Dieser Beitrag stellt kurz die wichtigsten gesetzlichen und aufsichtsrechtlichen Aspekte des Börsengesetzes bezüglich der Offenlegung von Beteiligungen, öffentlichen Kaufangeboten und der Ad-hoc-Publizität vor. Die vorliegende Darstellung erläutert die Grundlagen und vermittelt die nötigen Kenntnisse, die dem Praktiker den Einstieg in die Thematik ermöglichen.
Das Bundesgesetz vom 24. März 1995 über die Börsen und den Effektenhandel (Börsengesetz, BEHG) und die Börsenverordnung des Bundes vom 2. Dezember 1996 (BEHV) regeln die Voraussetzungen für die Errichtung und den Betrieb von Börsen sowie für den gewerbsmässigen Handel mit Effekten. Zudem enthalten sie Bestimmungen zur Offenlegung von Transaktionen im Zusammenhang mit bedeutenden Beteiligungen oder Wertpapieren, die zum Erwerb solcher Beteiligungen berechtigen, sowie zur Offenlegung von Grenzwerten für Stimmrechte und zu öffentlichen Kaufangeboten.
Das BEHG und die BEHV garantieren den Anlegern Transparenz und Gleichbehandlung. Dies sind die Grundvoraussetzungen für ein reibungsloses, rechtmässiges und faires Funktionieren des Effektenhandels.
Diese Regelungen werden ergänzt durch die Verordnung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht über die Börsen und den Effektenhandel (BEHV-FINMA) vom 25. Oktober 2008, die Verordnung der Übernahmekommission über öffentliche Kaufangebote (Übernahmeverordnung, UEV) sowie die Reglemente der Schweizer Börse (insbesondere das Kotierungsreglement vom 21. April 2010, das per 12. November 2010 überarbeitet wurde).
Das BEHG ist ein Rahmengesetz, das den Anlegerschutz und die Markteffizienz gewährleisten soll. Seine Aufgabe ist es, eine Wirtschaftspolitik sicherzustellen, die ohne Eingriffe in den freien Handel und die Industrie auskommt. Ein hoher Stellenwert kommt daher der Selbstregulierung zu, die etwa durch die Verabschiedung der Kotierungsreglemente – das Herzstück der Selbstregulierung der Börse – gewährleistet wird. Das Gesetz enthält auch ergänzende Bestimmungen zum Obligationenrecht, die unter Umständen bei der Übertragung von Aktien börsenkotierter Unternehmen zur Anwendung kommen.
Das Gesetz entspricht den einschlägigen internationalen Standards (Art. 8 BEHG, siehe z.B. das Kotierungsreglement vom 21. April / 12. November 2010 und die weiteren Reglemente unter www.six-exchange-regulation.com, die gemäss Art. 8 Abs. 1 BEHG anwendbar sind). In diesem Zusammenhang seien folgende Anforderungen erwähnt, welche die schweizerische Zulassungsstelle (für Börsenkotierung) an börsenkotierte Schweizer Unternehmen stellt:
- In regelmässigen Abständen müssen in Form von Zahlen und Berichten Informationen veröffentlicht werden, damit sich die Anleger eine fundierte Meinung über die Ergebnisse und den Geschäftsverlauf des Unternehmens machen können.
- Bei Ereignissen, die den Aktienkurs beeinflussen können, müssen unverzüglich entsprechende Informationen bereitgestellt werden (Ad-hoc-Publizität, siehe Punkt IV weiter unten).
- Die Rechnungslegung muss nach den IFRS- oder US-GAAP-Richtlinien gemäss dem Grundsatz «True and Fair View» (möglichst getreues Bild der Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage des Unternehmens) erfolgen. Im Gegensatz dazu erlaubt der Grundsatz in Artikel 662a OR (möglichst zuverlässiges Bild der Vermögens- und Ertragslage des Unternehmens) die Bildung stiller Reserven.
- Es müssen in geeigneter Form Angaben über die Führung und Kontrolle des Emittenten auf oberster Unternehmensebene gemacht werden.
- Das Unternehmen muss Auskunft über Transaktionen von Verwaltungsratsmitgliedern und der Unternehmensleitung in Beteiligungspapieren des Unternehmens geben.
Das BEHG regelt nicht den Primärmarkt bzw. die Ausgabe von neuen Aktien und anderen Wertpapieren. Dieser Markt wird nach wie vor durch das Obligationenrecht geregelt, namentlich durch Art. 652a, 752 und 1156 ff. OR und die Weisungen und Richtlinien der Schweizer Börse (siehe die ausführlichen Dokumentationen auf der Website unter www.six-exchange-regulation.com, zu denen auch das Handbuch Zulassung von Effekten gehört).
Nach Art.1 BEHG regelt das Gesetz die Voraussetzungen für die Errichtung und den Betrieb von Börsen sowie für den gewerbsmässigen Handel mit Effekten, um für den Anleger Transparenz und Gleichbehandlung sicherzustellen. Es schafft den Rahmen, um die Funktionsfähigkeit der Effektenmärkte zu gewährleisten.
Der letzte Satz bezieht sich insbesondere auf die Regelung der Offenlegung von Beteiligungen und öffentlichen Kaufangeboten.
Als Börse gelten grundsätzlich sämtliche Einrichtungen des Effektenhandels, die den gleichzeitigen Austausch von Angeboten unter mehreren Effektenhändlern sowie den Vertragsabschluss bezwecken (Art. 2 lit. b BEHG) sowie eine eigene, ihrer Tätigkeit angemessene Betriebs-, Verwaltungs- und Überwachungsorganisation gewährleisten (Art. 4 BEHG). Sie bedarf einer Bewilligung der FINMA (Art. 3 BEHG) und erlässt ein Reglement zur Organisation eines leistungsfähigen und transparenten Handels (Art. 5 Abs. 1 BEHG). Zudem stellt sie sicher, dass alle Angaben, die für die Transparenz des Effektenhandels erforderlich sind, öffentlich bekannt gemacht werden (Art. 5 Abs. 3 BEHG). Die Börse überwacht die Kursbildung, den Abschluss und die Abwicklung der getätigten Transaktionen und benachrichtigt zudem bei Verdacht auf Gesetzesverletzungen die FINMA (Art. 6 Abs. 1 und 2 BEHG). Sie ist auch zuständig für den Erlass eines Reglements über die Zulassung, die Pflichten und den Ausschluss von Effektenhändlern (Art. 7 BEHG) sowie über die Zulassung von Effekten zum Handel unter Beachtung der international anerkannten Standards (Art. 8 Abs. 1 BEHG). Es kann eine unabhängige Beschwerdeinstanz von der Börse bestellt werden, die bei Verweigerung der Zulassung eines Effektenhändlers oder der Effektenzulassung sowie bei Ausschluss eines Effektenhändlers oder Widerruf der Effektenzulassung angerufen werden kann (Art. 9 BEHG).
