Zum Urteil des Bundesgerichts BGE 142 II 481: Kann eine schweizerische Staatsangehörige mit ausländischem Wohnsitz ohne Weiteres ein Grundstück in der Schweiz kaufen? Ja. Allerdings gibt es gewisse Vorbehalte und es ist Vorsicht geboten, falls der Kaufpreis – wenn auch nur teilweise – durch eine Person im Ausland fremdfinanziert wird.
Das Ehepaar AB ist seit 2012 verheiratet und wohnt in Dubai (VAE). Die Ehegattin A ist Schweizerin, der Ehegatte B ist englischer Staatsbürger. Die Ehegattin A beabsichtigte, zwei im Kanton Fribourg gelegene Grundstücke zu kaufen, und ersuchte – vorsichtshalber und im Vorfeld der Kaufvertragsunterzeichnung – die zuständige Lex-Koller-Behörde Ende Januar 2015 um die formelle Feststellung der Nichtbewilligungspflicht dieser beiden Grundstücksgeschäfte gemäss Bewilligungsgesetz (BewG).1
Im finalen Kaufvertragsentwurf waren bei den Zahlungsmodalitäten folgende Finanzierungsregelungen vorgesehen:
- Kaufpreis2: 1 660 000 CHF
- Bankdarlehen, getragen vom Ehepaar AB: 1 155 000 CHF
- Eigenmittel Ehegattin A: 100 000 CHF
- Eigenmittel Ehegatte B: 405 000 CHF3
Im Mai 2015 bescheinigte die Lex-Koller-Behörde der Ehegattin A, dass der Erwerb der beiden Grundstücke nicht in den Anwendungsbereich bzw. nicht unter die Bewilligungspflicht der Lex Koller falle. Gegen diesen Entscheid legte das Bundesamt für Justiz Rekurs beim kantonalen Verwaltungsgericht ein, das den Rekurs im Oktober 2015 abwies und den Nichtunterstellungs-Entscheid der ersten Instanz schützte. Daraufhin gelangte das Bundesamt für Justiz mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht, das diesen Entscheid4 sogar in einer (raren) öffentlichen Sitzung beraten hatte.
Zentral war dabei die Frage, ob dem Ehegatten B – beim beabsichtigten Kauf der beiden Schweizer Grundstücke durch die Ehegattin A – eine «eigentümerähnliche Stellung» eingeräumt werde, die eine Bewilligungspflicht gemäss der Lex Koller zur Folge hätte bzw. den Eigentumserwerb durch die Ehegattin A verunmöglichte.
Nach Art. 2 Abs. 1 BewG bedürfen Personen im Ausland für den Erwerb von Grundstücken einer Bewilligung der zuständigen kantonalen Behörde. Daraus kann zunächst einmal abgeleitet werden, dass Schweizer Staatsbürger, die gemäss Art. 5 BewG erst gar keine solchen «Personen im Ausland» sind, bewilligungsfrei Grundstücke in der Schweiz erwerben können, und zwar unabhängig von deren Wohnsitz. Demgemäss schliesst der ausländische Wohnsitz der Ehegattin A in Dubai den Kauf der beiden Schweizer Grundstücke nicht aus.
Allerdings muss die Ehegattin A für eine Nichtunterstellung der besagten Grundstückkäufe unter die Lex Koller noch weitere gesetzliche Hürden nehmen: So ist u.a. und gemäss Art. 4 Abs. 1 lit. g BewG kein Grundstückerwerb möglich, falls «andere Rechte» erworben werden, die dem Erwerber eine ähnliche Stellung wie dem Eigentümer eines Grundstücks verschaffen.
Genauer umschrieben wird ein solcher «Erwerb anderer Rechte» und die damit einhergehende, eigentümerähnliche Stellung in Art. 4 Abs. 2 lit. b der Verordnung zum BewG5: Demnach liegt ein solcher bewilligungspflichtiger «Erwerb anderer Rechte» insbesondere bei der Finanzierung des Kaufes […] vor, wenn die Abreden, die Höhe der Kredite oder die Vermögensverhältnisse des Schuldners den Käufer […] in eine besondere Abhängigkeit vom Gläubiger bringen.
Zu klären hatte das Bundesgericht also zusätzlich, ob die eingangs beschriebenen Zahlungsmodalitäten und Finanzierungsregelungen der beiden Grundstückkäufe Ehegattin A in ein nach der Lex Koller unzulässiges (finanzielles) Abhängigkeitsverhältnis zu ihrem Ehegatten B brachte, der – aufgrund seiner englischen Staatsangehörigkeit und seines Wohnsitzes in Dubai – unbestrittenermassen eine «Person im Ausland» gemäss der Lex Koller war.
