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Der Autor zeigt anhand verschiedener Beispiele auf, wie die Koordinationsregeln des europäischen Sozialversicherungsrechts in der Praxis ausgelegt werden und in welchen Fällen sich dabei problematische Konstellationen ergeben können.

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Die Koordinationsregeln des europäischen Sozialversicherungsrechts – und insbesondere auch die dadurch hervorgerufenen Schwierigkeiten – sind schon verschiedentlich in dieser Zeitschrift thematisiert worden.1 In der Zwischenzeit hat sich einerseits die Verwaltungspraxis gefestigt, und andererseits hat das Bundesgericht (sozialrechtliche Abteilung in Luzern) verschiedene Urteile gefällt, die von grosser praktischer Tragweite sind. Die Steuerverwaltungen sind so weit sensibilisiert für die Erstattung der nötigen Meldungen an die Ausgleichskassen, dass man in kritischen Situationen nicht mehr darauf hoffen kann, mit etwas Glück unerkannt durchzurutschen. Ausserdem zeigen sich nun auch die steuerrechtlichen Auswirkungen der sozialversicherungsrechtlichen Koordination, was oft Konsternation auslöst. Der Berater und Treuhänder sieht sich in der unangenehmen Situation, den Kunden unerwartete und sehr kostspielige Folgen erläutern zu müssen, und es wird wohl nicht mehr lange gehen, bis Berater auch mit Schaden­ersatzklagen eingedeckt werden, weil sie nicht rechtzeitig oder nicht in beweisgenüglicher Form auf Probleme hingewiesen haben. Diese Themen sollen im Folgenden anhand von einzelnen Beispielen vertieft werden.

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1. Einleitende Bemerkungen
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Seit dem 1. Juni 2002, also seit fast genau 12 Jahren, gelten im Verhältnis der Schweiz zu den Staaten der Europäischen Union als Konsequenz der Personenfreizügigkeit die Koordinationsbestimmungen des europäischen Sozialversicherungsrechts. Bis zum 31.03.2012 waren dies die Verordnungen 1408/712 und 574/723, ab dem 1.4.2012 wurden diese Ver­ord­nungen durch die heute noch gültigen VO 883/20044 bzw. 987/20095 abgelöst. Die heute gültige VO 883/2004 sollte bereits seit längerer Zeit durch die Korrekturverordnung VO 465/20126 angepasst werden. Die Grundsätze der euro­päischen Koordination sind sehr einfach in der Darstellung (vgl. Kasten, Art. 1 – 13 VO 883/2004).

Die Anwendung bringt dann aber doch einige Problemzonen der Sozialrechtskoordination ans Tageslicht:

  1. Bei mehreren unselbständigen Tätigkeiten in verschiedenen Staaten wird immer nur in einem Staat, meist im Staat des Wohnsitzes, wenn dort auch eine Tätigkeit ausgeübt wird, unterstellt (Art. 13 Abs. 1).
  2. Beim Zusammentreffen von selbständiger und unselbständiger Tätigkeit wird immer im Staat der unselbständigen Tätigkeit unterstellt (Art. 13 Abs. 3).
  3. Bei verschiedenen selbständigen Erwerbs­tätigkeiten wird im Wohnsitzstaat unterstellt, sofern dort ein wesentlicher Teil der Tätigkeit ausgeübt wird. Sonst wird in jenem Staat unterstellt, in welchem sich der Mittelpunkt der Tätigkeiten befindet (Art. 13 Abs. 2).

Diese Unterstellungsregeln führen dazu, dass immer nur in einem Staat unterstellt wird (Art. 11 Abs. 1), wobei dann im Unterstellungsstaat das jeweilige Landesrecht so angewendet wird, wie wenn der im anderen Staat sich abspielende Sachverhalt sich im Unterstellungsstaat abspielen würde (Art. 13 Abs. 5). Die Probleme mit der Koordination entstehen in der Schweiz vor allem deshalb, weil die Schweiz als einziges Land in Europa keine Obergrenze für die Beitragserhebung kennt. Wenn also jemand aus einem anderen Staat in die Schweiz «hinein­koordiniert» wird, mag das zwar aus der Sicht der dereinst fliessenden Leistungen himmlisch erscheinen; aus der Sicht der Beitragsentrichtung wird es aber bei höheren Einkommen höllisch teuer.

