Liebe Leserin, lieber Leser
Schnaubende Ungeheuer: In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren in Grossbritannien und bald darauf auch in Kontinentaleuropa erste Eisenbahnzüge unterwegs. Bei der Bevölkerung verbreiteten die dampfenden Ungetüme Angst und Schrecken. Die Geschwindigkeit des neuen Verkehrsmittels erschien damals als unglaublich hoch. Ein menschliches Wesen ertrage sie gar nicht, lautete die Meinung. Heute gehören TGVs und ICEs zu unserem Alltag. Sie verkehren mit 300 Stundenkilometern und mehr. Seit Jahrzehnten bewegt sich der Mensch zudem durch die Lüfte, und, wenn es sein muss, auch jenseits der Schallmauer. Wer so etwas vor 100 Jahren zu behaupten gewagt hätte, wäre als Spinner abgetan worden.
Der erste Computer wiederum füllte eine Turnhalle, konnte aber nicht mehr als ein heutiger Billigst-Taschenrechner. Längst tragen wir Smartphones in unseren Taschen, die über weit mehr Fähigkeiten verfügen als die Computer, die vor zehn Jahren unter unseren Bürotischen standen.
Die Technik entwickelt sich rasant. Unentwegt setzen sich neue Ideen durch – viele indessen scheitern auch. Doch nicht nur hier dreht sich die Welt weiter: Aus dem heissköpfigen Jungspund wird ein liebevoller Familienvater, aus dem unmotivierten Lernenden ein visionärer Geschäftsführer.
Panta rhei – alles fliesst. Vor vielen Entwicklungen können wir uns nicht verschliessen. Trotzdem ist es längst nicht notwendig, auf jeden losfahrenden Zug aufzuspringen. Auch heute, da alles vermeintlich immer schneller geht, ist ein stetiger Spagat notwendig. Ein Abwägen darüber, ob man an Bewährtem festhalten oder auf Neues setzen soll. Ist jemand von vorgestern, weil er nicht auf Facebook ist? Ist die Idee des jungen Kollegen aus dem Gremium zu verspotten, weil er ein paar Lenze weniger auf dem Buckel hat?
Täglich werden wir mit solchen Fragen konfrontiert. Täglich wägen wir ab, ob das Bewährte die bessere Lösung ist, oder eben die Innovation. Betrachten wir das nicht als Bedrohung, betrachten wir es als Chance.
Toni Bussmann