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X. erwarb 1987 das Diplom als Buchhalter und 1996 das Diplom als Treuhandexperte. Er stellte 2007 bei der Revisionsaufsichtsbehörde das Gesuch um Zulassung als Revisionsexperte. Dabei machte er beaufsichtigte Fachpraxis von 1977 – 1980 bei der Revisuisse und von 1983 – 1988 bei der Nestlé geltend. Im Weiteren führte er unbeaufsichtigte Fachpraxis seit 1991 im Rahmen seines Einzelunternehmens als Treuhänder an. Die Revisionsaufsichtsbehörde verweigerte die Zulassung als Revisionsexperte, indem es die Fachpraxis bei der Revisuisse ausschloss und die Voraussetzungen bei der beaufsichtigenden Person bei der Nestlé verneinte. Damit fehle dem Beschwerdeführer eine hinreichend qualifizierte Berufserfahrung, eine Zulassung aufgrund der Härtefallklausel könne nicht gewährt werden. Das Bundesverwaltungsgericht hiess die Beschwerde von X. gut.

Da der Beschwerdeführer die Ausbildung als Treuhandexperte abgeschlossen hatte, hatte er fünf Jahre Fachpraxis vorwiegend auf den Gebieten des Rechnungswesens und der Rechnungsrevision nachzuweisen, davon mindestens zwei Drittel unter Beaufsichtigung durch einen zugelassenen Revisionsexperten. Das Bundesverwaltungsgericht schloss sich den Festlegungen der Revisionsaufsichtsbehörde an, wonach der Beschwerdeführer eine beaufsichtigte Fachpraxis von mindestens 30 Monaten nachzuweisen hatte, 10% davon im Bereich der Rechnungsrevision. Von den 30 Monaten minimaler beaufsichtigter Fachpraxis entfielen drei somit auf die Rechnungsrevision, und 27 auf das Rechnungswesen. Beaufsichtigte Fachpraxis vor dem Inkrafttreten des Revisionsaufsichtsgesetzes wird anerkannt, wenn die beaufsichtigende Person die Voraussetzungen als besonders befähigter Revisor nach der Verordnung vom 15. Juni 1992 erfüllte.

Die beaufsichtigte Fachpraxis bei der Revi­suisse entfiel, da Fachpraxis vor und während der Ausbildung nur in einem engen Rahmen von drei Jahren vor Abschluss derselben anerkannt wird. Es verblieben als beaufsichtigte Fachpraxis lediglich 40 Monate bei der Nestlé. Die Revisionsaufsichtsbehörde bestritt zwar nicht, dass die beaufsichtigende Person, welche 1963 das Diplom als Buchhalter erworben hatte, eine genügende Ausbildung besass, stellte jedoch deren Fachpraxis in Zweifel. Das Bundesverwaltungsgericht, welches die berufliche Tätigkeit der beaufsichtigenden Person in den Jahren 1963 – 1988 (!) untersuchte, erachtete den Nachweis von Fachpraxis nur gerade für das Rechnungswesen erfüllt. Die Voraussetzungen der ordentlichen Zulassung waren damit nicht gegeben.

Aus diesem Grund prüfte das Bundesverwaltungsgericht die Zulassung aufgrund der Härtefallbestimmung von Art. 43 Abs. 6 RAG. Eine Härte im Sinne der gesetzlichen Regelung erachtet das Bundesverwaltungsgericht als gegeben, wenn eine Person nicht unter regulären Voraussetzungen zugelassen werden kann und dies bei objektiver Betrachtung zu einem unzumutbaren Ergebnis führt. Das kann etwa der Fall sein, wenn der Gesuchsteller aufgrund seiner bisherigen Tätigkeit im Bereich ordentlicher Revisionen bei der Ablehnung seines Gesuchs um Zulassung als Revisionsexperte eine wesentliche wirtschaftliche Einbusse in Kauf nehmen müsste und wenn die gesetzlichen Anforderungen nur knapp verfehlt werden. Eine solche Konstellation verneinte indessen das Bundesverwaltungsgericht in Fällen, bei denen die Gesuchsteller bisher lediglich eingeschränkte Revisionen durchgeführt hatten, weil ihnen diese Tätigkeit ohne Einschränkung auch als Revisorinnen und Revisoren offenstand, und wenn die gesetzlichen Anforderungen relativ deutlich verfehlt wurden.

