Issue
Category
Content
Text

Das Bundesgericht präzisiert seine Rechtsprechung zu den Voraussetzungen für einen Schuldspruch wegen Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit. Aufgrund der gesetzlichen Entwicklung der letzten Jahre müssen Lenker eines Motorfahrzeugs nach einem Unfall immer mit der Möglichkeit eines Alkoholtests rechnen. Eine Ausnahme kann gelten, wenn der Unfall ohne Zweifel auf eine vom Lenker völlig unabhängige Ursache zurückzuführen ist. Ein Waadtländer Autolenker kollidierte 2014 mit einem Wildschwein. Nach dem Unfall trank er 20 Milliliter eines stark alkoholhaltigen Arzneimittels (Carmol). Er fuhr seinen Wagen anschliessend rund hundert Meter weiter auf einen Feldweg und rief die Polizei. Weil der Lenker mit dem nachträglichen Alkoholkonsum eine Feststellung des Alkoholwerts zum Zeitpunkt des Unfalls verunmöglicht hatte, wurde er der Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit schuldig gesprochen und mit einer bedingten Geldstrafe und einer Busse bestraft. Das Bundesgericht weist die Beschwerde des Betroffenen ab. Gemäss Strassenverkehrsgesetz macht sich der Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit unter anderem schuldig, wer sich als Motorfahrzeugführer vorsätzlich einer Alkoholkontrolle entzieht oder den Zweck dieser Massnahme vereitelt. Das kann etwa der Fall sein, wenn ein Fahrzeuglenker nach einem Unfall pflichtwidrig die Polizei nicht beizieht oder wenn er wie hier nach dem Unfall Alkohol konsumiert hat. Gemäss bisheriger Rechtsprechung wurde für eine entsprechende Verurteilung nach einem Unfall vorausgesetzt, dass der Lenker mit einer hohen Wahrscheinlichkeit mit der Anordnung einer Massnahme zur Feststellung des Alkoholgehalts rechnen musste. Diesbezüglich nimmt das Bundesgericht eine Präzisierung seiner Rechtsprechung vor. Demnach müssen Fahrzeuglenker künftig bei einem Unfall grundsätzlich immer mit der Möglichkeit eines Alkoholtests rechnen. Eine Ausnahme kann nur dann gelten, wenn der Unfall ohne jeden Zweifel auf eine vom Lenker völlig unabhängige Ursache zurückzuführen ist. Die vorliegende Anpassung der Rechtsprechung ergibt sich aus der gesetzlichen Entwicklung bezüglich Alkoholkontrollen in den vergangenen Jahren. Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass sich das Feld möglicher Situationen, in denen eine Alkoholkontrolle angeordnet werden kann, erweitert hat. So können Fahrzeugführer nunmehr ohne entsprechenden Anfangsverdacht einer Atemalkoholprobe unterzogen werden. Entsprechende Tests dürfen von der Polizei auch systematisch durchgeführt werden.

Art. 91a und Art. 55 SVG; Art. 10 Abs. 1 SKV

Text

(BGer., 3.06.16 {6B_756/2015}, Medienmitteilungen des Schweizerischen Bundesgerichts, 23.06.16 www.bger.ch)

Tags
Date