In der obligatorischen Unfallversicherung hat es per 1.01.2010 eine «gesetzlich verordnete» Prämienerhöhung gegeben, was sich in den Lohnabzügen widerspiegelt. Gleichzeitig hat die schwierige Wirtschaftslage in der Schweiz vermehrt zu Fällen in der Krankentaggeldversicherung sowie zu mehr Vorsorgeeinrichtungen mit einer Unterdeckung geführt. Dies hat zum Teil erhebliche Konsequenzen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber zur Folge.
Gemäss Gesetz müssen auf Invaliden-, Witwen- und Waisenrenten die gesetzlich vorgeschriebenen Teuerungszulagen entrichtet werden. Der Bundesrat setzt diese Zulagen aufgrund des Landesindexes der Konsumentenpreise fest, welche jeweils zum gleichen Zeitpunkt wie die Renten der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) angepasst werden (d.h. im Moment alle zwei Jahre – nächstes Mal per 1.01.2011).
Bis anhin wurden die Teuerungszulagen aus den Erträgen des Fonds, welcher von den meisten privaten Unfallversicherern eingerichtet wurde, finanziert. Leider ist nun, infolge der anhaltend tiefen Zinserträge und des wachsenden Rentenbestandes, der Deckungsgrad des Fonds unter 100% gefallen. Aus diesem Grund wurde per 1.01.2010 der Beitrag zur Finanzierung der Teuerungszulagen, genannt «Umlagebeitrag», von 3% auf 9% der Nettoprämie für Berufs- und Nichtberufsunfälle erhöht.
Die Prämien für Berufs- und Nichtberufsunfälle setzen sich wie folgt zusammen:
Nettoprämiensatz
+ Verwaltungskostenzuschlag
+ Unfallverhütungsbeitrag
+ Umlagebeitrag
= Endprämiensatz
Da per 1.01.2007 die Prämientarife liberalisiert wurden, das heisst, diese können durch die einzelnen Unfallversicherer selbst festgelegt werden, kann nicht pauschal eine Aussage über die Prämienerhöhungen per 1.01.2010 gemacht werden. Da jedoch der Umlagebeitrag für die Teuerungszulagen auf Basis der Nettoprämie erhoben wird, beträgt in der Regel die effektive Erhöhung im Durchschnitt nicht mehr als 4,5% der Gesamtprämie. In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass die Prämie für die Nichtberufsunfallversicherung in der Regel vom Arbeitnehmer finanziert wird, wobei selbstverständlich eine paritätische Finanzierung durchaus möglich ist.
Aus diesem Grund müssen zwingend in der Lohnbuchhaltung die bisher erfassten Prämiensätze für die Lohnabzüge der Arbeitnehmer vor dem ersten Lohnlauf im Januar 2010 überprüft werden! Zusätzlich sollte allenfalls ein Prämienvergleich von verschiedenen Anbietern per 1.01.2011 ins Auge gefasst werden, damit auf dieses Datum die aktuelle Prämienerhöhung allenfalls wieder kompensiert werden könnte.
Beim nachfolgenden Sachverhalt handelt es sich nicht um eine Neuerung per 1.01.2010! Vielmehr stellten wir fest, dass sich diese «unglückliche Konstellation» in der Zeit, in der die schweizerische Wirtschaft infolge reduzierter Umsätze stark unter Druck geraten ist, vermehrt an Aktualität gewonnen hat.
Viele Krankentaggeld-Versicherer, vor allem die Krankenkassen-Gesellschaften, haben folgenden Wortlaut in ihre Versicherungsbedingungen aufgenommen:
«Frist für Anmeldung der Krankheit – Die Ansprüche auf Taggeldleistungen sind spätestens innert 5 bis 7 Tagen nach Ablauf der Wartefrist geltend zu machen. Ist jedoch eine Wartefrist von mehr als 30 Tagen vorgesehen, hat die Anzeige spätestens nach Ablauf von 30 Tagen Arbeitsunfähigkeit zu erfolgen. Trifft die Meldung später ein, so gilt der Tag, an dem sie eintrifft, als erster Tag der Arbeitsunfähigkeit!»
Fazit: Sofern Sie eine Wartefrist von mehr als 30 Tagen mit dem Versicherer vereinbart haben, achten Sie darauf, dass die Meldung vor Ablauf der Wartefrist zu erfolgen hat!
«Schadenminderungspflicht – Sofern eine in ihrem erlernten Beruf arbeitsunfähige Person nicht innerhalb des Betriebes des bisherigen Arbeitgebers eingegliedert werden kann, ist sie gehalten, innert 3 Monaten Arbeit in einem anderen Erwerbszweig zu suchen und sich bei der Invaliden- und Arbeitslosenversicherung anzumelden.»
