Der Prüfer muss das Risiko wesentlicher Fehlaussagen in der Jahresrechnung des Prüfkunden möglichst klein halten. Gut aufgebaute Arbeitspapiere und eine klare Prüfdokumentation helfen dabei, das Prüfurteil zu erkennen, nachzuweisen und zu erhärten. Ein Grossteil der Revisionsarbeiten stellt nie ein Problem dar, doch genau die anderen Fälle müssen im Zweifelsfall sauber dokumentiert sein.
Bei der eingeschränkten Revision führt der Prüfer eine mehr oder weniger neue Form der Revision durch. Die praktische Arbeitsbewältigung wird noch unterschiedlich vorgenommen. Gegenüber der ordentlichen Revision entfallen zwingende Prüfhandlungen. Der Prüfer muss sein Prüfurteil auf Erfahrungsschatz und «Professional Judgement» abstützen. Der Prüfer führt vor allem Befragungen und Analysen durch, ergänzt diese um angemessene Detailprüfungen. So kann und muss er das Risiko wesentlicher Fehlaussagen in der Jahresrechnung des Prüfkunden möglichst klein halten. Gut aufgebaute Arbeitspapiere und eine klare Prüfdokumentation helfen dabei, das Prüfurteil zu erkennen, nachzuweisen und zu erhärten. Nur durch eine ausreichende Dokumentation ist ein Nachvollzug von Dritten jederzeit gewährleistet, insbesondere können sich dadurch potenzielle Haftungsansprüche verringern oder gar vermeiden lassen. Es muss klar unterschieden werden, denn ein Grossteil der Revisionsarbeiten stellt nie ein Problem dar, doch genau die anderen Fälle müssen dann sauber dokumentiert sein.
Per 1.01.2012 wurden die Schwellenwerte für die zwingende Durchführung einer ordentlichen Revision bei AGs, GmbHs, Genossenschaften und Stiftungen erhöht. Als Bemessungsjahre gelten neu das Prüfjahr (2012) und das Vorjahr (2011). So wird es ab Abschluss 31.12.2012 für die meisten Klein- und Mittelunternehmen (KMU) der Schweiz möglich sein, sich nur «eingeschränkt» prüfen zu lassen. Die eingeschränkte Revision wird dadurch in der Schweiz die weitaus gebräuchlichste Prüfungsform.
War die eingeschränkte Revision ursprünglich als rationelle Prüfung bei Kleinunternehmen oder Stiftungen mit übersichtlichen Strukturen (Grenze bei 50 Vollzeitstellen) gedacht, dürfen sich neu mittlere Unternehmen mit bis zu 250 Vollzeitstellen der eingeschränkten Revision unterstellen. Somit steigen die Qualitätsanforderungen an diese Prüfungsform und insbesondere an die Prüfer.
Bei der eingeschränkten Revision muss der «Blick auf das Wesentliche» gewährleistet und dokumentiert sein:
- Beurteilung der Gesamtheit durch Befragungen und Analysen
- Nach Erreichen eines Gesamtüberblickes Definition der
– wesentlichen Prüfpositionen
– Prüffelder, die ergebnisrelevant sind - Weitere Befragungen, Analysen, Ergänzungs- und Vertiefungsprüfungen (angemessene Detailprüfungen)
Die Revision erfolgt zielorientiert (wesentliche Fehlaussagen erkennen) und wird zeitgleich dokumentiert (Anforderungen an den Prüfer).
Die Prüfunterlagen des Revisionsunternehmens müssen qualitativ hochwertig und vollständig sein. Ihnen kommt bei der Beurteilung allfälliger Haftungsfragen eine zentrale Bedeutung zu. Eine eingeschränkte Revision besteht zu wesentlichen Teilen aus Befragungen. Alle Befragungen sind vollständig zu protokollieren (dokumentieren). Die Prüfer müssen sich bewusst werden, dass nicht gegengezeichnete Notizen zu Befragungen unter Umständen wertlos sind.