Zunächst verwies das Bundesgericht auf seine eigene Rechtsprechung, wonach die ausländische Finanzierung eines Grundstückerwerbs grundsätzlich nicht unter die (objektive6) Bewilligungspflicht falle, solange der Kredit in der üblichen Grenze von zwei Dritteln des Verkaufswerts des Grundstücks liege.
Dies gilt gemäss Bundesgericht selbst dann, wenn das ausländische Darlehen grundpfandgesichert sei. Denn das Grundpfand verschafft dem Gläubiger zwar ein dingliches Recht, aber nicht eine ähnliche Stellung wie dem Eigentümer eines Grundstücks, zumal die Abrede, wonach das Pfand (hier das Grundstück) dem Gläubiger als Eigentum zufallen soll, ungültig ist.7 Folgerichtig gelten gemäss Bundesgericht diese Überlegungen umso mehr bei nicht grundpfandgesicherten (ausländischen) Darlehen. Denn in diesem Fall erwirbt der (ausländische) Kreditgeber keinerlei dingliche Rechte am Grundstück und es ist für ihn daher noch schwieriger, eine eigentümerähnliche Stellung im Sinne der Lex Koller auszuüben.
Gemäss den vorstehenden Ausführungen des Bundesgerichts ist ein Grundstückerwerb also nicht mehr zulässig, falls dessen ausländische Finanzierung zwei Drittel des Verkaufswerts des Grundstücks bzw. 80 % oder mehr ausmacht.
Setzt man die vom Ehegatten B eingebrachten Eigenmittel von 405 000 CHF ins Verhältnis zum Kaufpreis von 1 660 000 CHF, resultiert daraus eine (ausländische) Beteiligung von rund 24 %. Diese (ausländische) Beteiligung des Ehegatten B übersteigt jedenfalls nicht die vorerwähnte, übliche Grenze von zwei Dritteln, die – gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung – keine Bewilligungspflicht gemäss der Lex Koller auslöst. Diese Berechnung hat wohl auch die zuständige Lex-Koller-Behörde in Fribourg angestellt, als sie die Nichtunterstellungsverfügung für die beiden hier infrage stehenden Grundstückgeschäfte erliess.
Das Bundesgericht beliess es – für die Frage der «richtigen» Berechnung der maximalen ausländischen Finanzierung – aber nicht bei dieser isolierten Prüfung des Verhältnisses zwischen der Kaufpreissumme und den von ausländischen Dritten zur Verfügung gestellten Eigenmitteln. Vielmehr bezog das Bundesgericht zusätzlich auch das Bankdarlehen in der Höhe von 1 155 000 CHF (umfassend) in diese Verhältnisprüfung ein. Grund für diesen Einbezug des Bankdarlehens war der im vorinstanzlichen Entscheid erwähnte Umstand, dass sich das besagte Bankdarlehen ausschliesslich auf die Einkünfte des Ehegatten B stützte.
Daraus schloss das Bundesgericht, dass die Ehegattin A dieses Bankdarlehen nicht alleine bzw. nicht ohne die Beteiligung ihres Ehegatten B erhalten hätte. Mit anderen Worten ging das Bundesgericht vorliegend davon aus, dass die Bank einzig wegen der wirtschaftlichen Situation des Ehegatten B damit einverstanden war, dem Ehepaar AB dieses für den Grundstückerwerb notwendige Darlehen über 1 155 000 CHF einzuräumen.
Demgemäss – und aufgrund der für die Finanzierung der vorliegenden beiden Grundstückerwerbe vom Ehegatten B geleisteten (direkten und entscheidenden indirekten) Hilfestellungen – berücksichtigte das Bundesgericht bei der Berechnung des ausländischen Finanzierungsanteils nicht nur die direkt eingebrachten Eigenmittel des Ehegatten B in der Höhe von 405 000 CHF, sondern zusätzlich den (gesamten) Darlehensbetrag in der Höhe von 1 155 000 CHF. Daraus resultiert eine (ausländische) Beteiligung von rund 94 % auf den Kaufpreis von 1 660 000 CHF.
