Echte Harmonie ist schön. Falsche Harmonie ist schrecklich. Produktiv zu streiten stärkt die Loyalität und den Zusammenhalt. Bloss: Wie geht das?
Produktiv streiten kann, wer klare Linien zieht. Und klare Linien ziehen kann, wer die streitbare Sache und die Standpunkte der Streitparteien gut kennt. Die Standpunkte sind durch Argumente klar abzugrenzen. Frühe Kompromisse sind ein Übel. Reife Kompromisse sind ein Entwicklungsmotor.
Das Beispiel: Ein Grosskunde verlangt von uns eine Kostenreduktion. Die grosse Gefahr: Wir einigen uns der Einfachheit halber rasch auf einen Kompromiss und gehen zur Tagesordnung über. Damit verspielen wir nicht nur Honorarvolumen, sondern auch Entwicklungspotenzial.
Wichtig ist, dass Sie Ihre Partner zum Streit herausfordern. Achten Sie darauf, dass jede beteiligte Streitpartei die Argumente so überzeugend einbringen kann, dass das Entscheiden schwieriger wird. Die Entscheidung wird dann mit mehr Sicherheit gefällt und kann mit positiver Wirkung auf lange Sicht durchgesetzt werden.
Klare Argumente machen die Standpunkte nachvollziehbar. Darüber hinaus gibt es drei wertvolle Zusatznutzen:
- Sie haben zur Entwicklung der Argumentationskraft beigetragen.
- Sie haben Erkenntnisse über den Kunden und über Ihre Partner gewonnen.
- Sie haben an Entscheidungssicherheit und Durchsetzungskraft gewonnen.
Nun kann man das ins Spiel bringen, was die Streitparteien verbindet: den Sinn unseres Tuns, den Zweck des Unternehmens, die angestrebte Entwicklung der Position und Reputation sowie die daraus abgeleiteten Ziele. Sie lesen deutlich heraus: Wer nichts davon kennt, hat keine klare gemeinsame Ausrichtung und somit schlechte Karten für eine gute Entscheidung.
Die gemeinsame Ausrichtung gibt dem Streit die Leitplanken. Haben wir übereinstimmende Ausrichtung und ebensolche Ziele, lautet die Frage, deren Beantwortung zur Lösung führt: «Wie handeln wir im Sinne unserer Ausrichtung und unserer Ziele?»
So können wir gemeinsam einen reifen Kompromiss erstreiten, der auf lange Sicht gute Wirksamkeit im Sinne der gemeinsamen Ausrichtung verspricht.
Thomas Rychiger