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Das Bundesgericht hat einem Mann Recht gegeben, der als Fahrer auf dem Rollfeld des Flughafens Genf-Cointrin angetrunken unterwegs gewesen ist. Die Richter in Lausanne sehen in dem Vorfall keinen ausreichenden Grund für seine fristlose Entlassung.

Der Mann hatte über 21 Jahre ein Fahrzeug gefahren, mit dem die Waren für den Bord­verkauf zu den Flugzeugen gebracht werden. 2008 wurde er bei einem Fahreinsatz auf dem Rollfeld erwischt, als er mit 0,5 Promille Blut­alkoholgehalt unterwegs war. Die Arbeitgeberfirma entliess ihn deswegen fristlos. Das Bundesgericht hat dem Mann nun Recht gegeben. Die Richter in Lausanne sehen in dem Vorfall nur eine mittelschwere Verfehlung, die – ohne vorangegangene Verwarnung – die fristlose Entlassung eines Angestellten nicht zu rechtfer­tigen vermag. Laut Gericht sieht das interne ­Reglement für Einsätze auf dem Rollfeld zwar 0,0 Promille vor. Strafbar habe sich der Mann mit einem Blutalkoholgehalt von 0,5 Promille am Steuer allerdings nicht gemacht. Frühere Kontrollen seien zudem immer negativ ausgefallen. Er habe bei seiner Fahrt auch niemanden gefährdet. Da er keine Kaderfunktion innegehabt habe, könne ihm schliesslich nicht angelastet werden, seinen jüngeren Kollegen ein schlechtes Vorbild gewesen zu sein. Im Übrigen habe er seiner Arbeitgeberin in den letzten 20 Jahren nie Anlass zur Klage gegeben. Die Firma muss dem Betroffenen nun 30 500 Franken Lohn nachzahlen, die er bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses im Falle einer ordentlichen Kündigung erhalten hätte. Eine Genugtuung für die zu Unrecht erfolgte fristlose Kündigung hatte er nicht gefordert.

Art. 337 Abs. 3, Art. 337a und Art. 335c OR; Art. 9 BV; Art. 4 ZGB

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(BGer., 14.05.10 {4A_115/2010}, Jusletter 28.06.10)

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