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Liebe Leserin, lieber Leser

«Man kann nicht nicht kommunizieren», hat der österreichisch-amerikanische Philosoph Paul Watzlawick einst geschrieben. Er hat den Nagel auf den Kopf getroffen. Selbst wenn wir nichts sagen, sagen wir etwas. Und das erst noch sehr deutlich – Schweigen ist ein starkes Signal. Doch an der Stille liegt es selten. Dank der heutigen technischen Hilfsmittel können wir uns immer und überall mitteilen. Oft ist es laut um uns herum, vielleicht etwas zu laut. Quantitativ funktioniert die Kommunikation einwandfrei. Qualitativ indes liegt etliches im Argen. Wir reden viel und sagen doch wenig. E-Mail, WhatsApp, Twitter, Facebook und Co.: Kurz und abgehackt sind unsere Sätze geworden. Ich brauche das! Ich will nicht! Treffen um 18 Uhr! Ruf mich an!

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Geben wir der Kommunikation ihre Qualität zurück.
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Als passionierter Ruderer weiss ich: Im selben Boot zu sitzen, reicht alleine nicht. Man muss auch im gleichen Takt rudern. Wer vorwärts kommen will, weiss, was sein Gegenüber tut. Plakativ ausgedrückt: Bauen zwei einen Tunnel durch die Alpen und reden nicht richtig miteinander, kommt das schief. Im wahrsten Sinne des Wortes. Jener, der vom Süden her gräbt, bricht im Bündnerland durch. Sein Kompagnon, der den Bohrer im Norden angesetzt hat, sieht das Tageslicht im Wallis wieder. Treffsicherheit ist anders. Ein überspitzter Vergleich, zweifelsohne. Doch solche Missverständnisse entstehen durch unsere Marginalkommunikation. Zwar sind sie wohl meistens nicht derart dramatisch und wohl auch etwas weniger kostenintensiv als das oben Beschriebene. Doch jeder vermeidbare Schaden ist ärgerlich.

Es ist paradox: Obwohl wir täglich miteinander in Kontakt stehen, kennen wir uns nicht mehr; werden einander immer fremder – weil wir nicht mehr richtig miteinander kommunizieren. Deswegen: Nehmen wir es wieder in die Hand. Reden wir. Diskutieren wir Probleme aus, statt sie totzuschweigen. Stehen wir auf und gehen zum Büronachbarn, statt ihm eine anonyme E-Mail zu schreiben. Erlauben wir uns dabei, auch mal über ein Thema jenseits der Arbeitswelt zu plaudern. Vor allem aber: Sprechen wir in ganzen Sätzen. Geben wir der Kommunikation ihre Qualität zurück. Sagen wir wieder etwas, wenn wir reden.

Toni Bussmann

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