Die Koordination hängt von der Qualifikation als selbständige oder unselbständige Tätigkeit ab. Nun bestimmt die VO 883/2014 in Art. 1, dass ein Sachverhalt jeweils nach dem Sozialver­sicherungsrecht jenes Staates zu qualifizieren sei, in welchem er sich abspielt. Dies führt dann zu teilweise sehr unbefriedigenden Lösungen. So ist beispielsweise der beherrschende Gesellschafter einer deutschen GmbH nach deutschem Sozialversicherungsrecht als Selbständig­erwerbender zu betrachten,7 während in der Schweiz ein solcher Gesellschafter oder Aktionärsdirektor zweifellos als unselbständig erwerbend angeschaut wird.8

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2. Grenzüberschreitendes Arbeitsverhältnis eines Grenzgängers
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Die einfache Konstellation eines Grenzgängers, welcher in Deutschland wohnt und in der Schweiz einer normalen unselbständigen Beschäftigung nachgeht, erläutert bereits die Problematik: Arbeitet der Grenzgänger einzig in der Schweiz, so ist er hier allen Sozialversicherungen (neben der AHV/IV/EO/ALV gelten auch das BVG im Rahmen des Obligatoriums, die Unfallversicherung, die Krankenversicherung und die Familienzulagenordnungen als koordinierte Sozialversicherungen) unterstellt. Der Schweizer Arbeitgeber hat ihn also auch ins BVG einzuschliessen, UV-Prämien abzurechnen und ihm Kinderzulagen auszurichten.

Ergibt sich nun aber, dass der Grenzgänger in Deutschland eine Nebenbeschäftigung als Hauswart aufnimmt, verändert sich die Situa­tion total. Nach Art. 13 Abs. 1 lit. a zweiter Satz untersteht dieser Grenzgänger nun dem deutschen Sozialversicherungsrecht, weil er zwei Arbeitsverhältnisse hat. Er wird sich nun beim deutschen ­Sozialversicherungsträger anmelden müssen und dort entweder selbst auch die Lohnbeiträge auf seinem Schweizer Einkommen zu entrichten haben, oder aber der Schweizer Arbeitgeber ermittelt und überweist Beiträge nach deutschem Sozialversicherungsrecht auf dem Schweizer Einkommen direkt an den deutschen Sozialversicherungsträger (was nicht nur kaum praktikabel ist, sondern auch selten praktiziert wird). Der Wegfall der zweiten Säule in der Schweiz wird in der deutschen obligatorischen Versicherung nicht kompensiert, die Beiträge an die Kranken- und Rentenversicherung erfahren eine Obergrenze bei rund € 55000.–, die Kinderzulagen nach deutschem Recht sind etwas höher als die Schweizer Kinderzulagen. Kurz: Das in der Schweiz massgeschneiderte Entlohnungspaket ist nicht mehr vergleichbar angesichts der deutschen Abzüge und Anwartschaften.9

Gleiche Konsequenzen hat die umgekehrte Sachlage: Ein in der Schweiz wohnhafter Europäer arbeitet im Hauptberuf in Deutschland und nimmt in der Schweiz im elterlichen Betrieb die Stellung eines Verwaltungsratsmitglieds mit einem jährlichen Honorar von CHF 10000.– ein. Aufgrund dieser Sachlage untersteht er nun dem Schweizer Recht mit der Folge, dass er hier im Auftrag und in Vertretung seines deutschen Arbeitgebers alle Beiträge an die Sozialversicherungen zu entrichten und die ge­setzlichen Meldungen für den Arbeitgeber vorzunehmen hat. Zur Regelung dieses Verhältnisses besteht ein Formular nach Art. 21 der Durchführungsverordnung 987/2009.10 Dieses Formular ist nötig, weil nach Art. 21 der Durchführungsverordnung ein europäischer Arbeit­geber, der im für die Versicherung des Arbeitnehmers zuständigen Staat keinen Sitz und keine Betriebsstätte hat, gleichwohl dort abrechnungspflichtig würde. Diese Pflicht kann er aber an den Arbeitnehmer delegieren. Weil ­dieser Arbeitgeber wie ein Arbeitgeber in der Schweiz behandelt würde, muss der Arbeitnehmer sich auch bei der Auffangeinrichtung BVG anschliessen und Beiträge entrichten, er muss die Beiträge an die FAK und natürlich an AHV/IV/EO/ALV (immer volle Beiträge) bezahlen. Wenn er nicht rechtzeitig mit dem Arbeitgeber aushandelt, dass ihm dieser einen Bruttolohn unter Berücksichtigung der aufzurechnenden Arbeitgeberbeiträge auszurichten hat, muss er möglicherweise später um diese Beitragsbe­teiligung kämpfen.

