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Die Unabhängigkeit sämtlicher an der Revision beteiligten Personen ist eine Grundvoraussetzung, um eine einwandfreie Revision zu gewährleisten. Im vorliegenden Beitrag werden verschiedene Aspekte der Unabhängigkeit mit dem Fokus auf den Anwendungsfall der eingeschränkten Revision erläutert und für kritische Sachverhalte mögliche Massnahmen aufgezeigt.

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Die gesetzlichen Bestimmungen gemäss Art. 728–729 OR verlangen, dass die Revisionsstelle unabhängig sein muss: Nur so kann sie ihr Prüfungsurteil objektiv bilden. Dies bedeutet in der Konsequenz: Die Unabhängigkeit sämtlicher an der Revision beteiligten Personen ist eine Grundvoraussetzung, um eine einwandfreie Revision zu gewährleisten. Nur ein kritischer, unabhängiger Revisionsmitarbeitender kann die gesetzlichen Pflichten der Revisionsstelle wahrnehmen. Der Anspruch der Unabhängigkeit besteht sowohl im Bereich der ordentlichen als auch der eingeschränkten Revision; für die praktische Umsetzung gelten jedoch differenzierte Regelungen.

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1. Verschiedene Grundlagen
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Die einleitend erwähnten gesetzlichen Anforderungen zur Unabhängigkeit im Bereich der Revision werden in verschiedenen Quellen weiter konkretisiert. Die wesentlichen Grundlagen sind der Standard zur eingeschränkten Revision, Anhang B, sowie das Handbuch der Wirtschaftsprüfung (HWP), Band 2, und diverse Verlautbarungen der Revisionsaufsichtsbehörde. Auch die Handelsregisterämter setzen die Unabhängigkeitsvorschriften in ihrer Praxis um: Der Eintrag der Revisionsstelle wird – sofern die Indizien einer fehlenden Unabhängigkeit erkannt werden – verweigert. Das Fehlen der Unabhängigkeit im Bereich der Revision gilt als Organisationsmangel nach Art. OR 731b OR. Fehlt der Gesellschaft eines der vorgeschriebenen Organe (die Revisionsstelle ist ein Organ) oder ist eines dieser Organe nicht rechtmässig zusammengesetzt (was bei einer Unabhängigkeitsverletzung der Fall ist), so kann ein Aktionär, ein Gläubiger oder der Handelsregisterführer dem Richter beantragen, die hierzu erforderlichen Massnahmen zu ergreifen. Der Richter kann insbesondere der Gesellschaft unter Androhung ihrer Auflösung eine Frist ansetzen, binnen derer die Gesellschaft den rechtmässigen Zustand wiederherzustellen hat. Der Richter kann auch das fehlende Organ oder einen Sachwalter ernennen oder gar die Gesellschaft auflösen und ihre Liquidation nach den Vorschriften über den Konkurs anordnen. Bereits daraus ist ersichtlich, welcher Schaden durch die Verletzung der Unabhängigkeitsvorschriften entstehen könnte.

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2. Eingeschränkte Revision
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Im Standard zur eingeschränkten Revision wird zur Unabhängigkeit zwischen zwei Grundformen der Unabhängigkeit unterschieden. Einerseits nennt der Standard die innere oder tatsächliche Unabhängigkeit, andererseits wird auch auf die äussere Unabhängigkeit hingewiesen. Zur inneren oder tatsächlichen Unabhängigkeit wird im Standard zur eingeschränkten Revision festgehalten, dass es sich dabei um die innere Einstellung der Revisionsmitarbeitenden handelt. Die Einstellung, die kritische Grundhaltung und auch das Urteilsvermögen sollen nicht durch äussere Einflüsse beeinträchtigt werden können. Das Urteilsvermögen soll dem Revisionsmitarbeitenden erlauben, mit Integrität, Objektivität und der berufsüblichen kritischen Grundhaltung zu handeln. Stellt man der inneren oder tatsächlichen Unabhängigkeit die äussere Unabhängigkeit entgegen, so geht es bei dieser Fragestellung um die Unabhängigkeit dem Anschein nach. Diese ist in der Praxis wahrscheinlich schwieriger zu dokumentieren, denn dabei geht es immer um die Frage, ob ein Dritter aufgrund von Anzeichen, Tatsachen und Umständen darauf schliessen würde, dass die kritische Grundhaltung (daher Integrität, Objektivität) beeinträchtigt ist. Die äussere Unabhängigkeit ist bei einem sogenannten Doppelmandat (Buchführung / Revision) per se immer gefährdet. Allerdings: Der Gesetzgeber hat für den Bereich der eingeschränkten Revision einen Ausnahmetatbestand geschaffen: Die Mitwirkung in der Buchführung im Bereich der eingeschränkten Revision ist explizit zugelassen (Art. 729 Abs. 2 OR), sofern das Risiko der Überprüfung von eigenen Arbeiten durch geeignete organisatorische und personelle Massnahmen vermieden wird. Unter den gleichen Voraussetzungen ist auch die Erbringung von anderen Dienstleistungen für die zu prüfende Gesellschaft zulässig.