Fazit: Achten Sie darauf, dass Sie in Ihrem Arbeitsvertrag nicht schreiben, dass zum Beispiel Taggelder von 80% des AHV-Lohnes während 730 Tagen versichert sind! Stattdessen sollten Sie festlegen, dass Taggelder im Rahmen der gültigen Versicherungsbedingungen entrichtet werden, und vermeiden somit, dass Sie eine über die Versicherungsleistungen hinausgehende Deckung gewähren.
Das Thema «Gefälligkeitszeugnisse» und/oder «rückdatierte Arztzeugnisse» hat im letzten Jahr leider auch vermehrt Anlass zu Rückfragen gegeben! Ein ärztliches Zeugnis muss Datum, Stempel und eigenhändige Unterschrift des behandelnden Arztes aufweisen. Rückwirkende Zeugnisse sind äusserst zurückhaltend zu beurteilen und dürften nur in speziellen Ausnahmefällen gerechtfertigt sein. Trotzdem wird es für den Arbeitgeber, abgesehen von offensichtlichen Fällen, nicht einfach sein, den Gegenbeweis zu erbringen und das Arztzeugnis für ungültig zu erklären. Bei Zweifeln an der Richtigkeit des Arztzeugnisses kann der Arbeitgeber jedoch verlangen, dass sich der arbeitsunfähige Arbeitnehmer von einem Vertrauensarzt untersuchen lässt. Weigert sich der betroffene Arbeitnehmer, so kann der Arbeitgeber unter Einräumung einer Frist und Angabe der Konsequenzen die Lohnfortzahlung verweigern.
Fazit: Überprüfen Sie die Formulierung der Lohnfortzahlung infolge Krankheit in den Arbeitsverträgen.
Aufgrund der Aktualität werde ich in meinen nachfolgenden Ausführungen das Thema «Unterdeckung» sowie die «Änderung des Freizügigkeitsgesetzes» behandeln.
Das Thema der Unterdeckung hat mit den Geschäftsabschlüssen per 31.12.2008 von vielen Vorsorgeeinrichtungen an Brisanz gewonnen. Daraus ergaben sich Fragen wie: «Ist mein Geld noch sicher? Kann ich noch Geld für mein Wohneigentum beziehen? Muss ich nun mehr Prämien für die Sanierung leisten? Erhalte ich bei einem Stellenwechsel oder bei Arbeitslosigkeit 100% meines bisher gesparten Vorsorgekapitals zurück? etc.»
Gemäss Art. 44 Abs. 1 BVV2 besteht eine Unterdeckung, wenn am Bilanzstichtag das notwendige Vorsorgekapital (= Kapitalien, welche die versicherten Destinatäre gespart haben) nicht durch das verfügbare Vorsorgevermögen (= Anlagen der Pensionskasse wie Obligationen, Aktien, Immobilien etc.) gedeckt ist. Die Vorsorgeeinrichtung muss in diesem Fall dann einerseits die Aufsichtsbehörde, den Arbeitgeber und die Destinatäre angemessen informieren und andererseits entscheiden, welche Massnahmen zur Behebung dieser Unterdeckung notwendig sind. Letztere müssen auf einer reglementarischen Grundlage beruhen.
Art. 65d Abs. 3 BVG schreibt vor, dass, sofern andere Massnahmen, wie zum Beispiel Arbeitgeberbeitragsreserve mit Verwendungsverzicht, nicht zur Behebung der Unterdeckung führen, die Vorsorgeeinrichtung während der Dauer der Unterdeckung vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer Sanierungsbeiträge verlangen kann. Der Arbeitgeber muss dabei mindestens 50% davon übernehmen. Die Rentner können fast nicht «belangt» werden, da ihre reglementarisch zugesicherte Rente nicht geschmälert werden darf (Wahrung der wohlerworbenen Rechte). Sollten sich diese Massnahmen als ungenügend erweisen, so kann die Vorsorgeeinrichtung den Mindestzinssatz – auch im Jahr 2010 beträgt dieser 2% – für höchstens fünf Jahre um 0,5% unterschreiten.
Im Zusammenhang mit einer «Null- oder Minderverzinsung» ist im letzten Jahr erneut eine Diskussion entstanden. Erich Peter, Amtschef des Amts für Berufliche Vorsorge und Stiftungen des Kantons Zürich, stellte klar, dass eine Nullverzinsung nur im Falle einer Unterdeckung vorgenommen werden darf. Dies bedeutet, dass, falls sich die Vorsorgeeinrichtung Anfang Jahr in einer Unterdeckung befunden hat und diese unterjährig behoben wurde, sie im Sinne der Stichtagsbetrachtung für das ganze Jahr eine Nullzinsrunde anwenden darf. Gleichzeitig hat dies aber auch zur Folge, dass eine Vorsorgeeinrichtung, welche aufgrund ihrer Anlagestrategie eine Wertschwankungsreserve von zum Beispiel 10% benötigt, keine Möglichkeit hat, eine Nullverzinsung durchzusetzen, um den Zieldeckungsgrad von 110% schneller zu erreichen. Im schlimmsten Fall muss die Vorsorgeinrichtung sogar die Anlagestrategie anpassen, was je nachdem eine Realisierung von Verlusten als Konsequenz haben könnte.
