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«Konkurrenzverbote sind sowieso nicht durchsetzbar» – so lautet ein von Arbeitgebern oder ihren Beratern oft gehörtes Vorurteil. Eine falsche Einschätzung, wie der vorliegende Beitrag aufzeigt. Tatsache ist allerdings, dass die Durchsetzung von Konkurrenzverboten in der Praxis häufig scheitert. Dies liegt aber meistens an verunglückten vertraglichen Formulierungen, an Unkenntnis der Rechtslage oder an falschem, verspätetem oder zu zaghaftem Handeln im Konfliktfall.

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1. Einleitung und rechtliche Grundlagen1
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Arbeitsvertragliche Konkurrenzverbote sind in der Schweiz recht weit verbreitet. Dies hängt wesentlich mit dem vergleichsweise liberalen Arbeitsrecht des Obligationenrechts (OR) zusammen, das solche Vereinbarungen zwischen den Vertragsparteien in recht weitgehendem Masse zulässt. Die Absicht des Arbeitgebers liegt dabei auf der Hand: Mit einem Konkurrenzverbot versucht er, sich vor Konkurrenz durch seinen Arbeitnehmer nach dessen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zu schützen. Dies ist aus Sicht des Arbeitgebers verständlich, denn der Arbeitnehmer gewinnt während der Dauer seiner Anstellung oft Einblick in Geschäfts-, Fabrikations- oder Kundengeheimnisse, die den Aufbau oder die Übernahme einer konkurrenzierenden Tätigkeit erheblich erleichtern können. Im schlimmsten Fall droht dem Arbeitgeber, dass ein ausscheidender Arbeitnehmer wesentliche Teile des Kundenstamms mitnimmt und fortan selber bedient. Umgekehrt ist aber auch das Interesse des Arbeitnehmers legitim, möglichst frei von beruflichen Fesseln eine neue Tätigkeit aufnehmen zu können, sollte das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber eines Tages enden. Zielkonflikte sind damit vorprogrammiert, Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit Konkurrenzverboten enden entsprechend häufig vor den Gerichten.

Das arbeitsrechtliche Konkurrenzverbotsrecht ist in den Art. 340 bis Art. 340c OR geregelt. Grundlegend sind die Art. 340 und Art. 340a OR, welche die Voraussetzungen und Grenzen für den Abschluss eines nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers wirksamen Konkurrenzverbots zum Inhalt haben. Diese lassen sich stichwortartig wie folgt zusammenfassen:

  • Handlungsfähigkeit des Arbeitnehmers
  • Schriftlichkeit der Vereinbarung2, 3
  • Einblick des Arbeitnehmers in den Kundenkreis4 oder in die Fabrikations- und Ge­schäftsgeheimnisse5 des Arbeitgebers
  • Verwendung dieser Kenntnis kann den Arbeitgeber erheblich schädigen6
  • Keine unbillige Erschwerung des wirtschaftlichen Fortkommens des Arbeitnehmers, weshalb das Verbot örtlich7, zeitlich8 und gegenständlich9 angemessen zu begrenzen ist.

Es lässt sich sagen, dass das OR in Bezug auf die Möglichkeit, nachvertraglich wirksame Konkurrenzverbote zu vereinbaren, recht arbeitgeberfreundlich ist. So setzt des OR beispielsweise nicht voraus, dass der Arbeitnehmer eine leitende Stellung innegehabt oder einen bestimmten Mindestlohn erhalten hat. Ebenso wenig ist notwendig, dass dem Arbeitnehmer für die Einhaltung des Konkurrenzverbots ein Entgelt, eine sogenannte Karenzentschädigung, ausgerichtet wird.10 Sofern ein Arbeitnehmer Einblick in den Kundenkreis oder in Fabrikations- bzw. Geschäftsgeheimnisse hat, ist die Vereinbarung eines massvollen Konkurrenzverbots also in der Regel zulässig. Trotz dieser an sich günstigen gesetzlichen Ausgangslage bereiten die Formulierung und die spätere Durchsetzung von Konkurrenzverboten Arbeitgebern in der Praxis aber oft erhebliche Mühe. Die Gründe dafür sind nicht selten hausgemacht und könnten durch geschickte Vertragsredaktion und richtiges Handeln im Konfliktfall zu einem guten Teil vermieden werden.

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2. Ausgewählte Problemfelder
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2.1 Häufigste Fehlerquelle: Mangelhafte Vertragsformulierungen
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2.1.1 Allgemeines
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Die meisten Fehler im Zusammenhang mit arbeitsrechtlichen Konkurrenzverboten werden ganz am Anfang gemacht, nämlich bei der Vertragsredaktion. Dies ist aus Arbeitgebersicht aus zwei Gründen fatal: Einerseits lassen sich solche Formulierungsfehler im Nachhinein nur noch mit Zustimmung des Arbeitnehmers korrigieren, da hierfür eine Vertragsänderung notwendig ist. Andererseits neigen Literatur und Rechtsprechung, angeführt vom Bundes­gericht, stark dazu, Konkurrenzverbote einschränkend auszulegen, und zwar im Zweifelsfall zulasten des Arbeitgebers.11 Ihren Teil der Verantwortung an dieser Entwicklung tragen auch gewisse Gewerbezweige. So ist zum Beispiel in der Personalverleih- und Temporärbranche bei etlichen Unternehmen ein inflationärer Einsatz von Konkurrenzverboten zu beobachten, und zwar nicht selten in erheblich übermäs­sigem Umfang,12 ohne Rücksicht auf die konkreten Tätigkeitsbereiche der angestellten Personalvermittler13 und durchaus auch in bescheidenen Lohnbereichen. Wenn ganze Branchen in derart pauschaler und übermässiger Weise ihr Personal mit der ohnehin weitherum unbeliebten Fessel Konkurrenzverbot belegen, provozieren sie damit die Gerichte erst recht zum Einschreiten. Sie werden damit gleichsam selber zum Totengräber eines Instituts, das sinn- und massvoll angewendet durchaus seine legitime Berechtigung haben kann.

