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Das Bezirksgericht des Bezirkes Z. sprach die Scheidung der Eheleute C. und S. aus, ordnete die Übertragung der BVG-Guthaben gemäss Art. 122 ZGB an und überwies die Sache für die Festlegung der Höhe des zu übertragenden Freizügigkeitsbetrages an den Sozialversicherungsgerichtshof des Kantonsgerichts des Kantons Freiburg. Dieses erliess jedoch einen Nichteintretensentscheid mit der Begründung, dass eine während der Ehe erfolgte Barauszahlung die Teilung der Austrittsleistungen gemäss Art. 122 ZGB ausschliesse, und wies die Sache zur Festlegung einer angemessenen Entschädigung (Art. 124 ZGB) ans Bezirksgericht zurück. Gegen diesen Nichteintretensentscheid führte das BSV Beschwerde. Es argumentierte, dass eine während der Ehe auf der Grundlage von Art. 5 Abs. 1 lit. c FZG erfolgte Barauszahlung (es handelt sich um einen Betrag in der bescheidenen Höhe von Fr. 537.–) an die Ehefrau die Teilung der verbleibenden Vorsorgeguthaben der Ex-Ehegatten nicht verhindere. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. Die 1996 an die Beschwerdegegnerin ausgerichtete Barauszahlung von Fr. 537.– verunmöglicht es technisch nicht, die bei Vorsorgeeinrichtungen gelegenen Austrittsleistungen der Ex-Ehegatten in der hundertfachen Höhe (konkret Fr. 48 640.70 für den Ex-Ehemann und Fr. 5250.20 für die Ex-Ehefrau) zu teilen. Eine Barauszahlung gemäss Art. 5 Abs. 1 lit. c FZG, welche der beruflichen Vorsorge nur unbedeutende Beträge entzieht, rechtfertigt effektiv die Anwendung von Art. 124 ZGB anstelle des Grundsatzes der vom Gesetzgeber in Art. 122 ZGB vorgesehenen hälftigen Teilung nicht. Eine solche Auszahlung, welche die Austrittsleistungen der Ehegatten im Sinne von Art. 122 bis 124 ZGB nicht entscheidend vermindert, ist bei der Regelung der Ansprüche im Bereich der beruflichen Vorsorge unter den Ehegatten im Rahmen der Scheidung nicht zu berücksichtigen und fällt nicht in den Anwendungsbereich dieser Bestimmungen. Der hier beurteilte Fall unterscheidet sich jedoch von BGE 127 III 433, wo der Ehemann eine Barauszahlung erhalten hatte, um eine selbständige Erwerbstätigkeit aufzunehmen (Art. 5 Abs. 1 lit. b FZG), und im Zeitpunkt der Scheidung offenbar nicht mehr über eine Austrittsleistung bei einer Vorsorgeeinrichtung verfügte, weshalb eine Teilung der Austrittsleistungen nicht möglich war. Das kantonale Gericht durfte demzufolge die Vollstreckung des Scheidungsurteils nicht verweigern. Die Sache wird an dieses zurückgewiesen, damit es auf die Teilung der Vorsorgeguthaben eintritt und das Scheidungsurteil vollstreckt.

Art. 122 ZGB; Art. 5 und Art. 22 FZG

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(BGer., 12.10.11 {9C_515/2010}, Mitteilungen über die berufliche Vorsorge Nr. 125, 14.12.2011)

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