Speziell an der Konstellation ist, dass die ­Ausgleichskassen während Jahren die sog. ­ANobAGs11 nicht auf die BVG-Pflicht aufmerksam gemacht haben und nun bei Überprüfung des Sachverhalts Meldung an die Auffangeinrichtung machen. Diese fordert nun für maximal fünf Jahre alle Beiträge (Sparbeiträge und Risiko­beiträge) inkl. Verzugszinsen nach. Da wird ein solcher ANobAG bald einmal mit Forderungen in der Höhe zwischen CHF 70000.– und 100000.– (zahlbar innert 30 Tagen!) konfrontiert.12

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3. Selbständig oder nicht?
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Der deutsche selbständig erwerbende Ingenieur findet in der Schweiz interessante Tätigkeitsgebiete und eröffnet deshalb im Raum Basel eine Betriebsstätte (kleines Büro). Von dort aus betreut er einen Kunden in der Planung und Projektierung einer Industrieanlage im Raum Basel und ist zu diesem Zweck pro Woche zwei bis drei Tage vor Ort. Er hat eine Grenzgänger­bewilligung. In Deutschland lässt er sich ein Formular A1 ausstellen, welches bescheinigt, dass er wegen selbständiger Tätigkeit in zwei Staaten im Wohnsitzstaat unterstellt sei (Art. 13 Abs. 2 VO 883/2014). Dieses Formular legt er seinem Kunden in der Schweiz vor, welcher in der Folge keine Veranlassung hat, den deutschen Unternehmer irgendwie in die Schweizer Sozialversicherung einzuklinken. Nach zwei Jahren findet in der Schweiz eine Arbeitgeberrevision beim Kunden statt und der Revisor stellt fest, dass die Art der Tätigkeit des deutschen Ingenieurs nach den Kriterien des Schweizer Sozialversicherungsrechts eindeutig eine unselbständige sei! Dieses Vorgehen ist zwar befremdlich, aber korrekt. Die Schweiz beurteilt nach ihrem Recht die Art der Tätigkeit, welche sich hier abspielt; Deutschland muss diese Qualifikation gelten lassen und auf Begehren der Schweiz auch das Formular A1 widerrufen.13 Damit haben wir eine Konstellation von «selbständig» in Deutschland und «unselbständig» in der Schweiz mit der Folge, dass einerseits der Auftraggeber in der Schweiz abrechnen muss und dass andererseits der deutsche Ingenieur für sein gesamtes in Deutschland erzieltes Einkommen aus selbständiger Tätigkeit in der Schweiz unterstellt wird.14

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4. GmbH & Co. KG in Deutschland bei Wohnsitz oder Erwerbstätigkeit in der Schweiz
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Eine besondere Konstellation ergibt sich für Personen mit Wohnsitz oder Erwerbstätigkeit in der Schweiz und einer Beteiligung an einer deutschen GmbH & Co. KG. Die GmbH & Co. KG, eine Sonderform einer deutschen Personengesellschaft, bei welcher der unbeschränkt haftende Gesellschafter eine (kleine) GmbH ist, welche einzig die Funktion hat, die Geschäftsführung zu stellen, während die einzelnen Kommanditisten bloss beteiligte Gesellschafter ohne Mitwirkungs- und Entscheidungsrechte sind. Die Struktur wird sehr häufig in Deutschland zur Organisation von familienbezogenen unternehmerischen En­ga­gements eingesetzt und hat so eigentlich die Funktion, die man in der Schweiz mit einer ­Familien-Holding löst. Die Schweizerische So­zialversicherung hat nun erkannt, dass diese ­Gesellschafter mit Wohnsitz in der Schweiz, welche Erträge aus solchen GmbH & Co.KG-Beteiligungen erzielen, als Selbständigerwerbende qualifiziert und der Beitragspflicht unterstellt werden sollen. In der Zwischenzeit gibt es eine ganze Reihe von Bundesgerichtsentscheiden zu ­diesem Phänomen, die der Reihe nach mit ­unterschiedlichen und nach Meinung des Verfassers rechtssystematisch teilweise fragwürdigen Begründungen diese Beitragspflicht in der Schweiz bestätigen.15