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2.1.2 Umschreibung der verbotenen Konkurrenzierung
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Es lohnt sich also, bei der Formulierung von Konkurrenzverboten besonders sorgfältig zu sein. Eine erste häufige Fehlerquelle liegt in der Umschreibung der zu verbietenden Konkurrenztätigkeit. Es ist heikel, wenn hier allzu einengende Formulierungen gewählt werden, da in diesem Fall vom Arbeitnehmer während der Anstellung neu übernommene Geschäftsfelder möglicherweise nicht mehr vom Wortlaut erfasst werden. Die gebotene Dynamik der Klausel lässt sich zum Beispiel dadurch erreichen, dass in Anlehnung an den Gesetzestext von Art. 340 Abs. 1 OR als Grundsatz «jede konkurren­zierende Tätigkeit» untersagt wird, um daran anschliessend im Sinne einer nicht abschliessenden Aufzählung, am besten in «Insbeson­dere»-Form, einige konkrete Geschäftsfelder oder Produkte konkret zu bezeichnen.

Wie bereits erwähnt, müssen Konkurrenzverbote in gegenständlicher, örtlicher und zeitlicher Hinsicht angemessen begrenzt werden. Weil aber übermässige Konkurrenzverbote nicht etwa ungültig sind, sondern vom Richter auf das zulässige Mass gekürzt werden, ist die Versuchung gross, bei der Formulierung der Grenzen im Zweifelsfall eher grosszügig ans Werk zu gehen, indem z.B. vorsorglich einfach «die ganze Schweiz» zum Schutzgebiet erklärt wird, obwohl der Arbeitgeber nur in der Ostschweiz tätig ist. Vor solchen Übertreibungen ist aber schon aus einem ganz praktischen Grund zu warnen: Wenn der Richter im Streitfall zum Schluss kommt, dass das Konkurrenzverbot z.B. in geografischer oder zeitlicher Hinsicht übermässig und deshalb zu kürzen ist, droht damit gleichzeitig auch eine Kürzung der Konventionalstrafe. Denn – so der mutmassliche Gedankengang des Richters – der vereinbarte Konventional­strafenbetrag muss ja mit dem Umfang des Konkurrenzverbots in engem Zusammenhang gestanden haben. Und wenn nun das Verbot wegen Übermässigkeit einzuschränken ist, müsse sich dies auch in einer Kürzung des Betrags für die Konventionalstrafe niederschlagen, um das von den Parteien ursprünglich vereinbarte wirtschaftliche Gleichgewicht zwischen Verbotsumfang und Konventionalstrafe zu erhalten.

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2.1.3 Umschreibung der Sanktionsfolgen
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Verunglückte Formulierungen betreffen häufig auch die Sanktionsfolgen, welche bei einer Verletzung des Konkurrenzverbots greifen sollen. Dazu ist zunächst zu sagen, dass nach dem OR14 lediglich Schadenersatz geschuldet ist, der aber in der Praxis häufig nur sehr schwer nachzuweisen ist. Eine Konventionalstrafen­regelung ist deshalb dringend zu empfehlen. Über deren maximale Höhe lassen sich keine allgemein gültigen Aussagen machen. Als grobe Richtlinie kann eine Obergrenze von einem halben bis maximal einem ganzen Jahressalär dienen. Das Bundesgericht hat in einem neueren Entscheid vom 12. Juni 2009 ein halbes Jahressalär für noch nicht übermässig erklärt und angesichts des hemmungslosen Vorgehens des rechtswidrig konkurrenzierenden Arbeitnehmers auch von einer Reduktion im Sinne von Art. 163 OR wegen Übermässigkeit abgesehen.15 Dieser Entscheid ist auch verfahrensrechtlich interessant, weil es dem Arbeitgeber gelang, die Konventionalstrafe direkt via das betreibungsrechtliche Rechtsöffnungsverfahren durchzusetzen, was eine Seltenheit ist. In aller Regel dürfte dieser beschleunigte Verfahrensweg allerdings zu riskant sein, da der Arbeitnehmer bei entsprechender Einredeerhebung die beantragte provisorische Rechtsöffnung meist leicht zu Fall bringen kann. Meistens werden Arbeitgeber deshalb besser beraten sein, von Anfang an den ordentlichen Klageweg zu beschreiten.

Bei der Formulierung der Sanktionen ist auch daran zu denken, dass nach der Konzeption von Art. 340b Abs. 2 OR die Bezahlung der Konventionalstrafe zur Befreiung vom Konkurrenzverbot führt (sogenannte Wandelpön). Vor allem, wenn Konventionalstrafen tief angesetzt sind, kann es für einen berechnenden Arbeitnehmer durchaus eine interessante Alternative sein, sozusagen proaktiv die Konventionalstrafe zu leisten, um sich so vergleichsweise günstig vom Verbot zu befreien. Um dies zu verhindern, muss die Klausel so formuliert sein, dass das Verbot auch bei Bezahlung der Konventionalstrafe weiter gilt.

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2.1.4 Besonders anspruchsvoll: Die Realexekution
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Neben Schadenersatz und Konventionalstrafe sieht Art. 340b Abs. 3 OR schliesslich als strengste Sanktion die Möglichkeit der sogenannten Realexekution vor, mit welcher dem konkurrenzierenden Arbeitnehmer in besonders schweren Fällen unter richterlicher Strafandrohung die Konkurrenzierung tatsächlich verboten werden kann. Schadenersatz und Genugtuung zielen demgegenüber nur auf finanziellen Ausgleich, hindern den Arbeitnehmer aber nicht direkt an der Konkurrenzierung. Auch die Realexekution steht wie die Konventionalstrafe nicht von Gesetzes wegen zur Verfügung, sondern muss in das Verbot explizit aufgenommen werden. Hier sind die Gerichte besonders streng. Eine praxistaugliche Formulierung lautet in Anlehnung an des Gesetzestext: «Der Arbeitgeber ist jederzeit berechtigt, die ­Beseitigung des vertragswidrigen Zustands zu verlangen.»

