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Die Eidgenössische Steuerverwaltung darf der niederländischen Steuerbehörde gestützt auf deren Gruppenersuchen Amtshilfe zu einem Kunden der UBS leisten. Gruppenanfragen ohne Namensnennung sind gemäss dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und dem Königreich der Niederlande grundsätzlich zulässig, sofern das Amtshilfeersuchen ausreichende Informationen zur Identifikation der betroffenen Personen enthält.

Die niederländische Steuerbehörde «Belastingdienst» (BD) hatte 2015 gestützt auf das nach OECD-Standard revidierte Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und dem Königreich der Niederlande von 2010 (DBA CH-NL) ein Amtshilfegesuch gestellt. Das Gruppenersuchen des BD betrifft namentlich dem BD nicht bekannte Kunden der UBS, die über eine Domiziladresse in den Niederlanden verfügen und die der Bank trotz schriftlicher Aufforderung keinen genügenden Nachweis über die Steuerkonformität erbracht haben. Der BD verlangt Informationen über Namen und Adressen betroffener UBS-Kunden sowie über die Nummern ihrer Bankkonten und den Kontostand. Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) ordnete im November 2015 die Leistung von Amtshilfe zu einer Person an, welche die fraglichen Kriterien erfüllt, und listete die zu übermittelnden Informationen auf. Das Bundesverwaltungsgericht hiess die Beschwerde der betroffenen Person im vergangenen März gut und hob die Verfügung der ESTV auf. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde der ESTV gut und bestätigt ihren Amtshilfeentscheid. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz ist es für die Leistung von Amtshilfe in Steuersachen an die Niederlande nicht erforderlich, dass das Gruppenersuchen die Namen der Betroffenen enthält. Eine Auslegung des DBA CH-NL ergibt vielmehr, dass es ausreicht, wenn im Amtshilfeersuchen ausreichende Informationen aufgeführt werden, um die betroffenen Personen identifizieren zu können. Dass die Nennung von Namen nicht zwingend erfolgen muss, ergibt sich auch aus dem Zweck des DBA CH-NL, der gemäss dem Protokoll zum DBA CH-NL darin besteht, «einen möglichst weit gehenden Informationsaustausch in Steuerbelangen zu gewährleisten, ohne den Vertragsstaaten zu erlauben, ‹fishing expeditions› zu betreiben». Zu berücksichtigen ist bei dieser Interpretation die von den zuständigen Behörden der Schweiz und der Niederlande abgeschlossene Verständigungsvereinbarung zum DBA CH-NL. Darin wird ausdrücklich festgehalten, dass die Identifikation betroffener Personen aufgrund anderer Angaben als derjenigen des Namens und der Adresse erfolgen kann. Die Leistung von Amtshilfe bei Gruppenersuchen ohne Namensnennung kann ohne staatsvertragliche Grundlage nicht auf Basis des innerstaatlichen Rechts, namentlich des Steueramtshilfegesetzes, erfolgen. Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass die vom BD gestellte Anfrage keine unzulässige «fishing expedition» darstellt und die weiteren Voraussetzungen zur Leistung der Amtshilfe erfüllt sind.

Art. 146, Art. 146, Art. 175 Abs. 1 und Art. 124 Abs. 2 DBG; Art. 73 und Art. 56 Abs. 1 StHG; Art. 12 StGB; Art. 69 Abs. 1 und Abs. 2 StG GE

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(BGer., 12.09.16 {2C_276/2016}, Medienmitteilungen des Schweizerischen Bundesgerichts, 12.09.16, www.bger.ch)

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