Im neuen Erwachsenenschutzrecht bestehen zahlreiche Schnittstellen zwischen Treuhänderinnen und Treuhändern, die eine Beistandschaft ausüben, Banken, Versicherungen und den KESB. Während jede Beiständin und jeder Beistand ihre allgemeinen und besonderen Rechte und Pflichten im Rahmen der Massnahmenführung kennen muss, werden insbesondere die Banken häufig mit der Problematik der Melde- und Antragsrechte sowie der Meldepflichten konfrontiert. Der Autor erörtert nachstehend die wichtigsten Rechte und Pflichten der Beistände und arbeitet den Anwendungsbereich der verschiedenen Melde- und Antragsrechte sowie der Meldepflichten heraus.
Bekanntlich handeln erwachsene Personen grundsätzlich selbständig, indem sie ihre persönlichen Angelegenheiten selber besorgen (können). Das Personenrecht – das im Zivilgesetzbuch geregelt ist (Art. 11 ff. ZGB) – bestimmt, unter welchen Voraussetzungen eine Person (voll) handlungs- und damit auch geschäftsfähig (inklusive vertragsfähig) ist. Demnach müssen zwei Bedingungen kumulativ vorliegen (Art. 13 ZGB):
- Volljährigkeit (Art. 14 ZGB) und
- Urteilsfähigkeit (Art. 16 ZGB).
Ausnahmsweise kann jedoch die Fähigkeit, selbständig sowie selbstbestimmt zu handeln, durch gewisse Schwächezustände beeinträchtigt werden. Das Erwachsenenschutzrecht benennt als Schwächezustand etwa eine geistige Behinderung oder eine psychische Störung (Art. 390 Ziff. 1 ZGB). Letztere umfasst auch Suchterkrankungen. Ein solcher in der Person liegender Schwächezustand kann dazu führen, dass eine volljährige Person ihre Angelegenheiten nur teilweise oder gar nicht besorgen kann, womit unter Umständen eine Hilfs- bzw. Schutzbedürftigkeit ausgelöst wird. Das Erwachsenenschutzrecht hat in diesem Zusammenhang die Aufgabe, behebend, ausgleichend oder mildernd einzugreifen. Des Weiteren kann sich gerade etwa bei Urteilsunfähigkeit eines erwachsenen Menschen die Frage stellen, wer ihn (gesetzlich) vertreten kann. Die durch die KESB angeordneten Massnahmen haben zum Zweck, das Wohl und den Schutz einer hilfsbedürftigen Person sicherzustellen (Art. 388 Abs. 1 ZGB). Dabei soll jedoch die Selbstbestimmung der betroffenen Person so weit wie möglich erhalten und gefördert werden (Art. 388 Abs. 2 ZGB). Da die behördlichen Massnahmen Eingriffe in die persönliche Freiheit einer Person und damit Grundrechtseingriffe darstellen (Art. 10 BV), muss die Erwachsenenschutzbehörde zudem das sogenannte Subsidiaritätsprinzip beachten (Art. 10 i.V.m. Art. 36 BV und Art. 389 ZGB). Das bedeutet, dass die staatliche Behörde nur dann eine Erwachsenenschutzmassnahme anordnet, wenn (Art. 389 ZGB)
- die Unterstützung der hilfsbedürftigen Person durch die Familie, andere nahestehende Personen oder von vornherein als ungenügend erscheint;
- bei Urteilsunfähigkeit der hilfsbedürftigen Person keine oder keine ausreichende eigene Vorsorge – mittels Vorsorgeauftrag bzw. Patientenverfügung – getroffen worden ist und die Massnahmen von Gesetzes wegen (etwa das gesetzliche Vertretungsrecht des Ehegatten oder bei medizinischen Massnahmen; vgl. Art. 374 ff. ZGB) nicht genügen.
Schliesslich muss jede behördliche Erwachsenenschutzmassnahme selbstverständlich auch verhältnismässig sein (Art. 5 und 36 BV und Art. 389 ZGB).
Wird etwa ein Treuhänder durch die KESB als Vermögensbeistand eingesetzt, so stellt sich für ihn zwangsläufig die Frage, welche Aufgaben er genau wahrzunehmen hat und an welche gesetzlichen Vorgaben er sich halten muss. Dabei geht es im Einzelnen um Fragestellungen wie etwa:
- Dürfen die Wohnräume der betroffenen Person einfach betreten werden?
- Darf deren Post geöffnet werden?
- Wie steht es um deren Handlungsfähigkeit? Können gewisse Angelegenheiten nach wie vor von ihr selbst wahrgenommen werden, und wenn ja, welche sind es?
- Gibt es Geschäfte, bei denen sie zwingend die Zustimmung der KESB benötigen?
- Gibt es gar verbotene Geschäfte?
- Welche allgemeinen und besonderen Rechte und Pflichten gilt es zu beachten?
Für die dabei involvierten Banken, die Postfinance und die Versicherungen stellen sich im Zusammenhang mit dem Erwachsenenschutzrecht demgegenüber namentlich die folgenden Fragen:
- Wann dürfen sie überhaupt bei der KESB eine Gefährdungsmeldung machen, wenn sie von einer hilfsbedürftigen Person Kenntnis erlangen? Wann steht dem allenfalls das Bankkundengeheimnis (Berufsgeheimnis) entgegen?
- Wann haben sie also ein Melderecht und wann keines?
- Wann haben sie gar eine Meldepflicht?
- Wie können sie sich gegen eine nicht ordnungsgemässe Mandatsführung eines Beistands zur Wehr setzen? Gibt es in diesem Zusammenhang ein Melderecht?
- Wie kann man sich gegen eine nicht ordnungsgemässe Vertretung eines Betroffenen durch seinen Ehegatten oder eingetragenen Partner wehren? Wie gegen einen Vorsorgebeauftragten, der den Auftrag nicht richtig ausführt? Gibt es in diesem Zusammenhang ein Antragsrecht?
- Hat die KESB ein jederzeitiges und umfassendes direktes Auskunftsrecht?
Diesen Fragen soll nachstehend nachgegangen werden, indem zuerst auf die Vermögensbeistandschaft näher eingegangen wird (Punkt 2.), danach soll anschliessend das Auskunftsrecht der KESB einer kritischen Würdigung unterzogen werden (Punkt 3.) und schliesslich werden die einzelnen Melderechte und Meldepflichten sowie die Anzeigerechte erörtert (Punkt 4.).
Ein in der Person liegender Schwächezustand kann namentlich auch dazu führen, dass hinsichtlich der Vermögenssorge eine Hilfs- bzw. Schutzbedürftigkeit entsteht und eine behördliche Massnahme – insbesondere die Anordnung einer Beistandschaft – nötig wird.
Die KESB hat im Rahmen der Anordnung die Aufgabenbereiche der Beistandschaft entsprechend den Bedürfnissen der betroffenen Person genau zu umschreiben (Art. 391 Abs. 1 ZGB). Dabei können die zu umschreibenden Aufgabenbereiche die Personensorge, die Vermögenssorge und den Rechtsverkehr betreffen (Art. 391 Abs. 2 ZGB). Gänzlich unabhängig davon, welche Aufgabenbereiche ein Beistand wahrzunehmen hat, darf er ohne Zustimmung der betroffenen (urteilsfähigen) Person nur dann deren Post öffnen oder deren Wohnräume betreten, wenn die Erwachsenenschutzbehörde die Befugnis dazu ausdrücklich erteilt hat (Art. 391 Abs. 3 ZGB).
Die Vermögenssorge bzw. -verwaltung ist in Art. 395 ZGB geregelt. Dabei handelt es sich um eine spezifische Form der Vertretungsbeistandschaft, was bereits aus den Randtiteln (Marginalien) ersichtlich wird. Folglich müssen für die Anordnung eines Vermögensbeistands auch die allgemeinen Voraussetzungen der Vertretungsbeistandschaft erfüllt sein. Eine solche wird nämlich errichtet, wenn (Art. 394 Abs. 1 ZGB):
- die hilfsbedürftige Person bestimmte Angelegenheiten nicht erledigen kann und
- deshalb (gesetzlich) vertreten werden muss.