Kurz zusammengefasst argumentiert das Bundesgericht wie folgt:16 Wenn eine Person in der Schweiz als selbständigerwerbende oder als unselbständigerwerbende unterwegs ist und in ihrem Vermögen – oft aus Erbschaft – eine Beteiligung an einer deutschen GmbH & Co. KG hält, ist sie unbestrittenermassen in der Schweiz wegen ihrer hier ausgeübten Tätigkeit der Sozialversicherung unterstellt. Weil das deutsche So­zialversicherungsrecht die Stellung eines Kommanditisten einer GmbH & Co. KG nicht als selbständige Tätigkeit anschaut, ist das Koordinationsrecht, welches nur zur Anwendung kommt, wenn in beiden Staaten eine Erwerbstätigkeit vorliegt, nicht anwendbar. Weil nun aber diese Person in der Schweiz unterstellt ist, ist zu prüfen, ob aus Schweizer Sicht das in Deutschland erzielte Beteiligungseinkommen im Rahmen der generellen Beitragspflicht nach Art. 6 Abs. 1 AHVV in der Schweiz verabgabt werden darf. Nach Art. 20 Abs. 3 AHVV bezahlen Teilhaber von Personengesamtheit ohne juristische Persönlichkeit ihre Beiträge von ihrem Anteil am Einkommen der Personengesamtheit. Aus dieser Formulierung schliesst die Rechtsprechung, dass die Beteiligung an einer Personengesamtheit per se als selbständige Tätigkeit qualifiziert werde. Aus Schweizer Sicht kann man also solche Einkommen im Ausland der Beitragspflicht unterstellen, wenn das Völkerrecht (Staatsvertragsrecht) nicht etwas anderes sagt. Da im Verhältnis zur EU nicht auf der Stufe der Beitragsbemessung, sondern bereits bei der Versicherungsunterstellung ko­ordiniert wird, ist in den Augen des Bundes­gerichts das Einkommen aus Deutschland – obwohl die staatsvertragliche Regelung dies nicht vorsieht – dem Schweizer Recht zu unterstellen. In den konkreten Fällen ging es jeweils um hohe Teilhabereinkommen, welche meist noch mit mehreren Jahren Verspätung zur Verabgabung gelangt sind und deshalb auch noch hohe Verzugszinsen nach sich gezogen haben. Befremdlich an dieser Rechtsprechung ist, dass das Bundesgericht zwar einerseits die Anwendbarkeit der Koordinationsverordnung in Ermangelung einer einschlägigen Erwerbstätigkeit in Deutschland verneint, dann aber das Landesrecht heranzieht und sich nicht scheut, Einkommen der Beitragspflicht zu unterstellen, die aus einem Staat kommen, mit welchem die Sozialversicherungskoordination staatsvertraglich geregelt ist. Es verhält sich so, als wenn es kein Völkerrecht gäbe, erfasst dann aber das deutsche Einkommen gleichwohl, weil nur Ein­kommen aus ausländischen Betrieben und ­Betriebsstätten aus Nichtvertragsstaaten ausgenommen wären.17

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5. Und das Steuerrecht?
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Nach diesen Überlegungen lohnt sich noch ein Blick auf das Steuerrecht. Wie behandelt das Schweizer Steuerrecht die AHV-Beiträge, welche von einem in der Schweiz ansässigen ­Steuerpflichtigen aufgrund eines im Ausland erzielten Einkommens zu bezahlen sind? Es lässt sie nicht zum Abzug zu, denn es fehlt das dazugehörige Steuersubstrat. Steuerrechtlich werden Erwerbseinkommen in der Regel in den Erwerbsstaat ausgeschieden, d.h. die Schweiz besteuert solche ausländischen Einkommen nicht (Befreiung mit Progressionsvorbehalt). Wenn es aber nichts zu besteuern gibt, entfällt auch die Abzugsmöglichkeit. Im Ergebnis bedeutet das, dass der so besteuerte Pflichtige doppelt bestraft ist.