Neben diesem formellen Erfordernis sind auch die materiellen Hürden, die überwunden werden müssen, um eine Realexekution durchzusetzen, hoch.16 Zentral ist die Voraussetzung von Art. 340b Abs. 3 OR, wonach diese Massnahme durch «die verletzten oder bedrohten Interessen des Arbeitgebers und das Verhalten des Arbeitnehmers» gerechtfertigt sein muss. Verbotene Konkurrenzierung allein genügt also noch nicht. In der Praxis bedeutet dies, dass die Realexekution nur bei besonders treuwidrigem Handeln des Arbeitnehmers verlangt werden kann17 und dass dem Arbeitgeber daraus ein besonders grosser Schaden droht. Das Unterfangen Realexekution ist also schwierig, es muss aber entgegen einer verbreiteten Meinung nicht aussichtlos sein. Vor allem dann, wenn die Realexekution im Rahmen einer sogenannten superprovisorischen Verfügung, d.h. als vorsorgliche Massnahme und ohne vorgängige Anhörung des Arbeitnehmers, für die Dauer des Rechtsstreits verlangt wird, sprechen die Gerichte gelegentlich erstaunlich grosszügig solche provisorischen Verbote aus.18 Dies ist nur einer von mehreren Gründen, weshalb Arbeitgeber, welche die Realexekution ernsthaft erwägen, rasch handeln müssen. Dem Arbeit­geber, der zu lange zuwartet, droht nicht nur weiterer Schaden durch die fortgesetzte Konkurrenzierung, sondern er läuft überdies Gefahr, dass ihm die Gerichte deswegen das Recht auf vorsorgliche Massnahmen absprechen. Dies ist meistens gleichbedeutend mit dem Verlust dieses Rechtsbehelfs. Denn bei einer Durchsetzung der Realexekution allein auf dem ordentlichen Prozessweg, ohne vorsorgliche Massnahme für die Prozessdauer, wird die Verbotsdauer in aller Regel ablaufen, bevor überhaupt ein rechtskräftiges Urteil vorliegt. Das Verbot kann dann gar nie rechtswirksam werden.

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2.1.5 Formulierungsvorschlag
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Die folgende Musterformulierung berücksichtigt die vorstehenden Problemfelder und hat sich in der Praxis bewährt:19

«Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, während der Dauer dieses Vertrags und noch 18 Monate über das Vertragsende hinaus jegliche Konkurrenzierung zu unterlassen, insbesondere

weder eine Unternehmung, die ganz oder teilweise den gleichen Zweck wie die Arbeitgeberin verfolgt, zu gründen, noch sich an einer solchen zu beteiligen, noch eine entgeltliche oder unentgeltliche Stellung bei einer solchen anzunehmen;
für keine solche Unternehmung Leistungen irgendwelcher Art, sei es entgeltlich oder unentgeltlich, zu erbringen;
weder bestehende noch potenzielle Kundschaft der Arbeitgeberin abzuwerben.
Das Konkurrenzverbot erstreckt sich auf folgendes Gebiet: ………….20

Bei Zuwiderhandlung gegen das Konkurrenzverbot schuldet der Arbeitnehmer pro Übertretungsfall eine Konventionalstrafe in der Höhe von Fr. 50 000.–. Die Bezahlung der Konven­tionalstrafe befreit den Arbeitnehmer nicht von der weiteren Einhaltung des Konkurrenzverbots. In jedem Fall, auch bei Bezahlung der Konventionalstrafe, kann die Arbeitgeberin die Beseitigung des vertragswidrigen Zustands sowie den Ersatz weiteren Schadens verlangen.»

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2.2 Brüchige «Chinese Walls»
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Wenn ein Konkurrenzverbotsstreit ausbricht, verteidigen sich Arbeitnehmer häufig mit dem Argument, dass sie beim neuen Arbeitgeber eine ganz andere Funktion innehätten als zuvor beim alten Arbeitgeber. Sie würden somit den alten Arbeitgeber selber gar nicht konkurrenzieren. Zum Beweis werden manchmal sogar schriftliche Erklärungen des neuen Arbeit­gebers vorgewiesen, worin dieser bescheinigt, dass der Arbeitnehmer bei ihm einer anderen Tätigkeit nachgehe und durch interne Barrieren («Chinese Walls») sichergestellt sei, dass ein unternehmensinterner Wissenstransfer nicht stattfinden könne. Die Meinung ist recht verbreitet (notabene auch bei abwerbungsfreudigen Arbeitgebern), dass sich auf diese Weise tatsächlich Konkurrenzverbote aushebeln lies­sen. Dem ist aber nicht so. Das Bundesgericht hat zu Recht entschieden, dass es im Regelfall gerade nicht darauf ankommt, ob der Arbeitnehmer persönlich konkurrenziert.21 Es genügt bereits, dass er sich bei einem Konkurrenzunternehmen anstellen lässt, um den Konkurrenztatbestand zu erfüllen und damit das Verbot zu verletzen. Ebensowenig kommt es darauf an, ob der neue Arbeitgeber das Know-how des Arbeitnehmers über den alten Arbeitgeber tatsächlich ausnützt oder nicht. Mit anderen Worten rechtfertigt bereits die Möglichkeit des internen Wissenstransfers und der damit verbundenen Schädigung des alten Arbeitgebers die Annahme einer Verletzungshandlung. Anders zu ­entscheiden hiesse, Missbrauchs- und Umgehungshandlungen Tür und Tor zu öffnen. Namentlich hätte der alte Arbeitgeber überhaupt keine taugliche Handhabe, um die Wirksamkeit der angeblich vom Konkurrenzunternehmen errichteten «Chinese Walls» zu verifizieren.