Die Erwachsenenschutzbehörde kann – muss aber nicht – die Handlungsfähigkeit der betroffenen Person entsprechend einschränken (Art. 394 Abs. 2 ZGB). Sie muss demgemäss neben der Umschreibung der Aufgabenbereiche, die dem Beistand übertragen werden sollen, zusätzlich für jeden Aufgabenbereich entscheiden, ob der Person die Handlungsfähigkeit zu entziehen ist. Die Einschränkung muss in das Entscheiddispositiv aufgenommen werden. Der Entzug der Handlungsfähigkeit ist notwendig, wenn die ernsthafte Gefahr besteht, dass die betroffene Person durch ihr Handeln den Handlungen des Beistands entgegenwirkt. Entscheidend ist somit, ob eine Mitwirkungsbereitschaft der betroffenen Person besteht bzw. die Gefahr, dass sie gegen ihre eigenen massgeblichen Interessen handelt.1
Auch wenn die Handlungsfähigkeit nicht eingeschränkt wird, muss die betroffene Person sich die Handlungen des Beistands – also auch des Vermögensverwaltungsbeistands – anrechnen oder gefallen lassen (Art. 394 Abs. 3 ZGB). Mit anderen Worten wird die betroffene Person durch die Handlungen des Vermögensverwaltungsbeistands in den diesem übertragenen Aufgabenbereichen rechtsgültig verpflichtet.2
Falls die Erwachsenenschutzbehörde die Handlungsfähigkeit der betroffenen Person nicht explizit einschränkt, besteht von Gesetzes wegen eine parallele (konkurrierende) Zuständigkeit, wodurch zwei Personen für das Gleiche rechtsgültig handeln können. Ist die betroffene Person urteilsfähig, kann sie zudem dem Beistand bezüglich Handlungen, die ihm an sich nicht als Aufgabe übertragen wurden, eine private Vollmacht (Art. 32 ff. OR) erteilen.3
Bei konkurrierender Zuständigkeit ist es naturgemäss möglich, dass die Handlungen des Beistands und der geschützten Person sich gegenseitig aufheben.In einem solchen Fall sind die obligationenrechtlichen Regeln betreffend Schutz des vertragsbeteiligten Dritten grundsätzlich anwendbar, was eine Schadenersatzpflicht auslösen kann.
Ist hingegen die Handlungsfähigkeit durch die Behörde entzogen worden, so kann die betroffene Person bezüglich der entsprechenden Geschäfte sich selbst nicht mehr rechtsgültig verpflichten (Anwendungsfall von Art. 19d ZGB). Lediglich der Beistand kann dies fürdie entsprechenden Aufgabenbereiche bzw. Geschäfte tun.
Falls die Handlungsfähigkeit entzogen worden ist, stellt sich namentlich auch für den Vermögensverwaltungsbeistand dennoch die Frage, ob eine Art Resthandlungsfähigkeit für gewisse Belange bestehen bleibt, und falls ja, worin diese exakt besteht (vgl. Art. 407 ZGB).Vorbehaltenbleiben diejenigen Fälle, für die das Gesetz einer urteilsfähigen Person eine partielle Handlungsfähigkeit zugesteht (Art. 19 Abs. 2 und Art. 19a ZGB):4
- Ist die betroffene Person urteilsfähig, so kann sie trotz des Entzugs der Handlungsfähigkeit unentgeltliche Vorteile (z.B. in der Regel Geschenke wie etwa eine Zuwendung eines Geldbetrags) erlangen.
- Zudem kann sie geringfügige Angelegenheiten ihres täglichen Lebens besorgen.
- Schliesslich hat sie in den dem Beistand übertragenen Bereichen insoweit eine bedingte Fähigkeit, selbst Rechtsgeschäfte abzuschliessen, als es für deren Rechtsgültigkeit der (vorangegangenen, gleichzeitigen oder nachträglichen) Zustimmung des Vertretungsbeistands bedarf (Form, Zeitpunkt und Wirkungen der Zustimmung bestimmen sich gemäss den Art. 19a und 19b ZGB).
Zusätzlich hat die betroffene Person eine (freie) Verfügungsbefugnis bezüglich derjenigen Vermögenswerte, die ihr der Beistand im Sinne von Art. 409 ZGB («Beträge zur freien Verfügung»; eine Art Taschengeld) zur freien Verfügung gelassen hat. Diese Beträge haben angemessen zu sein. Dabei bestimmt sich die Angemessenheit nach den konkreten Vermögensverhältnissen der betroffenen Person und danach, welche Vermögenswerte in ihrer Verwaltung oder ihrem Zugriffsbereich geblieben sind. Zudem hängt sie auch von den Lebensgewohnheiten und der Fähigkeit der betroffenen Person ab, in Eigenverantwortung mit Vermögenswerten umzugehen. Die Norm hat namentlich zum Zweck, das Selbstbestimmungsrecht zu fördern, und sie gilt nicht nur für die Vermögensverwaltung gemäss Art. 395 ZGB, sondern sinngemäss auch bei anderen Massnahmen, welche die Verwaltung von Vermögen beinhalten. Stellt sich heraus, dass diese Beträge (sehr) schlecht verwaltet oder verschleudert werden, oder kommt die betroffene Person ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nach, so kann der Beistand die Verfügungsfreiheit über diese Beträge (zumindest) einschränken. Dabei ist jedoch eine gewisse Zurückhaltung angebracht, da das Selbstbestimmungsrecht Hauptkriterium bleibt – und nicht private oder öffentliche Interessen, das Vermögen zu erhalten oder gar zu mehren.5
Solange eine betroffene Person urteilsfähigist, können höchstpersönliche Rechte nicht Gegenstand der Vertretungsbeistandschaft sein (vgl. Art. 19c ZGB).6
Auf die Vertretungsbeistandschaft sind Art. 416 f. ZGB (zustimmungsbedürftige Gesschäfte) sowie Art. 412 Abs. 1 ZGB (verbotene Geschäfte) anwendbar, da der Vertretungsbeistand im Namen der betroffenen Person handelt.
Das Gesetz schreibt vor, dass der Beistand für gewisse Geschäfte, die er in Vertretung der betroffenen Person vornimmt, die Zustimmung der KESB benötigt (Art. 416 Abs. 1 ZGB):
- Liquidation des Haushalts, Kündigung des Vertrags über Räumlichkeiten, in denen die betroffene Person wohnt;
- Dauerverträge über die Unterbringung der betroffenen Person;
- Annahme oder Ausschlagung einer Erbschaft, wenn dafür eine ausdrückliche Erklärung erforderlich ist, sowie Erbverträge und Erbteilungsverträge;
- Erwerb, Veräusserung, Verpfändung und andere dingliche Belastung von Grundstücken sowie Erstellen von Bauten, was über ordentliche Verwaltungshandlungen hinausgeht;
- Erwerb, Veräusserung und Verpfändung anderer Vermögenswerte sowie Errichtung von Nutzniessung daran, wenn diese Geschäfte nicht unter die Führung der ordentlichen Verwaltung und Bewirtschaftung fallen;
- Aufnahme und Gewährung von erheblichen Darlehen, Eingehung von wechselrechtlichen Verbindlichkeiten;
- Leibrenten- und Verpfründungsverträge sowie Lebensversicherungen, soweit diese nicht im Rahmen der beruflichen Vorsorge mit einem Arbeitsvertrag zusammenhängen;
- Übernahme oder Liquidation eines Geschäfts, Eintritt in eine Gesellschaft mit persönlicher Haftung oder erheblicher Kapitalbeteiligung;
- Erklärung der Zahlungsunfähigkeit, Prozessführung, Abschluss eines Vergleichs, eines Schiedsvertrags oder eines Nachlassvertrags, unter Vorbehalt vorläufiger Massnahmen des Beistands in dringenden Fällen.
Die Zustimmung der KESB ist jedoch nicht erforderlich , wenn die urteilsfähige betroffene Person ihr Einverständnis erteilt und ihre Handlungsfähigkeit durch die Beistandschaft nicht eingeschränkt ist (Art. 416 Abs. 2 ZGB). Mit anderen Worten müssen drei Voraussetzungen kumulativ vorliegen, dass von der Zustimmung abgesehen werden kann:
- Die Handlungsfähigkeit darf durch die Beistandschaft nicht eingeschränkt sein;
- die betroffene Person muss urteilsfähig sein und
- ihr Einverständnis erteilen.