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6. Ein Minenfeld für Berater
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Zusammenfassend halten wir fest, dass eine Person, die in der Schweiz eine nach Schweizer Beurteilung unselbständige Tätigkeit ausübt, sinnvollerweise in einem EU-Staat keine selbständige Tätigkeit ausüben sollte, oder umgekehrt, dass jeder in einem EU-Staat als selbständigerwerbend qualifizierte Unternehmer die Finger von Nebentätigkeiten in der Schweiz (Verwaltungsratsmandat, Stiftungsratsmandat, Lohnbezüge aus Schweizer Gesellschaften) lassen sollte. Übrigens wird bereits die Zugehörigkeit zu einem Verwaltungsrat – auch wenn kein Honorar fliesst – als Erwerbstätigkeit im schädlichen Sinne angeschaut!

Bei Unselbständigerwerbenden ist sicherzustellen, dass der Arbeitgeber in der Schweiz weiss, ob und was im Ausland noch läuft. Bei der Planung von Kompensationspaketen ist dem Kippen von Sozialversicherungsunterstellungen bei Veränderungen des Wohnsitzes oder Aufnahme / Aufgabe von Nebenerwerbstätigkeiten Rechnung zu tragen, damit nicht unerwartet gewisse Teile des Paketes ersatzlos wegbrechen (z.B. attraktive Beletage-Versicherung für Kadermitarbeiter).

Bei Arbeitnehmern, deren Arbeitgeber sich im EU-Ausland befindet, ist ein besonderes Augenmerk auf die BVG-Pflicht zu richten.

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VO 883/2004 – Bestimmung des anwendbaren Rechts

Artikel 11 Allgemeine Regelung

(1) Personen, für die diese Verordnung gilt, unterliegen den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften dies sind, bestimmt sich nach diesem Titel.

(2) Für die Zwecke dieses Titels wird bei Personen, die aufgrund oder infolge ihrer Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit eine Geldleistung beziehen, davon ausgegangen, dass sie diese Beschäftigung oder Tätigkeit ausüben. Dies gilt nicht für Invaliditäts-, Alters- oder Hinterbliebenenrenten oder für Renten bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten oder für Geldleistungen bei Krankheit, die eine Behandlung von unbegrenzter Dauer abdecken.

(3) Vorbehaltlich der Artikel 12 bis 16 gilt Folgendes:

a) Eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;

b) [lit. b bis e interessieren im vorliegenden Zusammenhang nicht]

(4) …

Artikel 12 Sonderregelung

(1) Eine Person, die in einem Mitgliedstaat für Rechnung eines Arbeitgebers, der gewöhnlich dort tätig ist, eine Beschäftigung ausübt und die von diesem Arbeitgeber in einen anderen Mitgliedstaat entsandt wird, um dort eine Arbeit für dessen Rechnung auszuführen, unterliegt weiterhin den Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedstaats, sofern die voraussichtliche Dauer dieser Arbeit vierundzwanzig Monate nicht überschreitet und diese Person nicht eine andere Person ablöst.

(2) Eine Person, die gewöhnlich in einem Mitgliedstaat eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt und die eine ähnliche Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat ausübt, unterliegt weiterhin den Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedstaats, sofern die voraussichtliche Dauer dieser Tätigkeit vierundzwanzig Monate nicht überschreitet.

Artikel 13 Ausübung von Tätigkeiten in zwei oder mehr Mitgliedstaaten

(1) Eine Person, die gewöhnlich in zwei oder mehr Mitgliedstaaten eine Beschäftigung ausübt, unterliegt:

a) den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats, wenn sie dort einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausübt oder wenn sie bei mehreren Unternehmen oder Arbeitgebern beschäftigt ist, die ihren Sitz oder Wohnsitz in verschiedenen Mitgliedstaaten haben, oder

b) den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem das Unternehmen oder der Arbeitgeber, das bzw. der sie beschäftigt, seinen Sitz oder Wohnsitz hat, sofern sie keinen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeiten in dem Wohnmitgliedstaat ausübt.

(2) Eine Person, die gewöhnlich in zwei oder mehr Mitgliedstaaten eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt:

a) den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats, wenn sie dort einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausübt, oder

b) den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sich der Mittelpunkt ihrer Tätigkeiten befindet, wenn sie nicht in einem der Mitgliedstaaten wohnt, in denen sie einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausübt.