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2.1 Zusatzdienstleistungen
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3
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Das Erbringen von Zusatzdienstleistungen – neben der eigentlichen Revisionstätigkeit – stellt eine hohe Anforderung an den Berufsstand dar. Hierbei müssen insbesondere die interne Organisation und deren Dokumentation bzw. deren Reglungen hervorgehoben werden. Zusatzdienstleistungen dürfen nur dann erbracht werden, wenn kein Risiko bezüglich der Überprüfung von eigenen Arbeiten besteht. Bei Doppelmandaten muss gemäss den geltenden Standards das Risiko von solchen Konstellationen mit dem Prüfkunden besprochen werden. Es empfiehlt sich, dies auch entsprechend in der Auftragsbestätigung an den Prüfkunden festzuhalten. Sind die Risiken mit dem Prüfkunden besprochen worden, geht es um die interne Organisation. Doppelmandate erfüllen nur dann das Kriterium der Unabhängigkeit, wenn auf solchen Mandaten eine organisatorische und personelle Trennung der durchführenden Personen gewahrt werden kann. Daraus folgt, dass die Arbeiten in der Buchführung und der Revision nicht durch die gleiche Person vorgenommen werden dürfen. Unter der organisatorischen Trennung wird das Unterstellungsverhältnis der ausführenden Personen verstanden. Die Unterstellung bzw. die ausführende Person darf nicht von einem Entscheidungsträger, der an der Buchführung mitwirkt, abhängig sein (Weisungsbefugnis). Die organisatorische Trennung kann unseres Erachtens durch ein Organisationsreglement geregelt werden. In einem solchen Organisationsreglement sind die Verantwortlichkeit je Prüfkunde (Buchführung / Revision) und die Entscheidungsbefugnisse zu regeln. Die Regelung kann – da auch die Unabhängigkeit je Mandat entschieden werden muss – mandatsbezogen vorgenommen werden. Das Organisationsreglement sollte ein Bestandteil der internen Qualitätssicherung im Bereich der Revision darstellen und muss an die aktuellen Bedürfnisse angepasst werden. Die personelle Trennung erfordert, dass die Buchhaltung und die Revision nicht durch die gleiche Person vorgenommen werden.

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2.2 Kritische Themenbereiche
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Mit ihren im Jahr 2011 auf ihrer Website veröffentlichten «FAQ» hat die Revisionsaufsichtsbehörde die Diskussion der Unabhängigkeit im Bereich der eingeschränkten Revision aufgegriffen. Aus dieser Verlautbarung ist ersichtlich, dass sich diverse Fragen zur Unabhängigkeit um die Begriffe des kompletten Outsourcing und des geistigen Vaters der Jahresrechnung drehen. Die Revisionsaufsichtsbehörde hält in ihrer Stellungnahme fest, dass ein komplettes Outsourcing nicht zulässig ist. Weiter geht aus dem Schreiben hervor, dass die Revisionsgesellschaft nicht geistiger Vater der Jahresrechnung werden kann und nicht sein darf. Im Tätigkeitsbericht 2011 der Eidgenössischen Revisionsaufsichtsbehörde RAB werden diesbezüglich diverse Aspekte erläutert. Es ist gemäss diesem Tätigkeitsbericht sicherzustellen, dass für sämtliche kritischen Ansätze in der Jahresrechnung zwingend der Verwaltungsrat verantwortlich bleibt. Als kritische Ansätze werden beispielhaft die Abschreibungen, Wertberichtigungen, Rückstellungen, Aktivierung bestimmter Kosten, Wiederaufwertung und Änderungen der Rechnungslegungsgrundsätze genannt. Gemäss der Definition von Art. 716a Abs. 1 Ziff. 3 OR hat der Verwaltungsrat einer Aktiengesellschaft die unübertragbare Verantwortung für das Rechnungswesen und damit für die Jahresrechnung. Das Schweizerische Institut für eingeschränkte Revision von TREUHAND|SUISSE vertritt die Ansicht, dass die Verantwortung des Verwaltungsrates mit dem geistigen Vater der Jahresrechnung einhergeht. Durch die unübertragbare Aufgabe muss der Verwaltungsrat über Bewertungs- und Darstellungsfragen entscheiden und diese auch gegenüber Stakeholdern (also auch der Revi­sionsstelle) vertreten. Der Verwaltungsrat seinerseits anerkennt diese Verantwortung durch die Unterzeichnung der Jahresrechnung und der Vollständigkeitserklärung. Ergänzend wird bereits vor der Revisionsdurchführung mittels der Auftragsbestätigung der Verwaltungsrat darauf aufmerksam gemacht, dass dieser für die Erstellung der Jahresrechnung verantwortlich ist. Grundsätzlich kann daher aus den vorgenannten Argumenten abgeleitet werden, dass der geistige Vater der Jahresrechnung ausschliesslich der Verwaltungsrat einer Aktien­gesellschaft sein kann. Die Revisionsstelle ihrerseits prüft diese Darstellungs- und Bewertungsannahmen und gibt ihre Meinung im Bericht an die Generalversammlung wider. Es empfiehlt sich jedoch trotzdem, sich zu Bewertungsdiskussionen ein Besprechungsprotokoll anzufertigen, um darauf die jeweiligen Bewertungsentscheide des Verwaltungsrates zu dokumentieren. Die Revisionsstelle darf unter keinen Umständen Darstellungs- und / oder Bewertungsannahmen treffen.