Dasselbe gilt für Geschäfte ausserhalb des obigen Katalogs, welche die KESB ausdrücklich dem Zustimmungserfordernis unterstellt hat (Art. 417 ZGB). Allerdings ist wohl grundsätzlich davon auszugehen, dass die KESB in einem solchen Fall gleichzeitig der betroffenen Person die Handlungsfähigkeit entzogen haben dürfte.
Die Verordnung über die Vermögensverwaltung im Rahmen einer Beistandschaft oder Vormundschaft (VBVV) statuiert in Art. 6 Abs. 2 und Art. 7 Abs. 2 und Abs. 3 für bestimmte Anlagegeschäfte sowie in Art. 9 Abs. 1 für Verträge über die Anlage und Aufbewahrung von Vermögenswerten ebenfalls eine Bewilligungspflicht. Teilweise überschneiden sich dabei die Anwendungsbereiche mit dem Zustimmungserfordernis gemäss Art. 416 f. ZGB. Da der Gesetzgeber die zustimmungsbedürftigen Geschäfte abschliessend geregelt hat, kommt der Bewilligungspflicht gemäss VBVV in zivil- bzw. vertragsrechtlicher Hinsicht keine konstituierende Wirkung zu. Demnach ist ein Anlagegeschäft auch dann rechtsgültig abgeschlossen worden, wenn die Bewilligung der KESB fehlt und gleichzeitig auch keine Zustimmung nach Art. 416 f. ZGB notwendig ist.7 Nichtsdestotrotz liegt eine Sorgfaltspflichtverletzung des Beistands vor, was zu einer Haftung (Art. 454 ff. ZGB) und letztlich zu einem Rückgriff auf den Beistand nach Massgabe des kantonalen Rechts führen kann (Art. 454 Abs. 4 ZGB). Zusätzlich ist eine Anlage, die definitiv nicht bewilligt wird, in eine zulässige Anlage umzuwandeln (analog Art. 8 Abs. 1 VBVV).8 Art. 416 Abs. 2 ZGB ist jedoch auch im Anwendungsbereich der VBVV sinngemäss anwendbar, womit unter den obig genannten Voraussetzungen eine Bewilligung der KESB obsolet wird.
Schliesslich ist zu beachten, dass Verträge zwischen dem Beistand und der betroffenen Person immer der Zustimmung der KESB bedürfen , ausser letztere erteilt einen unentgeltlichen Auftrag.
Bezüglich der verbotenen Rechtsgeschäfte gilt es festzuhalten, dass der Beistand in Vertretung der betroffenen Person (Art. 412 Abs. 1 ZGB):
- keine Bürgschaften (Art. 492 ff. OR) eingehen darf,
- keine Stiftungen (Art. 80 ff. ZGB) errichten darf,
- keine Schenkungen (Art. 239 ff. OR) vornehmen darf, mit Ausnahme der üblichen Gelegenheitsgeschenke.
Des Weiteren muss der Beistand nach Möglichkeit davon absehen, Vermögenswerte zu veräussern, die für die betroffene Person oder ihre Familie einen besonderen (affektiven) Wert haben (Art. 412 Abs. 2 ZGB).
Handlungen und Unterlassungen des Beistands können Gegenstand einer Beschwerde gemäss Art. 419 ZGB sein. Gestützt auf diese Bestimmung kann die betroffene Person selbst oder eine ihr nahestehende Person und jede Person, die ein rechtlich geschütztes Interesse hat, die KESB anrufen (vgl. nachstehend Punkt 4.4).
Dritte, die aus einem betreffenden Geschäft – gerade auch im Zusammenhang mit der Vermögensverwaltung – Nutzen ziehen würden, haben zwar ein tatsächliches Interesse an dessen Zustandekommen, jedoch kein rechtlich geschütztes Interesse.
Demnach ist es für den Beistand elementar, seine Pflichten und Rechte zu kennen. Diese sollen nachstehend erörtert werden. Dabei werden in einem ersten Schritt die allgemeinen Pflichten eines Beistands aufgezeigt und anschliessend in einem zweiten Schritt die besonderen Pflichten und Rechte im Rahmen der Vermögensverwaltung herausgearbeitet.
Das Zivilgesetzbuch stellt für die Führung einer Beistandschaft – mit grundsätzlicher Gültigkeit für alle Beistandschaftsarten – allgemeine Regeln auf, die es als Beistand zu befolgen gilt (Art. 405 ff. ZGB):
- Der Beistand muss sich die zur Erfüllung der Aufgaben nötigen Kenntnisse verschaffen und persönlich mit der betroffenen Person Kontakt aufnehmen (Art. 405 Abs. 1 ZGB; Ausdruck der Achtung der Persönlichkeit und der stärkeren Gewichtung der persönlichen Betreuung).
- Umfasst die Beistandschaft die Vermögensverwaltung, so nimmt der Beistand in Zusammenarbeit mit der KESB unverzüglich ein Inventar der zu verwaltenden Vermögenswerte auf (Art. 405 Abs. 2 ZGB; das Inventar bildet die Grundlage für die Rechnungsführung und Vermögensverwaltung). Dabei sind Dritte verpflichtet, sämtliche für die Aufnahme des Inventars erforderlichen Auskünfte zu erteilen (Art. 405 Abs. 3 ZGB). Diese Mitwirkungspflicht gilt namentlich auch für unter dem Berufsgeheimnis stehende Personen (z.B. Banken; Art. 405 Abs. 3 ZGB i.V.m. Art. 47 BankG) und ist grundsätzlich unentgeltlich zu leisten. Wer die Auskunft verweigert oder eine Falschauskunft erteilt, wird allenfalls schadenersatzpflichtig.9
- Der Beistand hat die ihm durch die KESB übertragenen Aufgaben im Interesse der betroffenen Person10 zu erfüllen und nimmt, soweit tunlich, auf deren Meinung Rücksicht und achtet deren Willen, das Leben entsprechend ihren Fähigkeiten nach eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten (Art. 406 Abs. 1 ZGB).11 Zudem soll der Beistand danach streben, ein Vertrauensverhältnis mit der betroffenen Person aufzubauen und den Schwächezustand12 zu lindern oder zumindest eine Verschlechterung zu verhüten (Art. 406 Abs. 2 ZGB).
- Ist eine betroffene Person urteilsfähig, so kann sie, auch wenn ihr die Handlungsfähigkeit entzogen worden ist, im Rahmen des Personenrechts durch eigenes Handeln Rechte und Pflichten begründen und höchstpersönliche Rechte13 ausüben (Art. 407 ZGB; vgl. dazu vorstehend Punkt 2.3.2).
- Der Beistand muss der KESB so oft wie nötig, mindestens aber alle zwei Jahre, einen Bericht14 über die Lage der betroffenen Person und die Ausübung der Beistandschaft erstatten (Art. 411 Abs. 1 ZGB). Bei der Erstellung des Berichts gilt es, die betroffene Person, soweit tunlich, beizuziehen und ihr auf Verlangen eine Kopie zu geben (Art. 411 Abs. 2 ZGB). Zudem kommt dem Beistand eine Aktenführungspflicht zu, um seine Arbeit sorgfältig und professionell ausüben zu können.
- Bei der Erfüllung der Aufgaben hat der Beistand die gleiche Sorgfaltspflicht wie eine beauftragte Person nach den Bestimmungen des Obligationenrechts (Art. 413 Abs. 1 ZGB i.V.m. Art. 398 OR15; vgl. auch Art. 408Abs. 1 ZGB). Wird die Sorgfaltspflicht verletzt, so bestimmt Art. 454 f. ZGB die Haftung für entstandenen Schaden. Dabei haftet ausschliesslich der Kanton (Art. 454 Abs. 3 ZGB). Für den Rückgriff des Kantons auf den Beistand, der den Schaden verursacht hat, ist das kantonale (öffentliche) Recht massgebend (Art. 454 Abs. 4 ZGB). Der Beistand untersteht einer Verschwiegenheitspflicht , soweit nicht überwiegende Interessen dieser entgegenstehen (Art. 413 Abs. 2 ZGB). Schliesslich sind Dritte über die Beistandschaft zu orientieren, soweit dies zur gehörigen Erfüllung der Aufgabe des Beistands erforderlich ist (Art. 413 Abs. 3 ZGB).
