Liebe Leserin, lieber Leser
Verwaltungsentscheide rufen vermehrt Kopfschütteln hervor.
Einer Gemeinde wurde der Bau einer 30er-Zone verweigert. Sie baute anschliessend «Berliner Kissen» in die Strasse ein, die es wenig ratsam machen, mit mehr als 30 km/h darüberzufahren.
Die Steuerämter des Kantons Zürich haben für die Grundstückgewinnsteuer bestimmt, dass die übliche Maklerprovision maximal 2 % beträgt, obwohl seit Jahrzehnten – z. B. für Bauland und Eigentumswohnungen – 3 % üblich sind. Ein Vorstandsbeschluss des «Verbands der Gemeindesteuerämter» (!) hat kürzlich entschieden, dass für teurere Objekte die Honorare noch tiefer seien und hat dazu sogar eine Liste erstellt. Die kantonalen Richter stützen solche unlauteren Massnahmen. Aus Kostengründen hat noch nie jemand dazu einen Bundesgerichtsentscheid erzwungen.
Dem Verband (SVIT) wurde von der Kartellkommission unter Strafandrohung verboten, seinen Mitgliedern Empfehlungen über die Höhe der Provisionen abzugeben. Begründung: Der freie Markt sollte spielen. Dies gilt offensichtlich für alle, nur nicht für die staatlichen Organe.
Nun ja, wir haben in den letzten Jahrzehnten vehement verlangt, dass die staatlichen Stellen ökonomischer handeln und denken. Dabei haben wir bedauerlicherweise nicht realisiert, dass den Beamten die Kultur und das Geschäftsgebaren von Kaufleuten abgeht und diese knallhart – d. h. ohne die ethischen Grundsätze, welche Basis des Handels sind – ihre Ziele bedenkenlos erreichen wollen. Man fragt sich, ob wir immer mehr in einer «Beamtendiktatur» leben, welche das Recht nach Belieben beugt und die unsere hochgelobte Demokratie immer mehr zur Farce macht.
Niemand weist die Verwaltung in die Schranken, weder Regierung noch Parteien. Für Private sind die Gerichtskosten zu hoch, um sich zu wehren. Die Gerichte versuchen, wenn immer möglich, Vergleiche zu erzielen, und drücken sich davor, klare Rechtsverhältnisse zu schaffen.
Genügt uns da die lapidare Feststellung, dass es uns ja immer noch besser gehe als allen anderen?
André J. Ginesta