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2.3 Vereinbare / nicht vereinbare Tätigkeiten
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Der Standard zur eingeschränkten Revision hält zudem diverse Sachverhalte fest, die mit der Unabhängigkeit vereinbar / nicht vereinbar sind. Mit der Unabhängigkeit vereinbare Tätigkeiten sind insbesondere die Buchführung sowie die Erbringung von weiteren Dienstleistungen, Bewertungen, Corporate-Finance-Aktivitäten, Personalbereitstellungen und auch Steuerberatungen. All dies jedoch nur dann, wenn nicht das Risiko der Überprüfung von eigenen Arbeiten besteht. Unzulässige Sachverhalte im Bereich der Unabhängigkeit im Rahmen der Revisionsdurchführung sind Führungs- und Entscheidungsfunktionen, finanzielle Beteiligungen, Verträge zu nicht marktkonformen Bedingungen, gemeinsame finanzielle Interessen, persönliche und familiäre Beziehungen, längerfristige Tätigkeiten für einen Prüfungskunden, Beschäftigungsverhältnisse, wirtschaftliche Abhängigkeit, Geschenk- und Vorteilsnahme und rechtliche Auseinandersetzungen. Wie aus dieser Aufzählung ersichtlich ist, besteht die Schwierigkeit der Unabhängigkeit unter anderem auch darin, ob diese überhaupt erkannt wird. Selbst die gegenseitige Revision von Revisionsunternehmen (Gesellschaft A prüft Gesellschaft B, Gesellschaft B prüft Gesellschaft A) stellt einen Verstoss gegen die Unabhängigkeit dar. In der Praxis sind wahrscheinlich vor allem die persönlichen und familiären Beziehungen und die längerfristige Tätigkeit für einen Prüfungskunden als kritisch zu beurteilen. Bei allen anderen Konstellationen dürfte mehr oder weniger klar sein, ob man sich im Bereich von zulässigen / unzulässigen Sachverhalten befindet.

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3. Exkurs ordentliche Revision
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Anders als bei der eingeschränkten Revision definiert der Gesetzgeber für den Bereich der ordentlichen Revision spezifische Rahmenbedingungen zur Einhaltung der Unabhängigkeit. Art. 728 Abs. 2 OR enthält einen Katalog mit sieben Punkten, welche mit der Unabhängigkeit explizit unvereinbare Tatbestände festhalten. So wird beispielsweise klargestellt, dass mit der Unabhängigkeit die Mitgliedschaft im Verwaltungsrat, andere Entscheidungsfunktionen in der Gesellschaft oder ein arbeitsrechtliches Verhältnis nicht zulässig sind. Ebenso nicht zulässig sind bedeutende direkte oder indirekte Beteiligungen, wesentliche Forderungen oder Schulden gegenüber der Gesellschaft, enge persönliche Beziehungen des leitenden Revisors zu einem Mitglied des Verwaltungsrates oder zu einer anderen Person mit Entscheidungsfunktion, eine wirtschaftliche Abhängigkeit, Verträge zu nicht marktkonformen Bedingungen, die Annahme von wertvollen Geschenken oder besonderen Vorteilen und insbesondere die Mitwirkung in der Buchführung oder anderen Dienstleistungen, bei denen das Risiko der Überprüfung von eigenen Arbeiten besteht.

