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Bei Aufwendungen für die Gartenpflege ist die Abgrenzung zwischen Unterhaltskosten, wertvermehrenden Aufwendungen bzw. Lebenshaltungskosten besonders schwierig und zudem gesamtschweizerisch nicht einheitlich, weil die Kantone auch bei der Festsetzung des Eigenmietwerts über eine gewisse «Bewertungsfreiheit» verfügen. Die Kosten für die (erstmalige) Anschaffung eines Rasenmähers stellen grundsätzlich nicht Liegenschaftsunterhaltskosten dar, weil der Auslage ein Vermögenswert in Form des Rasenmähers gegenübersteht und es sich im Übrigen um Mobiliarauslagen handelt. Demgegenüber sind die Kosten für die Reparatur eines Rasenmähers oder für dessen Ersatz abzugsfähige Unterhaltskosten dort, wo Aufwendungen für das Rasenmähen steuerlich berücksichtigt werden. Einschränkend gilt aber, dass das Ersatzgerät nicht qualitativ besser sein darf. Wenn die Vorinstanz die Kosten für die erste Anschaffung eines Rasenmähers mit der herrschenden Lehre als nicht abziehbar erklärt, entspricht dies nicht der geltenden, eher grosszügigen Zürcher Praxis.

§ 30 Abs. 2 StG ZH; Art. 32 Abs. 1 DBG; Art. 9 Abs. 3 StHG

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(BGer., 7.08.12 {2C_390/2012}, StR 2012, S. 691)

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Das Verfahren vor Bundesgericht ist in mehr­facher Hinsicht auffällig, sowohl was die Argumentation der Beschwerdeführerin als auch die Begründung des Bundesgerichts anbetrifft. Streitgegenstand ist die Anschaffung eines 5080 Franken kostenden Rasenmäher-Roboters (sog. Automower) durch eine 68-jährige Witwe. Der Umstand, dass ihr das Zürcher Verwaltungsgericht nur 1000 Franken zugesprochen hatte, rügte sie (oder ihr Vertreter) u.a. mit dem Verstoss gegen die Menschenwürde und gegen das Verbot grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung.

Die Vorinstanzen beriefen sich in ihrem Entscheid auf die herrschende Lehre, wonach die Kosten für eine Erstanschaffung eines Rasenmähers nicht abzugsfähig sind und bei einer Ersatzanschaffung nur die Kosten für einen qualitativ gleichwertigen Rasenmäher geltend gemacht werden dürfen. Demgegenüber stützt sich das Bundesgericht in seinem Entscheid nur auf das steueramtliche Merkblatt.1 Dort werden in einem «Abgrenzungskatalog» unter Ziff. 5.3 neben den Kosten für den «ordentlichen Gartenunterhalt» und für die «normale Rasenpflege» auch das Stichwort «Rasenmäher» aufgeführt. Das Bundesgericht leitet aus dieser nicht eingeschränkten Aufzählung diskussionslos ab, dass die Zürcher Praxis auch Erstanschaffungen von Rasenmähern zum Abzug zulasse. Obwohl es diese als «eher grosszügig» erkannte Praxis als «theoretisch fragwürdig» einstuft, lässt es die gesamten Kosten der Anschaffung zum Abzug zu, unter anderem mit dem Hinweis, dass mit Blick auf das Alter der Steuerpflichtigen verneint werden könne, dass es sich um ein Luxusmodell handle. Der Entscheid wird vom obersten Gericht zudem mit einem Verweis auf das Rechtsgleichheitsgebot gerechtfertigt, da ja die Kosten des Mähens durch einen Gärtner ebenfalls abzugsfähig seien. Mit dieser Begründung weicht das Gericht vom Grundsatz ab, dass die steuerliche Abzugsfähigkeit von Aufwendungen ausschliesslich nach objektiv-technischen Kriterien zu beurteilen ist, also weder das Alter der Steuerpflichtigen, noch die steuerlich zulässigen Alternativen wie das Beauftragen eines Gärtners eine Rolle spielen dürfen. Zudem ist erstaunlich, dass das Gericht aus einer unpräzisen Aufzählung in einem Merkblatt auf die herrschende kantonale Praxis schliesst. Anscheinend hat dem höchsten Gericht der Vorwurf des Verstosses gegen das Folterverbot starken Eindruck gemacht …

Das Kantonale Steueramt Zürich hat auf den diskutablen Entscheid prompt reagiert, indem es das erwähnte Merkblatt «präzisiert».2 Es hält sinngemäss fest, dass die Kosten für die erstmalige Anschaffung eines Rasenmähers sowohl gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts als auch nach der Praxis des kantonalen ­Steueramts nicht Liegenschaftsunterhaltskosten darstellten, weil der Auslage ein Vermögenswert in der Form des Rasenmähers gegenüberstehe. Abzugsfähig seien nur die Kosten für die Reparatur oder den gleichwertigen Ersatz eines Rasenmähers. Die Aufzählung im Merkblatt erwähnt neu «Reparatur oder gleichwertiger Ersatz des Rasenmähers». Wie weit damit weiteren möglichen Foltervorwürfen ein Riegel geschoben wurde, muss offenbleiben …

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  1. Merkblatt des kantonalen Steueramtes über die ­steuerliche Abzugsfähigkeit von Kosten für den Unterhalt und die Verwaltung von Liegenschaften vom ­­13. November 2009 (unter www.steueramt.zh.ch in Erlasse & Merkblätter).
  2. Mitteilung vom 12.9.2012 in www.steueramt.zh.ch unter Erlasse & Merkblätter/Mitteilungen zu Fachthemen (die Praxisfestlegungen können als Newsletter abonniert werden).
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(Martin Byland, lic. iur., Rechtsanwalt, TBO Treuhand AG, Zürich)

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