- Treten Umstände ein, die eine Änderung der erwachsenenschutzrechtlichen Massnahme erfordern oder eine Aufhebung der Beistandschaft ermöglichen, so muss der Beistand die KESB unverzüglich darüber informieren (Art. 414 ZGB).
Ordnet die KESB eine Vertretungsbeistandschaft für die Vermögensverwaltung an, so bestimmt sie die Vermögenswerte, die vom Beistand verwaltet werden sollen. Sie kann Teile des Einkommens oder das gesamte Einkommen, Teile des Vermögens oder das gesamte Vermögen unter die Verwaltung stellen (Art. 395 Abs. 1 ZGB). Die KESB muss dem Beistand folglich präzise (schriftlich) mitteilen, welche Vermögenswerte er zu verwalten verpflichtet ist.
Die Verwaltungsbefugnisse des Beistands umfassen dabei in der Regel auch die Ersparnisse aus dem verwalteten Einkommen oder die Erträge des verwalteten Vermögens, sofern die KESB nichts anderes bestimmt (Art. 395 Abs. 2 ZGB). Ohne die Handlungsfähigkeit der betroffenen Person einzuschränken, kann die KESB der betroffenen Person den Zugriff auf einzelne Vermögenswerte entziehen (Art. 395 Abs. 2 ZGB). Verbietet die KESB der betroffenen Person, über ein Grundstück16 zu verfügen, so lässt sie dies im Grundbuch anmerken (Art. 395 Abs. 4 ZGB; vgl. auch Art. 962a Ziff. 1 ZGB).
Folgende Pflichten und Rechte kommen dem Beistand im Rahmen der Vermögensverwaltung zu:
- Der Beistand hat die Vermögenswerte sorgfältig zu verwalten und alle Rechtsgeschäfte17 vorzunehmen (Art. 32 ff. OR), die mit der Verwaltung zusammenhängen (Art. 408 Abs. 1 ZGB und Art. 413 ZGB). Der Beistand kann insbesondere (Art. 408 Abs. 2 ZGB):
– mit befreiender Wirkung (Art. 114 OR) die von Dritten geschuldete Leistung für die betroffene Person entgegennehmen (vgl. auch Art. 452 Abs. 2 ZGB);
– soweit angezeigt Schulden bezahlen;
– die betroffene Person nötigenfalls für die laufenden Bedürfnisse (gewöhnlicher alltäglicher Unterhaltsbedarf) vertreten (Art. 32 ff. OR). - Der Beistand stellt der betroffenen Person aus deren Vermögen angemessene Beträge zur freien Verfügung (Art. 409 ZGB; vgl. dazu ausführlicher Punkt 2.3.2).
- Der Beistand muss Rechnung führen und legt diese der KESB in den von ihr angeordneten Zeitabständen, mindestens aber alle zwei Jahre, zur Genehmigung vor (Art. 410 Abs. 1 ZGB; vgl. auch Art. 415 ZGB). Der Beistand hat die Rechnung der betroffenen Person zu erläutern und gibt ihr auf Verlangen eine Kopie (Art. 410 Abs. 2 ZGB).
Zusätzlich zu den Bestimmungen des Zivilgesetzbuchs zur Vermögensverwaltung gibt es weitere gesetzliche Grundlagen bzw. Empfehlungen, welche in diesem Kontext von Bedeutung sind:
- Der Gesetzgeber hat dem Bundesrat die Pflicht auferlegt, Bestimmungen über die Anlage und die Aufbewahrung des Vermögens zu erlassen (Art. 408 Abs. 3 ZGB). Dem ist der Bundesrat mit dem Erlass der Verordnung über die Vermögensverwaltung im Rahmen einer Beistandschaft oder Vormundschaft (VBVV)18 nachgekommen.
- Die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) hat in Zusammenarbeit mit der Konferenz für Kindes- und Erwachsenenschutz (KOKES) im Juli 2013 Empfehlungen zur Vermögensverwaltung gemäss Kindes- und Erwachsenenschutzrecht erlassen.19
Die VBVV regelt die Anlage und Aufbewahrung von Vermögenswerten (inklusive Einkommen), die im Rahmen einer Beistandschaft verwaltet werden (Art. 1 VBVV). Adressat der Verordnung ist der Beistand , der für die Vermögenssorge zuständig ist.
Die Empfehlungen richten sich demgegenüber an die Banken bzw. deren Mitarbeitende sowie an die Behörden und Beistände (Mandatsträger). Sie bezwecken insbesondere die praktische Umsetzung der VBVV.
Da Adressat der VBVV der Beistand ist, der für die Vermögenssorge zuständig ist, stellt sich die Frage, bei welchen Beistandschaftsarten dies zutreffen kann:
- Umfassende Beistandschaft: Dem Beistand wird von Gesetzes wegen die (umfassende) Vermögensverwaltung übertragen (Art. 398 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 ZGB).
- Vertretungsbeistandschaft mit Vermögensverwaltung: Dem Beistand wird ebenfalls die (umfassende oder teilweise) Vermögenssorge übertragen (Art. 394 i.V.m. Art. 395 ZGB).
- Mitwirkungsbeistandschaft: Die KESB muss festlegen, welche (u.a. gegebenenfalls auch vermögensrechtliche) Rechtsgeschäfte der Zustimmung des Beistands bedürfen (Art. 396 ZGB). Die Zustimmung sollte von den Grundsätzen der VBVV (zumindest) geleitet werden.
- Begleitbeistandschaft: Wortlaut und Zweck der VBVV rechtfertigen unter Umständen deren analoge «Anwendung» auf die Begleitbeistandschaft (Art. 393 ZGB). Sofern der Beistand mit Rat und Tat eine Person hinsichtlich Vermögensangelegenheiten unterstützt, sollte sie sich an den Grundsätzen der VBVV orientieren (Zwecksicherheit, Diversifikation, Liquiditätsplanung, Risikofähigkeit usw.).
Zum Anwendungsbereich der VBVV ist das Folgende festzuhalten:
- Die VBVV gilt sowohl für Berufsbeistände als auch für private Mandatsträger.
- Banken, Vermögensverwalter, Treuhänder (ausser in ihrer Funktion als Beistand) oder andere Drittpersonen sind nicht direkt an die VBVV gebunden.
- Vorsorgebeauftragte (mittels Vorsorgeauftrag: Art. 360 ff. ZGB) und Handlungen im Rahmen des gesetzlichen Vertretungsrechts (Art. 374 ff. ZGB) sind nicht durch die VBVV erfasst. Deren Anwendung kann jedoch im Vorsorgeauftrag (VA) ausdrücklich vorgesehen werden. Im Übrigen ist es zumindest denkbar, dass die Grundsätze der VBVV wohl hilfsweise als Sorgfaltsmassstab für die Mandatsführung des Vorsorgebeauftragten herangezogen werden.
Die wichtigsten Grundsätze und Ziele der VBVV, die der Beistand kennen und beachten muss, sind:
- Zwecksicherheit (individuell und Risikofähigkeit beachten)
- Realwerterhaltung (Vermögensvermehrung im Sinne einer Realwerterhaltung bzw. Inflationskompensierung; Art. 2 Abs. 1 VBVV).
- Sicherheit vor Rendite (nur soweit möglich ertragbringend anlegen; primäres Ziel stets Vermögenserhaltung; Art. 2 Abs. 1 VBVV).
- Diversifikationsgebot (Aufteilung des Vermögens auf Anlagen mit möglichst unterschiedlichen Eigenschaften; Streuung der Bestandteile des Portefeuilles hinsichtlich Art der gehaltenen Positionen [z.B. Sach- und Geldwerte, Aktien und festverzinsliche Wertpapiere] und der Unterschiedlichkeit von Schuldnern; Rendite- Risiko-Verhältnis ausgleichen und optimieren; Art. 2 Abs. 2 VBVV).
