Kurz vor Ablauf der Probezeit gab es ein Gespräch zwischen dem Kläger (einem Softwareentwickler) und den Geschäftsführern der Beklagten. Zwei Tage später wurde dem Kläger gekündigt. Gleichzeitig verlängerte die Beklagte unter Hinweis auf die schwierige Wirtschaftslage die Kündigungsfrist um drei Monate und dann nochmals um drei Monate. Der Kläger geht davon aus, er sei entlassen worden, weil er sich mehrfach auf die gleitende Arbeitszeit sowie auf die Anrechnung von Reisezeit berufen habe. Erst nach mehrmaligem Insistieren sei ihm die Reisezeit vergütet worden, und die Beklagte habe den Vertrag dahingehend abändern wollen, dass keine Arbeitszeit mehr erfasst werden müsse. Aufgrund der Zeugenaussagen ist erstellt, dass es zwar zu Diskussionen wegen der Arbeitszeitregelung kam, das Insistieren des Klägers auf dieselbe jedoch nicht kausal für die Kündigung war. Vielmehr haben die Zeugen übereinstimmend ausgesagt, dass dem Kläger hauptsächlich gekündigt wurde, weil seine Leistungen den Anforderungen der Beklagten nicht genügten und die Mitarbeiter der Ansicht waren, der Kläger passe nicht ins Team. Er wurde als pingelig, träge und als Bremsklotz beschrieben. Offenbar hat der Kläger aber ein anderes Selbstbild. So zeigte er sich erstaunt darüber, dass nun seine ehemaligen Arbeitskollegen derart ausgesagt haben. Es besteht aber kein Anhaltspunkt dafür, dass die Zeugen ihren subjektiven Eindruck nicht wahrheitsgemäss wiedergegeben hätten. Das Verhalten des Klägers entsprach einfach nicht der Firmen- und Teamkultur bei der Beklagten, er passte mit seiner Persönlichkeit nicht ins Team. Die Beklagte durfte zu Recht entscheiden, unter diesen Umständen nicht mehr mit dem Kläger zusammenarbeiten zu wollen. Der Kläger führte in seiner Einsprache selber an, als offizieller Kündigungsgrund sei ihm mitgeteilt worden, er passe nicht zur «Kultur der Firma». Damit gibt er zu, dass dieser Punkt thematisiert wurde. Eine Rachekündigung liegt somit nicht vor. Die Kündigung erweist sich nicht als missbräuchlich im Sinne von Art. 336 Abs. 1 lit. d OR. In seiner Stellungnahme zum Beweisergebnis bringt der Kläger vor, alle Zeugenaussagen hätten gezeigt, dass er unter anderem auch wegen seiner Persönlichkeit entlassen worden sei. So sei mehrfach ausgesagt worden, er habe nicht ins Team gepasst, er sei pingelig und ein Bremsklotz gewesen. Die Mitarbeiter hätten sich am Erscheinungsbild und am trägen Verhalten des Klägers gestört. Die Beklagte habe es indessen nicht für nötig erachtet, die Persönlichkeit und das Erscheinungsbild weder im Probezeitgespräch noch in anderen Gesprächen anzusprechen oder gar Massnahmen betreffend das Erscheinungsbild des Klägers zu unternehmen. Es seien auch nirgends Massnahmen getroffen worden, um ihn vermehrt ins Team zu integrieren. Der Arbeitgeber sei aber aufgrund seiner Fürsorgepflicht verpflichtet gewesen, vor der Kündigung zumutbare Massnahmen zur Entschärfung eines Konflikts zu ergreifen. Insbesondere hätten Aussprachen, Teamsitzungen oder Mediationen durchgeführt oder externe Coaches beigezogen werden müssen. [...] Dem Kläger wurde noch in der Probezeit gekündigt. Zweck der Probezeit ist es, den Parteien die Möglichkeit zu bieten, einander kennenzulernen und die Chancen für eine langfristige positive Arbeitsbeziehung abzuschätzen. In der Probezeit wirkt die Abschlussfreiheit der Parteien nach, indem sie den Entscheid über eine langfristige Bindung aufgrund der in der Probezeit gewonnenen Erkenntnisse frei treffen können. Im Lichte des Zwecks der Probezeit ist auch der Tatbestand der missbräuchlichen Kündigung auszulegen. Insbesondere kann vom Arbeitgeber nicht verlangt werden, dass er das Arbeitsverhältnis fortsetzt, wenn bereits in der Probezeit Differenzen in der Zusammenarbeit mit dem Mitarbeiter erkennbar werden. Vorliegend hat sich noch in der Probezeit gezeigt, dass sich der Kläger – aus Sicht des Teams und seiner Vorgesetzten – nicht richtig in das Team einfügen konnte bzw. nicht ins Team passte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den Teammitgliedern und den Vorgesetzten um langjährige Mitarbeiter handelt, die sich offenbar zu einem dynamischen Ganzen und eingefleischten Team entwickelt haben. Die Zeugen schildern das Arbeitsklima bei der Beklagten als sehr positiv. Mit dem Kläger konnte offenbar keine fruchtbare Zusammenarbeit zustande kommen. Es ist auch kein Widerspruch darin zu sehen, dass die Beklagte die Kündigungsfrist total um sechs Monate verlängerte. Dies geschah in gegenseitigem Einvernehmen und zugunsten des Klägers, der sich in einer wirtschaftlich schwierigen Zeit auf Stellensuche begeben musste. Unter diesen Umständen war die Beklagte nicht verpflichtet, zunächst zumutbare Massnahmen zu ergreifen, um die Lage zu entspannen. Auch unter diesem Gesichtspunkt erweist sich die Kündigung nicht als missbräuchlich.
OR 336
(AGer. ZH, 15.09.11 {AN100146}, Entscheide des Arbeitsgerichts Zürich 2011, S. 33)