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Die Verjährung und die Verwirkung sind Fragen des materiellen Rechts, welche das Bundesgericht von Amts wegen überprüft, wenn sie sich zugunsten des Pflichtigen auswirken. Für die Steuerperiode 1999 – 2000 sind die Nachsteuern aufgrund von Art. 152 Abs. 3 DBG verjährt, weil gemäss dieser Bestimmung das Recht, eine Nachsteuer zu erheben, 15 Jahre nach Ende der Steuerperiode, auf welche es sich bezieht, erlischt. Das Gleiche gilt für die Verfolgung wegen Steuerhinterziehung in derselben Steuerperiode. Es ist in der Tat zu beachten, dass die Bestimmungen über die Verjährung in Art. 333 (StGB) per 1. Oktober 2002 eine Änderung erfahren haben. Wenn jedoch, wie im vorliegenden Fall, die deliktischen Handlungen sich vor dem 1. Oktober 2002 ereignet haben, sind die neuen Bestimmungen nicht anwendbar, es sei denn in Anwendung der lex mitior, wenn diese vorteilhafter wären. Nach Art. 333 Abs. 6 lit. d StGB gilt bis zur Anpassung in anderen einschlägigen Bundesgesetzen, dass die Verfolgungsverjährung nicht mehr eintritt, wenn vor Ablauf der Verjährungsfrist ein erstinstanzliches Urteil ergangen ist. Diese neue Bestimmung verhindert den Eintritt der Verjährung, insbesondere im Laufe eines Verfahrens vor dem Bundesgericht, und erweist sich damit als für die Pflichtigen weniger vorteilhaft als die Bestimmung des bisherigen Rechts. In Bezug auf die Fristen selber bleibt Art. 184 DBG anwendbar, da er vorteilhafter ist. Durch das Zusammenwirken von Art. 184 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 DBG ist die Verfolgung einer vollendeten Steuerhinterziehung nach 15 Jahren verjährt, gerechnet vom Ende der Steuerperiode, für welche die Besteuerung nicht oder unvollständig erfolgt ist; diese Frist kann nicht weiter verlängert werden. Für die Steuerperiode 2001 – 2002 verjährt das Recht, die direkte Bundessteuer zu veranlagen, fünf Jahre nach Ablauf der Steuerperiode (vgl. Art. 120 Abs. 1 DBG) mit der Einschränkung, dass eine neue Frist von fünf Jahren zu laufen beginnt mit jeder auf Feststellung oder Geltendmachung der Steuerforderung gerichteten Amtshandlung, die einem Steuerpflichtigen oder Mithaftenden zur Kenntnis gebracht wird (Art. 120 Abs. 3 lit. a DBG). Die Verjährung der Strafverfolgung wegen versuchter Steuerhinterziehung in Bezug auf die direkte Bundessteuer hat noch nicht zu laufen begonnen, weil das Veranlagungsverfahren verbunden mit der versuchten Steuerhinterziehung, welche dem Pflichtigen vorgeworfen wird, noch nicht rechtskräftig abgeschlossen werden konnte (vgl. Art. 184 Abs. 1 lit. a DBG). Was die Kantons- und Gemeindesteuer betrifft, ist wie bei der direkten Bundessteuer die Veranlagungsverjährung noch nicht eingetreten, zumal Art. 170 des StG VD vergleichbare Fristen vorsieht wie Art. 120 DBG und weil der Art. 254 StG VD über die Verjährung der Strafverfolgung analog zu Art. 184 DBG lautet.

Art. 152 Abs. 3, Art. 184 und Art. 120 DBG; Art. 333 StGB; Art. 170 und Art. 254 StG VD

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(BGer., 22.04.16 {2C_173/2015 und 2C_174/2015}, StR 2016, S. 882)

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