(3) Eine Person, die gewöhnlich in verschiedenen Mitgliedstaaten eine Beschäftigung und eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sie eine Beschäftigung ausübt, oder, wenn sie eine solche Beschäftigung in zwei oder mehr Mitgliedstaaten ausübt, den nach Absatz 1 bestimmten Rechtsvorschriften.

(4) Eine Person, die in einem Mitgliedstaat als Beamter beschäftigt ist und die eine Beschäftigung und/oder eine selbständige Erwerbstätigkeit in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, dem die sie beschäftigende Verwaltungseinheit angehört.

(5) Die in den Absätzen 1 bis 4 genannten Personen werden für die Zwecke der nach diesen Bestimmungen ermittelten Rechtsvorschriften so behandelt, als ob sie ihre gesamte Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit in dem betreffenden Mitgliedstaat ausüben und dort ihre gesamten Einkünfte erzielen würden.

VO 465/2012 – noch nicht anwendbar, vielleicht auch nie mehr anwendbar!

6. Artikel 13 Absatz 1 erhält folgende Fassung:

«(1) Eine Person, die gewöhnlich in zwei oder mehr Mitgliedstaaten eine Beschäftigung ausübt, unterliegt:

a) den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats, wenn sie dort einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausübt, oder

b) wenn sie im Wohnmitgliedstaat keinen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausübt,

i) den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem das Unternehmen oder der Arbeitgeber seinen Sitz oder Wohnsitz hat, sofern sie bei einem Unternehmen bzw. einem Arbeitgeber beschäftigt ist, oder

ii) den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem die Unternehmen oder Arbeitgeber ihren Sitz oder Wohnsitz haben, wenn sie bei zwei oder mehr Unternehmen oder Arbeitgebern beschäftigt ist, die ihren Sitz oder Wohnsitz in nur einem Mitgliedstaat haben, oder

iii) den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem das Unternehmen oder der Arbeitgeber ausserhalb des Wohnmitgliedstaats seinen Sitz oder Wohnsitz hat, sofern sie bei zwei oder mehr Unternehmen oder Arbeitgebern beschäftigt ist, die ihre Sitze oder Wohnsitze in zwei Mitgliedstaaten haben, von denen einer der Wohnmitgliedstaat ist, oder

iv) den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats, sofern sie bei zwei oder mehr Unternehmen oder Arbeitgebern beschäftigt ist, von denen mindestens zwei ihren Sitz oder Wohnsitz in verschiedenen Mitgliedstaaten aus­serhalb des Wohnmitgliedstaats haben.»