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2.3 Wechsel eines externen Beraters zum beratenen Unternehmen
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Bis heute nicht geklärt ist, ob der Arbeitnehmer auch dann im rechtlichen Sinn konkurrenziert, wenn er in einem Unternehmen eine Stellung annimmt, die er dort vorher für seinen alten Arbeitgeber als externe Hilfskraft ausübte. Das kommt gerade im Beratungsgeschäft nicht selten vor, indem zum Beispiel die beratene Firma den externen, bei einem Treuhandunternehmen angestellten Buchhalter oder Revisor abwirbt und zu tieferen Kosten gleich selber anstellt. Der Arbeitnehmer konkurrenziert dann zwar mit seiner Arbeitskraft und hat dem alten Arbeitgeber den Kunden abgenommen, er tritt aber weder selbst noch durch den neuen Arbeitgeber als Konkurrent auf dem Markt auf. Der Begriff der Konkurrenzierung, die vom Gesetzgeber in Art. 340 Abs. 1 OR ­gegebenen Beispiele und die Tatsache, dass durch eine solche Ausdehnung das Konkurrenzverbot einem Berufsverbot angenähert wird, sprechen eher dagegen, dass dem Arbeitnehmer eine solche Tätigkeit bei einem Kunden verboten werden kann. Das Ober­gericht des Kantons Zürich hat allerdings in einem Entscheid aus dem Jahr 1986 die Verbindlichkeit eines solchen Verbots geschützt.22 So gesehen kann die entsprechende Ausdehnung des Konkurrenzverbots aus unternehmerischer Sicht und im Sinne einer vorbeugenden Massnahme Sinn machen, auch wenn die rechtliche Durchsetzbarkeit ungewiss ist. Alternativ kann auch versucht werden, die Abwerbeproblematik im Vertrag mit dem Kunden zu regeln, dass also z.B. im Beratungsvertrag die Abwerbung von Mitarbeitern verboten oder mit Entschädigungszahlungen sanktioniert wird. Hier gilt es allerdings die Gesetzesum­gehung hinsichtlich Art. 340 OR und Art. 19 und 22 des Arbeitsvermittlungsgesetzes (AVG) im Auge zu behalten.23

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2.4 Unzulässigkeit bei bestimmten Berufsgruppen
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Besondere Regeln haben Lehre und Rechtsprechung für die sogenannten freien Berufe entwickelt, zu welchen vor allem Ärzte, Zahnärzte, Rechtsanwälte, Architekten und Ingenieure gezählt werden. Nach einem neueren, unveröffentlichten Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 4. März 2008 sollen auch bestimmte Berufe in der Werbebranche von den freien Berufen erfasst sein,24 nicht aber der Revisor, da hier das handwerkliche, nicht das persönliche Element im Vordergrund stehen soll.25 Diesen Sonderregeln liegt die Überlegung zugrunde, dass bei den freien Berufen primär die persönlichen Fähigkeiten für den Erfolg bei den Kunden massgebend seien. Arbeitgeber und Arbeitnehmer würden beide in erster Linie die an der Hochschule erworbenen Kenntnisse anwenden. Deshalb werden Konkurrenzverbote für diese Berufsgruppen in der Regel als unzulässig betrachtet oder stark eingeengt.26

Nach dem derzeitigen Stand der Rechtsprechung ist damit davon auszugehen, dass Treuhänder wie Revisoren nicht in den Anwendungsbereich der freien Berufe fallen und somit gültig Konkurrenzverboten unterworfen werden können. Im Einzelfall sind aber auch hier Ausnahmen möglich, wie ein neueres Urteil des Arbeitsgerichts Zürich zeigt:27 In diesem Entscheid wurde ein partielles, auf Kundenabwerbung beschränktes Konkurrenzverbot eines Vermögensverwalters für unzulässig erklärt, weil bei ihm die persönlichen Erfahrungen, sein Wissen und Verständnis für die Zusammenhänge auf dem Geldmarkt und sein Gespür dafür, wie das Geld am besten angelegt werde, die Kundenbeziehung prägten. Die Kundenbeziehung sei somit auf die persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten des Arbeitnehmers zurückzuführen, weshalb im Lichte von Lehre und Rechtsprechung ein Konkurrenzverbot unzulässig sei.28 Was für diesen Vermögensverwalter galt, kann in gleichem Masse auch auf einen Treuhänder zutreffen, der eine besonders enge Kundenbindung hat. Immer dann also, wenn die Kunden dem Arbeitnehmer nicht wegen den beim Arbeitnehmer erworbenen Kenntnissen, sondern wegen dessen besonderen, persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten folgen, ist die Durchsetzbarkeit eines Konkurrenzverbots fraglich. Es fehlt diesfalls am Kausalzusammenhang zwischen den erworbenen Spezialkenntnissen und der Schädigungsmöglichkeit.29 Dafür, dass im konkreten Fall tatsächlich eine derart enge, die Zulässigkeit einer Konkurrenzklausel ausschliessende persönliche Kundenbindung bestand, ist allerdings der Arbeitnehmer beweispflichtig.

Meist untauglich ist hingegen das häufig gehörte Abwehrargument von Arbeitnehmern, das Konkurrenzverbot laufe auf ein Berufsverbot hin­aus. Es sind kaum Entscheide bekannt, welche die Verbindlichkeit eines Konkurrenzverbots mit diesem Argument abgelehnt haben.