Mit diesem Berechnungsergebnis war für das Bundesgericht klar, dass die vorliegende (ausländische) Finanzierungsbeteiligung des Ehegatten B die nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung tolerierte, übliche Grenze von zwei Dritteln bzw. von 80 % des Grundstücksverkaufswerts überschritt. Daraus folgte, dass der Ehegatte B bei diesem Grundstückgeschäft eine eigentümerähnliche Stellung8 einnahm, was die Unterstellung dieser beiden Grundstückerwerbe unter die Lex Koller bzw. die Bewilligungspflicht gemäss der Lex Koller zur Folge hatte.
- Der Erwerb eines Schweizer Grundstücks durch eine Schweizer Staatsangehörige ist grundsätzlich möglich, auch wenn sich ihr ausländischer Ehegatte (oder eine andere Person im Ausland gemäss der Lex Koller) mit Eigenmitteln an der Finanzierung beteiligt. Eine solche Finanzierungsbeteiligung ist selbst dann grundsätzlich noch möglich, wenn sich dieses ausländische Finanzengagement auf eine Beteiligung an dem für das Erwerbsgeschäft notwendigen Bankkredit erstreckt.
- Wird ein solcher Baukredit aber nur aufgrund der finanziellen Verhältnisse des (ausländischen) Dritten gewährt, erhält der ausländische Finanzgeber eine eigentümerähnliche Stellung im Sinne der Lex Koller, die zur Unterstellung des fraglichen Erwerbsgeschäfts unter die Lex Koller führt, falls der besagte Bankkredit und / oder die eingebrachten, ausländischen Eigenmittel die vom Bundesgericht tolerierte, übliche Grenze von zwei Dritteln bzw. von 80 % des Grundstücksverkaufswerts direkt oder indirekt überschreitet.
- Wird also im Rahmen eines Grundstückerwerbs in der Schweiz ein ausländischer Investor einbezogen, ist es für die Frage von dessen eigentümerähnlichen Stellung gemäss der Lex Koller entscheidend – und ist bei der finanziellen Strukturierung des Grundstückgeschäfts entsprechende Vorsicht geboten –, dass der Schweizer Käuferin der für das besagte Grundstück aufgenommene Bankkredit aufgrund deren eigener finanziellen Kraft gewährt und von der Käuferin allein bzw. ohne ausländische Finanzierungshilfe bedient wird.
- Landläufig ist das Bewilligungsgesetz (SR 211.412.41 vom 16. Dezember 1983 in der aktuellen Fassung vom 1. März 2013) besser bekannt als «Lex Koller» aufgrund der grundlegenden Gesetzesrevision 1997, welche in die Amtszeit von Bundesrat Arnold Koller fiel.
- Die ursprüngliche Kaufpreissumme für die beiden Grundstücke betrug 1 750 000 CHF. Vor Bundesgericht war nicht klar, wie sich die Kaufpreisreduktion um 90 000 CHF auf die von beiden Ehegatten eingebrachten Eigenmittel auswirkte, zumal das Bankdarlehen unverändert bei 1 155 000 CHF blieb.
- Das Bundesgericht ging aufgrund des illiquiden Sachverhalts gemäss Fussnote 2 und zugunsten der klagenden Ehegattin A in seinem Entscheid davon aus, dass sich die besagte Kaufpreisreduktion allein auf die Eigenmittel des Ehegatten B auswirkte in der Höhe von (ursprünglich) 495 000 CHF.
- Der hier auszugsweise besprochene Bundesgerichtsentscheid vom 4. November 2016 kann in der französischen Originalfassung auf der Website des Bundesgerichts unter www.bger.ch mit dem Vermerk «2C_1093/2015» heruntergeladen werden. Aufgrund der Wichtigkeit dieses Entscheids wurde dieser auch in der amtlichen Sammlung der Bundesgerichtsentscheide publiziert (BGE 142 II 481).
- Vgl. dazu SR 211.412.411 vom 1. Oktober 1984 in der aktuellen Fassung vom 1. Januar 2008.
- Gemäss Bundesgericht ist bei der Frage der Subsumtion des Sachverhalts unter Art. 4 Abs. 1 lit. g BewG i.V.m. Art. 1 Abs. 2 BewV der subjektive Aspekt der Bewilligungspflicht irrelevant.
- BGer 2C_219/2015 vom 20. November 2015, E. 7.5.3 mit Verweis auf Art. 816 Abs. 2 ZGB und BGE 107 Ib 12 E. 4, S. 18 ff.; BGE 107 II 440 E. 1, S. 444 ff.
- Das Bundesgericht spricht von einer «position analoge» zum Eigentümer im Sinne von Art. 4 Abs. 1 lit. g BewG i.V.m. Art. 1 Abs. 2 lit. b BewV.