Aufgrund der aktuellen Wirtschaftslage waren leider verschiedene Arbeitgeber gezwungen, ihren Betrieb zu schliessen oder die Belegschaft markant zu reduzieren. In der beruflichen Vorsorge spricht man in diesem Fall von einer Gesamt- oder Teilliquidation. Eine Teilliquidation liegt vor, wenn eine erhebliche Verminderung der Belegschaft erfolgt und/oder die Unternehmung restrukturiert wird. In einem solchen Fall haben die austretenden Arbeitnehmer einerseits einen Anspruch auf einen Anteil der vorhandenen freien Mittel, und andererseits müssen sie bei einer Unterdeckung der Vorsorgeeinrichtung einen Abzug auf ihr Vorsorgekapital in Kauf nehmen!
Ein weiteres Problem hatten Arbeitnehmer, welche Gelder für ihr Wohneigentum beziehen wollten und die eigene Vorsorgeeinrichtung befand sich zu diesem Zeitpunkt in einer Unterdeckung. Art. 6a Abs. 1 WEFV hält fest, dass das Reglement vorsehen kann, dass die Vorsorgeeinrichtung die Auszahlung des Vorbezugs zeitlich und betragsmässig einschränken oder ganz verweigern kann, wenn der Vorbezug der Rückzahlung von Hypothekardarlehen dient. Zudem erlaubt Art. 6 Abs. 4 WEFV der Vorsorgeeinrichtung generell, die Auszahlung, welche in der Regel innerhalb von sechs Monaten zu erfolgen hat, aufzuschieben, sofern dies aus Liquiditätsgründen notwendig ist.
Fazit 1: Bei der Wahl der Vorsorgeeinrichtung darf nicht nur die Prämie (Risiko- und Verwaltungskosten) verglichen werden, sondern auch der Deckungsgrad, sofern es sich um keine Lösung mit Kapitalgarantie handelt. Gleichzeitig sollte der technische Zinssatz in die Beurteilung mit einbezogen werden; dieser gibt darüber Auskunft, mit welcher langfristigen Nettorendite die Vorsorgeeinrichtung rechnet. Je höher dieser Satz ist, desto grösser ist das Risiko. In der Regel haben die Vorsorgeeinrichtungen einen technischen Zinssatz zwischen 2,5% und 3,5%, wobei eine Reduktion des technischen Zinssatzes um 0,5% den Deckungsgrad um durchschnittlich 10% herabsetzt. Mit anderen Worten: Bei Vergleichen sollte auch der technische Zins auf die gleiche Stufe gestellt werden. Zum Schluss sollte nicht vergessen werden, auch das Verhältnis zwischen Aktiven und Rentnern in die Beurteilung einfliessen zu lassen.
Fazit 2: Eine Vorsorgeeinrichtung mit einer Unterdeckung kann beim Verkauf der eigenen Firma einen negativen Einfluss auf den Verkaufspreis haben. Der Käufer wird mit grosser Wahrscheinlichkeit die Firma nur mit einer Vorsorgeeinrichtung mit einem Deckungsgrad von 100% übernehmen bzw. die Unterdeckung vom Kaufpreis in Abzug bringen.
Auf den 1. Januar 2010 wurde das Freizügigkeitsgesetz (FZG) dahingehend geändert, dass niemand bei Auflösung seines Arbeitsverhältnisses kurz vor Erreichen des ordentlichen Rentenalters gegen seinen Willen zur vorzeitigen Pensionierung gezwungen werden kann.
Art. 2 Abs. 1bis und 3 FZG sehen neu vor, dass Versicherte auch eine Austrittsleistung beanspruchen können, wenn sie die Vorsorgeeinrichtung zwischen dem frühestmöglichen und dem ordentlichen reglementarischen Rentenalter verlassen und die Erwerbstätigkeit weiterführen oder arbeitslos gemeldet sind. Die Regelung nach Art. 12 Abs. 1 FZV, dass die Austrittsleistung höchstens an zwei Freizügigkeitseinrichtungen übertragen werden darf, bleibt bestehen. Dies ist insbesondere bei Arbeitslosigkeit von Bedeutung, da bei einer neuen Anstellung nach Art. 4 Abs. 2bis FZG das Vorsorgekapital an die neue Vorsorgeeinrichtung zu überweisen ist!