In diesem Artikel werden insbesondere Neuigkeiten und Präzisierungen erläutert, für welche das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) im Jahr 2017 Mitteilungen veröffentlicht hatte. Im Jahr 2017 betrifft dies vor allem die berufliche Vorsorge und die obligatorische Unfallversicherung (UVG).
In der beruflichen Vorsorge und der obligatorischen Unfallversicherung wurden per 1. Januar 2017 Anpassungen vorgenommen, welche die Höhe von laufenden Invalidenleistungen nach dem Erreichen des ordentlichen Rentenalters neu regeln.
Die bisherige Regelung bei Überentschädigung (Art. 34a BVG und Art. 24 – 26 BVV 2) war zu wenig auf die Situation nach Erreichen des Rentenalters zugeschnitten. Durch die neuen Artikel 20 Absätze 2ter und 2quarter UVG wird neu die klare Besserstellung der Bezüger von UVG-Invalidenrenten gegenüber solchen, welche keine beziehen, reduziert.
Die Invalidenrente nach Absatz 1 und die Komplementärrente nach Absatz 2 einschliesslich der Teuerungszulagen werden in Abweichung von Artikel 69 ATSG beim Erreichen des ordentlichen Rentenalters für jedes volle Jahr, das der Versicherte zum Unfallzeitpunkt älter als 45 Jahre war, wie folgt gekürzt:
a) bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 40 %: um 2 %, höchstens aber um 40 %
b) bei einem Invaliditätsgrad unter 40 %: um 1 %, höchstens aber um 20 %
Für die Folgen von Rückfällen und Spätfolgen gelten die Kürzungsregelungen nach Absatz 2ter auch dann, wenn sich der Unfall vor Vollendung des 45. Altersjahres ereignet hat, sofern die durch den Rückfall oder die Spätfolgen bewirkte Arbeitsunfähigkeit nach Vollendung des 60. Altersjahrs eingetreten ist.
1 Hat die versicherte Person das ordentliche Rentenalter erreicht, so darf die Vorsorgeeinrichtung ihre Leistungen nur kürzen, wenn diese zusammentreffen mit:
a) Leistungen nach dem Bundesgesetz vom 20.03.1981 über die Unfallversicherung;
b) Leistungen nach dem Bundesgesetz vom 19.06.1992 über die Militärversicherung; oder
c) vergleichbaren ausländischen Leistungen.
2 Die Vorsorgeeinrichtung erbringt die Leistungen weiterhin in gleichem Umfang wie vor Erreichen des ordentlichen Rentenalters. Insbesondere muss sie Leistungskürzungen bei Erreichen des Rentenalters nach Artikel 20 Absätze 2ter und 2quarter UVG und Artikel 47 Absatz 1 MVG nicht ausgleichen.
3 Die gekürzten Leistungen der Vorsorgeeinrichtung dürfen zusammen mit den Leistungen nach UVG, nach MVG und den vergleichbaren ausländischen Leistungen nicht tiefer sein als die ungekürzten Leistungen nach den Artikeln 24 und 25 BVG.
- Unfall im Alter von 50 Jahren; 100 % invalid; AHV-Lohn 72 000 CHF
- Invalidenrente 1. Säule (IV) 26 400 CHF
- UVG-Komplementärrente 38 400 CHF (1. Säule IV + UVG = zusammen 90 % des AHV-Lohns)
- Invalidenrente wird in eine AHV-Rente in gleicher Höhe umgewandelt
- UVG-Komplementärrente von 38 400 CHF wird um 10 % gekürzt (2 % für jedes Jahr zwischen 45. Altersjahr und Unfallzeitpunkt). Neu: 34 560 CHF
- Die Vorsorgeeinrichtung (BVG) muss diese Kürzung nicht ausgleichen und kann die Altersrente gemäss Vorsorgeausweis der verunfallten Person ausrichten, sofern das Vorsorgereglement nichts anderes vorsieht.