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2.5 Konkurrenzverbote im Konzern
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Ein oft diskutiertes, aber noch nicht schlüssig entschiedenes Problem stellt sich bei Konzernstrukturen. Vertragliche Konkurrenzverbote sehen manchmal vor, dass nicht nur die Konkurrenzierung des rechtlichen Arbeitgebers verboten sei, sondern auch von anderen Konzerngesellschaften. Der Wortlaut «gegenüber dem Arbeitgeber» in Art. 340 Abs. 1 OR spricht eigentlich gegen eine solche Ausdehnung. Dennoch befürwortet die überwiegende Lehre deren Zulässigkeit.30 Notwendig ist in jedem Fall, dass die Ausdehnung auf Konzerngesellschaften ausdrücklich in der Konkurrenzklausel erwähnt wird,31 ebenso, dass der Arbeitnehmer den Kundenkreis oder die Fabrikations- oder Geschäftsgeheimnisse dieser Gesellschaften tatsächlich kennengelernt hat. Zusätzlich ist zu fordern, dass deren Konkurrenzierung den Arbeitgeber erheblich – wenn auch indirekt über die Konzernverbundenheit – schädigen kann, da die Verpflichtung nur «gegenüber dem Arbeitgeber» (Art. 340 Abs. 1 OR) eingegangen werden kann und die gesetzlichen Voraussetzungen des Konkurrenzverbots auch auf ihn bezogen erfüllt sein müssen.32

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2.6 Kundenschutzklauseln
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Es kommt vor, dass im Arbeitsvertrag anstelle eines umfassenden Konkurrenzverbots lediglich eine Kundenschutzklausel vorgesehen wird. Damit wird dem Arbeitnehmer die nachver­tragliche Konkurrenzierung als solche nicht verboten, d.h. er darf sich durchaus bei einem Konkurrenten anstellen lassen oder als Selbstständigerwerbender eine konkurrenzierende Tätigkeit aufnehmen. Hingegen verbieten solche Kundenschutzklauseln die Abwerbung von bestehenden Kunden während eines bestimmten Zeitraums nach Arbeitsvertragsende. Häufig werden solche Klauseln wie die eigentlichen Konkurrenzverbote mit Konventionalstrafen oder der Möglichkeit der Realvollstreckung verbunden. Obwohl solche Kundenschutzklauseln deutlich weniger weit gehen als die klassischen Konkurrenzverbote, will das Bundes­gericht spätestens seit BGE 130 III 353 die Schutzbestimmungen von Art. 340 ff. OR auch auf diese Klauseln angewendet wissen.33 Dies hat insbesondere zur Folge, dass auch blosse Kundenabwerbungsverbote den formellen Voraussetzungen von Art. 340 OR (insbesondere dem Schriftformerfordernis), den örtlichen, zeitlichen und sachlichen Grenzen von Art. 340a OR sowie den Wegfalltatbeständen von Art. 340c OR unterliegen.

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2.7 Vorsicht bei der Vertragsbeendigung
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Erstaunlich häufig wird in der betrieblichen Praxis übersehen, dass eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber in aller Regel automatisch zum Wegfall des Konkurrenzverbots führt. Für einmal handelt es sich hier nicht um eine richterliche Rechtsfortschreibung, sondern um eine unmissverständliche gesetzliche Anordnung von Art. 340c Abs. 2 OR. Wohl sieht diese Bestimmung die Möglichkeit vor, dass das Konkurrenzverbot bei einem begründeten, vom Arbeitnehmer zu vertretenden Kündigungsanlass aufrechterhalten bleibt. Dafür ist aber der Arbeitgeber beweispflichtig, was in der Regel ein sehr schwieriges Unterfangen ist. Faktisch heisst dies nichts anderes, als dass sich ein Arbeitgeber bewusst sein muss, dass er mit seiner Kündigung mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit den Konkurrenzverbotsschutz verliert. Diese Gefahr besteht auch dann, wenn der Kündigungsentscheid eigentlich vom Arbeitnehmer ausgeht, die Par­teien aber übereinkommen, dass die formelle Kündigung zum Beispiel zur Vermeidung von arbeitslosenversicherungsrechtlichen Nachteilen vom Arbeitgeber ausgesprochen wird.

Kündigt der Arbeitnehmer, verhält es sich gerade umgekehrt. Dies ist nun der klassische Fall, bei welchem das Konkurrenzverbot nach der Konzeption von Art. 340c Abs. 2 OR greifen soll. Hier müsste der Arbeitnehmer beweisen, dass ihm der Arbeitgeber einen begründeten Anlass zur Kündigung gegeben hat. Nur dann würde das Konkurrenzverbot entfallen. Die Rechtsprechung hat einen solchen begrün­deten Anlass etwa bejaht bei einem vom Ar­beitgeber zu verantwortenden schlechten Betriebsklima, bei vom Arbeitgeber verfügten Änderungen des Tätigkeitsbereichs des Arbeitnehmers ohne vorheriges Gespräch, bei erheblichen Lohneinbussen, bei einseitiger Beschneidung des Verkaufsgebiets mit entsprechenden Provisionseinbussen oder bei Versetzungen an einen anderen Arbeitsort.34

Vorsicht ist auch dann angebracht, wenn das Arbeitsverhältnis nicht durch Kündigung, sondern durch Aufhebungsvertrag einvernehmlich beendet wird. Nach dem Wortlaut von Art. 340c Abs. 2 OR bestünde an sich kein Grund, einen Wegfalltatbestand anzunehmen, da ein Aufhebungsvertrag keine Kündigung darstellt. Die neuere Literatur und Rechtsprechung nehmen allerdings Differenzierungen vor, je nach Inhalt des Aufhebungsvertrags und der Umstände, die zu ihm führten.35 Aus diesem Grund ist zu empfehlen, dass im Aufhebungsvertrag der Fort­bestand des Konkurrenzverbots ausdrücklich festgehalten wird, wenn dies dem Parteiwillen entspricht.

Ein neuerer Entscheid des Bundesgerichts zeigt exemplarisch auf, dass im Zusammenhang mit dem Wegfall von Konkurrenzverboten weitere Fallstricke drohen. Im Entscheid BGE 4A_581/2008 hatten Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Laufe der Jahre verschiedene Nachträge zum ursprünglichen Arbeitsvertrag aus dem Jahr 2002 unterzeichnet. Während die Nachträge 2004 und 2005 jeweils ausdrücklich die Weitergeltung des im ursprünglichen Arbeitsvertrag aus dem Jahr 2002 enthaltenen Konkurrenzverbots erwähnten, fehlte dieser Hinweis im Nachtrag 2006. Daraus schloss das Bundesgericht:

«Die Vorinstanz ging zu Recht davon aus, dass durch die Nichterwähnung des Konkurrenzverbots im Nachtrag 2/2006 zumindest eine Unklarheit hinsichtlich der Weitergeltung von Art. 9 des Arbeitsvertrags vom 1. Mai 2002 entstand. Wenn der ursprüngliche Arbeitsvertrag integral weiter gegolten hätte, hätte in der Tat keine Veranlassung bestanden, in den Nachträgen 2/2004 und 1/2005 festzuhalten, das im Arbeitsvertrag vom 1. Mai 2002 vereinbarte Konkurrenzverbot bleibe weiterhin gültig. Indem die Vorinstanz diese Unklarheit zu Lasten der Beschwerdeführerin auslegte und aufgrund aller Umstände von einem qualifizierten Schweigen sowie von einer konkludenten Aufhebung des im Arbeitsvertrag vom 1. Mai 2002 vereinbarten Konkurrenzverbots ausging, hat sie kein Bundesrecht verletzt.»

