. 7a GwG – Vermögenswerte von geringem Wert
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Art. 7a GwG sieht eine Befreiung der Finanz­intermediäre von den Sorgfaltspflichten nach Art. 3–7 GwG vor, sofern es sich um Ver­mögenswerte von geringem Wert handelt und keine Verdachtsmomente für mögliche Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung vorliegen. Es muss sich um eine dauerhafte Geschäftsbeziehung handeln. Die Aufsichtsbehörde, also die FINMA, hat diese Bestimmung für die Anwendung zu konkretisieren. Die Konkretisierung von Art. 7a GwG wird auf Verordnungsstufe statuiert. Diese wird im Rahmen der Fusion der zurzeit bestehenden drei Geldwäschereiverordnungen der FINMA zu einer Verordnung zusammengeführt. Die neue GwV-FINMA wird ­voraussichtlich Mitte 2010 erlassen. In der Zwischenzeit wird die FINMA eine Befreiung nach Art. 7a GwG nur für die zwei folgenden Pro­dukte tolerieren:

  1. Im Bereich von elektronischen Zahlungsmitteln ist ein Verzicht möglich, wenn das elekt­ronisch gespeicherte Geld ausschliesslich dazu dient, dass ein Kunde damit erworbene Dienstleistungen und Waren elektronisch bezahlen kann und nicht mehr als 5000 Franken pro Kalenderjahr und Kunde elektronisch verfügbar gemacht werden.
  2. Im Bereich des Konsumgüterleasings nach Art. 1 Abs. 2 Bst. a des Konsumkreditgesetzes (KKG, SR 221.214.1) ist ein Verzicht möglich, sofern der Gesamtwert der Leasing­objekte den Betrag von 25 000 Franken nicht übersteigt.

Der Finanzintermediär kann aber nur dann auf die Einhaltung der Sorgfaltspflichten verzichten, wenn er zusätzlich über ausreichende technische Einrichtungen verfügt, um ein Überschreiten der jeweiligen Schwellenwerte zu erkennen. Zudem muss ein befreiter Finanzintermediär Vorkehrungen treffen, um eine allfällige Kumulierung der Betragslimite (Smurfing) sowie ­Zuwiderhandlungen gegen die oben erwähnten Einschränkungen zu verhindern.

Für die Mitglieder der SRO-TREUHAND|SUISSE hat der Art. 7a GwG nur eine geringfügige Bedeutung, da die Verfügungskompetenz bei den GwG-Mandaten für den Treuhänder in der Regel meistens deutlich über 5000 Franken liegt.

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10. Wechsel zur Berufsmässigkeit
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Wer von einer nichtberufsmässigen zu einer berufsmässigen Finanzintermediation wechselt, muss:

a. unverzüglich die Pflichten nach den Art. 3–11 des GwG einhalten; und
b. innerhalb von zwei Monaten nach dem Wechsel einer Selbstregulierungsorganisa­tion angeschlossen sein oder bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) ein Gesuch um Bewilligung für die berufsmässige Ausübung der Tätigkeit einreichen.

Dies entspricht der bisherigen Regelung und Praxis.

Bis zum Anschluss an eine Selbstregulierungsorganisation oder bis zur Erteilung einer Be­willigung durch die FINMA ist es diesen Finanz­intermediären untersagt:

a. neue Finanzintermediationsgeschäfte zu tätigen;
b. im Rahmen der bestehenden Geschäfts­beziehungen Handlungen vorzunehmen, die nicht zwingend zur Erhaltung der Vermögenswerte erforderlich sind.

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11. Schlussbemerkung und Ausblick
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2
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Massgebende Änderungen sind mit der neuen Verordnung VBF für Treuhänder quasi nicht festzustellen. Von höherer Bedeutung wird dann die Situation zu beurteilen sein, wenn die FINMA die drei Geldwäschereiverordnungen 1–3 (Banken, Versicherungen und direkt unterstellte Finanzintermediäre) in eine Verordnung überführen wird, und welche Konsequenzen sich daraus für die SRO-Reglemente ergeben werden.

Auch wird uns in Zukunft sicher die politische Diskussion der OECD beschäftigen, inwieweit Steuerhinterziehung oder Steuerbetrug als Vortat der Geldwäscherei gelten wird. Die Schweiz hat bereits heute ein strenges Regelwerk zur Prävention in Sachen Geldwäschereibekämpfung und setzt diese Regeln auch konsequent durch. Eine Verschärfung dieser Regeln wäre fehl am Platz, zumal zahlreiche andere wichtige Staaten ihre Hausaufgaben in diesem Bereich noch längst nicht erfüllt haben. Aber hier greifen wir ins politische Geschehen ein, und dies ist nicht unsere Aufgabe. Die Aufgabe unserer SRO ist es, das heutige GwG umzusetzen und die Einhaltung der Sorgfaltspflichten zu überwachen. Und unser Selbstregulierungssystem der Geldwäschereibekämpfung ist international anerkannt.

Title
Verordnung über die berufsmässige Ausübung der Finanzintermediation VBF
Title
Fragen im Zusammenhang mit dem Geldwäschereigesetz GwG
Text

Die Selbstregulierungsorganisation SRO-TREUHAND|SUISSE steht allen Treuhändern für Auskünfte zur Verfügung:

SRO-Geschäftsstelle
SRO-TREUHAND|SUISSE
Eichwaldstrasse 13
Postfach 2858
6002 Luzern
Tel. 041 319 90 50
sro@treuhandsuisse.ch
www.sro-treuhandsuisse.ch

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