Die Effektenhändler unterliegen der Bewilligung durch die FINMA (Art. 10 BEHG). Gemäss Artikel 2 lit. d BEHG sind Effektenhändler «natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die gewerbsmässig für eigene Rechnung zum kurzfristigen Wiederverkauf oder für Rechnung Dritter Effekten auf dem Sekundärmarkt kaufen und verkaufen, auf dem Primärmarkt öffentlich anbieten oder selbst Derivate schaffen und öffentlich anbieten».
Sie müssen Verhaltensregeln gegenüber ihren Kunden respektieren (Art. 11 BEHG), über ausreichende Eigenmittel verfügen (Art. 12 BEHG) und ihre Risiken angemessen verteilen (Art. 13 BEHG). Zudem müssen sie auf konsolidierter Basis (Art. 14 BEHG) in einem Journal die eingegangenen Aufträge sowie die von ihnen getätigten Geschäfte aufzeichnen und die für die Transparenz des Effektenhandels erforderlichen Meldungen erstatten (Art. 15 BEHG). Sie müssen eine Jahresrechnung erstellen (Art. 16 BEHG) und sind verpflichtet, die Ergebnisse einer für Banken oder für Effektenhändler von der FINMA zugelassenen Prüfgesellschaft vorzulegen (vgl. Art. 17 BEHG mit Verweis auf Art. 18 und 23 BankG).
Die wichtigsten gesetzlichen Bestimmungen zum Gesellschaftsrecht sind jene zur Offenlegung von Beteiligungen (Art. 20, 21 und 51 BEHG) und jene zu den öffentlichen Kaufangeboten (Art. 22 bis 33d sowie 52 BEHG). Diese werden nachstehend in den Abschnitten III und IV separat behandelt.
Die Aufsichtsbehörde ist gemäss dem Bundesgesetz über die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht vom 22. Juni 2007 die FINMA (FINanzMarktAufsicht), welche ihre Tätigkeit am 1. Januar 2009 aufgenommen hat. Sie hat die Aufgabe, die Bewilligung für den Betrieb einer Börse zu erteilen (Art. 3 Abs. 1 BEHG), Börsenreglemente und deren Änderungen zu genehmigen (Art. 4 Abs. 2 BEHG) und bei Verdacht auf Gesetzesverletzungen oder sonstigen Missständen die notwendigen Untersuchung anzuordnen (Art. 6 Abs. 2 BEHG). Im Weiteren ist sie verantwortlich für die Genehmigung der Organisationsstruktur, der Verfahrensvorschriften und der Ernennung der Mitglieder der unabhängigen Beschwerdeinstanz (Art. 9 Abs. 2 BEHG).
Die FINMA trifft die notwendigen Verfügungen, um den Vollzug des Börsengesetzes und dessen Bestimmungen sicherzustellen (Art. 34bis ff. BEHG). Die in Art. 35 BEHG aufgeführten Personen unterliegen einer Auskunftspflicht gegenüber der Aufsichtsbehörde. Die FINMA sorgt für die Wiederherstellung des ordnungsgemässen Zustandes und die Beseitigung von Missständen und kann dazu die notwendigen Verfügungen und Massnahmen treffen. Erhält sie Kennntis von strafbaren Handlungen, so benachrichtigt sie unverzüglich die zuständigen Strafverfolgungsbehörden, die Rechtshilfe leisten. Die FINMA ist auch befugt, einer Börse oder einem Effektenhändler die Bewilligung zur Geschäftstätigkeit zu entziehen.
Im Zuge der weltweiten Liberalisierung der Aktienmärkte wurde es für die Schweiz unumgänglich, die Börse für ausländische Teilnehmer zu öffnen – zumindest soweit die schweizerische Börse ebenfalls freien Zugang zu ausländischen Finanzmärkten geniesst. Einer ausländischen oder von ausländischen Personen beherrschten Börse sowie ausländischen Effektenhändlern kann nach Art. 37 BEHG denn auch die Betriebsbewilligung verweigert werden, wenn der betreffende Staat nicht nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit freien Zugang zu seinen Börsen gewährt (d.h. tatsächlicher Zugang zu Märkten mit den gleichen Wettbewerbsmöglichkeiten, die die inländischen Börsen bieten).
Die Zusammenarbeit zwischen der schweizerischen und vergleichbaren ausländischen Aufsichtsbehörden ist in Art. 38 BEHG geregelt. Grundsätzlich können diese gegenseitig Informationen austauschen (Abs. 1 und 2).
Gegen die Verfügungen der FINMA kann eine verwaltungsrechtliche Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht (Art. 33 lit. f VGG) eingereicht werden, und dessen Entscheide können vor dem Bundesgericht angefochten werden (Art. 82 lit. a BGG).
Die in Art. 41 bis 43 BEHG genannten Straftaten werden mit Geld- oder Freiheitsstrafen geahndet. Sie umfassen etwa die Verletzung der Meldepflicht, wenn ein Unternehmen Veränderungen bei den Beteiligungen und mögliche Unter- oder Überschreitungen von Grenzwerten nicht meldet (Art. 41), oder Verstösse gegen die Transparenzpflicht, wenn ein Unternehmen ein Kaufangebot erhält und falsche oder unvollständige Informationen dazu abgibt (Art. 42). Auch Pflichtverletzungen seitens der Effektenhändler (Art. 42a BEHG) und Verletzungen des Berufsgeheimnisses (Art. 43) werden entsprechend bestraft. Je nach Straftat ist das Bundesgesetz über das Verwaltungsstrafrecht anwendbar.
Das Kotierungsreglement vom 21. April 2010, das per 12. November 2010 überarbeitet wurde, regelt die Voraussetzungen für die Zulassung von Effekten zum Handel (Kotierung) an der Schweizer Börse sowie die gemäss Art. 8 BEHG zur Aufrechterhaltung der Kotierungsvoraussetzungen notwendigen Informations- und Offenlegungspflichten.
Im BEHG ist das Prinzip der Selbstregulierung nach internationalem Vorbild fest verankert. So hat die schweizerische Börse ein Reglement über die Zulassung von Effekten für den Handel erlassen, welches von der Zulassungsstelle erstellt und von der FINMA geprüft wurde (Art. 4 Abs. 2 BEHG). Die Zulassungsstelle ist für Änderungen und Ergänzungen an diesem Reglement verantwortlich und unterbreitet diese jeweils der FINMA zur Genehmigung.
Das Kotierungsreglement wird durch die Zusatzreglemente unter www.six-exchange-regulation.com ergänzt.
Eines der wichtigsten Ziele des Börsengesetzes ist es, die Interessen privater Investoren zu schützen und für eine optimale Verteilung von Ressourcen in den Finanzmärkten zu sorgen.
Durch die Transparenz der an den Finanzmärkten getätigten Transaktionen wird eine Vertrauensbasis geschaffen und eine wirksame Aufsicht ermöglicht. Die Offenlegung von bedeutenden Beteiligungen an börsenkotierten Unternehmen fördert diese Transparenz, indem die Beteiligungsverhältnisse von Unternehmen sichtbar gemacht werden. Davon profitieren die Unternehmen selbst, der Markt, die Anleger, die Intermediäre sowie die Öffentlichkeit.