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  1. Vgl. etwa O. Rabaglio: Grenzüberschreitende Sozialversicherung in Europa: Problematische Koordination für Selbständigerwerbende, TREX, Der Treuhandexperte 3/2010, S. 150; O. Rabaglio: Grenzüberschreitende Arbeitsverhältnisse: Eine Auslegeordnung der sozialversicherungsrechtlichen Regeln, TREX 5/2006, S. 279. Weitere Literatur: Christoph Niederer / Barbara Meyer, Grenzüberschreitende Erwerbstätigkeit aus sozialversicherungs- und steuerrechtlicher Sicht, in: Der Schweizer Treuhänder, 2013, S. 712 ff.; O. Rabaglio, Die Koordination der Sozialversicherungen bei grenzüberschreitenden Erwerbsverhältnissen, in: Andrea Mathis / Rolf Nobs Hrsg.), Jahrbuch Treuhand und ­Revision 2012, Zürich, 2013, oder auf www.rs-tax.ch >Publikationen.
  2. http://www.bsv.admin.ch/themen/internationales/02094/index.html?lang=de.
  3. http://www.bsv.admin.ch/themen/internationales/02094/index.html?lang=de.
  4. http://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20112875/index.html.
  5. http://www.admin.ch/ch/d/sr/0_831_109_268_11/index.html.
  6. http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2012:149:0004:0010:DE:PDF. Diese Verordnung ist – weil noch nicht in Kraft – auch nicht in der Gesetzessammlung des Bundes anzutreffen.
  7. Vgl. Sozialgesetzbuch IV, § 7 ff., und Niederschrift über die Besprechung der Spitzenverbände der Krankenkassen über Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosen­versicherung vom 22./23. November 2000, S. 7 ff.
  8. Vgl. dazu nachfolgend unter Punkt 4.
  9. Nach dem allfälligen Inkrafttreten der eingangs erwähnten Korrekturverordnung 465/2012 würde die Situation anders beurteilt: Auch wenn zwei Arbeitgeber vorliegen, wird nur im Wohnsitzstaat unterstellt, wenn dort ein wesentlicher Teil der Tätigkeit (d.h. mind. 25 % des gesamten Lohneinkommens) ausgeübt wird (vgl. Art. 13 Abs. 1 lit. a in der neuen Fassung gem. Korrekturverordnung).
  10. Zu finden auf der Vollzugsseite des BSV www.bsv.admin.ch/vollzug>International £>Formulare>CH-EU>A1 Unterstellung.
  11. Diese Kurzform hat sich als Abkürzung für «Arbeitnehmer eines nicht beitragspflichtigen Arbeitgebers in der Schweiz» eingebürgert, was eigentlich gegenüber EU-Arbeitnehmern nicht ganz richtig ist, denn der Arbeitgeber wäre beitragspflichtig.
  12. In solchen Konstellationen eruiert der Autor auch grös­sere Haftungsrisiken für Berater und Lohnadministratoren, die die Kunden nicht rechtzeitig auf solche Konsequenzen aufmerksam gemacht haben.
  13. Art. 5 Abs. 1 – 3 VO 987/2009 sieht diese Möglichkeit des Widerrufs ausdrücklich vor.
  14. Art. 13 Abs. 2 VO 883/2012.
  15. Begonnen hat die Rechtsprechung mit dem Urteil vom 23. Juli 2010 (9C_627/2009; SVR), wo das Bundesgericht sich einzig mit der Frage, ob die Beteiligung an einer GmbH & Co. KG einer Erwerbstätigkeit entspreche, auseinandergesetzt hat und diese Frage einzig aus Schweizer Sicht beantwortet hat. Im Urteil vom 27. Mai 2013 (9C_62/2013 = SVR 2013, AHV Nr. 13) hat das Bundesgericht die Frage des Unterstellungsrechts geprüft und festgestellt, dass der Beschwerdeführer neben seiner Tätigkeit in der Schweiz auch in Deutschland eine Geschäftsführertätigkeit für eine GmbH ausübe und deshalb aufgrund dieser Konstellation in der Schweiz unterstellt sei. In die Beitragsbemessung für die Schweiz wird dann aber auch jenes Einkommen eingeschlossen, das nach deutschem Recht gar nicht Erwerbseinkommen darstellen würde. Auf die Spitze getrieben hat das Bundesgericht seine Argumentation mit dem Entscheid vom 6. August 2013 (9C_326/2013), wo es feststellt, dass das Koordina­tionsrecht nicht anwendbar sei, weil in Deutschland keine Erwerbstätigkeit im Sinne des Koordinationsrechts vorliege. Weil aber eine Versicherungsunterstellung in der Schweiz aufgrund der Tätigkeit hier gegeben sei, könne das in Deutschland erzielte Einkommen nach Schweizer Recht als Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit qualifiziert und der Beitragspflicht unterstellt werden. Der Autor betrachtet dieses Urteil als sehr fragwürdig. Im Ergebnis bedeutet es, dass man das Koordinationsrecht anwenden will, wenn es einen Anknüpfungspunkt für die Unterstellung in der Schweiz hergibt. Wenn das Koordinationsrecht indessen keinen Anknüpfungspunkt hergibt, beurteilt man den Sachverhalt unilateral aus Schweizer Sicht, als wenn es kein Abkommen mit Deutschland bzw. mit der EU gäbe. Eine solche Rechtsprechung untergräbt jegliches Vertrauen in die Rechtssicherheit und in die völkerrechtliche Vertragstreue.
  16. Bundesgericht vom 6. August 2013 (9C_326/2013).
  17. Art. 6ter lit. a AHVV. Das Bundesgericht übersieht nach Ansicht des Autors, dass diese Bestimmung speziell umformuliert worden ist, um dann, wenn eine Zuständigkeit gemäss Koordinationsnormen gegeben ist, das entsprechende Einkommen aus dem Ausland in die Verabgabung einzubeziehen. Man kann aber bei festgestellter Nichtanwendbarkeit des Staatsvertragsrechts wohl schlecht behaupten, das Einkommen stamme aus einem Vertragsstaat und unterstehe deswegen dem Schweizer Recht!
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