Weitere Klippen gilt es im Zusammenhang mit der Vertragsbeendigung zu umschiffen. In vielen Arbeitszeugnissen findet sich ganz zum Schluss die Standardformulierung: «Herr X. verlässt unser Unternehmen frei von jeder Verpflichtung» (oder ähnlich). Verschiedene Gerichte, so auch das Arbeitsgericht Zürich, werten eine solche Formulierung als verbindlichen Verzicht auf das Konkurrenzverbot.36 Will ein Arbeitgeber dies verhindern, sollte er unbedingt auf diese ohnehin unnötige Floskel verzichten. Schliesslich wurde auch schon einmal vom Bezirksgericht St.Gallen entschieden, dass das längere Dulden einer konkurrenzierenden Tätigkeit einen konkludenten Verzicht auf das Konkurrenzverbot darstelle.37 Ein Arbeitgeber, der sich gegen eine Konkurrenzverbotsverletzung zur Wehr setzen will, ist schon deshalb gut beraten, nicht allzu lange zuzuwarten und der drohenden Verzichtsannahme mit einem Protestschreiben oder mittels Klage rasch entgegenzuwirken.

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3. Schlussbemerkung
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Den vorstehenden Ausführungen liegt überwiegend eine Arbeitgeberoptik zugrunde, d.h. es werden primär Optimierungsmöglichkeiten aus Arbeitgebersicht beleuchtet. Diese Fokussierung hängt mit der Vermutung zusammen, dass Treuhänder und Berater ihrer Funktion entsprechend Konkurrenzverbote in erster Linie aus dem Blickwinkel des Arbeitgebers interessieren werden. Diese inhaltliche Ausrichtung will aber nicht so verstanden werden, dass eine überbordende Verbreitung von Konkurrenzverboten anzustreben wäre. Im Gegenteil: Man kann mit Fug den Standpunkt einnehmen, dass das Konkurrenzverbotsrecht des OR mit unserer liberalen Wirtschaftsverfassung, für welche der freie Wettbewerb eine fundamentale Stütze ist, eigentlich unvereinbar ist. Eine massvolle Revi­sion des OR wäre nach der hier vertretenen Auffassung daher zu begrüssen. Dies könnte zum Beispiel dadurch geschehen, dass die Zulässigkeit von Konkurrenzverboten auf Fälle von eigentlichem Missbrauch (Verstoss gegen Treu und Glauben) beschränkt oder – wohl praxis­tauglicher – an eine obligatorische finanzielle Gegenleistung des Arbeitgebers, eine sogenannte Karenzentschädigung, gebunden würde.38 In diesen Fällen sollten Konkurrenzver­bote dann aber im Gegenzug auch rasch und griffig durchgesetzt werden können. So wäre vorstellbar, dass hier die Realexekution generell zugelassen und eine richterliche Reduktion von Konventionalstrafen bis zu einem Höchstbetrag von zum Beispiel einem halben Jahressalär gesetzlich ausgeschlossen würde.

Zu einer solchen Revision wäre der Gesetzgeber aufgerufen, der bis anhin aber keine erkennbaren Anstalten trifft, aktiv zu werden. Dies ist bedauerlich und eigentlich inkonsequent, wenn man bedenkt, dass das Streben nach freiem und globalem Wettbewerb, nach Beseitigung von Handelshemmnissen jedwelcher Art, nach Zerschlagung kartellistischer oder marktbeherrschender Strukturen und generell der Ruf nach deregulierten Märkten seit Jahren ein prägendes Credo der schweizerischen und internationalen Wirtschaftspolitik bildet. Es ist nur schwer nachzuvollziehen, weshalb diese Entwicklung zu mehr Wettbewerb ausgerechnet im Bereich des Arbeitsrechts, wo es immerhin um die wirtschaftliche Existenzgrundlage der ganz überwiegenden Bevölkerungsmehrheit geht, keine Spuren hinterlässt.

Dass angesichts des Untätigbleibens des Gesetzgebers und des weit verbreiteten Unbehagens gegenüber solchen nachvertraglichen Einschränkungen Gerichte vermehrt dazu übergehen, Konkurrenzverbotsfälle durch bisweilen recht extensive Gesetzesauslegung arbeitnehmerfreundlich zu entscheiden, ist vor diesem Hintergrund bis zu einem gewissen Grad nachvollziehbar. Aus rechtsstaatlicher Sicht löst ein solches Richterrecht aber Unbehagen aus, und der Rechtssicherheit und Rechtsgleichheit ist diese Entwicklung ohnehin nicht förderlich.39 Es wäre auch deshalb geboten, dass der Gesetzgeber zur Tat schreitet und das Konkurrenzverbotsrecht des OR einer zeitgemässen, dem übrigen wirtschaftlichen Umfeld entsprechenden Regelung zuführt. Die vorgeschlagene Verbindung von Konkurrenzverboten mit einer obligatorischen Karenzentschädigung könnte schliesslich durchaus auch im Interesse der Arbeitgeberschaft liegen. Dies insofern, als immer dann, wenn Konkurrenzverbote wirklich wichtig und deshalb dem Arbeitgeber auch etwas wert sind, ein effektiverer Rechtsschutz zur Verfügung gestellt würde, der auch von den Gerichten respektiert werden müsste.