Der Vorteil für die Unternehmen liegt darin, dass sie stets die aktuellen Besitzverhältnisse und die Namen der wichtigsten Aktionäre kennen. Dabei spielt es keine Rolle, ob diese Namen- oder Inhaberaktien halten, denn die Meldepflicht bezieht sich auch auf Stückaktien, die auf den Inhaber lauten (vgl. Art. 20 BEHG). Die Veränderungen bei wesentlichen Beteiligungen und in der Aktionärsstruktur können am Markt nachvollzogen werden, wordurch die Anleger in der Lage sind, voll informierte Anlageentscheidungen zu treffen. Zudem ist das Vertrauen der Intermediäre und der Öffentlichkeit sichergestellt. Ein weiterer Vorteil liegt in dem geringeren Risiko von Insidergeschäften (siehe Art. 161 StGB). Die Pflicht zur Offenlegung gilt als ein wesentliches Instrument zur Gewährleistung der Transparenz und Gleichbehandlung bzw. zur Schaffung einer Grundlage für eine gut funktionierende Börse.
Laut Art. 20 BEHG muss jeder, der direkt, indirekt oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten Aktien, Erwerbs- oder Veräusserungsrechte (Finanzinstrumente, siehe Art. 5 BEHV-FINMA) bezüglich Aktien einer in der Schweiz ansässigen Gesellschaft, deren Beteiligungspapiere mindestens teilweise in der Schweiz kotiert sind, für eigene Rechnung erwirbt oder veräussert, dies der Gesellschaft und den Börsen, an denen die Beteiligungspapiere kotiert sind, melden, wenn seine Beteiligung dadurch eine bestimmte Grösse erreicht (Grenzwert). In gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe handelt, wer seine Verhaltensweise im Hinblick auf den Erwerb oder die Veräusserung von Beteiligungspapieren oder die Ausübung von Stimmrechten mit Dritten durch Vertrag oder andere organisierte Vorkehren abstimmt (Art. 10. Abs. 1 BEHV-FINMA).
Die Meldepflicht kommt zum Tragen, wenn eine Beteiligung an einem Unternehmen einen bestimmten Grenzwert erreicht oder überschreitet bzw. wenn ein solcher Grenzwert unterschritten wird. Diese Grenzwerte sind gemäss Art. 20 BEHG als 3, 5, 10, 15, 20, 25, 33⅓, 50 und 66⅔ der Stimmrechte festgelegt. Ob die jeweiligen Stimmrechte ausübbar sind oder nicht, ist dabei nicht massgeblich. Die Meldepflicht erstreckt sich zudem auf nicht börsenkotierte Wertpapiere von börsenkotierten Gesellschaften sowie auf Namens- und Inhaberaktien, die erworben oder veräussert werden. Wird ein Grenzwert innerhalb eines Börsentages erreicht, über- oder unterschritten, so entsteht keine Meldepflicht (Art. 9 Abs. 4 BEHV-FINMA). Gleiches gilt für Beteiligungen, die unter verbundenen Personen erworben oder veräussert werden, wenn diese ihre Gesamtbeteiligung gemeldet haben (vgl. Art. 10 Abs. 4 BEHV-FINMA).
Die Umwandlung von Partizipations- oder Genussscheinen sowie die Ausübung von Umwandlungs- und Veräusserungsrechten werden als Erwerb angesehen. Eine vertraglich oder auf eine andere Weise organisierte Anlegergruppe muss die Meldepflicht als Gruppe erfüllen. Geschäfte mit Finanzinstrumenten, die es wirtschaftlich ermöglichen, Beteiligungspapiere im Hinblick auf ein öffentliches Kaufangebot zu erwerben, unterliegen ebenfalls der Meldepflicht.
Die Begründung oder die Beendigung einer Nutzniessung ist hinsichtlich der Meldepflicht dem Erwerb oder der Veräusserung von Beteiligungspapieren gleichgestellt. Meldepflichtig sind darüber hinaus Leihgeschäfte und vergleichbare Geschäfte wie solche mit Effekten mit Rückkaufsverpflichtung, es sei denn, diese werden standardisiert und zum Zweck der Liquiditätsbewirtschaftung abgewickelt (Art. 13 f. BEHV-FINMA).
Nach Art. 20 Abs. 5 BEHG erlässt die FINMA Bestimmungen über den Umfang der Meldepflicht, die Behandlung von Erwerbs- und Veräusserungsrechten, die Berechnung der Stimmrechte sowie über die Fristen, innert welchen der Meldepflicht nachgekommen werden muss und eine Gesellschaft Veränderungen der Besitzverhältnisse nach Art. 20 Abs. 1 BEHG zu veröffentlichen hat (siehe auch Art. 7 ff. BEHV-FINMA). Haben die Gesellschaft oder die Börsen Grund zur Annahme, dass ein Aktionär seiner Meldepflicht nicht nachgekommen ist, so müssen sie dies der Aufsichtsbehörde mitteilen (Art. 20 Abs. 4 BEHG).
Auf Verlangen der FINMA, der Gesellschaft oder eines ihrer Aktionäre kann der Richter die Ausübung des Stimmrechts der Person, die eine Beteiligung unter Verletzung der Meldepflicht erwirbt oder veräussert, für die Dauer von bis zu fünf Jahren suspendieren. Hat die Person eine Beteiligung im Hinblick auf ein öffentliches Übernahmeangebot unter Verletzung der Meldepflicht erworben, so können die FINMA, die Zielgesellschaft oder einer ihrer Aktionäre vom Richter die Suspendierung des Stimmrechts verlangen (Art. 20 Abs. 4bis BEHG).
Nach Art. 41 Abs. 1 Ziff. a und b und Abs. 2 BEHG wird mit Busse bestraft, wer vorsätzlich der Meldepflicht im Sinne von Art. 20, 31 und 51 BEHG nicht nachkommt. Die Busse beträgt höchstens das Doppelte des Kauf- oder Verkaufspreises und wird aufgrund der Differenz zwischen dem Anteil, über den der Meldepflichtige neu verfügt, und dem letzten von ihm gemeldeten Grenzwert berechnet.
Nach Art. 21 BEHG muss die Gesellschaft in einem nächsten Schritt die ihr mitgeteilten Informationen über die Veränderungen bei den Stimmrechten veröffentlichen. So wird die Verbreitung der Informationen sichergestellt. Der Inhalt der Meldung und die Fristen (zwei Börsentage nach Abschluss des Geschäfts oder vier Börsentage bei Transaktionen in eigenen Effekten), innert welcher die entsprechenden Meldungen erfolgen müssen, sind in Art. 21 f. OBVM-FINMA geregelt. Parallel dazu verlangt Art. 56 des Kotierungsreglements die Offenlegung von Managementtransaktionen (unabhängig von Grenzwerten), um Kursmanipulation zu verhindern (siehe auch die entsprechende Weisung vom 12. November 2010).