- Liquiditätsplanung (aufgrund des Liquiditätsbedarfs der betroffenen Person müssen Anlagen so gewählt werden, dass jederzeit genügend liquide Mittel für die Bestreitung des gewöhnlichen Unterhalts und für zu erwartende ausserordentliche Aufwendungen zur Verfügung stehen; Aufteilung in kurz-, mittel- und langfristige Anlagen; Budget / Finanzierungsplan; Art. 5 Abs. 3 und Art. 6 VBVV).
- Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse (soweit möglich – also unter Berücksichtigung des Schwächezustands – auf Willen/Wünsche der betroffenen Person Rücksicht nehmen [Förderung Selbstbestimmungsrecht]; Art. 5 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 2 und 3 VBVV).
- Professionalität (Ausfluss der Sorgfaltspflicht: Anlage des Vermögens muss professionell erfolgen [Art. 408 ZGB i.V.m. Art. 413 ZGB und Art. 398 OR]; keine grundsätzliche Pflicht zum Beizug eines [bankexternen] Vermögensverwalters oder anderer Fachpersonen; häufig wird das für die Anlage notwendige Wissen bzw. die Erfahrung jedoch fehlen, weshalb Hilfe einer Fachperson nötig ist [i.d.R. Vermögensberatungsvertrag / -verwaltungsvertrag zwischen betroffener Person, vertreten durch Beistand und Bank; vgl. Art. 9 VBVV für das Private Banking; Genehmigungspflicht durch die KESB]; Beistand zuständig für Auswahl / Instruktion / Aufsicht über Fachperson; Kosten der notwendigen Beratung durch Fachpersonen sind der betroffenen Person zu belasten).
Weitere Auflagen , welche die Verordnung dem Beistand auferlegt, sind:
- Er muss das Bargeld unverzüglich auf ein Konto bei einer Bank bzw. der Postfinance überweisen, soweit es nicht für kurzfristigen Bedarf der betroffenen Person benötigt wird (Art. 3 VBVV).
- Er hat Wertschriften / Wertgegenstände / wichtige Dokumente und dergleichen einer Bank bzw. der Postfinance zur Aufbewahrung zu übergeben. Die KESB beaufsichtigt die Aufbewahrung (Art. 4 VBVV; Schutz des Vermögens vor unberechtigten, missbräuchlichen Zugriffen).
- Zudem muss er betreffend Anlagen für die Sicherstellung des gewöhnlichen Lebensunterhalts Art. 6 VBVV beachten. So sind lediglich gewisse Anlagen zulässig, z.B. Obligationen bei Kantonalbanken mit unbeschränkter Staatsgarantie, festverzinsliche Obligationen bei der Eidgenossenschaft, Einlagen in Einrichtungen der beruflichen Vorsorge.
- Betreffend Anlagen für weitergehende Bedürfnisse gelten weniger restriktive Anlagevorschriften (Art. 7 VBVV).
- Schliesslich hat der Beistand eine umfassende Auskunfts-, Dokumentations- und Rechenschaftspflicht gegenüber der KESB (Art. 10 bzw. 11 VBVV).
Der Beistand ist befugt, von der Bank, der Postfinance oder der Versicherungseinrichtung ab dem Zeitpunkt der Übernahme des Amts jederzeit Auskunft über die Konti, Depots und Versicherungen der betroffenen Person und Einsicht in die dazugehörigen Akten zu verlangen. Soweit es für die Ausübung oder die Beendigung des Amts erforderlich ist, kann er diese Auskunft und Einsicht auch für die Zeit vor der Übernahme des Amts oder nach dem Tod der betroffenen Person verlangen (Art. 10 Abs. 2 VBVV). Im Einzelnen gilt es, zum Auskunftsrecht Folgendes festzuhalten:20
- Im Rahmen der umfassenden Beistandschaft (Art. 398 ZGB), Vertretungsbeistandschaft für die Vermögensverwaltung (Art. 395 i.V.m. Art. 394 ZGB) sowie der Vormundschaft (Art. 327a ff. ZGB) ist der Beistand gesetzlicher Vertreter der betroffenen Person in vermögensrechtlichen Belangen. Es versteht sich denn auch von selbst, dass der gesetzliche Vertreter grundsätzlich die gleichen Auskunftsrechte wie die (urteilsfähige) betroffene Person selber besitzt.21 Mit anderen Worten hat der Beistand grundsätzlich ein jederzeitiges Auskunftsrecht sowohl gegenüber der Bank, der Postfinance oder der Versicherung als auch gegenüber jedem anderen Vertragspartner der betroffenen Person. Folglich kann dem Beistand namentlich nicht gestützt auf das Bankkundengeheimnis (Art. 47 BankG) die Auskunft verweigert werden.
- Bei der Mitwirkungsbeistandschaft (Art. 396 ZGB) ist der Beistand nicht gesetzlicher Vertreter der betroffenen Person. Ist der Beistand durch die KESB ermächtigt, zu bestimmten vermögensrechtlichen Handlungen der betroffenen Person seine Zustimmung abzugeben bzw. zu verweigern, so kommt Art. 10 Abs. 2 VBVV eigenständige Bedeutung zu. Das Auskunftsrecht beschränkt sich dabei allerdings auf die zur Ausführung des Mandats notwendigen Auskünfte bzw. auf die Konti oder Vermögenswerte, die dem Zustimmungserfordernis des Mitwirkungsbeistands unterstehen.
- Im Zusammenhang mit einer Begleitbeistandschaft (Art. 393 ZGB) oder Vertretungsbeistandschaft ohne Vermögensverwaltung (Art. 394 ZGB) verfügt in der Regel lediglich die betroffene Person über das Auskunfts- und Verfügungsrecht in vermögensrechtlicher Hinsicht. Gestützt auf Art. 392 Ziff. 3 ZGB oder im Rahmen der Vertretungsbeistandschaft kann die KESB eine davon abweichende Anordnung bezüglich des Auskunftsrechts des Beistands treffen.22
- Die urteilsfähige betroffene Person hat im Rahmen der Vertretungsbeistandschaft für die Vermögensverwaltung und der Mitwirkungsbeistandschaft grundsätzlich ebenfalls ein (eigenständiges) Auskunftsrecht gegenüber der Bank, Postfinance bzw. der Versicherung. Ist die betroffene Person hingegen urteilsunfähig23 oder entfällt aufgrund einer umfassenden Beistandschaft von Gesetzes wegen die Handlungsfähigkeit (Art. 398 ZGB) bzw. Vormundschaft (Art. 327a ZGB), besitzt die betroffene Person kein Auskunftsrecht.
- Wurde der betroffenen urteilsfähigen Person der Zugriff auf einzelne Vermögenswerte entzogen, ohne ihre Handlungsfähigkeit einzuschränken (vgl. Punkt 2.3.2), so verfügt sie grundsätzlich weiterhin über ein Auskunftsrecht über diese Vermögenswerte.
Art. 10 Abs. 3 VBVV statuiert ein jederzeitiges direktes Auskunftsrecht der KESB gegenüber Banken, der Postfinance sowie Versicherungseinrichtungen. Dieses Recht wird mit der Aufsichtsfunktion der KESB begründet. In diesem Zusammenhang sieht Absatz 4 derselben Norm vor, dass die Banken, die Postfinance und die Versicherungseinrichtungen der KESB unaufgefordert jährlich die Konto-, Depot- und Versicherungsauszüge der betroffenen Personen zustellen.
