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Aus einer Veranlagungsverfügung, bei der die Eidgenössische Zollverwaltung (EZV) den ­konkreten Einzelfall prüft, lassen sich keine rechtsverbindlichen Schlüsse auf künftige ­Veranlagungen ziehen. Demgegenüber gelten Auskünfte dieser Behörde für einen bestimmten Zeitraum und eine unbestimmte Zahl gleich gelagerter Sachverhalte. Damit dienen die Auskünfte der Rechtssicherheit. Verbindlichkeit kommt jedoch – unter Vorbehalt von Art. 20 Abs. 3 bis 5 ZG – einzig schriftlich erteilten Auskünften zu. Rechtsverbindlichkeit setzt nun in der Regel den Be­stand einer Verfügung im Sinne von Art. 5 VwVG voraus. Fraglich ist daher, ob die Auskunft der Zollverwaltung nicht nur in Schriftform, sondern auch als anfechtbare Verfügung ausgestaltet werden kann. Das Bundesgericht kommt zum Schluss, dass die Zollverwaltung auf Ersuchen eine Auskunftsverfügung im Sinne von Art. 5 VwVG zu erlassen hat. Dies aus folgenden Gründen: Das Mehrwertsteuerrecht kennt neben dem Recht auf eine Feststellungsverfügung (Art. 82 Abs. 1 lit. f MWSTG) ­einen weniger formellen Auskunftsanspruch (Art. 69 MWSTG). Dem Normsinn von Art. 20 ZG entsprechend, liegt es auf der Hand, auch im Zollrecht von einer zweistufigen Auskunftspyramide auszugehen. Der Textsinn steht einer solchen Auslegung nicht entgegen. Soweit eine Rechtsstreitigkeit im Sinne von Art. 29a BV vorliegt, gebietet zudem das Verfassungsrecht den Erlass einer Verfügung, soweit der Rechtsschutz nicht auf andere Weise möglich oder aufgrund einer gesetzlichen Bestimmung ausgeschlossen ist. Der gesetzliche Anspruch auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft stellt eine individuelle, schützenswerte Rechtsposition im Sin­ne von Art. 29a BV dar. Schliesslich ist Art. 20 ZG dem Recht der EU nachempfunden. Dort sind Zollauskünfte justiziabel. Eine Feststellungs­ver­fügung (wie die Ursprungsauskunft) ist ge­genüber einer rechtsgestaltenden Verfügung (Leis­tungsverfügung) subsidiär. Liegt einer Leis­tungsverfügung (für vergangene Jahre) und einem Begehren um eine Ursprungsauskunft (für die nächsten drei Jahre) die gleiche Ware zugrunde, schliesst dieser Grundsatz eine Auskunftsverfügung aufgrund der Rechtshängigkeit des Veranlagungsverfahrens aus.

Art. 29a BV; Art. 5 VwVG; Art. 20 ZG

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(BGer., 9.12.12 {2C_423/2012}, ASA 81, S. 588)

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