- Fragebogen für die Abschluss- und Prüfvorbereitung des geprüften Unternehmens:
– Inhaltsverzeichnis des Abschlussordners: Liste der vom Mandanten bereitzustellenden Prüfunterlagen
– Vollständigkeitserklärung - Fragebogen für die Selbstbeurteilungen des geprüften Unternehmens zu zentralen prüfspezifischen Fragen:
– Selbstbeurteilung der Fortführungsfähigkeit und Fortführungsabsicht des geprüften Unternehmens
– Selbstbeurteilung des Risikos und des Risikomanagements (u.a. als Angabe im Anhang) - Befragungen zur ordnungsgemässen Rechnungslegung und zur Jahresrechnung insgesamt, sowie
– zu wesentlichen Bilanzpositionen
– zur Entwicklung der stillen Reserven aus der Sicht des geprüften Unternehmens
– zu möglichen negativen Ereignissen, welche nach dem Bilanzstichtag eingetroffen sind (Offenlegungspflicht im Anhang und / oder Orientierung an der Generalversammlung)
Es macht Sinn, die Fragebögen dem geprüften Unternehmen vor Prüfbeginn zu unterbreiten. Die Verantwortlichen des geprüften Unternehmens können sich bereits einlesen und allenfalls Abklärungen treffen. Die Verantwortlichen des geprüften Unternehmens erhalten so auch die Möglichkeit, die Fragen schriftlich zu beantworten und zu unterzeichnen (oder bei der Revision begleitet durch den Revisor).
Die vom Kunden ausgefüllten und unterzeichneten Fragebögen bilden einen wichtigen Prüfbeleg im Rahmen der Dokumentation.
Der Prüfer kann sich nach Durchsicht der ausgefüllten Fragebögen bereits ein erstes Bild über das zu prüfende Unternehmen machen. Er ist in der Lage, bei seiner Prüfplanung erste Gewichtungen vorzunehmen, wesentliche Prüffelder zu definieren und mögliche Problembereiche einzugrenzen.
Aufgrund der Informationen aus den Fragebögen kann der Prüfer eine erste Zahlenanalyse vornehmen. Offengelegte Fakten erleichtern zudem die Interpretation der ersten Analysen. Die Vorbereitung der Revision in ihrer Gesamtheit wird zielgerichtet und effizient.
Die Gliederung der eingeschränkten Revision ergibt sich aus dem Standard zur Eingeschränkten Revision und sieht folgende Prüfteile vor:
- Prüfvorbereitung
- Prüfplanung
- Prüfung
- Berichterstattung
- Mandatsfortführung
Der Prüfer beginnt seine Arbeit bei jedem dieser Prüfteile, indem er die Antworten aus den Befragungen durchliest, kritisch beurteilt und daraus sein Prüfvorgehen ableitet.
Die eingesetzten Fragebögen müssen einfach und klar aufgebaut sein, sodass Missverständnisse zwischen den Verantwortlichen des geprüften Unternehmens und dem Prüfer vermieden werden. Die Antworten müssen den Prüfer in die Lage versetzen, sich bei der eingeschränkten Revision auf das Prüfrelevante und das Wesentliche zu konzentrieren.
Konkret ist es das Ziel dieser Befragungen, dem Kunden den Aufbau des Abschlussordners zu erleichtern und die Anforderungen an die Vollständigkeit der Abschlussunterlagen aufzuzeigen. Weiter nimmt der Kunde Stellung zur gewählten Wertbasis (Fortführung oder Liquidation), zu offensichtlichen Risiken in Betrieb und Geschäftsumfeld, zu ausserordentlichen Entwicklungen im laufenden Jahr, zur Ordnungsmässigkeit der Jahresrechnung und zu den einzelnen Bilanzpositionen. Auch sollte sich der Kunde mit den Veränderungen der stillen Reserven pro Bilanzposition auseinandersetzen und dem Prüfer diese offenlegen (muss vorhanden sein, damit die Bestimmungen von Art. 663b OR, Auflösung von wesentlichen stillen Reserven, auch eingehalten werden können).
Im Laufe der Prüfung werden die Fragebögen selbstverständlich ergänzt sowie die Aussagen und Feststellungen durch weitere gegengezeichnete Akten dokumentiert. Dies könnten unter anderem die Liste der Veränderung der stillen Reserven, das Protokoll der Schlussbesprechung sowie weitere Nachweise (Verzeichnisse, Auszüge und Verträge) sein.
Die Prüfdokumentation muss nicht nur die durchgeführte Revision vollständig dokumentieren, sondern bildet zugleich die Grundlage für die Qualitätssicherung, welche gemäss den Bestimmungen der RAB (Revisionsaufsichtsbehörde) ein wichtiges Kriterium in der Wiederzertifizierung (Prüfunternehmen müssen sich alle fünf Jahre durch die Revisionsaufsichtsbehörde RAB rezertifizieren lassen) sein wird.
Im Rahmen der Prüfvorbereitung unterzeichnen Prüfer und Kunde eine Auftragsbestätigung, welche die Ziele und Grundsätze der eingeschränkten Revision regelt, wie
- Inhalt der Prüfung
- Verantwortlichkeit für den Abschluss (geistiger Vater)
- Art und Umfang (eben Einschränkung) der Prüfung
- Recht zur vollständigen Akteneinsicht durch den Prüfer
- Bereitschaft zu schriftlichen Bestätigung von Aussagen durch den Kunden.
