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Der Kläger war seit November 2005 bei der Beklagten angestellt. Im Dezember 2005 wurde er zudem als einziges Mitglied in den Verwaltungsrat der Beklagten gewählt und war bis zur fristlosen Entlassung im November 2009 als Geschäftsführer für sie tätig. Nach einer Reorganisation trat der Kläger zudem als kaufmännischer Geschäftsführer des Betriebs in Deutschland und als Vorstand der Konzerngesellschaft auf. Vor Gericht bestritt die Beklagte die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts, da kein Arbeitsverhältnis vorgelegen habe.

Indem der Kläger gleichzeitig Vorstand der Konzerngesellschaft sowie Verwaltungsrat und Geschäftsführer der Beklagten war, war er sich selbst gegenüber weisungsberechtigt bzw. weisungsabhängig. Er war sowohl beratend als auch leitend in sämtlichen Unternehmen der Gruppe tätig und war als Vorstandsmitglied wenigstens formalrechtlich auch massgebend an den strategischen und organisatorischen Entscheidungen der Muttergesellschaft beteiligt. Bei seiner Vertragspartnerin, der Beklagten, genoss er in der Dreifachfunktion als ­Vorstandsmitglied der Alleinaktionärin, als Alleinverwaltungsrat und als Geschäftsführer sogar eine ausserordentlich weitgehende Autonomie. Es kann folglich zu keinem Zeitpunkt von einem Subordinationsverhältnis ausgegangen werden.

Ob die Sozialversicherung den Betreffenden als Selbständigerwerbenden oder Arbeitnehmer einstufen bzw. ob der Auftraggeber / Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge abführt, ist für die zivilrechtliche Abgrenzung von Auftrag / Arbeitsvertrag von sekundärer Bedeutung. So ist ein Verwaltungsrat in der Regel kein Arbeitnehmer, obwohl die Aktiengesellschaft die AHV-Beiträge auf dem Verwaltungsrats­honorar abziehen und keine Mehrwertsteuer bezahlen muss.

Der Vollständigkeit halber ist dennoch zu erwähnen, dass der Kläger sein Entgelt als Erwerbseinkommen aus unselbständiger Tätigkeit deklarierte und versteuerte. Ebenso ist der Umstand zu werten, dass die Beklagte für den Kläger als Arbeitnehmer abschloss.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass einige, mehrheitlich formale Aspekte der Rechtsbeziehung der Parteien, namentlich die Vertragsterminologie, die Regelung arbeitsvertragstypischer Ansprüche (Dienstwagen, Ferien), die Vereinbarung einer Kündigungsfrist und der sozialversicherungsrechtliche Status auf ein Arbeitsverhältnis schliessen lassen. Dagegen ist zu beachten, dass die Handhabung von Entgelt, Arbeitsorganisation und Risikotragung faktisch eher im Sinne eines Auftragsverhältnisses ausgestaltet waren. Zudem war der Kläger nicht ausschliesslich für die Beklagte tätig, was wiederum eher auf ein Auftragsverhältnis hindeutet. Zentral ist jedoch, dass der Kläger als Geschäftsführer nie in einem Subordinationsverhältnis zur Beklagten stand, da er sich als Alleinverwaltungsrat selbst unterstellt war und gegenüber der Konzernmutter weder formell weisungsgebunden war noch faktisch Weisungen im arbeitsrechtlichen Sinne entgegennahm. Somit fehlt das wesentliche Qualifikationsmerkmal des Arbeitsvertrags.

Zudem kann dem Kläger zwar beigepflichtet werden, dass die kantonalen Gerichte zwischen typischen und atypischen Aufträgen unterscheiden und bei Letzteren die zwingenden Bestimmungen des Auftragsrechts keine Anwendung finden, sondern analog andere Bestimmungen – im vorliegenden Fall jene des Arbeitsrechts – herangezogen werden. Allerdings hat das Bundesgericht in seinem Urteil vom 6. Juli 2011 (BGE 4A_141/2011) entschieden, dass es – trotz abweichender Meinung von Gerichten und Lehre – an der Rechtsprechung festhält, dass bei jeglichem Auftragsverhältnis, egal ob typisch oder atypisch, die Bestimmungen des Art. 404 Abs. 1 OR zwingend anwendbar sind. Daher müssten auch bei der Annahme eines atypischen Auftrags vorliegend die Bestimmungen des Auftragsrechts herangezogen werden.

Nach konstanter Praxis des Bundesgerichts ist im vorliegenden Fall ein Sachentscheid zu fällen, und die Klage aus Arbeitsvertrag ist ­abzuweisen. Es erübrigt sich daher für das Arbeitsgericht Zürich eine materielle Auseinandersetzung mit der Frage, ob die fristlose Entlassung des Klägers gerechtfertigt war oder nicht.

Art. 319 OR

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(ArbGer. ZH, 20.09.13 {AH100917}, Entscheide des Arbeitsgerichts Zürich 2013, S. 6)

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