Öffentliche Kaufangebote (Kaufangebote) im Sinne des Börsengesetzes sind Angebote zum Kauf oder zum Tausch von Aktien, Partizipations- oder Genussscheinen oder von anderen Beteiligungspapieren (Beteiligungspapiere), die sich öffentlich an Inhaber von Aktien oder anderer Beteiligungspapiere von den schweizerischen Gesellschaften richten, deren Beteiligungspapiere mindestens teilweise an einer Börse in der Schweiz kotiert sind. Um die Attraktivität des Angebots zu gewährleisten, liegt der Angebotspreis in der Regel 15% bis 30% über dem aktuellen Börsenkurs. Ein Kaufangebot gilt als freundlich, wenn es vom Verwaltungsrat unterstützt wird, und als feindselig, wenn es dessen Unterstützung nicht geniesst.
Bei Kaufangeboten ist neben den Grundregeln von Lauterkeit und Transparenz gerade auch das Prinzip der Gleichbehandlung wichtig. In Art. 1 der Übernahmeverordnung (UEV) ist der Zweck derselben wie folgt festgehalten: «Diese Verordnung regelt, wie die Lauterkeit und die Transparenz von öffentlichen Kaufangeboten sowie die Gleichbehandlung der Anlegerinnen und Anleger sichergestellt werden».
Abschnitt 5 BEHG beschäftigt sich einerseits mit den Modalitäten von öffentlichen Kaufangeboten (Verfahren und Aufgaben der Aufsichtsbehörden) und schreibt andererseits eine Pflicht zur Unterbreitung eines Kaufangebots vor, wenn durch den Erwerb ein bestimmter Prozentsatz der Stimmrechte in einer schweizerischen Gesellschaft, deren Beteiligungspapiere vollständig oder teilweise kotiert sind, überschritten wird. Im gleichen Abschnitt wird unter Art. 23 BEHG festgelegt, dass unter der Aufsicht der FINMA eine Kommission für öffentliche Kaufangebote (COPA, vgl. www.copa.ch) bestellt wird, die dem Reglement der Übernahmekommission (R-UEK) vom 21. August 2008 untersteht.
Die UEK sorgt für die Einhaltung der Vorschriften bei öffentlichen Kaufangeboten und kann von den Anbietern und den Zielgesellschaften jegliche Informationen und Unterlagen einfordern, die sie benötigt. Sie erlässt Empfehlungen zuhanden der beteiligten Parteien und kann diese veröffentlichen.
Die UEK erlässt zusätzliche Bestimmungen über die Voranmeldung eines Angebots vor seiner Veröffentlichung, den Inhalt und die Veröffentlichung des Angebotsprospekts, die Bedingungen für die Unterbreitung eines Angebots, die Regeln der Lauterkeit für öffentliche Kaufangebote seitens der UEK, die Prüfung des Angebots durch eine von der FINMA genehmigten Prüfgesellschaft oder einen Effektenhändler, die Angebotsfrist und deren Verlängerung, die Bedingungen des Widerrufs und der Abänderungen des Angebots, die Rücktrittsfrist für den Verkäufer und das Handeln in gemeinsamer Absprache mit Dritten sowie über ihre Verfahren (Art. 28 BEHG).
Siehe auch Art. 29 Abs. 3, Art. 30 Abs. 2, Art. 31 Abs. 5, Art. 32 Abs. 2 BEHG, in denen weitere rechtliche Pflichten aufgeführt sind.
Die Bestimmungen gelten für börsenkotierte Schweizer Unternehmen. Nach dem Wortlaut des Gesetzes sind in der Schweiz kotierte Unternehmen mit Sitz im Ausland von den Bestimmungen ausgenommen.
Art. 22 ff. BEHG legen einerseits die Pflichten bei der Unterbreitung eines gewöhnlichen öffentlichen Kaufangebots fest und schreiben andererseits vor, dass wer direkt, indirekt oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten (siehe Art. 10 Abs. 2 BEHV-FINMA) Beteiligungen an einer schweizerischen Gesellschaft, deren Beteiligungspapiere mindestens teilweise in der Schweiz kotiert sind, erwirbt, ein zwingendes öffentliches Kaufangebot unterbreiten muss, falls dabei ein bestimmter Grenzwert oder die Mehrheit der Stimmrechte erreicht wird, es sei denn, gemäss den Statuten der betreffenden Gesellschaft ist eine solche Verpflichtung nicht vorgesehen.
Der Anbieter muss einen Angebotsprospekt mit wahren und vollständigen Informationen veröffentlichen (Art. 21 Abs. 1 BEHG), der eine Entscheidung in voller Kenntnis der Sachlage ermöglicht. Der Prospekt muss den geltenden Anforderungen der UEK genügen (siehe www.copa.ch). Das Angebot kann gemäss Art. 5 ff. UEV vor der Veröffentlichung des Prospekts vorangemeldet werden. Der Anbieter ist verpflichtet, Beteiligungspapiere derselben Art gleich zu behandeln (Art. 24 Abs. 2 BEHG). Erwirbt der Anbieter beispielsweise während des Angebotszeitraums Beteiligungspapiere zu einem Preis, der den Angebotspreis übersteigt, so muss der Letztere automatisch nach oben angepasst werden. Das Angebot kann an Bedingungen geknüpft sein (wie eine bestimmte Mindestzustimmungsrate oder einen diesbezüglichen Verwaltungsentscheid usw.), den Erfolg kann der Anbieter jedoch nicht beeinflussen. Das Angebot kann grundsätzlich nur an Bedingungen geknüpft werden, deren Eintritt der Anbieter selbst nicht massgeblich beeinflussen kann. Falls der Anbieter aufgrund der Art der Bedingungen einen Beitrag zu deren Eintritt zu leisten hat, muss er alle ihm zumutbaren Massnahmen ergreifen, damit die Bedingungen eintreten (Art. 13 Abs. 2 und 3 UEV).
Art. 24 Abs. 3 BEHG legt fest, dass die Pflichten des Anbieters für alle gelten, die mit ihm in gemeinsamer Absprache handeln. Dies ist notwendig, um den Anlegerschutz sowie faire Bedingungen am Markt zu gewährleisten. Ein zwingendes öffentliches Kaufangebot kann in der Regel nicht an Bedingungen geknüpft werden.
Nach Art. 25 BEHG muss das Angebot vor der Veröffentlichung einer von der FINMA zugelassenen Prüfgesellschaft oder einem Effektenhändler zur Prüfung unterbreitet werden. Wenn Verträge auf der Grundlage eines untersagten (oder noch nicht genehmigten) Angebots abgeschlossen oder getätigt worden sind, kann der Verkäufer von diesen zurücktreten oder bereits abgewickelte Verkäufe rückgängig machen (Art. 26 BEHG).