Neue Regelungen sind für die sogenannten «1e-Pläne» in Kraft getreten. Dies betrifft ausschliesslich Vorsorgeeinrichtungen, welche Lohnanteile über 126 900 CHF versichern und ihren Versicherten die Wahl zwischen mehreren Anlagestrategien anbieten.
a) Anpassung des Freizügigkeitsgesetzes und der Verordnung BVV 2, welche nun der Vorsorgeeinrichtung die Möglichkeit geben, bei einem Austritt einen allfälligen Anlageverlust dem Austretenden mitzugeben.
b) Die Vorsorgeeinrichtungen können bis zu 10 Anlagestrategien zur Auswahl definieren, wobei mindestens eine Strategie «risikoarme Anlagen» anbieten muss.
c) Das Guthaben eines Versicherten darf nicht gesplittet und auf mehrere Strategien verteilt werden, denn eine solche Aufsplittung würde einer individuellen Strategie entsprechen (= Verletzung des Prinzips der Kollektivität). Somit ist auch die Möglichkeit von «Eigenhypotheken» ausgeschlossen.
d) Im Zusammenhang mit der Angemessenheit und der Berechnung einer möglichen Beitragslücke dürfen Altersgutschriften im Schnitt 25 % nicht überschreiten und zudem muss die Berechnung der Beitragslücke ohne Zinseszins (statisch) erstellt werden.
e) Vorsorgeeinrichtungen, welche schon unterschiedliche Anlagestrategien anbieten, müssen ihre Reglemente und Anlagestrategien bis 31. Dezember 2019 dieser Änderung anpassen.
Eine weitere neue Regelung betrifft die Verordnung über die Wohneigentumsförderung, Art. 7 Abs. 1 WEFV. Der Mindestbetrag für Rückzahlungen wird von 20 000 CHF auf 10 000 CHF reduziert. Für den Vorbezug bleibt der Mindestbetrag unverändert bei 20 000 CHF.
Hier gab es eine Änderung der Rechtsprechung (BGE 142 V 466). Nach Artikel 26 BVV 2 entfällt die Möglichkeit des Aufschubs auf 24 Monate für die Ausrichtung der Invalidenrente, wenn nicht mehr die vollen Taggelder in der Höhe von 80 % des AHV-Lohns zur Auszahlung kommen. Nach der bisherigen Rechtsprechung fiel die Aufschubmöglichkeit der Vorsorgeeinrichtung dahin, wenn die Krankentaggeldleistungen mit der Rentennachzahlung der Invalidenversicherung (IV) verrechnet wurden (betrifft die Periode vom 365. bis 730. Tag). Nun kam das Bundesgericht zum Schluss, dass die Vorsorgeeinrichtung die Rentenzahlung aufschieben darf, auch wenn der Krankentaggeldversicherer seine Leistungen im Umfang der nachträglich zugesprochenen Rente der Invalidenversicherung (IV) zurückfordert.
Nach Auffassung des Bundesgerichts (BGE 9C_725/2016) können nicht bezogene Ferien erst nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses ausbezahlt werden, da Ferien während der Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht durch Geldleistungen oder andere Vorteile abgegolten werden dürfen. Ein wichtiger Punkt in diesem Zusammenhang ist, dass es sich bei dieser Entschädigung um eine ausgerichtete Geldleistung handelt, welche zur Kompensation der nicht stattgefundenen Erholung dient. Somit besteht kein direkter Kausalzusammenhang mit der erbrachten Arbeitsleistung und aus diesem Grund muss diese Abgeltung nicht beim versicherten Verdienst im BVG berücksichtigt werden.
Gemäss dem deutschen Bundesfinanzhof unterscheidet dieser bei der Besteuerung der Beiträge an und der Leistungen aus dem BVG zwischen gesetzlich vorgeschriebenen Mindestleistungen (Obligatorium) und den darüber hinausgehenden Beiträgen und Leistungen (Überobligatorium). Obligatorische Beiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern können steuerlich abgezogen werden. Solche ins Überobligatorium sind hingegen steuerlich nicht abzugsfähig. Bei den Leistungen werden somit obligatorische Leistungen normal und überobligatorische privilegiert besteuert. Die Vorsorgeeinrichtungen sind angehalten, dies gegenüber den deutschen Behörden entsprechend zu deklarieren.