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  1. Vorbemerkung: Die nachfolgenden Zitate beziehen sich auf die jeweils neuste Auflage der entsprechenden Werke. Die zitierten Bundesgerichtsurteile lassen sich auf der Website des Bundesgerichts abrufen: www.bger.ch.
  2. Damit ist zumindest die Unterschrift des sich verpflichtenden Arbeitnehmers notwendig. Eine blosse Be­zugnahme im Arbeitsvertrag auf ein Reglement, in welchem das Verbot enthalten ist, genügt nach zutreffender Auffassung nicht. So auch das Ober­gericht des Kantons Zürich in einem unveröffentlichten Entscheid vom 4. März 2008 (Geschäfts-Nr. LA060009). Vgl. ferner Roger Rudolph, Vertragsänderungen, Referat gehalten an der Tagung des Europa-Instituts der Universität Zürich vom 17. November 2009 (Publikation erfolgt im Frühling 2010); Kommentar Streiff/von Kaenel, N 5 zu Art. 340 OR, mit Hinweisen auch auf gegenteilige Meinungen.
  3. Nicht notwendig ist, dass das Konkurrenzverbot im Arbeitsvertrag selber enthalten ist. Es kann ohne Weiteres auch in einem Zusatz zum Arbeitsvertrag schriftlich vereinbart werden, sei es zu Vertragsbeginn oder während der Dauer der Anstellung.
  4. Nach der nicht unumstrittenen Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGE 4C.360/2004; BGE 101 Ia 450) ist es in Bezug auf den Einblick in den Kundenkreis notwendig, dass der Arbeitnehmer persönlichen Kontakt zu den Kunden hat, der es ihm erlaubt, deren Eigenschaften und Bedürfnisse kennenzulernen. Weiterführend dazu, mit einem ausführlichen Überblick über den aktuellen Meinungsstand, Kommentar Streiff/von Kaenel, N 9 zu Art. 340 OR. Eine klassische Berufsgruppe, für welche diese Voraussetzung in aller Regel erfüllt ist, sind die Aussendienstmitarbeiter.
  5. Das Vorliegen eines Geschäfts- oder Fabrikationsgeheimnisses setzt keine Patentierbarkeit oder anderweitige Schutzfähigkeit voraus. Notwendig sind aber technische, organisatorische oder finanzielle Spezialkenntnisse, die geheim sind und die der Arbeitgeber geheim halten will. Beispiele: Technisches Know-how, Pläne, Laborbefunde, Lieferquellen, Preiskalkulationen, Marketingstrategien. Nicht darunter fällt allerdings, was in die Berufserfahrung eingeflossen ist (BGE 4A_417/2008; BGE in JAR 1988, S. 345), ebenso­wenig allgemeine Branchenkenntnisse.
  6. Die Gerichtspraxis ist diesbezüglich zugunsten der Arbeitgeberschaft eher grosszügig. Sobald sich die Wirkungsfelder der beiden Konkurrenten auch nur teil­weise überschneiden, wird das Vorliegen dieses Erfordernisses der erheblichen Schädigungsmöglichkeit regel­mässig bejaht.
  7. Die häufige Ausdehnung auf die ganze Schweiz geht in den meisten Fällen deutlich zu weit und wird von den Gerichten regelmässig erheblich reduziert. Massgeblich sind der wirtschaftliche Tätigkeitsbereich des Arbeitgebers sowie der räumliche Wirkungsbereich der besonderen Kenntnisse, die der Arbeitnehmer erwirbt.
  8. Art. 340a Abs. 1 OR sieht als Maximum in der Regel drei Jahre vor. Die Gerichtspraxis ist allerdings deutlich strenger, vor allem, wenn es nur um den Kundenschutz und nicht um eigentliche Geschäfts- oder Fabrikationsgeheimnisse geht. Eine in den meisten Fällen taugliche Obergrenze dürfte bei 18 Monaten liegen.
  9. Das Gesetz spricht hier von einer Begrenzung nach dem «Gegenstand». Damit ist der Umfang der verbotenen Tätigkeit gemeint. Es lassen sich zwei Grundformen unterscheiden: Das allgemeine oder unternehmensbezogene Konkurrenzverbot und das partielle oder tätigkeitsbezogene Konkurrenzverbot andererseits. Ersteres ist verbreiteter und verbietet jede Tätigkeit in einem Konkurrenzunternehmen, Letzteres bloss eine persönliche Tätigkeit im bisherigen Arbeitsgebiet.
  10. Anders zum Beispiel die Regelung in Deutschland, wo die Ausrichtung einer Karenzentschädigung obligatorisch ist. Aber auch für schweizerische Arbeitgeber kann es Sinn machen, eine Karenzentschädigung freiwillig in die Konkurrenzklausel aufzunehmen. Zum Beispiel bei langjährigen Mitarbeitern mit intensiver Kundenbindung, deren allfällige spätere Konkurrenzierung eine besondere Bedrohung für den Arbeitgeber darstellen könnte. Sobald nämlich eine Karenzentschädigung ausgerichtet wird, neigen die Gerichte dazu, Konkurrenzverbote strenger zu handhaben, als wenn kein Entgelt bezahlt wird.
  11. Statt vieler: BGE 92 II 22; ZR 1997, Nr. 94; Kommentar Streiff/von Kaenel, N 11 zu Art. 340a OR.
  12. Zum Beispiel: «Ganze Schweiz», «Drei Jahre», «Konventionalstrafe: ein Jahressalär pro Fall» etc.
  13. Konkurrenzverbote gegenüber den vermittelten Personen sind demgegenüber gemäss Art. 19 Abs. 5 lit. b Arbeitsvermittlungsgesetz (AVG) ausgeschlossen.