Was die Dauer der geforderten Fachpraxis an­betrifft, während welcher einwandfreie Revi­sionsdienstleistungen zu erbringen sind, hat es das Bundesverwaltungsgericht bisher abgelehnt, sich auf eine exakte zeitliche Grenze festzulegen. Vielmehr hat das Gericht den Zeitfaktor lediglich als eines der in einer Gesamtschau zu würdigenden Elemente berücksichtigt. Immerhin erachtete es in einem früheren Entscheid acht Jahre Fachpraxis für einen Revisor unter dem Aspekt von Art. 43 Abs. 6 RAG als ausreichend. Des Weiteren hielt es in einem späteren Entscheid fest, dass im Rahmen der Härtefallklausel die Anforderungen an die praktischen Erfahrungen bei Revisionsexperten strenger auszugestalten und zu gewichten seien als bei der Zulassung zum Revisor. Dies gelte es auch in zeitlicher Hinsicht zu beachten, sodass, allgemein gesagt, Revisionsexperten wohl deutlich mehr als acht Jahre Fachpraxis nachweisen können müssen. In einem Urteil vom 12. Oktober 2011 liess das Bundesverwaltungsgericht durchblicken, dass es bei einem Revisionsexperten unter dem Blickwinkel des Härtefalls eine Gesamtdauer an Fachpraxis von nahezu 20 Jahren als ausreichend erachten würde.

Bezüglich der Qualität der geforderten Fachpraxis äusserte sich das Bundesverwaltungsgericht im erwähnten Entscheid dahingehend, dass unter einer qualifizierten Berufserfahrung für eine Zulassung als Revisionsexperte das Vorliegen von Fachpraxis auf dem Gebiet anspruchsvollerer Revisionen erforderlich sei. Demnach sei der Nachweis ordentlicher Revisionsmandate bzw. zumindest solcher Mandate erforderlich, die von Revisionsexperten durchgeführt würden, also insbesondere Revisionen wirtschaftlich bedeutender Gesellschaften im Sinne von Art. 727 Abs. 1 Ziff. 2 OR mit einer Bilanzsumme von 10 Millionen Franken, einem Umsatzerlös von 20 Millionen Franken und 50 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt (neu seit 1. Januar 2012: Bilanzsumme 20 Millionen Franken, Umsatzerlös von 40 Millionen Franken und 250 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt). Indessen wies das Gericht auch in diesem Zusammenhang auf die Notwendigkeit einer Gesamtbetrachtung hin, sodass nicht nur ordentliche bzw. anspruchsvolle Revisionsmandate nachzuweisen seien, sondern auch andere, weniger anspruchsvolle Revisionstätigkeiten in die Beurteilung einfliessen könnten.

Das Bundesverwaltungsgericht hielt fest, dass der Beschwerdeführer den Nachweis von drei Monaten beaufsichtigter Fachpraxis in der Rechnungsrevision nicht erbringen konnte bzw. auch nicht den Nachweis, dass die beaufsichtigende Person über genügende Fachpraxis verfügte. Der Beschwerdeführer habe die gesetzlichen Anforderungen damit nur knapp verfehlt und beim Praxisnachweis der beaufsichtigenden Person könne zudem von einer Beweisnot ausgegangen werden. Beim Beschwerdeführer könne dagegen von einer 20-jährigen, langjährigen und einwandfreien Erbringung von Revisionsdienstleistungen ausgegangen werden. Zwar könne er keine Mandate im Sinne der erwähnten Schwellenwerte aufweisen, jedoch sei er als Revisor einer bedeutenden Stiftung tätig, welche ihrerseits die Anforderungen heraufsetzen wolle und künftig eine Revision durch einen Revisionsexperten verlange. Der Beschwerdeführer könne damit Erfahrung in anspruchsvollen Mandaten nachweisen und der Verlust dieses Mandats würde ihn unter verschiedenen Gesichtspunkten hart treffen. Das Vorliegen eines Härtefalls sei damit zu bejahen und der Gesuchsteller als Revisionsexperte zuzulassen.

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Kommentar
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Der Entscheid ist erfreulich. Vor allem bei der älteren Generation führten die von der Revi­sionsaufsichtsbehörde streng gehandhabten Zulassungsvoraussetzungen oftmals zu einem Ausschluss der Zulassung. Wie der Entscheid zeigt, kann es sehr schwierig werden, die Voraussetzungen der Beaufsichtigung für weit zurückliegende Arbeitsverhältnisse genügend darzulegen. Die Revisionsaufsichtsbehörde hat zudem die Zulassung als Revisionsexperte gestützt auf die Härtefallklausel bis vor Kurzem völlig ausgeschlossen. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit dem Entscheid vom 13. März 2012 Art. 43 Abs. 6 RAG nunmehr einen Anwendungsraum eröffnet. Gleichzeitig wird bei der Lektüre klar, dass das Bundesverwaltungsgericht die Hürden zur Zulassung über die Härtefallklausel hoch ansetzt. Nur wer Tätigkeit in anspruchsvollen Mandaten nachweisen kann, hat überhaupt eine Chance, zugelassen zu werden. Zusammengefasst kann jedoch gesagt werden, dass die gerichtliche Auseinandersetzung mit den Entscheiden der Revisionsaufsichtsbehörde dazu geführt hat, dass die überaus streng gehandhabten Voraussetzungen für die Zulassung – als Revisor oder Revisionsexperte – mehrfach gelockert worden sind.

Art. 43 Abs. 6 RAG

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(BVGer., 13.03.12 {B-6714/2010}, Hans Peter Derksen, lic. iur. Rechtsanwalt, Zürich)

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