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DBG: Kapitalleistungen aus Vorsorge waren nach dem vorliegend anwendbaren Recht der direkten Bundessteuer einheitlich vom Kanton zu veranlagen und zu beziehen, an welchem die persönlich zugehörige steuerpflichtige Person am Ende der Steuerperiode ihren steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt hatte. Diese Rechtslage hat mit der Revision vom 22. März 2013 (DBG 2013) eine Umkehr erfahren: Gemäss Art. 105 Abs. 4 DBG 2013, der am 1. Januar 2014 in Kraft trat und daher vorliegend nicht zum Tragen kommt, werden solche Kapitalleistungen aus Vorsorge nunmehr vom Kanton veranlagt, in welchem die begünstigte Person im Zeitpunkt der Fälligkeit ihren steuerrechtlichen Wohnsitz hat. Seither stimmen die Zuständigkeitsordnungen von DBG und StHG überein. Kreisschreiben Nr. 5 der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 9. April 2001 erweist sich damit insoweit (betreffend das frühere Recht) als bundesrechtswidrig, als deren Ziff. 7 dazu führt, dass Kapitalleistungen aus Vorsorge vom Fälligkeitskanton zu erfassen sind. Dies widerspricht Art. 216 Abs. 1 DBG 1990.

STHG: Anders als im Fall der üblichen Anknüpfungspunkte, die eine Steuerpflicht aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit begründen (Geschäftsbetriebe, Betriebsstätten, Grundstücke), fehlt im Fall von Kapitalleistungen aus Vorsorge jede Anknüpfung, aufgrund deren der Fälligkeitskanton von der Kapitalleistung erfahren könnte. Hauptsächliches Informationsmittel des Wegzugskantons ist daher die Benachrichtigung durch den Zuzugskanton bzw. Kanton der persönlichen Zugehörigkeit. Sie ist Ausdruck einer bereichsspezifischen bundesstaatlichen Treuepflicht unter den Kantonen. Aus dieser Konzeption folgt, dass zumindest im Fall von Kapitalleistungen aus Vorsorge von einer «einheitlichen» Vorgehensweise auszugehen ist. Das Bundesrecht würde vereitelt, wollte man die Handlungen des Kantons der persönlichen Zugehörigkeit in dieser besonderen Konstellation nicht als Bestandteil der Veranlagungstätigkeit des Fälligkeitskantons betrachten.

Vorliegend hat der Kanton Zug mit seiner «Unzuständigkeitserklärung» vom 11. Juli 2012, die an die Steuerpflichtigen gerichtet war, den Lauf der Verjährung zu unterbrechen vermocht. Die Veranlagungsverfügung des Kantons Graubünden vom 8. April 2014 erfolgte damit rechtzeitig.

Art. 3, Art. 5 Abs. 1, Art. 42 Abs. 1, Art. 127 Abs. 1, Art. 128 Abs. 4, Art. 164 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 182 Abs. 1 und Abs. 2, Art. 190, Art. 196 Ziff. 13, Art. 44 Abs. 2 und Art. 129 Abs. 1 BV; Art. 38, Art. 160 und Art. 216 Abs. 1 DBG 1990; Art. 120 DBG; Art. 11 Abs. 3, Art. 39 Abs. 2 und Art. 47 Abs. 1 StHG; Art. 68 Abs. 1 StHG 2000

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(BGer., 24.05.16 {2C_76/2015 und 2C_77/2015}, StR 2016, S. 788)

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