Das Angebot muss mindestens 20 Börsentage offen bleiben. Auf Gesuch des Anbieters kann die Angebotsdauer unter bestimmten Voraussetzungen bis auf 10 Börsentage verkürzt werden. Die maximale Angebotsdauer beträgt 40 Börsentage, und eine Verlängerung über diese Frist hinaus bedarf der Zustimmung der Übernahmekommission. Ein veröffentlichtes Angebot kann nur geändert werden, wenn sich dies gesamthaft gesehen zugunsten der Empfängerinnen und Empfänger auswirkt (Art. 14 f. UEV).
Der Angebotsprospekt sowie allfällige Ergänzungen desselben (oder eine Anzeige mit einem Verweis auf den Prospekt) müssen auf Deutsch und Französisch verfasst und landesweit bekanntgemacht werden, indem sie in mindestens je einer deutsch- und französischsprachigen Zeitung veröffentlicht werden (Art. 18 UEV). Zum Inhalt des Prospekts existieren entsprechende Vorschriften (Art. 19 ff. UEV).
Das Angebot wird durch einen Effektenhändler oder eine Prüfgesellschaft, die zur Prüfung von Effektenhändlern zugelassen ist, geprüft (Art. 26 UEV). Der entsprechende Prüfungsbericht wird im Angebotsprospekt veröffentlicht.
Der Anbieter muss das Ergebnis des öffentlichen Kaufangebots nach Ablauf der Angebotsfrist veröffentlichen (Art. 27 Abs. 1 BEHG); ebenso werden die Besitzverhältnisse / die Aktionärsstruktur öffentlich bekannt gemacht. Werden die Bedingungen des Angebots erfüllt, so muss die Angebotsfrist für diejenigen Inhaber von Beteiligungspapieren verlängert werden, die bisher das Angebot nicht angenommen haben, damit diese Aktionäre auf der Grundlage des Ergebnisses frei wählen können (Art. 27 Abs. 2 BEHG). Den Aktionären steht es somit frei, ein Angebot grundsätzlich abzulehnen. Denn wenn das Angebot letztendlich doch zu einem erfolgreichen Abschluss kommt, haben sie durch die Fristverlängerung nach wie vor die Möglichkeit, den Bedingungen zuzustimmen und vom Angebot zu profitieren.
Gemäss Art. 29 Abs. 1 BEHG legt der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft (zu einem möglichst frühen Zeitpunkt vor dem Ablauf des Angebots) den Inhabern von Beteiligungspapieren einen Bericht vor, worin er zum Angebot Stellung nimmt. Die darin enthaltenen Informationen müssen wahr und vollständig sein und öffentlich zugänglich gemacht werden. Der Bericht des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft (Bericht) muss alle Informationen enthalten, die notwendig sind, damit die Empfängerinnen und Empfänger des Angebots ihre Entscheidung in Kenntnis der Sachlage treffen können. Er muss insbesondere die Auswirkungen des Angebots auf die Zielgesellschaft und deren Aktionärinnen und Aktionäre erläutern. Der Bericht kann empfehlen, das Angebot anzunehmen oder es zurückzuweisen, er kann aber auch lediglich die Vor- und Nachteile des Angebots darlegen, ohne eine Empfehlung abzugeben (Art. 30 UEV). Er gibt gegebenenfalls an, welche Abwehrmassnahmen die Zielgesellschaft zu ergreifen beabsichtigt oder bereits ergriffen hat, und erwähnt die entsprechenden Beschlüsse der Generalversammlung (Art. 31 Abs. 2 UEV).
Während der Dauer des Angebots unterliegt der Verwaltungsrat gemäss Art. 29 Abs. 2 BEHG gewissen Einschränkungen in der Ausübung seiner Geschäftspolitik: Er darf beispielsweise keine Rechtsgeschäfte beschliessen, mit denen der Aktiv- oder Passivbestand der Gesellschaft in bedeutender Weise verändert würde. Darüber hinaus muss sich die Zielgesellschaft an Massnahmen halten, welche die Übernahmekommission vorschreibt, damit niemand den Erfolg eines Angebots auf unzulässige Weise verhindern kann (siehe Art. 29. Abs. 3 BEHG).
Ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung eines Angebots zeigt die Zielgesellschaft der Übernahmekommission jede Abwehrmassnahme, welche sie einzusetzen gedenkt, im Voraus an (Art. 35 UEV). Im Allgemeinen darf die Zielgesellschaft keine Geschäfte abschliessen, die ihre bilanziellen und ausserbilanziellen Positionen verändern oder in der Zukunft deutlich verändern werden, es sei denn, die Generalversammlung fasst einen entsprechenden Beschluss (siehe die in Art. 36 UEV aufgeführten Beispiele rechtswidriger Abwehrmassnahmen).
Ein öffentliches Kaufangebot kann weitere Angebote nach sich ziehen. Wenn bis zum Ablauf des ursprünglichen Angebots ein oder mehrere Gebote eintreffen, müssen die Inhaber von Beteiligungspapieren der Zielgesellschaft in der Lage sein, frei wählen zu können. Art. 30 Abs. 1 BEHG legt den Grundsatz der freien Wählbarkeit fest. Die UEK erlässt Bestimmungen über die konkurrierenden Angebote und deren Auswirkungen auf das erste Angebot (Art. 30 Abs. 2 BEHG und 48 ff. UEV) und klärt damit insbesondere die Frage, inwiefern das ursprüngliche Angebot zurückgezogen werden kann (um ein neues Angebot zu unterbreiten) und welche Optionen für jene bestehen, die das erste Angebot bereits angenommen haben, ihre Annahmeerklärung angesichts der konkurrierenden Angebote aber widerrufen möchten.
Erwirbt der Anbieter von der Veröffentlichung des Angebots bis sechs Monate nach Ablauf der Nachfrist Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft zu einem über dem Angebotspreis liegenden Preis, so muss er diesen Preis allen Empfängerinnen und Empfängern des Angebots anbieten (Best Price Rule). Die Best Price Rule ist auch auf den Erwerb von Finanzinstrumenten und auf die Angebote, die sich auf solche beziehen, anwendbar (Art. 10 UEV).
Um die Markttransparenz bei öffentlichen Kaufangeboten sicherzustellen, sind Geschäfte mit Beteiligungspapieren einer Gesellschaft, die eine Zielgesellschaft eines öffentlichen Kaufangebots geworden ist, gemäss BEHG meldepflichtig. Die Meldepflicht gilt für alle, die mindestens über 3% der Stimmrechte, ob ausübbar oder nicht, der Zielgesellschaft oder gegebenenfalls einer anderen Gesellschaft, deren Beteiligungspapiere zum Tausch angeboten werden, verfügen. Sie müssen von der Veröffentlichung des Angebots bis zum Ablauf der Angebotsfrist der Übernahmekommission und den Börsen, an denen die Papiere kotiert sind, jeden Erwerb oder Verkauf von Beteiligungspapieren dieser Gesellschaft melden (Art. 31 Abs. 1 BEHG). Die Meldungen sind täglich zu erstatten (vgl. Art. 38 ff. UEV).