Bei der eingeschränkten Revision sind sogenannte Doppelmandate (Mitwirkung an der Buchführung und Durchführung der eingeschränkten Revision) gesetzlich zugelassen, sofern die personelle und organisatorische Trennung bei solchen Mandatsdurchführungen gewährleistet ist. Dabei muss beachtet werden, dass der geistige Vater der Jahresrechnung der Verwaltungsrat bleibt. Der Prüfer darf unter keinen Umständen eigene Arbeiten prüfen (Verletzung der Unabhängigkeit und des Vieraugenprinzips)! Es ist im Interesse des Prüfers, dass die Rollen und Kompetenzen des Prüfers, des an der Buchführung Mitwirkenden und des Kunden schriftlich geregelt sind.
Bei Doppelmandaten ist das Thema mit dem Kunden offen zu besprechen und sollte mittels einer Ergänzung der Auftragsbestätigung bei Doppelmandaten dokumentiert werden:
- Personelle Trennung
– Die Arbeiten in der Buchführung und der Revision wurden nicht von der gleichen Person vorgenommen.
– Die Buchführungsarbeiten wurde durchgeführt durch folgenden Mitarbeiter der Revisionsfirma: Herr / Frau X.
– Die Revisionsarbeiten wurden durchgeführt durch folgende Mitarbeiter der Revisionsfirma: Herr Y, Frau Z. - Weisungsungebundenheit
– Der Mitarbeiter Buchführung ist in seinen Entscheidungen zur Buchführung gegenüber den Revisoren weisungsungebunden. Er ist nur gegenüber dem Prüfkunden, Urheber und geistigem Vater der Jahresrechnung weisungsgebunden.
– Die Revisoren sind in ihren Entscheidungen für die Erstattung des Revisionsberichts gemäss Art. 729b OR gegenüber dem Mitarbeiter Buchführung und dem Prüfkunden weisungsungebunden. - Organisationsstruktur der Revisionsfirma
Die Revisionsfirma bestätigt, dass sie intern sicherstellt, dass die Revisionsabteilung und die Buchführungsabteilung voneinander unabhängig tätig sind und keine internen Weisungsgebundenheiten möglich sind.
Das Revisionsaufsichtsgesetz und die entsprechende Verordnung des Bundesrats schreiben für alle Revisionsunternehmen vor, dass sie über ein internes Qualitätssicherungssystem verfügen müssen. Die beiden Berufsverbände Treuhand-Kammer und TREUHAND|SUISSE erstellten eine Anleitung zur Qualitätssicherung bei kleinen und mittelgrossen Revisionsunternehmen, die im Rahmen der eingeschränkten Revision tätig sind.
Als Bestandteil der Prüfvorbereitung führt der Prüfer ein Protokoll über den Ablauf der Revision mit Prüfterminen, Fristen, Speziellem gemäss der Untergliederung der eingeschränkten Revision (siehe unter Punkt 2.2: Prüfvorbereitung, Prüfplanung, Prüfung, Berichterstattung und Mandatsfortführung):
- Prüfgrundlagen
– Prüfauftrag vorhanden
– Abschlussdatum
– Terminvorgaben des Kunden für
– Schlussbesprechung
– Vorliegen des Revisionsberichts
– Datum der Generalversammlung - Prüfvorbereitung
– Festlegung der Prüfungsdaten
– Erhalt der Prüfunterlagen
– Erhalt der vom Prüfkunden ausgefüllten Fragebögen
– Erhalt der Jahresrechnung, Details und Ergänzungen - Prüfplanung und Prüfung
– Wesentlichkeit
– Analysen
– Bestimmung des Prüfumfangs - Durchführung der Prüfung
– Bestimmung des Prüfteams: Mandatsleiter / Revisoren
– Aufführen der Mitarbeiter, die (eventuell) bei der Buchführung mitwirkten - Prüfabschluss
– Datum Prüfnachweis und Bericht der Revisionsstelle
– Datum der Vollständigkeit der Dokumentation
– Datum der Berichtsunterzeichnung
– Namen der Unterzeichner des Revisionsberichts
– Datum Berichtsversand - Generalversammlung
– Datum Erhalt des GV-Protokolls
– Wiederwahl als Revisionsstelle bis ins Jahr XX
– Gründe für eine Nichtwiederwahl als Revisionsstelle
– Gründe für einen Mandatsrücktritt durch die Revisionsstelle
Bei eingeschränkten Revisionen ist die Revisionsstelle in der Regel an der Generalversammlung nicht mehr dabei. Deshalb geht die Mandatsbetreuung über die Abgabe des Revisionsberichtes hinaus. Die Revisionsstelle muss dafür sorgen, dass sie das Generalversammlungsprotokoll umgehend nach der Versammlung erhält. Nur so kann die Revisionsstelle feststellen, was die Versammlung beschlossen hat, z.B.:
- Kenntnisnahme von der beschlossenen Gewinnverwendung (darf die Liquidität des Unternehmens nicht gefährden)
- Kenntnisnahme von Ereignissen nach dem Bilanzstichtag, damit deren Auswirkung auf die Fortführungsfähigkeit des Unternehmens beurteilt werden kann
- Kenntnisnahme von der Wiederwahl als Revisionsstelle, wenn das Mandat abgelaufen ist
Das Protokoll über den Ablauf der Revision mit Prüfterminen, Fristen, Speziellem kann in eine Mandatsliste übertragen werden. So ist die Prüffirma jederzeit in der Lage, den Stand der Revisionsarbeiten für sämtliche Prüfkunden zu überwachen und die Prüfplanung entsprechend zu optimieren.