Dieses umfassende Auskunftsrecht gilt es aus diversen Gründen nachstehend zu hinterfragen: Einerseits ist die KESB grundsätzlich nicht gesetzliche Vertreterin der betroffenen Person, weshalb ihr nicht die gleichen Auskunftsrechte wie dem Vermögensbeistand zustehen können. Andererseits hat die KESB gegenüber dem Beistand und gerade nicht gegenüber den Banken, der Postfinance oder den Versicherungseinrichtungen ihre Aufsicht auszuüben. Zudem ist das umfassende Auskunftsrecht hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem Bankkundengeheimnis (Art. 47 BankG) problematisch. Selbstverständlich kann ein Gesetz ein Auskunftsrecht gegenüber der Bank vorsehen (vgl. Art. 47 Abs. 5 BankG), und dieses Auskunftsrecht ist denn auch in Art. 448 ZGB vorgesehen. Dabei geht es jedoch um ein laufendes Erwachsenenschutzverfahren: Die am Verfahren beteiligten Personen und Dritte sind zur Mitwirkung bei der Abklärung des Sachverhalts verpflichtet (sogenannte Mitwirkungspflicht). Des Weiteren sieht Art. 453 Abs. 1 ZGB – der das Verhältnis zu Dritten und die Zusammenarbeitspflicht regelt – vor, dass, sofern die ernsthafte Gefahr besteht, dass eine hilfsbedürftige Person sich selbst (schwer) gefährdet oder ein Verbrechen oder Vergehen begeht, mit dem sie jemanden körperlich, seelisch oder materiell schwer schädigt, die KESB, die betroffenen Stellen (inklusive Banken, Postfinance sowie Versicherungseinrichtungen) und die Polizei zusammenarbeiten. Personen, die dem Amts- oder Berufsgeheimnis (inklusive Bankgeheimnis) unterstehen, sind in einem solchen Fall berechtigt, der KESB Mitteilung zu machen (Art. 453 Abs. 2 ZGB; vgl. unten Punkt 4.3).
Es stellt sich vorliegend aber die gewichtige Frage, ob die bundesrätliche Verordnung für ein umfassendes und jederzeitiges Auskunftsrecht eine hinreichende gesetzliche Grundlage darstellt. Die Verordnung stützt sich auf Art. 408 Abs. 3 ZGB. Diese Bestimmung wurde im ZGB unter dem Titel «Die Führung der Beistandschaft» statuiert. Die Marginalie der Norm lautet: «Vermögensverwaltung. I. Aufgaben.» Und der Wortlaut von Absatz 3 lautet: «Der Bundesrat erlässt Bestimmungen über die Anlage und die Aufbewahrung des Vermögens.» Dabei ist auf Anhieb offenkundig, dass geregelt werden soll, wie der Vermögensbeistand – und gerade nicht etwa die Banken, die Postfinance oder die Versicherungseinrichtungen – seine Aufgaben wahrzunehmen hat. Da sich die Verordnung auf Art. 408 Abs. 3 ZGB abstützt, handelt es sich um eine sogenannte unselbständige Verordnung. Eine solche Gesetzesdelegation ist nur zulässig, wenn kein Ausschluss durch die Verfassung besteht, wenn die Delegationsnorm im Gesetz selbst vorgesehen ist, wenn die Delegation auf ein bestimmtes, genau umschriebenes Sachgebiet beschränkt ist und die Grundzüge der delegierten Materie im Gesetz selbst enthalten sind. Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Das durch den Bundesrat statuierte jederzeitige und direkte Auskunftsrecht geht jedoch über den Gesetzeswortlaut hinaus (und auch über Art. 448 ZGB sowie Art. 453 ZGB). Mithin verstossen Art. 10 Abs. 3 und 4 VBVV gegen das Legalitäts- bzw. Gesetzmässigkeitsprinzip (Art. 5 Abs. 1 BV) und sind als unverhältnismässig zu taxieren (Art. 5 Abs. 2 BV). Selbst in den Materialien lassen sich keine Hinweise finden, weshalb sich ein solches umfassendes Auskunftsrecht der KESB begründen liesse.
Im Ergebnis ist zu konstatieren, dass das Auskunftsrecht unzulässig ist.24
Übt der Vertretungsbeistand seine Tätigkeit nicht pflichtgemäss aus oder bleibt er gar untätig, so stellt sich für die involvierten Banken die Frage, ob sie Meldung an die KESB machen dürfen oder sogar machen müssen.
Dieser Frage soll nachstehend nachgegangen werden, und insbesondere soll aufgezeigt werden, in welchen Fällen eine Meldung gemacht werden darf (= Melderecht) und in welchen Konstellationen sogar eine Meldung gemacht werden muss (= Meldepflicht).
Besteht ein Melderecht, so hat die Person, welche die Meldung gemacht hat, jedoch keinen Anspruch darauf zu erfahren, ob und welche Schritte die KESB allenfalls eingeleitet hat.
Darüber hinaus stellt sich die Frage, unter welchen Umständen den Beteiligten gar ein eigentliches Antragsrecht zukommt.
Jede Person kann der KESB Meldung erstatten, wenn eine Person hilfsbedürftig erscheint. Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über das Berufsgeheimnis (Art. 443 Abs. 1 ZGB). Wenn jemand also in Bezug auf persönliche oder finanzielle Angelegenheiten derart gefährdet erscheint, dass Hilfe bzw. Schutz notwendig erscheint und nicht bereits durch Dritte erbracht wird, kann grundsätzlich jedermann eine Gefährdungsmeldung machen. Dabei handelt es sich um ein Melderecht und nicht etwa um eine Meldepflicht .
Mit der gesetzlichen Erlaubnis, die KESB kontaktieren zu können, stellt die Norm klar, dass die meldende Person mit ihren Äusserungen über die hilfsbedürftige Person nicht gegen den Datenschutz (noch das Amtsgeheimnis i.S.v. Art. 14 StGB; vgl. Art. 320 StGB) verstösst, sofern das Interesse an der Ausübung des Melderechts überwiegt. Die KESB ist nämlich auf entsprechende Hinweise angewiesen, damit das materielle Erwachsenenschutzrecht auch tatsächlich verwirklicht werden kann.25
Allerdings behält die Norm das Berufsgeheimnis vor, weshalb sich die Frage stellt, ob der Vorbehalt auch das Bankkundengeheimnis mitumfasst. Der gesetzliche Wortlaut würde ohne Weiteres dafür sprechen, da es grundsätzlich unbestritten ist, dass das Bankkundengeheimnis als Berufsgeheimnis zu qualifizieren ist. Allerdings verweist die bundesrätliche Botschaft lediglich auf Art. 321 StGB und nicht auf Art. 47 BankG.26 Ob dies bewusst so festgehalten wurde oder aber ein redaktionelles Versehen ist, muss hier nicht abschliessend geklärt werden. Stellt man nämlich auf Sinn und Zweck des Berufsgeheimnisses nach Art. 47 BankG ab,27 so ist meiner Meinung nach zu postulieren, dass der Vorbehalt in Art. 443 Abs. 1 ZGB auch das Bankkundengeheimnis mitumfasst.28 Dafür spricht auch, dass der Schutz des Bankkundengeheimnisses als Schutz der Persönlichkeit in finanziellen Angelegenheiten und damit als Teil eines gesamtheitlichen Persönlichkeitsschutzes zu betrachten ist. Hinzu kommt, dass das Bankkundengeheimnis einen vergleichsweise strengen strafrechtlichen Schutz bietet. So ist das Delikt im Gegensatz zu Art. 321 StGB nicht als Antrags-, sondern vielmehr als Offizialdelikt ausgestaltet, und sogar die fahrlässige Begehung ist unter Strafe gestellt. Da die Anstiftung zur Tat als selbständiges Vergehen ausgestaltet wurde, sind auch der Anstiftungsversuch und die mittelbare Täterschaft durch Täuschung eines Geheimnisträgers strafbar.29 Vor diesem Hintergrund ist im Ergebnis zu konstatieren, dass es nicht sachgerecht wäre, das Bankkundengeheimnis vom Vorbehalt in Art. 443 Abs. 1 ZGB auszunehmen.
Dies hat zur Konsequenz, dass eine Meldung grundsätzlich die Einwilligung der betroffenen (urteilsfähigen) Person oder einen anderen Rechtfertigungsgrund voraussetzt (vgl. Art. 321 Abs. 2 StGB),30 ausser aber es liegt eine qualifizierte Selbst- oder Drittgefährdung vor (vgl. nachstehend Punkt 4.3).
Meldepflichtig sind nach Art. 443 Abs. 2 ZGB Personen, die in amtlicher Tätigkeit von einer hilfsbedürftigen Person erfahren. Darunter fallen auch sämtliche Personen, die öffentlich-rechtliche Befugnisse ausüben, auch wenn sie zum Gemeinwesen nicht in einem Beamten- oder Angestelltenverhältnis stehen.31 Demnach können auch etwa Privatbeistände wie Treuhänder meldepflichtig sein, sofern sie nicht als Privatperson, sondern in ihrer Funktion als Träger öffentlicher Aufgaben Kenntnis von der Hilfsbedürftigkeit erhalten.
