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Eine Barauszahlung an einen Selbständigerwerbenden im Rahmen eines Vorsorgeausgleichs ist unter denselben Voraussetzungen möglich wie eine Barauszahlung für Betriebsinvesti­tionen. Zu prüfen ist vom Bundesgericht die Frage, ob ein Selbständigerwerbender Anspruch auf Barauszahlung der Freizügigkeitsleistung hat, welche aufgrund eines Vorsorge­ausgleichs an ihn übertragen wurde, obwohl er bereits seit längerer Zeit selbständig erwerbend ist. Das kantonale Gericht hatte die Barauszahlung zugelassen, da gemäss Art. 22 Abs. 1 FZG die Artikel 3 – 5 FZG nur sinngemäss anwendbar seien und es deshalb genüge, wenn die Person nachweise, dass sie selbständig erwerbend sei und der obligatorischen beruflichen Vorsorge nicht unterstehe. Das Bundesgericht führt aus, dass eine Person, die von der unselbständigen Erwerbstätigkeit in eine selbständige wechselt, in diesem Moment über die Möglichkeit verfügt, sich das angesparte Alterskapital gemäss Art. 5 Abs. 1 lit. b FZG bar auszahlen zu lassen. Wer im Scheidungszeitpunkt bereits selbständig erwerbstätig ist, kommt nicht (mehr) in den Genuss eines solchen Wahlrechts. Wer hingegen selbständig erwerbend ist und sich der freiwilligen Vorsorge angeschlossen hat, kann sich gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung die geäufneten Mittel für betriebliche Investi­tionen auszahlen lassen, wenn er den Vorsorge­vertrag kündigt und seine vertragliche Beziehung mit seiner Vorsorgeeinrichtung beendet. Da ein Selbständigerwerbender jederzeit die Möglichkeit hat, sich freiwillig versichern zu lassen, kann er eine solche Versicherung auch im Scheidungsfall abschliessen. Diesfalls kann er den ihm zustehenden Betrag gemäss Art. 22 Abs. 1 FZG auf die freiwillige Vorsorge über­tragen und diesen von dort bar auszahlen lassen. Das Bundesgericht sieht darin innerhalb der rechtlichen und von der höchstrichterlichen Rechtsprechung gesetzten Grenzen kein Umgehungsgeschäft. Der Umweg verursacht jedoch Kosten. Es ist daher zweckmässig und angemessen, einem Selbständigerwerbenden die Möglichkeit einzuräumen, sich das im Scheidungsfall zustehende Vorsorgekapital bar auszahlen zu lassen, wenn die gleichen restriktiven Bedingungen wie für eine Barauszahlung des in der freiwilligen beruflichen Vorsorge angesparten Alterskapitals erfüllt sind, d.h. wenn er sich wirtschaftlich in der gleichen Situation wie ein freiwillig Versicherter befindet.

Art. 22 i.V.m. Art. 5 FZG

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(BGer., 19.06.13 {9C_833/2012}, Mitteilungen über die berufliche Vorsorge Nr. 134, 28.11.2013)

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