Nach dem Abschluss der Revisionsarbeiten führt der Prüfer mit dem Kunden eine Schlussbesprechung durch, welche vom Prüfer protokolliert und vom Prüfkunden gegengezeichnet wird. Es empfiehlt sich, den Inhalt des Protokolls der Schlussbesprechung wie folgt zu ergänzen:
- Festhalten der gewählten Wertbasis: Fortführungswerte oder Liquidationswerte
Der Prüfkunde ist der geistige Vater des Jahresabschlusses. Er muss sich dazu äussern, von welcher Wertbasis er ausgegangen ist. Der Prüfer muss bestätigen, dass er seine Prüfungen auf dieser (gleichen) Wertbasis abgestellt hat. - Festhalten der wesentlichsten Bewertungsrichtlinien
Der Prüfkunde ist der geistige Vater des Jahresabschlusses. Er muss sich dazu äussern, welche Wertbasis für wesentliche Positionen in der Jahresrechnung gewählt worden sind. - Gegenseitige Bestätigung der Unabhängigkeit
Prüfkunde und Prüfer bestätigen gegenseitig, dass sie voneinander unabhängig sind.
Die Revisionsstelle muss unabhängig sein, um sich ihr Prüfurteil objektiv bilden zu können. Die Unabhängigkeit darf weder tatsächlich noch dem Anschein nach beeinträchtigt sein.
Beim Vorbereiten von Fragebögen und der Durchführung von Zahlenanalysen macht es Sinn, eine Prüfsoftware, welche speziell für die eingeschränkte Revision entwickelt wurde, einzusetzen.
- Das Prüfprogramm stellt Fragebögen zur Verfügung.
- Die Prüfanalyse lässt sich mittels EDV wesentlich vereinfachen und beschleunigen:
– Berechnungen von Indizien zur Fortführungsfähigkeit
– Berechnungen zur Bestimmung der Wesentlichkeit
– Zahlenvergleich Berichtsjahr mit Vorjahr, Veränderung Berichtsjahr zu Vorjahr, je auch in Prozenten
– Wichtigste Kennzahlen für die Prüfplanung, für die Prüfung und für den Kunden
Ideal und empfehlenswert ist es, wenn das Prüfprogramm den Prüfer wie ein Leitfaden durch die eingeschränkte Revision begleitet und damit gleichzeitig die Anforderungen an eine ordnungsgemässe Dokumentation und die Qualitätssicherung erfüllt.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Prüfdokumentation einen wesentlichen Pfeiler in der Arbeit des Revisors darstellt. Mittels eines geeigneten Prüfungstools kann die Effizienz im Bereich der Revision gesteigert und ein optimaler Ablauf gewährleistet werden. Was nicht dokumentiert ist, gilt im entscheidenden Fall wohl als nicht gemacht. Daher ist der Dokumentation eine wichtige Rolle beizumessen.
TREUHAND|SUISSE hat 2011 das Schweizerische Institut für die Eingeschränkte Revision gegründet, in welchem sich eine Expertengruppe des Standards und dessen Umsetzung annimmt und die Weiterentwicklung im Bereich eingeschränkte Revision aufmerksam verfolgt und begleitet. Eine der Aufgaben des Schweizerischen Instituts für die Eingeschränkte Revision besteht in der fachspezifischen Weiterbildung der KMU-Treuhänderinnen und -Treuhänder in Sachen eingeschränkte Revision. Ziel ist die Erhöhung der Prüfqualität sowie die Minimierung der Haftungsrisiken.