Eine vertraglich oder auf eine andere Weise organisierte Gruppe untersteht derselben Meldepflicht (Art. 31 Abs. 2 BEHG). Die Übernahmekommission kann die gleiche Pflicht anderen Personen oder Gruppen, die über einen gewissen Prozentsatz von Beteiligungspapieren verfügen, auferlegen (Art. 31 Abs. 3 BEHG).
Art. 32 BEHG legt fest, dass durch den Erwerb einer gemäss Gesetz oder Statuten massgeblichen Beteiligung eine Pflicht zur Unterbreitung eines Kaufangebots besteht. Um die Gleichbehandlung der Aktionäre zu gewährleisten, schreibt das Börsengesetz dem Anbieter einen Mindestpreis für das Angebot vor. Der Zweck der Angebotspflicht besteht darin, die Minderheitsaktionäre vor erheblichen Wertverlusten zu schützen, die infolge einer vom neuen Mehrheitsaktionär angeordneten Neuausrichtung des Unternehmens entstehen könnten. Dieser gesetzliche Mindestpreis bezieht sich nur auf die Angebotspflicht und gilt nicht per se für alle Kaufangebote, die von einem Anbieter freiwillig unterbreitet werden können. Eine Ausnahme bildet lediglich der Fall nach Art. 9 Abs. 6 UEK, wenn der Erwerb eine Pflicht zur Unterbreitung eines Angebots auslösen würde.
Wer Beteiligungspapiere erwirbt und zusammen mit den Papieren, die er bereits besitzt, den Grenzwert von 33⅓% der Stimmrechte, ob ausübbar oder nicht, einer zumindest teilweise an der Börse kotierten Gesellschaft, überschreitet, ist zur Unterbreitung eines Angebots verpflichtet. Das Pflichtangebot muss innerhalb von zwei Monaten nach Überschreiten des Grenzwertes abgegeben werden, wobei die Übernahmekommission aus wichtigen Gründen eine Fristverlängerung gewähren kann (Art. 37 BEHV-FINMA).
Selbst wer durch den Erwerb von Beteiligungspapieren, die alle nicht an einer Börse gehandelt werden, die Kontrolle über ein Unternehmen gewinnt, ist zur Unterbreitung eines Angebots für die verbleibenden, an einer Börse kotierten Beteiligungspapiere verpflichtet.
Die Pflicht zur Abgabe eines Kaufangebots bezieht sich auf Beteiligungspapiere jeglicher Art, die an einer Schweizer Börse kotiert sind und deren Erwerb die Angebotspflicht auslöst. Das Angebot kann nicht nur für einen Teil der Beteiligungspapiere gelten (Art. 32 BEHG).
Art. 52 der Übergangsbestimmungen des BEHG schreibt vor, dass, wer bei Inkrafttreten dieses Gesetzes direkt, indirekt oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten über Beteiligungspapiere verfügt, die ihm die Kontrolle über mehr als 33⅓%, aber weniger als 50% der Stimmrechte einer Zielgesellschaft verleihen, ein Angebot für alle kotierten Beteiligungspapiere der Gesellschaft unterbreiten muss, wenn er beim Erwerb von Beteiligungspapieren den Grenzwert von 50% der Stimmrechte überschreitet. Dadurch sind Grossaktionäre, die seit 1. Februar 1997 eine wesentliche Beteiligung hielten, gemäss BEHG nicht zu einem öffentlichen Kaufangebot verpflichtet. Das Gesetz lässt ihnen sogar Spielraum für den Ausbau ihrer Beteiligung bis zu einer Grenze von 50%. Diese Bestimmung ist noch heute anwendbar.
Die Gesellschaften können in ihren Statuten den Grenzwert, ab dem ein öffentliches Kaufangebot abgegeben werden muss, bis auf 49% der Stimmrechte anheben (Opting-up-Klausel; Art. 32. Abs. 1 BEHG). Diese Klausel ist vor allem für Familienunternehmen interessant, bei denen Beteiligungen im Umfang von 33⅓ bis 49% relativ oft innerhalb der Familie den Besitzer wechseln, ohne dass die Aktionäre beabsichten, das gesamte Aktienkapital zu erwerben. Gemäss Art. 22 Abs. 2 BEHG kann vor der Kotierung auch festgelegt werden, dass die Angebotspflicht vollständig entfällt (Opting-out-Klausel). Die Opting-up- / Opting-out-Klauseln betreffen lediglich die Pflicht zur Unterbreitung eines öffentlichen Angebots, nicht aber die Pflicht zur Meldung qualifizierter Beteiligungen. Trotz dieser Klauseln ist es also nicht möglich, Beteiligungen anonym zu übertragen.
Art. 22 Abs. 3 erlaubt es einer Gesellschaft, vor der Kotierung an der Börse eine Opting-out-Klausel in ihre Statuten aufnehmen, sofern dies nicht eine Benachteiligung der Aktionäre im Sinne von Art. 706 OR bewirkt. Um eine solche Klausel in die Statuten aufzunehmen, muss in der Generalversammlung mit der absoluten Mehrheit ein entsprechender Beschluss gefasst werden (siehe Art. 703 OR).
Das von der Schweizer Börse geführte Verzeichnis der Emittenten enthält eine Liste der an der SIX Swiss Exchange gelisteten Unternehmen, die eine Opting-up- oder Opting-out-Klausel in ihren Statuten haben. Unternehmen, die eine solche Klausel einführen möchten, müssen dies der Börse melden (siehe Art. 5 Abs. 3 BEHG).
Die Übernahmekommission kann in berechtigten Fällen Ausnahmen von der Angebotspflicht gewähren, d.h. wenn Stimmrechte innerhalb einer vertraglich oder auf eine andere Weise organisierten Gruppe übertragen werden (die Gruppe untersteht in diesem Fall der Angebotspflicht nur als Gruppe), wenn die Überschreitung aus einer Verringerung der Gesamtzahl der Stimmrechte der Gesellschaft resultiert, wenn der Grenzwert nur vorübergehend überschritten wird, wenn die Beteiligungspapiere unentgeltlich oder im Rahmen einer Kapitalerhöhung vorzugsweise gezeichnet werden oder wenn der Erwerb zu Sanierungszwecken erfolgt. Zudem entfällt die Angebotspflicht, wenn die Stimmrechte durch Schenkung, Erbgang, Erbteilung, eheliches Güterrecht oder Zwangsvollstreckung erworben werden (Art. 32 Abs. 3 BEHG). Siehe auch Art. 38 f. BEHV-FINMA.
