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An einem unmittelbaren und schutzwürdigen Interesse für den Erlass eines Feststellungs­entscheids fehlt es, wenn das Rechtsschutz­interesse durch ein rechtsgestaltendes Urteil (Aufhebung des angefochtenen Entscheids) ­gewahrt werden kann. Vertritt ein Rechtsanwalt eine Partei und stirbt diese während des Verfahrens, muss er das Verfahren in eigenem Namen als Willensvollstrecker führen, falls er die nötigen Vollmachten der Erben nicht beibringen kann. Die im Rahmen der Überwälzung der Verrechnungssteuer entstehende Regressforderung ist öffentlich-rechtlicher Natur. Die ESTV ist im Rahmen von Art. 41 VStG ohne Weiteres zuständig, sowohl über Bestand, Höhe sowie Fälligkeit der Regressforderung zu entscheiden und – sofern es verlangt wird – über die definitive Rechts­öffnung zu befinden. Dabei erstreckt sich die Kompetenz der ESTV auch auf liquide, direkt mit dem Regressanspruch zusammenhängende zivilrechtliche Vorfragen. Der entsprechende Entscheid der ESTV hat in Form einer Leistungsverfügung zu ergehen. Das VStG kennt eine absolute Verjährungsfrist weder für die Verrechnungssteuerforderung noch für die Regressforderung. Aus diesem Schweigen des Gesetzes kann jedoch nicht abgeleitet werden, der Gesetzgeber habe es unterlassen, einen Bereich zu regeln, welcher einer ausdrücklichen Regelung bedarf. Es ist somit vertretbar, dass das VStG keine absolute Verjährung statuiert. Daher unterliegen sowohl die Verrechnungssteuerforderung als auch die Regressforderung bloss einer relativen, nicht jedoch einer absoluten Verjährungsfrist. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt unter anderem vor, wenn ein Gericht auf die Befragung eines von einer Partei angebotenen Zeugen verzichtet, obwohl dieses Beweismittel als geeignet erscheint, eine umstrittene rechtserhebliche Tatsache festzustellen. Die Überwälzung der Verrechnungssteuer erstreckt sich nicht auf diejenigen Verzugszinsen, welche die ESTV gegenüber der steuerpflichtigen Gesellschaft wegen der verspäteten Ablieferung der Verrechnungssteuer erhob. Durch echte Lückenfüllung findet auf die ausstehende Regressforderung die Verzugszinsregelung von Art. 102 OR in analoger Weise Anwendung, womit der Schuldner vom Gläubiger in Verzug gesetzt werden muss.

Art. 1 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1 lit. b, Art. 10 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 63 und Art. 41 lit. a und b VStG; Art. 639 ZGB; Art. 81 Abs. 1 SchKG

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(BGer., 24.01.11 {2C_188/2010 / 2C_194/2010}, ASA 2011, S. 863)

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