  14. Art. 340b Abs. 1 OR.
  15. BGE 4A_126/2009.
  16. Weiterführend zur Realvollstreckung Roger Rudolph, Die Realexekution von arbeitsrechtlichen Konkurrenzverboten, in: ARV 2003, S. 1 ff., und TREX 6/2003, S. 324 ff.
  17. Dies wird zum Beispiel bejaht bei besonders aggressiver oder täuschender Abwerbung der Kunden, bei der Mitnahme von Kundenlisten des alten Arbeitgebers oder wenn sich der Arbeitnehmer eine allfällige Konventionalstrafe vom neuen Arbeitgeber bezahlen lässt; vgl. dazu weiterführend Kommentar Streiff/von Kaenel, N 8 zu Art. 340b OR.
  18. Einschränkender das Bundesgericht in Praxis 2006, Nr. 32, wonach die Realvollstreckung als vorsorgliche Massnahme nur bei relativ klarer Begründetheit des Begehrens gewährt werden soll.
  19. Angelehnt an die Musterformulierung in der Mustersammlung von Streiff/Pellegrini/von Kaenel, Vertragsvorlagen, 4. Auflage 2008, S. 154.
  20. Je nach wirtschaftlichem Tätigkeitsbereich, z.B.: «Umkreis von 20 Kilometern um St.Gallen», «Die Kantone X, Y und Z» oder – allerdings meistens schon über­mässig – «das Gebiet der deutschsprachigen Schweiz».
  21. BGE 4C.298/2001. Ebenso Frank Vischer, Der Arbeitsvertrag, 3. Auflage 2005, S. 273; Kommentar Streiff/von Kaenel, N 4 zu Art. 340a OR.
  22. JAR 1987, S. 156.
  23. Weiterführend zum Ganzen Kommentar Streiff/von Kaenel, a.a.O., N 7 zu Art. 340 OR.
  24. Geschäfts-Nr. LA060009.
  25. JAR 1982, S. 213; JAR 1988, S. 349.
  26. Statt vieler: BGE 4C.100/2006, mit einer guten Zusammenfassung des aktuellen Meinungsstands; Kommentar Streiff/von Kaenel, N 11 zu Art. 340 OR, mit zahlreichen weiteren Hinweisen.
  27. Entscheide des Arbeitsgerichts Zürich 2007, Nr. 36. Ausführlich dazu mit kritischer Würdigung Roger Rudolph, Kontakte zu Kunden des alten Arbeitgebers nach einem Stellenwechsel, Eine rechtliche Auslegeordnung unter besonderer Berücksichtigung der Eigenheiten in der Finanzbranche, in: Arbeitsrecht, Zeitschrift für Arbeitsrecht und Arbeitslosenversicherung (ARV), 2/2009, S. 93 – 110.
  28. Ähnliche Entscheide sind in Bezug auf Turn-, Tanz- und Reitlehrer sowie auf Coiffeure (bei Letzteren gibt es aber auch ein Gegenbeispiel) ergangen.
  29. Zum Ganzen, mit zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung, Kommentar Streiff/von Kaenel, N 10 zu Art. 340 OR.
  30. Kommentar Brühwiler, N 3 zu Art. 340a OR, Häfliger, Das Konkurrenzverbot im neuen schweizerischen Arbeitsvertragsrecht, 2. Auflage 1975, S. 107; Neeracher, Das arbeitsvertragliche Konkurrenzverbot, 2001, S. 54 ff.; BK-Rehbinder, N 4 zu Art. 340a OR;ZK-Staehelin, N 19 zu Art. 340 OR; kritisch Kommentar Streiff/von Kaenel, N 7 zu Art. 340 OR.
  31. Wobei, um Auslegungsstreit möglichst zu vermeiden, die vom Schutzbereich zu erfassenden Konzerngesellschaften in «Insbesondere»-Form namentlich erwähnt werden sollten.
  32. Weiterführend zum Ganzen Nicole Zürcher Fausch, Konkurrenzverbote in Konzernverhältnissen, ASR 737, 2007.
  33. Ebenso das Obergericht des Kantons Zürich in einem unveröffentlichten Entscheid vom 4. März 2008 (Geschäfts-Nr. LA060009).
  34. Eine ausführliche Übersicht über die Rechtsprechung findet sich im Kommentar Streiff/von Kaenel, N 6 zu Art. 340c OR.
  35. BGE 4A_209/2008 = ARV 2008, S. 288 ff.; SJZ 2010, S. 21 f.; Neeracher, a.a.O., S. 77.
  36. JAR 1994, S. 249; ZR 1997, Nr. 94; weiterer Quellennachweis im Kommentar Streiff/von Kaenel, N 8 zu Art. 340c OR.
  37. JAR 1994, S. 244.
  38. Eine einfache und pragmatische Regelung für eine solche Gesetzesnovelle könnte sein, dass das OR um einen neuen Artikel ergänzt wird, wonach der Arbeitgeber beim Vertragsende dem Arbeitnehmer mitzuteilen hat, ob er am Konkurrenzverbot festhalten will oder nicht. Falls der Arbeitgeber daran festhält, könnte eine monatliche Karenzentschädigung von zum Beispiel der Hälfte des zuletzt bezahlten Monatslohns als Mindest­entschädigung gesetzlich vorgesehen werden. Weiter könnte dem Arbeitgeber das Recht eingeräumt werden, unter Einhaltung einer Ankündigungsfrist von zum Beispiel sechs Monaten jederzeit auf die Einhaltung des Konkurrenzverbots zu verzichten, womit dann auch die Karenzentschädigung entfiele. Eine solche neue Bestimmung liesse sich ohne grössere Probleme in die bestehenden Art. 340 bis Art. 340c OR einfügen.
  39. So ist es denn möglich geworden, dass z.B. Konkurrenzverbote für Coiffeurangestellte je nach zuständigem Gericht einmal für zulässig und ein anderes Mal für unzulässig taxiert worden sind; dazu Kommentar Streiff/von Kaenel, a.a.O., N 10 zu Art. 340 OR mit Hinweis auf SJZ 1935, S. 32, BGE 101 Ia 450, JAR 1983, S. 211 und ZR 2001, Nr. 92.
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