Wenn ein Angebot aus gesetzlichen Gründen unterbreitet werden muss, so sind dabei die wirtschaftlichen Realitäten zu berücksichtigen. Aus diesem Grund schreibt das BEHG vor, dass der Preis des Angebots mindestens dem Börsenkurs entsprechen muss und höchstens 25 Prozent unter dem höchsten Preis liegen darf, den der Anbieter in den zwölf letzten Monaten für Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft bezahlt hat (Art. 32 Abs. 4 BEHG). Der Börsenkurs entspricht dabei dem volumengewichteten Durchschnittskurs der börslichen Abschlüsse der letzten 60 Börsentage vor Veröffentlichung des Angebots beziehungsweise der Voranmeldung (siehe Art. 40 BEHV-FINMA). Hat die Gesellschaft mehrere Arten von Beteiligungspapieren ausgegeben, so müssen die Preise für die verschiedenen Arten von Beteiligungspapieren in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen (Art. 32 Abs. 5 BEHG). Der Angebotspreis kann durch Barzahlung oder durch Tausch gegen Effekten geleistet werden (Art. 43 BEHV-FINMA).
Der Eingriff in die freie Preisbildung soll eine wirksame Umsetzung der Bestimmungen zu öffentlichen Kaufangeboten gewährleisten. Die Festsetzung des Mindestpreises ist einer der Grundpfeiler der Reglemente zu den zwingenden öffentlichen Kaufangeboten, denn nur so können die Minderheitsaktionäre im Zuge eines solchen Angebots geschützt werden. Rein wirtschaftlich gesehen ist der Wert einer bedeutenden Beteiligung höher als der Preis der entsprechenden Beteiligungspapiere. Daher sollten Kleinaktionäre die Möglichkeit haben, diese Wertpapiere mindestens zum regulären Börsenkurs oder zum höchsten Preis, den der Anbieter in den letzten zwölf Monaten für Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft bezahlt hat, abzüglich eines Abschlags für «isolierte Aktien» von bis zu 25%, zu verkaufen.
Nach Art. 32 Abs. 7 BEHG kann der Richter auf Verlangen der Übernahmekommission, der Zielgesellschaft oder eines ihrer Aktionäre die Ausübung des Stimmrechts der Person, die die Angebotspflicht nicht beachtet, suspendieren. Damit eine solche Strafe die betreffende Gesellschaft nicht zum Stillstand bringt, kann der Richter die von der Suspendierung betroffenen Stimmrechte unter den anderen Aktionären neu verteilen.
Es kann vorkommen, dass einige Aktionäre ihre Aktien nach Ablauf der Angebotsfrist behalten, ohne ein konkretes wirtschaftliches Interesse damit zu verfolgen. Das Interesse der Anbieter, zu hundert Prozent an der Gesellschaft beteiligt zu sein (z.B. um die Gruppe vor den Interessen Dritter zu bewahren), wiegt stärker als dasjenige der Besitzer der Restpapiere. Der Anbieter kann binnen einer Frist von drei Monaten vom Richter verlangen, die restlichen Beteiligungspapiere für kraftlos zu erklären, wenn er nach Ablauf der Angebotsfrist über mehr als 98% der Stimmrechte der Zielgesellschaft verfügt. Der Anbieter muss zu diesem Zweck gegen die Gesellschaft Klage erheben. Die restlichen Aktionäre können dem Verfahren beitreten (Art. 33 Abs. 1 BEHG). Die Gesellschaft gibt diese Beteiligungspapiere erneut aus und übergibt sie dem Anbieter gegen Entrichtung des Angebotspreises oder Erfüllung des Austauschangebots zugunsten der Eigentümer der für kraftlos erklärten Beteiligungspapiere (Art. 33 Abs. 2 BEHG).
Nach Abschluss des öffentlichen Kaufangebots erstellt die Prüfstelle zuhanden der Übernahmekommission einen Bericht darüber, ob die Bestimmungen BEHG und der Verordnungen sowie die im Zusammenhang mit dem Angebot erlassenen Verfügungen der Übernahmekommission während der gesamten Dauer des Angebots eingehalten wurden. Die Prüfstelle kontrolliert insbesondere, ob die Transaktionen gemeldet wurden, ob die Zwischen- und Endergebnisse veröffentlicht und das zustande gekommene Angebot ordnungsgemäss vollzogen wurden sowie ob die Best Price Rule eingehalten wurde (Art. 28 Abs. 1 UEV). In dem Bericht müssen die Grundlagen angegeben sein, auf die sich die Prüfung gestützt hat. Hat die Prüfstelle Grund zur Annahme, dass das Gesetz oder Verordnungen verletzt worden sind, so teilt sie dies der Übernahmekommission unverzüglich mit und legt ihr einen speziellen Bericht vor (Art. 28 Abs. 2).
Die Übernahmekommission überwacht die öffentlichen Kaufangebote und erlässt diesbezügliche Verfügungen. Bei Gesetzesverletzungen sorgt sie für die Wiederherstellung des ordnungsgemässen Zustandes und die Beseitigung von Missständen. Gegebenenfalls benachrichtigt sie die zuständigen Strafverfolgungsbehörden (Art. 33a BEHG). Für das Verfahren vor der Übernahmekommission gelten unter Vorbehalt einiger Ausnahmen die Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren (VwVG). Die Verfügungen der Übernahmekommission können bei der FINMA angefochten werden, und gegen deren Entscheide kann beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde geführt werden. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts kann mit einer Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht weitergezogen werden. Die Fristen für die Anfechtung von Verfügungen der FINMA und von Entscheiden des Bundesverwaltungsgerichts betragen höchstens ein paar Tage. Zudem haben die Beschwerden keine aufschiebende Wirkung (Art. 33c BEHG).
Laut Artikel 53 und 54 des Kotierungsreglements der Schweizer Börse vom 21. April / 12. November 2010 müssen Unternehmen die Marktteilnehmer über Tatsachen, die die Börsenkurse beeinflussen können, benachrichtigen. Diese Bestimmungen des Kotierungsreglements sind für eine börsenkotierte Gesellschaft äusserst zentral.
Die Bereitstellung und Verwaltung von Ad-hoc-Information ist Sache der Emittenten – und nicht der Börse. Die Emittenten tragen die Verantwortung über die eigene Informationspolitik und die von ihnen herausgegebenen Informationen. Für die Entscheidung, eine wichtige Tatsache nicht bekannt zu geben, ist einzig die Gesellschaft zuständig und verantwortlich. Eine Meldung darf zudem nur so lange und so weit aufgeschoben werden, soweit die Vertraulichkeit der Information sichergestellt ist. Die Zulassungsstelle verabschiedete am 29. Oktober 2008 eine Richtlinie betreffend Ad-hoc-Publizität (RLAhP), die am 1. Juli 2009 in Kraft trat. Die RLAhP findet auf alle Emittenten Anwendung, deren Beteiligungsrechte oder Schuldverschreibungen an der SIX Swiss Exchange AG kotiert sind und deren Gesellschaftssitz in der Schweiz ist. Emittenten, deren Gesellschaftssitz nicht in der Schweiz ist, fallen nur in den Anwendungsbereich der Richtlinie, wenn ihre Beteiligungsrechte oder Schuldverschreibungen an der SIX Swiss Exchange, nicht aber im Heimatstaat kotiert sind.