Im Übrigen bestehen neben der allgemeinen Meldepflicht von Art. 443 Abs. 2 ZGB weitere (besondere) Meldepflichten32 (vgl. etwa Art. 69 Abs. 2 ZPO, Art. 75 Abs. 2 StPO, Art. 397a OR).
Besteht die ernsthafte Gefahr, dass eine hilfsbedürftige Person sich selbst (schwer)33 gefährdet (inklusive materielle Gefährdung) oder ein Verbrechen oder Vergehen begeht, mit dem sie jemanden körperlich, seelisch oder materiell schwer schädigt, so arbeiten die KESB, die betroffenen Stellen – also gegebenenfalls auch die Banken, die Postfinance sowie die Versicherungseinrichtungen – und die Polizei zusammen (Art.453 Abs. 1 ZGB). Mit anderen Worten besteht bei einer schweren Selbst- und Drittgefährdung eine umfassende Pflicht zur Zusammenarbeit und zum Informationsaustausch, um im Interesse des Betroffenen widersprüchliche Massnahmen zu verhindern und allenfalls drohende Gefahren abwenden zu können.
Personen, die dem Amts- oder Berufsgeheimnis (inklusive Banken) unterstehen, sind in einem solchen Fall berechtigt (Rechtfertigungsgrund), der KESB Mitteilung zu machen (Art. 453 Abs. 2 ZGB).
Im Ergebnis kann demgemäss festgehalten werden, dass im Fall ernsthafter schwerer Selbst- und Drittgefährdung ein Melderecht besteht. So kann auch eine Bank bei einer ernsthaften und schweren materiellen Selbstschädigungsgefahr einer hilfsbedürftigen Person eine Gefährdungsmeldung bei der KESB machen. Nichtsdestotrotz ist vorgängig zwingend stets eine Güterabwägung vorzunehmen (und aus Beweiszwecken das Ergebnis möglichst schriftlich zu dokumentieren).
Gegen Handlungen oder Unterlassungen des Beistands sowie einer Drittperson oder Stelle, der die KESB einen Auftrag erteilt hat (Art. 392 Ziff. 2 ZGB), kann die betroffene oder eine ihr nahestehende Person und jede Person, die ein rechtlich geschütztes Interesse hat, die KESB anrufen (Art. 419 ZGB). Zweck dieser Bestimmung ist die Wahrung bzw. Wiederherstellung der ordnungsgemässen Massnahmeführung, und somit dient sie letztlich auch dem Schutz des Betroffenen. Im Vordergrund stehen dabei die (auch vermögensrechtlichen) Interessen der betroffenen Person.34
Mithin kann auch eine Bank, die Postfinance oder eine Versicherung ein rechtlich geschütztes Interesse haben und die KESB gestützt auf Art. 419 ZGB anrufen, falls der Beistand seine Mandatsführung nicht ordnungsgemäss ausübt. Bei der Anrufung der KESB handelt es sich nicht um ein Rechtsmittelverfahren im technischen Sinne. Die KESB überprüft die angefochtene Handlung oder Unterlassung in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht und in Bezug auf die Angemessenheit umfassend. Der Entscheid der KESB kann mit Beschwerde beim zuständigen Gericht angefochten werden (Art. 450 ff. ZGB).35
Wer als Ehegatte oder eingetragener Partner36 mit einer Person, die urteilsunfähig37 wird, einen gemeinsamen Haushalt führt oder ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet, hat von Gesetzes wegen ein Vertretungsrecht, wenn weder ein Vorsorgeauftrag38 noch eine entsprechende Beistandschaft39 besteht (Art. 374 Abs. 1 ZGB).
Dabei umfasst das Vertretungsrecht (Art. 374 Abs. 2 ZGB):
- alle Rechtshandlungen, die zur Deckung des Unterhaltsbedarfs üblicherweise erforderlich sind;
- die ordentliche Verwaltung des Einkommens und der übrigen Vermögenswerte;
- nötigenfalls die Befugnis, die Post zu öffnen und zu erledigen.
Im Rahmen der ausserordentlichen Vermögensverwaltung – etwa die Liquidation eines Unternehmens, die Veräusserung von Liegenschaften und Wertgegenständen, den Verkauf von Wertpapieren oder Börsengeschäfte – muss der Ehegatte bzw. eingetragene Partner allerdings die Zustimmung der KESB einholen. Die Zustimmung der KESB kann allerdings bei Bedarf mithilfe eines Vorsorgeauftrags (Art. 360 ff. ZGB) «umgangen» werden, indem der Ehegatte als Vorsorgebeauftragter mit umfassenden Kompetenzen in der Vermögensverwaltung eingesetzt wird.
Bestehen jedoch Zweifel, ob überhaupt die Voraussetzungen für eine Vertretung erfüllt sind, so entscheidet die KESB über das Vertretungsrecht und händigt gegebenenfalls dem Ehegatten bzw. eingetragenen Partner eine Urkunde aus, welche die Befugnisse wiedergibt (Art. 376 Abs. 1 ZGB). Sind die Interessen der urteilsunfähigen Person gefährdet oder nicht mehr gewahrt, so entzieht die KESB dem Ehegatten bzw. dem eingetragenen Partner auf Antrag einer nahestehenden Person oder von Amts wegen die Vertretungsbefugnisse teilweise oder ganz oder errichtet eine Beistandschaft (Art. 376 Abs. 2 ZGB).
Eine Bank, die Postfinance oder eine Versicherung sollten im Zweifelsfall darauf bestehen, dass ihnen eine entsprechende Urkunde vorgehalten wird (vgl. Abs. 1 von Art. 376 ZGB), da es dem Ehegatten bzw. eingetragenen Partner obliegt, gegenüber einem Dritten die Vertretungsberechtigung zu beweisen (Art. 8 ZGB).
Antragsberechtigt im Sinne von Art. 376 Abs. 2 ZGB sind die Banken, die Postfinance und die Versicherungen hingegen grundsätzlich nicht, da sie in der Regel mehrheitlich nicht zu den nahestehenden Personen gezählt werden können. So hat das Bundesgericht denn auch ausgeführt, dass eine Nähebeziehung bei einer blossen Konto- und Depotführung ohne besonders engen Kontakt nicht angenommen werden dürfe (BGE 137 III 67 [75 f.], E. 3.6). Allerdings sei es nicht undenkbar, dass eine Bank bzw. der zuständige Bankangestellte je nach Konstellation eine nahestehende Person sei (BGE 137 III 67 [75], E. 3.6). In besonderen Konstellationen mit besonders enger und regelmässiger Beziehung ist es somit durchaus denkbar, dass auch die Bank, die Postfinance oder eine Versicherung bzw. der zuständige Angestellte antragsberechtigt ist. Ansonsten besteht unter Umständen ein Melderecht gestützt auf Art. 443 ZGB40 (vgl. vorstehend Punkt 4.2) bzw. Art. 453 Abs. 2 ZGB (vgl. vorstehend Punkt 4.3).
Sinngemäss gelten die vorstehenden Ausführungen betreffend nahestende Person auch für den Fall, dass die Interessen der auftraggebenden Person im Rahmen eines Vorsorgeauftrags (Art. 360 ff. ZGB) gefährdet oder nicht mehr gewahrt sind, da auch in diesen Konstellationen die KESB von Amts wegen oder auf Antrag einer nahestehenden Person die erforderlichen Massnahmen trifft (Art. 368 ZGB). Des Weiteren treffen die Ausführungen namentlich analog auch auf Art. 390 Abs. 3 ZGB zu, wonach eine Beistandschaft auf Antrag der betroffenen oder einer nahestehenden Person oder von Amts wegen errichtet wird. Dasselbe gilt für die Aufhebung einer Beistandschaft (vgl. Art. 399 Abs. 2 ZGB).
Antragsberechtigte gelten im Gegensatz zu den Meldungsberechtigten (Art. 443 Abs. 1 ZGB) als Verfahrensbeteiligte und sind zur Ausübung von Parteirechten befugt. So haben sie denn auch Anspruch darauf, von der KESB zu erfahren, ob und welche Schritte allenfalls eingeleitet werden. Zudem steht ihnen auch ein Rechtsmittel zu (vgl. Art. 450 ZGB).
Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen ist es somit denkbar, dass bei Vorliegen einer besonderen Nähebeziehung zwischen einer hilfsbedürftigen Person und einer Bank, der Postfinance oder einer Versicherung bzw. deren zuständigen Angestellten sogar ein Antragsrecht besteht:
- auf Errichtung einer Beistandschaft,
- auf Aufhebung einer Beistandschaft sowie
- auf Einschreiten der KESB bei nicht ordnungsgemässer Ausführung des Vertretungsrechts durch den Ehegatten oder den Vorsorgebeauftragten.
Wird der Auftraggeber voraussichtlich dauernd urteilsunfähig,41 so muss der Beauftragte gemäss Art. 397a OR die KESB am Wohnsitz des Auftraggebers benachrichtigen, wenn eine solche Meldung zur Interessenwahrung angezeigt erscheint.42
In einem solchen Fall muss der Beauftragte – sei es etwa ein Treuhänder, eine Bank, die Postfinance oder eine Versicherung – stets eine sorgfältige Güterabwägung vornehmen, welche vorzugsweise schriftlich zu dokumentieren ist. Auch das Bankkundengeheimnis steht dieser Meldepflicht nicht entgegen (vgl. Art. 47 Abs. 5 BankG i.V.m. Art. 397a OR).
Regelmässig wird eine Meldung zu erstatten sein, da bei voraussichtlich dauernder Urteilsunfähigkeit nicht einmal mehr in den Grundzügen die Überwachung bzw. Kontrolle der Auftragserfüllung sichergestellt ist. Andernfalls werden unter Umständen Schadenersatzzahlungen riskiert, da bei Vorliegen eines ersatzfähigen Schadens und bei nachgewiesener Verletzung der Meldepflicht ein Schadenersatzanspruch regelmässig vorliegen dürfte.43
- FamKomm Erwachsenenschutz / Meier, Art. 394 ZGB N 9 ff.
- Botschaft Erwachsenenschutzrecht, 7045 f. (BBl 2006, 7001, 7045 f.).
- FamKomm Erwachsenenschutz / Meier, Art. 394 ZGB N 17 f.
- Vgl. dazu ausführlich und mit weiteren Hinweisen FamKomm Erwachsenenschutz / Meier, Art. 394 ZGB N 20 f.
- FamKomm Erwachsenenschutz / Häfeli, Art. 409 ZGB N 2 ff.
- Vgl. ausführlicher dazu FamKomm Erwachsenenschutz / Meier, Art. 394 ZGB N 22.
- Peter Dörflinger, Zusammenarbeit zwischen KESB und den Banken Art. 9 der Verordnung über die Vermögensverwaltung (VBVV), ZKE 5/2013, S. 353 ff., 360 f.
- ESR Komm-Stupp / Bachmann, Art. 6 VBVV N 24.
- FamKomm Erwachsenenschutz / Häfeli, Art. 405 ZGB N 16.
- Die Interessen der betroffenen Personen gehen den Interessen des Gemeinwesens und privater Dritter vor. Nichtsdestotrotz sind Belastungen oder Gefährdungen von Dritten durch das Verhalten von der betroffenen Person zu berücksichtigen und soweit möglich zu verhindern.
- Diese Vorschrift konkretisiert Art. 388 Abs. 2 ZGB und bezweckt die Stärkung des Selbstbestimmungsrechts.
- Vgl. dazu Art. 390 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB.
- In der Regel gerade keine pekuniären Angelegenheiten.
- Der Rechenschaftsbericht soll einerseits der KESB Kontrolle und Aufsicht über die Tätigkeit des Beistands ermöglichen. Andererseits dient er auch der Standortbestimmung und somit insbesondere der Überprüfung der Massnahme auf ihre Zwecktauglichkeit und Notwendigkeit.
- Die Haftung greift für absichtlich und fahrlässig zugefügten Schaden (Art. 413 Abs. 1 ZGB i.V.m. Art. 398 OR Abs. 1 i.V.m. Art. 321e OR).
- Vgl. zum Begriff Grundstück Art. 655 Abs. 2 ZGB.
- Vgl. jedoch oben Punkt 2.3.3.
- SR 211.223.11.
- http://www.swissbanking.org/home/standpunkte-link/regulierung-richtlinien.htm.
- Vgl. dazu ESR Komm-Stupp / Bachmann, Art. 10 N 3 ff.
- Thomas Geiser, Behördenzusammenarbeit im Erwachsenenschutzrecht, AJP 2012, S. 1688 ff., S. 1692.
- Empfehlungen SBVg / KOKES, Ziff. 16.
- Vgl. Art. 16 ZGB.
- Gleicher Meinung Georg Zondler / Patrick Näf, AJP 8/2013, S. 1232 ff., S. 1239; Kleiner / Schwob / Winzeler, Art. 47 BankG, N 14 und 76; ESR Komm-Stupp / Bachmann, Art. 10 N 16 ff.
- Vgl. Hausheer / Geiser / Aebi-Müller, Das Familienrecht des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs, 5. Aufl., Bern 2014, N 19.76; BSK ZGB I-Auer / Marti, Art. 443 N 8.
- Botschaft Erwachsenenschutzrecht, 7076 (BBl 2006, 7001, 7076).
- Dabei geht es um die Geheimhaltungspflichten der Banken und ihrer Mitarbeiter bezüglich der geschäftlichen Beziehungen zu ihren Kunden und deren vermögensrechtlichen und privaten Verhältnisse: Die Bank sowie ihre Mitarbeiter sind unter Straffolge dazu verpflichtet, dieses Berufsgeheimnis zu wahren. Selbstverständlich gilt diese Pflicht nicht uneingeschränkt (vgl. Art. 47 Abs. 5 BankG; unter Umständen Zeugnis- und Auskunftspflicht gegenüber Behörden; Meldepflichten).
- Gleicher Meinung wohl BSK ZGB I-Auer / Marti, Art. 443 N 10; ähnlich Zondler / Näf, AJP 8/2013, S. 1232 ff., S. 1235; anderer Meinung wohl Rosch, Melderechte, Melde- und Mitwirkungspflichten, Amtshilfe: die Zusammenarbeit mit der neuen Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde, FamPra 4/2012, S. 1020 ff., S. 1026 mit weiteren Hinweisen. Dafür spricht auch, dass Art. 321 StGB durch Art. 47 BankG ergänzt wird (vgl. Ricklin, OFK-StGB, Art. 321 N 2).
- Vgl. Kleiner / Schwob / Winzeler, Art. 47 BankG, N 1 f.
- Vgl. dazu etwa Ricklin, OFK-StGB, Art. 321 N 15 ff.
- Botschaft Erwachsenenschutzrecht, 7076 (BBl 2006, 7001, 7076); BSK ZGB I-Auer / Marti, Art. 443 N 20.
- Vgl. dazu Kathrin Affolter, Anzeige- und Meldepflicht (Art. 443 Abs. 2 ZGB), ZKE 1/2013, S. 47 ff., S. 48 ff. Allerdings ist derzeit eine Revision der Meldepflicht geplant, die insbesondere den Kindesschutz tangiert.
- Über den Gesetzeswortlaut hinaus muss auch die Selbstgefährdung schwer sein.
- Vgl. BSK ZGB I-Schmid, Art. 419 N 1 ff.
- BSK ZGB I-Schmid, Art. 419 N 14 ff.
- Vgl. dazu das Partnerschaftsgesetz. Nicht darunter fallen insbesondere Konkubinate.
- Vgl. Art. 16 ZGB.
- Vgl. Art. 360 ff. ZGB.
- Vgl. Art. 390 ff. ZGB.
- Um die Einwilligung rechtswirksam geben zu können, muss die betroffene Person diesbezüglich allerdings urteilsfähig sein.
- Vgl. Art. 16 ZGB.
- Vgl. ausführlicher dazu etwa BSK OR I-Weber, Art. 397a; Peter Breitschmid, Meldepflicht des Beauftragten gemäss Art. 397a OR – in welchen Fällen zwingend?, SJZ 109/2013, S. 251 ff.
- Vgl. dazu für die Banken auch Zonder / Näf, Die Banken und das Erwachsenenschutzrecht, AJP 8/2013, S. 1232 ff., S. 1237 f.