Für den vorliegenden Kontext von Bedeutung ist somit insbesondere die Tatsache, dass – anders als bei der eingeschränkten Revision bei Einhaltung entsprechender Rahmenbedingungen – eine Mitwirkung in der Buchführung bei ordentlichen Revisionen nie zulässig ist.

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4. Zunehmende Bedeutung der eingeschränkten Revision aufgrund neuer Schwellenwerte
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Im Juni 2011 hat der Gesetzgeber eine Anpassung der Regelung zur Revisionspflicht beschlossen. Die seit Einführung des neuen Revisionsrechts im Jahr 2008 geltenden Schwellenwerte (CHF 10 Millionen Bilanzsumme, CHF 20 Millionen Umsatz und 50 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt) wurden angepasst. Die neuen Schwellenwerte (CHF 20 Millionen Bilanzsumme, CHF 40 Millionen Umsatz und 250 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt) sind am 1. Januar 2012 in Kraft getreten und gelten für die Jahresrechnungen, deren Geschäftsjahr am oder nach dem 1. Januar 2012 beginnt. Diese Schwellenwerte entscheiden darüber, welche Revisionsart durchgeführt werden muss (ordentliche / eingeschränkte Revision). Werden zwei der drei Grössenkriterien in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren überschritten, so ist zwingend eine ordentliche Revision durchzuführen. Eine freiwillige ordentliche Revision darf selbstverständlich nach wie vor vorgenommen werden. Durch die Erhöhung der Schwellenwerte wird die Anwendung und Bedeutung der eingeschränkten Revision zunehmen, wodurch auch vermehrt Doppelmandate infrage kommen können. Dementsprechend bleibt die Wichtigkeit der Unabhängigkeit nach wie vor hoch, beziehungsweise die Bedeutung dieser Frage kann sich in Zukunft sogar tendenziell erhöhen. Massnahmen sind hier unverzichtbar. Die Revisionsaufsichtsbehörde nennt in ihren Veröffentlichungen diverse Kriterien, die zur Dokumentation der Unabhängigkeit einzuhalten sind. Namentlich sind dies Prozesse und Massnahmen, interne Nachkontrollen und die Genehmigung der Zusatzdienstleistungen durch einen Prüfungsausschuss der zu prüfenden Gesellschaft. Prozesse und Massnahmen können wie bereits erwähnt unter anderem durch ein Organisationsreglement abgedeckt werden, interne Nachkontrollen gehören zur Qualitätssicherung, und die Genehmigung von solchen Zusatzdienstleistungen empfiehlt sich bereits in der Auftragsbestätigung festzuhalten. Auch hier gilt: Was nicht dokumentiert ist, ist nicht vorhanden. Mit anderen Worten: Gute Revisionsvorbereitungen und Dokumentationen sind der Grundstein für eine erfolgreiche Revision.

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5. Schlussfolgerung
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Wie bereits dargelegt, ist die Frage der Unabhängigkeit wichtig, und die Risiken dürfen nicht unterschätzt werden. Die Unabhängigkeit ist eine zentrale Voraussetzung und ein wesentlicher Aspekt, der sowohl bei der ordentlichen als auch bei der eingeschränkten Revision eine zentrale Bedeutung hat. Die Anforderungen im Bereich der Unabhängigkeit sind bei einer eingeschränkten Revision tiefer als bei einer ordentlichen Revision. Insbesondere ist bei einer eingeschränkten Revision die Mitwirkung in der Buchführung zugelassen. Organisatorische Massnahmen stehen jedoch bei beiden Revi­sionsarten im Zentrum von Unabhängigkeitsfragestellungen. Die Unabhängigkeit begleitet die Revisionsdurchführung stetig und muss bereits bei der Mandatsannahme sauber do­kumentiert werden. Mit der Integration eines Mandatsannahmeprozesses und eines Organisationsreglements lassen sich diverse problematische Punkte bereits vor deren Aufkommen eliminieren. Es gilt daher, sich besser intensiv mit diesen Fragen auseinanderzusetzen, als untätig zu bleiben. Die Anforderungen an den Berufsstand sind gestiegen und müssen von den Revisionsunternehmen auch im Zusammenhang mit dem Unabhängigkeitserfordernis konsequent gelebt werden.

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Seminare des Instituts für die Eingeschränkte Revision
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Die Unabhängigkeit
Zürich: 11. Juni 2012

Wiederzulassung RAB / QS und Unab­hängigkeit
St. Gallen: 12. Juni 2012
Luzern: 14. Juni 2012
Bern: 29. Juni 2012

Information und Anmeldung
STS Schweizerische Treuhänder Schule AG
www.sts.edu

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