Die Informationspflicht besteht bei bestimmten Ereignissen, die konkrete Eigenschaften aufweisen:
- Die Ad-hoc-Publizität beruht auf «Tatsachen» und nicht auf Gerüchten, Absichten oder Ideen.
- Der Emittent hat Kenntnis von diesen Tatsachen und von deren konkreten Eigenschaften. Im Zweifelsfall wird angenommen, dass der Emittent davon Kenntnis hat, weil er die nötigen Untersuchungen anstellen kann, um ein hinreichend präsizes Bild des Tatbestands zu erhalten. Dieses sollte ihm erlauben, auf zumutbare Weise zuverlässige Informationen bereitstellen zu können.
- Die Tatsache bezieht sich auf das Betätigungsfeld der Gesellschaft. Dabei stammen die Informationen aus einer internen Quelle, oder auch aus einer externen Quelle, wenn sie direkt und ausschliesslich das jeweilige Unternehmen betreffen. Dies ist zum Beispiel der Fall bei einer gerichtlichen Verfügung oder einem Entscheid einer Behörde, die einschneidende Konsequenzen für das Unternehmen hat.
- Die Tatsache ist neu. Sie weist die folgenden Eigenschaften auf: Sie ist überraschend, unberechenbar, noch nicht öffentlich bekannt (die Informationen wurden noch nicht durch die Medien verbreitet) oder noch nicht offiziell veröffentlicht (vor allem nicht durch einen Handelsregistereintrag).
- Die Tatsache hat einen wesentlichen Einfluss auf die Finanzlage oder die Geschäftsentwicklung des Unternehmens. Das Ereignis ist aussergewöhnlich, d.h. es unterscheidet sich von den Ereignissen, die die Börsenkurse normalerweise beeinflussen, und kann zu überdurchschnittlichen Kursschwankungen auf einem Markt führen.
- Die Tatsache hat das Potenzial, eine überdurchschnittlich grosse Veränderung des Kurses herbeizuführen (dies ist im Einzelfall zu beurteilen) und die Anlageentscheidung eines durchschnittlichen Markteilnehmers zu beeinflussen.
Die Tatsachen, die den Kurs beeinflussen können, lassen sich in sechs Kategorien einteilen:
- Strukturveränderungen (Fusionen, Umstrukturierungen usw.)
- Kapitalveränderungen
- Wesentliche Änderungen des Geschäftsergebnisses
- Änderung im Geschäftsverlauf
- Wichtige Veränderungen im Verwaltungsrat, in der Geschäftsführung des Unternehmens oder bei der Revisionsstelle
- Verspätetes Erkennung von fehlerhaften Informationen.
Rolle und Zweck der Mitteilung der Gesellschaft über eine «Tatsache» bestehen darin, die Börsenteilnehmer früh genug (d.h. schnell, aber nicht voreilig) über ein wichtiges Ereignis zu informieren, damit diese im Hinblick auf ihre Kauf- oder Verkaufsentscheidungen die gleichen Voraussetzungen haben und Insidergeschäfte innerhalb und ausserhalb des Unternehmens vermieden werden können.
Die Meldung muss in klarer Sprache abgefasst sein und zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wahrheitsgetreue Informationen enthalten, die möglichst in keiner Weise irreführend sind. Andere Informationen, die nicht in direktem Zusammenhang mit dem Tatbestand stehen, können auch veröffentlicht werden, dürfen jedoch nicht vom Inhalt der Pflichtmeldung ablenken oder diesen verfälschen. Die Ad-hoc-Meldung muss zumindest in einer der folgenden Sprachen abgefasst sein: Deutsch, Französisch oder Englisch (Art. 14 f. RLAhP).
Die Mitteilung soll dem Gebot der Gleichbehandlung gerecht werden. Eine selektive Information von Marktteilnehmern verstösst gegen das Gleichbehandlungsgebot. Die Informationen sind der SIX Exchange Regulation (90 Minuten im Voraus, falls während der Handelszeit publiziert) und mindestens zwei bei professionellen Marktteilnehmern verbreiteten elektronischen Informationssystemen (z.B. Bloomberg, Reuters, Telekurs) sowie mindestens zwei Schweizer Zeitungen von nationaler Bedeutung zuzustellen. Auf Anfrage sind sie auch an jeden Interessierten zu senden. Ad-hoc-Mitteilungen müssen während zwei Jahren auf der Website des Emittenten abrufbar sein und über einen E-Mail-Verteiler an die registrierten Empfänger gesandt werden (vgl. Art. 7 ff. RLAhP).
Jeder Emittent führt seine eigene Adressatenliste und teilt den Link für den Eintrag im E-Mail-Verteiler der SIX Exchange Regulation mit, damit sie ihn auf ihrer Website bekanntgeben kann. Der Emittent kann seine Publikationspflichten durch Dritte erfüllen lassen, falls seine allgemeine Informationspolitik jedoch unzureichend umgesetzt wird, trägt er die Verantwortung dafür.
Mitteilungen mit potenziell kursrelevantem Inhalt sind nach Möglichkeit 90 Minuten vor Handelsbeginn oder nach Handelsschluss zu publizieren (Art. 11 RLAhP).
Wie in Art. 54 des Kotierungsreglements vorgesehen, kann die Gesellschaft in gewissen Fällen die Bekanntgabe einer Information aufschieben. Die Verschiebung ist möglich, wenn der Emittent sich bemüht, die Vertraulichkeit der Informationen zu gewährleisten und wenn die Tatsache auf einem Plan oder Entschluss des Emittenten beruht (z.B. bei einer geplanten Fusion, die bis zur notariellen Beurkundung vertraulich bleiben soll, oder bei einem Umstrukturierungsplan). Von der geplanten Verschiebung der Bekanntgabe muss auf jeden Fall abgesehen werden, wenn im Zusammenhang mit der vertraulichen Tatsache – egal auf welchem Weg – Informationen unerwünscht an die Öffentlichkeit gelangt sind.
Tritt ein solches Informationsleck auf, so hat die Bekanntgabe laut Art. 17 Abs. 2 RLAhP sofort zu erfolgen.
Bei ausserordentlichen Umständen kann eine Handelseinstellung verhängt werden, wenn andernfalls ein geordneter und fairer Ablauf des Handels nicht gewährleistet werden könnte. Der Emmittent kann ohne bindende Wirkung einen Antrag auf Handelseinstellung stellen (Art. 19 RLAhP), wobei die SIX Exchange Regulation auch ohne Antrag des Emittenten den Handel einstellen kann, sofern sie dies für die Aufrechterhaltung eines geordneten Handels als notwendig erachtet (Art. 20 RLAhP).
Die SIX Exchange Regulation kann Sanktionen verhängen, wenn die Vorschriften des Kotierungsreglements und der RLAhP durch den Emittenten nicht eingehalten werden.